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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 289. Köln, 4. Mai 1849. Beilage.

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Beilage zu Nr. 289 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Freitag, 4. Mai 1849.
Deutschland.
* Köln, 3. Mai.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Köln, 3 Mai, Abends.

Je wilder die Flucht der Kaiserlichen aus Ungarn, je unerbittlicher die Verfolgung durch die Magyaren wird, desto verworrener und widersprechender werden auch die Berichte über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz. Nur in Einem stimmen sie überein: daß die Kaiserlichen täglich neue Niederlage erleiden.

Folgende Thatsachen treten indeß als sogut wie gewiß hervor: Erstens: Das Gefecht bei Acs, das die Kaiserlichen als einen Sieg darstellten, war eine Niederlage.Das geht daraus hervor, daß Schlick, der hier gesiegt haben will, gleich darauf nach Raab zurückgegangen ist. Auch meldet die lithogr. Corresp., daß das Treffen bei Acs nachtheilig für die Kaiserlichen ausgefallen und das Regiment Zanini bis auf wenige Offiziere zu den Ungarn übergegangen sei.

Zweitens: In der Gegend von ungarisch Altenburg (halbwegs zwischen Raab und Preßburg) sind am 28. April die Oestreicher abermals geschlagen worden. Dies wird von verschiedenen Berichten übereinstimmend gemeldet. Viele Verwundete werden über die Leitha gebracht, und die ganze Umgegend ist damit überfüllt. Nach Wien selbst sollen am 29. und 30. an 2000 gebracht worden sein. Weldens Hauptquartier soll nach Einigen in Preßburg, nach Andern in Bruck an der Leitha ( auf östreichischem Boden) sein. Auch bei Raab, wo Schlick am 27. gewesen sein soll, haben ihm die verfolgenden Ungarn, wie es heißt, ein mörderisches Gefecht geliefert.

Hiermit wäre das Gros der östreichischen Armee schon aus Ungarn hinausgedrängt. Daß es meist schon auf östreichischem Boden steht und in Ungarn nur noch Preßburg und Oedenburg besetzt hält, ist außer Zweifel. Dazu steht jetzt fest, was wir voraussagten, daß die Ungarn bei Komorn über die Donau gegangen sind und auf beiden Ufern dieses Stroms in konzentrischer Bewegung gegen Wien anrücken. Die Reinigung der Slovakei durch die Ungarn wird jetzt ebenfalls von der Wiener Zeitung bestätigt.

Drittens: Es ist so gut wie gewiß, daß Jelachich ebenfalls vollständig geschlagen ist. Er selbst ist bereits, wie die Wiener Zeitung meldet, in Esseg angekommen, hat also, da er erst am 23. oder 24. von Pesth abzog und schon am 26. in Esseg war, jedenfalls eine weit schnellere Reife gemacht als sein Korps. Man sagt,dies sei gänzlich vernichtet und der größte Theil der Ueberlebenden sei zu den Magyaren übergegangen. Ein Bericht sagt, die Schlacht, sei bei Kis-Ber vorgefallen, was aber unmöglich ist, da dieser wenige Meilen südlich von Komorn gelegene Ort ganz außer der Route Jelachichs liegt. Dieser Bericht enthält auch sonst allerlei Unmöglichkeiten. Die Nachricht von seiner Niederlage aber geht durch alle Blätter und Korrespondenzen.

Ein Manifest Koffuth's spricht die Unabhängigkeit Ungarns und seiner Nebenländer von Oestreich aus und sagt diese Länder von der habsburglothringischen Dynastie los, weil sie einen so unheilvollen Krieg über Ungarn herbeigeführt.

Aus dem Süden seine Nachrichten von weiteren Fortschritten der Magyaren. Perczel soll mit seiner Hauptarmee gegen Pefth gezogen sein. Rukavina hat Hülfe von den Serben verlangt, um Temeswar zu verschanzen, aber die Serben haben sie abgeschlagen. Sie verlangen im Gegentheil die sofortige Berufung der serbischen Nationalversammlung zur Wahl des Bojvoden und Konstituirung der Bojvodovina.

Die Ungarn sollen über die Türkei 80,000 Flinten aus England bezogen haben. Die Großwardeiner Fabrik liefert ihnen täglich 300 Stück.

Inzwischen herrscht in Wien Freude und Aufregung unter dem Volk, Bestürzung in der Regierung. Auf der Börse zeigte sich am 30. eine unbeschreibliche Muthlosigkeit. Aus den Vorstädten kamen Kleinhändler und erzählten von einer steigenden Unruhe. Auf den Straßen wurden Nachmittags bekannte Barrikadengesichter bemerkt.

Das Ministerium ist in voller Auflösung. Nicht nur, daß Stadion ausgetreten, die Reihe ist bereits an Schwarzenberg, den Colloredo-Wallsee ersetzen soll.

Die Russen kommen. Der russische General v. Berg ist bereits durch Krakau nach Wien gereist. 12-15,000 Russen aller Waffengattungen, worunter 4 Schwadronen Kavallerie und 2 Batterien Artillerie wurden am 1. und 2. Mai in Krakau erwartet. Der Prawoslawny Car soll selbst in die Nähe kommen und die Operationen überwachen wollen.

In der Bukowina sind die Russen bereits einmarschirt, wie ein Schreiben aus Czernowitz von 28. April meldet.

(Die Wiener und Prager Blätter sind uns heute Abend nicht zugekommen.)

* Köln, 3. Mai.

Es sind uns heute mehrere Briefe aus verschiedenen Theilen Süddeutschlands zugegangen, die sämmtlich in der erfreulichen Mittheilung übereinstimmen, daß überall das Volk ungeduldig des Augenblicks harrt, um endlich der unverschämten Contrerevolution der Herren "von Gottes Gnaden" und ihrer löblichen Spießgesellen mit einer wirklichen - also mit keiner März- - Revolution entgegenzutreten, und Rache zu nehmen für die schon so lange und Tag auf Tag gegen die Rechte des Volkes verübten Gewaltthaten und Infamieen. Ueberall organisirt sich das Volk in Kompagnien, wählt seine Führer, verschafft sich Waffen und Munition etc. Ganz besonders erfreulich aber ist's, daß dort unter dem größten Theil des Militärs ein Geist herrscht, der es unmöglich machen wird, die Soldaten nochmals als Mordhunde und wilde Bestien gegen ihre Brüder zu hetzen, und gegen ihr eigenes Fleisch und Blut wüthen zu lassen.

Der gerechte Zorn des Volkes hat eine Höhe erreicht, die an dem nahen Losbruch nicht zweifeln läßt. Hoffentlich wird der Sturm aber diesmal so gewaltig durch ganz Deutschland brausen, daß endlich die ganze gottbegnadete Standrechts-, Raubritter- und Volksverräther-Bande für immer und bis auf die letzten Wurzeln vom deutschen Boden hinweggefegt werde.

Berlin, 2. Mai.

Der König hat den Staatsminister Grafen v. Arnim auf sein Ansuchen von der Leitung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten entbunden und dieselbe interimistisch dem Ministerpräsidenten Grafen v. Brandenburg übertragen.

* Berlin, 2. Mai.

Der gestrige Tag ist ganz ruhig vorübergegangen und die Fanatiker der Ruhe jubeln schon darüber, daß jetzt die Unruhen beendet seien. Nous verrons!

Dagegen bringt der Publizist aus der Geschichte der vergangenen Tage manche Einzelheiten, welche so bezeichnend und interessant sind, daß wir ihm wenigstens eine Thatsache nacherzählen wollen.

Am Sonnabend Nachmittag (den 28. v. M.) begegnete eine höchst wahrscheinlich betrunkener Mann einem Detachement des Kaiser-Franz-Regiments und brach in Schimpfworte über die Soldaten aus. Der kommandirende Offizier, darüber empört, schlug in mit seinem Degen nieder. Der Verwundete erhob sich aber wieder und schimpfte weiter. Da kommandirte der Offizier seinen Flügelmann zum Feuer geben. Dieser sprang vor und schoß auf fünf Schritte den Menschen todt! Das ist das maßvolle Benehmen der militärischen Macht, welches so viel Gutes gewirkt hat. Man hat die Leute gleich familienweise niedergeschossen. So ein Ehepaar, welches ruhig nach Hause ging und durch eine Kugel getödtet wurde.

Der gestrige Abend brachte uns wieder eine Wiederholung der bestialischen Scenen, wodurch sich die Konstabler in der letzten Zeit ausgezeichnet haben. In der Königsstadt hatten sich, angelockt durch das milde Wetter, wiederum Attroupements gebildet. Einige Hundert Konstabler sollten das Volk mit Gewalt zum Auseinandergehen bewegen. Durch Steinwürfe gereizt, stieg die Brutalität eines Konstablers so weit, daß er einem unschuldigen alten Mann, der im Gedränge niedergestürzt war, den Kopf mit seinem Degen spaltete.

Die Polizei bemüht sich ganz besonders gegen Hrn. Jung Indicien herbeizuschaffen, um ihm das Verbrechen, im November sich verschworen zu haben, zu beweisen. So werden jetzt alle Dienstboten des Hauses, in welchem er früher wohnte, fortwährend verhört und man hat das Augenmerk vorzüglich auf den Portier geworfen. Man will durchaus wissen, welche Personen den frühern Abgeordneten in einer bestimmten Nacht des November besucht haben und behauptet, der Portier müsse das wissen.

* Frankfurt, 2. Mai.

Wie die "D. Ztg." wissen will, sollen die hier garnisonirenden Reichstruppen vermehrt werden. Schmerling soll, nach dem nämlichen Blatt, über Berlin nach Wien zurückgereist sein.

Speyer, 1. Mai.

Morgen wird, wie die "Speyerer Ztg." mittheilt, eine allgemeine Volksversammlung in Kaiserslautern stattfinden. Die auf diesen Tag bestimmt gewesene Volksversammlung zu Neustadt ist auf den nächsten Sonntag verlegt.

Die am vorigen Sonntage zu Philippsburg abgehaltene Volksversammlung soll von 7-8000 Menschen besucht gewesen sein.

Obiges Blatt meldet aus Frankenthal vom 30. April: Gestern fand zu Eppstein eine Volksversammlung statt, geleitet von hiesigen Demokraten. Redner wurden von Leuten aus Eppstein, welche zu dem Piusvereine gehören, mit Steinwürfen angefallen. Die Versammlung mußte aufgehoben werden. Aber die Fanatiker verfolgten nun noch die Wegziehenden; sie fielen mit Sensen, Mistgabeln und dgl. Waffen über die Unbewaffneten her; mehrere wurden verwundet, zum Theile schwer. Der Bürgemeister wird beschuldigt, er habe Sturm läuten lassen. Dies empörte. Die hiesige Bürgerwehr griff zu den Waffen und drang nach Eppstein. Der Pfarrer und der Bürgermeister mußten sich verstecken oder fliehen. Ein Haus ward arg beschädigt. - Von den verwundeten Demokraten liegt einer auf den Tod darnieder. Von den Eppsteinern ist Niemand verletzt.

Nachschrift: Abends. Eben ist eine Truppenabtheilung von Ludwigshafen nach Eppstein verlegt worden, um weiteren Excessen daselbst vorzubeugen.

Schweiz.
Lugano, 26. April.

Die neueste Note Radetzky's geht davon aus, es sei eine unleugbare Thatsache, daß während der Entblößung der Gränzen während des letzten Krieges nicht nur eine Masse bewaffneter Insurgenten mit ihren Führern, sondern auch bedeutende Waffen- und Munitionssendungen sammt aufreizenden Schriften in die Lombardei eingedrungen seien, welchen namentlich der Aufstand und das Unglück von Brescia zuzuschreiben sei. Mit scharfen Vorwürfen über dieses mit Hintansetzung aller Ordnung, aller internationalen Rücksichten, sowie der bessern Absichten des Bundesrathes beobachteten Verfahrens, wird dann angegeben, daß in Tessin noch immer Lombarden Revolutions-Comites bilden, und deren Ausweisung verlangt. Der Marschall habe die genaueste Kenntniß von der Wohnung der Revolutionärs, er kenne die "Schlechtigkeit" oder die Schwäche der tessinischen Regierung, und wenn demnach binnen acht Tagen seinem Begehren nicht vollständig entsprochen sei, so werde die strengste Sperre gegen den Kanton eintreten. Bei der bekannten Redlichkeit und Aufrichtigkeit des Hrn. Sidler bezweifle er nicht, daß er durch sein einflußreiches Eingreifen im Sinne der Bundesregierung es dahin bringen werde, daß der Kanton Tessin aufhöre, der Feuerheerd der Revolution für die Lombardei zu sein. Der Staatsrath fand am 24. für angemessen, alle schon früher ausgewiesenen oder seit den letzten Ereignissen ohne regelmäßiges Gesuch in das Land gekommenen Emigranten aus dem Kanton zu weisen; am 27. soll deshalb strenge Hausdurchsuchung genommen werden; alle Emigranten, die keine Erlaubniß vorweisen, werden an die Gränze geführt, ihre Wirthe mit 25 Fr. Buße für Jeden belegt. Der Staatsrath Lavizzari ist der einzige, der gegen diesen Beschluß als eine Feigheit und Gemeinheit protestirt hat.

Französische Republik.
12 Paris, 2. Mai.

Nun, Ihr Deutsche, die Ihr noch immer die Franzosen nicht begreifen könnt, fangt Ihr jetzt bald an, zu begreifen, daß es zweierlei Franzosen gibt, und daß die schlimmste Sorte der Franzosen, die Bourgeoisfranzosen, Euch Deutschen noch immer weit überlegen ist? Und diese zweite Sorte, diese Bourgeoisfranzosen, das sind noch immer nicht die Franzosen, die wirklich an der Regierung sind, nein, sondern diejenigen, regieren lassen müssen, aber das eine Ende des Regierungsfadens halten und anspannen, bis es ihnen möglich wird, das andre Ende zu fassen. Und um die ganze Länge des Fadens stehen die Reihen der Proletarier und lassen die Bourgeoisfranzosen ruhig an den beiden Enden des Fadens ziehen. Aber was haben diese Bourgeoisfranzosen mit Euch Deutschen zu schaffen. Die drückende Nähe der Proletarier zwingt sie, frei mit der Sprache herauszurücken. "Fürsten, Prinzen, dynastische Interessen und Rechte, was geht das uns alles an? Vor allen Dingen müssen wir unser Eigenthum, unser Bourgeoiseigenthum retten, ruft die Rue Poitiers aus und deshalb gilt es, daß wir Alle, die wir Eigenthumsverhältnisse zu wahren haben, enge zusammenhalten." Nun stellte es sich aber heraus, daß die Eigenthumsverhältnisse der verschiedenen Bourgeoisparteien sich schroff gegenüberstehen. Wir haben bereits gesehen, daß unmittelbar nach der Februarrevolution der eine Theil der Bourgeoisie um sein Eigenthum zu retten, bereit war, den anderen Theil der Bourgeoisie aufzuopfern; daß die Bourgeois, in ihrem Eifer, sich der Republik anzuschließen, gegenseitig wetteiferten, wer den andern zuerst in's "Pech" hineinrennte; daß Fould den Rothschild, Rothschild den Fould, und daß Delamarre sie alle der provisorischen Regierung denunzirt hatte. Da trat dann der National auf und sagte: Nein, Ihr Bourgeois, Ihr sollt alle bleiben, was Ihr seid, Euer Eigenthum ist heilig. Wir wollen Euch bewahren, Schufte und Schurken zu werden. Was wir wollen, ist bloß die Verwaltung, die oberste Leitung über Eure Eigenthumsverhältnisse." Der National mit einem Worte wollte bloß die Stellen: er wollte als die personifizirte Republik über dem Bourgeoisreichthum schweben, in den Soiree's glänzen, und den Bourgeoisweibern mit ihren Diamanten und Juwelen die Cour machen. Der National dachte: habe ich nur die Weiber, dann habe ich die Perlen von selbst. Während der National mit den Weibern und den Perlen spielte, trieb die Bourgeoisie ihr Spiel weiter fort mit den Staatspapieren, und je mehr die Staatspapiere in Gunst geriethen, je mehr verlor der National die Gunst der Weiber. Das geistige Band der Bourgeoisfamilien, das Band der Staatspapiere und der Renten entschwand dem National; er verlor die Weiber, mit den Weibern die Perlen, mit den Perlen die Soiree's und mit den Soiree's die Stellen und Plätze. Und das hat Alles Fould und Rothschild mit seinen Staatspapieren gethan, obgleich doch der arme National sogar die Kandidaturen für sie geschmiedet und durch dieses Papier allen anderen Papieren Festigkeit gegeben hatte. Aber der National hat zu sehr auf die Gunst der Bourgeoisweiber gezählt, gerade wie das Volk, das sich auf die Großmuth der Bourgeoismänner verlassen hatte. Das Volk, das schnell enttäuscht worden, hat jetzt seine bestimmte Stellung der Bourgeoispartei gegenüber angenommen.

Es hatte mit Männern zu thun, und diesen Männern erklärt es jetzt offen den Krieg in der großen Wahlagitation. Wie ganz anders der National! Von den Bourgeois-Weibern verlassen, von den Bourgeois-Männern verhöhnt, wenden sich diese "amis de la constitution" zu den Proletariern und beten flehentlich, sich ihnen anschließen zu dürfen. Aber die Partei des Volkes will nichts mit dem Eunuchen zu thun haben, und weis't den National in allen Reunionen zurück. Der National betheuert abermals, daß er nichts mit der Rue Poitiers gemein habe, daß die Rue Poitiers sein größter Feind sei: er ist bereit, sogar den Ledru-Rollin als Candidaten anzunehmen, um sich an den Bourgeois-Weibern zu rächen; vergebens: die Volkspartei macht aus der gegenwärtigen Wahlagitation einen Männerkampf, und stört sich nicht an die Weiber-Intriguen des Herrn Marrast und die republikanische Garderobe des Herrn Bastide.

Die Rue Poitiers steht erschreckt da vor der Einigkeit der demokratisch-sozialen Partei. Bisheran hat die Rue Poitiers sich den Bonapartisten gegenüber mit großem Rückhalte betragen. Aber als sie sah die Bestimmtheit, mit welcher die demokratische Partei bei ihrer ersten Liste behaarte, während um die Rue Poitiers herum eine Menge anderer Comite's und anderer Listen auftauchten, da suchte die Rue Poitiers selbst nach einem Vereinigungspunkte, und dieser Vereinigungspunkt soll die - Republik sein. Die Rue Poitiers hat zum ersten Male den Namen Republik ausgesprochen. In ihrem Schreiben nimmt sie sogar die Hülfe des Herrn Guizot

Beilage zu Nr. 289 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Freitag, 4. Mai 1849.
Deutschland.
* Köln, 3. Mai.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Köln, 3 Mai, Abends.

Je wilder die Flucht der Kaiserlichen aus Ungarn, je unerbittlicher die Verfolgung durch die Magyaren wird, desto verworrener und widersprechender werden auch die Berichte über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz. Nur in Einem stimmen sie überein: daß die Kaiserlichen täglich neue Niederlage erleiden.

Folgende Thatsachen treten indeß als sogut wie gewiß hervor: Erstens: Das Gefecht bei Acs, das die Kaiserlichen als einen Sieg darstellten, war eine Niederlage.Das geht daraus hervor, daß Schlick, der hier gesiegt haben will, gleich darauf nach Raab zurückgegangen ist. Auch meldet die lithogr. Corresp., daß das Treffen bei Acs nachtheilig für die Kaiserlichen ausgefallen und das Regiment Zanini bis auf wenige Offiziere zu den Ungarn übergegangen sei.

Zweitens: In der Gegend von ungarisch Altenburg (halbwegs zwischen Raab und Preßburg) sind am 28. April die Oestreicher abermals geschlagen worden. Dies wird von verschiedenen Berichten übereinstimmend gemeldet. Viele Verwundete werden über die Leitha gebracht, und die ganze Umgegend ist damit überfüllt. Nach Wien selbst sollen am 29. und 30. an 2000 gebracht worden sein. Weldens Hauptquartier soll nach Einigen in Preßburg, nach Andern in Bruck an der Leitha ( auf östreichischem Boden) sein. Auch bei Raab, wo Schlick am 27. gewesen sein soll, haben ihm die verfolgenden Ungarn, wie es heißt, ein mörderisches Gefecht geliefert.

Hiermit wäre das Gros der östreichischen Armee schon aus Ungarn hinausgedrängt. Daß es meist schon auf östreichischem Boden steht und in Ungarn nur noch Preßburg und Oedenburg besetzt hält, ist außer Zweifel. Dazu steht jetzt fest, was wir voraussagten, daß die Ungarn bei Komorn über die Donau gegangen sind und auf beiden Ufern dieses Stroms in konzentrischer Bewegung gegen Wien anrücken. Die Reinigung der Slovakei durch die Ungarn wird jetzt ebenfalls von der Wiener Zeitung bestätigt.

Drittens: Es ist so gut wie gewiß, daß Jelachich ebenfalls vollständig geschlagen ist. Er selbst ist bereits, wie die Wiener Zeitung meldet, in Esseg angekommen, hat also, da er erst am 23. oder 24. von Pesth abzog und schon am 26. in Esseg war, jedenfalls eine weit schnellere Reife gemacht als sein Korps. Man sagt,dies sei gänzlich vernichtet und der größte Theil der Ueberlebenden sei zu den Magyaren übergegangen. Ein Bericht sagt, die Schlacht, sei bei Kis-Bér vorgefallen, was aber unmöglich ist, da dieser wenige Meilen südlich von Komorn gelegene Ort ganz außer der Route Jelachichs liegt. Dieser Bericht enthält auch sonst allerlei Unmöglichkeiten. Die Nachricht von seiner Niederlage aber geht durch alle Blätter und Korrespondenzen.

Ein Manifest Koffuth's spricht die Unabhängigkeit Ungarns und seiner Nebenländer von Oestreich aus und sagt diese Länder von der habsburglothringischen Dynastie los, weil sie einen so unheilvollen Krieg über Ungarn herbeigeführt.

Aus dem Süden seine Nachrichten von weiteren Fortschritten der Magyaren. Perczel soll mit seiner Hauptarmee gegen Pefth gezogen sein. Rukavina hat Hülfe von den Serben verlangt, um Temeswar zu verschanzen, aber die Serben haben sie abgeschlagen. Sie verlangen im Gegentheil die sofortige Berufung der serbischen Nationalversammlung zur Wahl des Bojvoden und Konstituirung der Bojvodovina.

Die Ungarn sollen über die Türkei 80,000 Flinten aus England bezogen haben. Die Großwardeiner Fabrik liefert ihnen täglich 300 Stück.

Inzwischen herrscht in Wien Freude und Aufregung unter dem Volk, Bestürzung in der Regierung. Auf der Börse zeigte sich am 30. eine unbeschreibliche Muthlosigkeit. Aus den Vorstädten kamen Kleinhändler und erzählten von einer steigenden Unruhe. Auf den Straßen wurden Nachmittags bekannte Barrikadengesichter bemerkt.

Das Ministerium ist in voller Auflösung. Nicht nur, daß Stadion ausgetreten, die Reihe ist bereits an Schwarzenberg, den Colloredo-Wallsee ersetzen soll.

Die Russen kommen. Der russische General v. Berg ist bereits durch Krakau nach Wien gereist. 12-15,000 Russen aller Waffengattungen, worunter 4 Schwadronen Kavallerie und 2 Batterien Artillerie wurden am 1. und 2. Mai in Krakau erwartet. Der Prawoslawny Car soll selbst in die Nähe kommen und die Operationen überwachen wollen.

In der Bukowina sind die Russen bereits einmarschirt, wie ein Schreiben aus Czernowitz von 28. April meldet.

(Die Wiener und Prager Blätter sind uns heute Abend nicht zugekommen.)

* Köln, 3. Mai.

Es sind uns heute mehrere Briefe aus verschiedenen Theilen Süddeutschlands zugegangen, die sämmtlich in der erfreulichen Mittheilung übereinstimmen, daß überall das Volk ungeduldig des Augenblicks harrt, um endlich der unverschämten Contrerevolution der Herren „von Gottes Gnaden“ und ihrer löblichen Spießgesellen mit einer wirklichen ‒ also mit keiner März- ‒ Revolution entgegenzutreten, und Rache zu nehmen für die schon so lange und Tag auf Tag gegen die Rechte des Volkes verübten Gewaltthaten und Infamieen. Ueberall organisirt sich das Volk in Kompagnien, wählt seine Führer, verschafft sich Waffen und Munition etc. Ganz besonders erfreulich aber ist's, daß dort unter dem größten Theil des Militärs ein Geist herrscht, der es unmöglich machen wird, die Soldaten nochmals als Mordhunde und wilde Bestien gegen ihre Brüder zu hetzen, und gegen ihr eigenes Fleisch und Blut wüthen zu lassen.

Der gerechte Zorn des Volkes hat eine Höhe erreicht, die an dem nahen Losbruch nicht zweifeln läßt. Hoffentlich wird der Sturm aber diesmal so gewaltig durch ganz Deutschland brausen, daß endlich die ganze gottbegnadete Standrechts-, Raubritter- und Volksverräther-Bande für immer und bis auf die letzten Wurzeln vom deutschen Boden hinweggefegt werde.

Berlin, 2. Mai.

Der König hat den Staatsminister Grafen v. Arnim auf sein Ansuchen von der Leitung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten entbunden und dieselbe interimistisch dem Ministerpräsidenten Grafen v. Brandenburg übertragen.

* Berlin, 2. Mai.

Der gestrige Tag ist ganz ruhig vorübergegangen und die Fanatiker der Ruhe jubeln schon darüber, daß jetzt die Unruhen beendet seien. Nous verrons!

Dagegen bringt der Publizist aus der Geschichte der vergangenen Tage manche Einzelheiten, welche so bezeichnend und interessant sind, daß wir ihm wenigstens eine Thatsache nacherzählen wollen.

Am Sonnabend Nachmittag (den 28. v. M.) begegnete eine höchst wahrscheinlich betrunkener Mann einem Detachement des Kaiser-Franz-Regiments und brach in Schimpfworte über die Soldaten aus. Der kommandirende Offizier, darüber empört, schlug in mit seinem Degen nieder. Der Verwundete erhob sich aber wieder und schimpfte weiter. Da kommandirte der Offizier seinen Flügelmann zum Feuer geben. Dieser sprang vor und schoß auf fünf Schritte den Menschen todt! Das ist das maßvolle Benehmen der militärischen Macht, welches so viel Gutes gewirkt hat. Man hat die Leute gleich familienweise niedergeschossen. So ein Ehepaar, welches ruhig nach Hause ging und durch eine Kugel getödtet wurde.

Der gestrige Abend brachte uns wieder eine Wiederholung der bestialischen Scenen, wodurch sich die Konstabler in der letzten Zeit ausgezeichnet haben. In der Königsstadt hatten sich, angelockt durch das milde Wetter, wiederum Attroupements gebildet. Einige Hundert Konstabler sollten das Volk mit Gewalt zum Auseinandergehen bewegen. Durch Steinwürfe gereizt, stieg die Brutalität eines Konstablers so weit, daß er einem unschuldigen alten Mann, der im Gedränge niedergestürzt war, den Kopf mit seinem Degen spaltete.

Die Polizei bemüht sich ganz besonders gegen Hrn. Jung Indicien herbeizuschaffen, um ihm das Verbrechen, im November sich verschworen zu haben, zu beweisen. So werden jetzt alle Dienstboten des Hauses, in welchem er früher wohnte, fortwährend verhört und man hat das Augenmerk vorzüglich auf den Portier geworfen. Man will durchaus wissen, welche Personen den frühern Abgeordneten in einer bestimmten Nacht des November besucht haben und behauptet, der Portier müsse das wissen.

* Frankfurt, 2. Mai.

Wie die „D. Ztg.“ wissen will, sollen die hier garnisonirenden Reichstruppen vermehrt werden. Schmerling soll, nach dem nämlichen Blatt, über Berlin nach Wien zurückgereist sein.

Speyer, 1. Mai.

Morgen wird, wie die „Speyerer Ztg.“ mittheilt, eine allgemeine Volksversammlung in Kaiserslautern stattfinden. Die auf diesen Tag bestimmt gewesene Volksversammlung zu Neustadt ist auf den nächsten Sonntag verlegt.

Die am vorigen Sonntage zu Philippsburg abgehaltene Volksversammlung soll von 7-8000 Menschen besucht gewesen sein.

Obiges Blatt meldet aus Frankenthal vom 30. April: Gestern fand zu Eppstein eine Volksversammlung statt, geleitet von hiesigen Demokraten. Redner wurden von Leuten aus Eppstein, welche zu dem Piusvereine gehören, mit Steinwürfen angefallen. Die Versammlung mußte aufgehoben werden. Aber die Fanatiker verfolgten nun noch die Wegziehenden; sie fielen mit Sensen, Mistgabeln und dgl. Waffen über die Unbewaffneten her; mehrere wurden verwundet, zum Theile schwer. Der Bürgemeister wird beschuldigt, er habe Sturm läuten lassen. Dies empörte. Die hiesige Bürgerwehr griff zu den Waffen und drang nach Eppstein. Der Pfarrer und der Bürgermeister mußten sich verstecken oder fliehen. Ein Haus ward arg beschädigt. ‒ Von den verwundeten Demokraten liegt einer auf den Tod darnieder. Von den Eppsteinern ist Niemand verletzt.

Nachschrift: Abends. Eben ist eine Truppenabtheilung von Ludwigshafen nach Eppstein verlegt worden, um weiteren Excessen daselbst vorzubeugen.

Schweiz.
Lugano, 26. April.

Die neueste Note Radetzky's geht davon aus, es sei eine unleugbare Thatsache, daß während der Entblößung der Gränzen während des letzten Krieges nicht nur eine Masse bewaffneter Insurgenten mit ihren Führern, sondern auch bedeutende Waffen- und Munitionssendungen sammt aufreizenden Schriften in die Lombardei eingedrungen seien, welchen namentlich der Aufstand und das Unglück von Brescia zuzuschreiben sei. Mit scharfen Vorwürfen über dieses mit Hintansetzung aller Ordnung, aller internationalen Rücksichten, sowie der bessern Absichten des Bundesrathes beobachteten Verfahrens, wird dann angegeben, daß in Tessin noch immer Lombarden Revolutions-Comités bilden, und deren Ausweisung verlangt. Der Marschall habe die genaueste Kenntniß von der Wohnung der Revolutionärs, er kenne die „Schlechtigkeit“ oder die Schwäche der tessinischen Regierung, und wenn demnach binnen acht Tagen seinem Begehren nicht vollständig entsprochen sei, so werde die strengste Sperre gegen den Kanton eintreten. Bei der bekannten Redlichkeit und Aufrichtigkeit des Hrn. Sidler bezweifle er nicht, daß er durch sein einflußreiches Eingreifen im Sinne der Bundesregierung es dahin bringen werde, daß der Kanton Tessin aufhöre, der Feuerheerd der Revolution für die Lombardei zu sein. Der Staatsrath fand am 24. für angemessen, alle schon früher ausgewiesenen oder seit den letzten Ereignissen ohne regelmäßiges Gesuch in das Land gekommenen Emigranten aus dem Kanton zu weisen; am 27. soll deshalb strenge Hausdurchsuchung genommen werden; alle Emigranten, die keine Erlaubniß vorweisen, werden an die Gränze geführt, ihre Wirthe mit 25 Fr. Buße für Jeden belegt. Der Staatsrath Lavizzari ist der einzige, der gegen diesen Beschluß als eine Feigheit und Gemeinheit protestirt hat.

Französische Republik.
12 Paris, 2. Mai.

Nun, Ihr Deutsche, die Ihr noch immer die Franzosen nicht begreifen könnt, fangt Ihr jetzt bald an, zu begreifen, daß es zweierlei Franzosen gibt, und daß die schlimmste Sorte der Franzosen, die Bourgeoisfranzosen, Euch Deutschen noch immer weit überlegen ist? Und diese zweite Sorte, diese Bourgeoisfranzosen, das sind noch immer nicht die Franzosen, die wirklich an der Regierung sind, nein, sondern diejenigen, regieren lassen müssen, aber das eine Ende des Regierungsfadens halten und anspannen, bis es ihnen möglich wird, das andre Ende zu fassen. Und um die ganze Länge des Fadens stehen die Reihen der Proletarier und lassen die Bourgeoisfranzosen ruhig an den beiden Enden des Fadens ziehen. Aber was haben diese Bourgeoisfranzosen mit Euch Deutschen zu schaffen. Die drückende Nähe der Proletarier zwingt sie, frei mit der Sprache herauszurücken. „Fürsten, Prinzen, dynastische Interessen und Rechte, was geht das uns alles an? Vor allen Dingen müssen wir unser Eigenthum, unser Bourgeoiseigenthum retten, ruft die Rue Poitiers aus und deshalb gilt es, daß wir Alle, die wir Eigenthumsverhältnisse zu wahren haben, enge zusammenhalten.“ Nun stellte es sich aber heraus, daß die Eigenthumsverhältnisse der verschiedenen Bourgeoisparteien sich schroff gegenüberstehen. Wir haben bereits gesehen, daß unmittelbar nach der Februarrevolution der eine Theil der Bourgeoisie um sein Eigenthum zu retten, bereit war, den anderen Theil der Bourgeoisie aufzuopfern; daß die Bourgeois, in ihrem Eifer, sich der Republik anzuschließen, gegenseitig wetteiferten, wer den andern zuerst in's „Pech“ hineinrennte; daß Fould den Rothschild, Rothschild den Fould, und daß Delamarre sie alle der provisorischen Regierung denunzirt hatte. Da trat dann der National auf und sagte: Nein, Ihr Bourgeois, Ihr sollt alle bleiben, was Ihr seid, Euer Eigenthum ist heilig. Wir wollen Euch bewahren, Schufte und Schurken zu werden. Was wir wollen, ist bloß die Verwaltung, die oberste Leitung über Eure Eigenthumsverhältnisse.“ Der National mit einem Worte wollte bloß die Stellen: er wollte als die personifizirte Republik über dem Bourgeoisreichthum schweben, in den Soiree's glänzen, und den Bourgeoisweibern mit ihren Diamanten und Juwelen die Cour machen. Der National dachte: habe ich nur die Weiber, dann habe ich die Perlen von selbst. Während der National mit den Weibern und den Perlen spielte, trieb die Bourgeoisie ihr Spiel weiter fort mit den Staatspapieren, und je mehr die Staatspapiere in Gunst geriethen, je mehr verlor der National die Gunst der Weiber. Das geistige Band der Bourgeoisfamilien, das Band der Staatspapiere und der Renten entschwand dem National; er verlor die Weiber, mit den Weibern die Perlen, mit den Perlen die Soiree's und mit den Soiree's die Stellen und Plätze. Und das hat Alles Fould und Rothschild mit seinen Staatspapieren gethan, obgleich doch der arme National sogar die Kandidaturen für sie geschmiedet und durch dieses Papier allen anderen Papieren Festigkeit gegeben hatte. Aber der National hat zu sehr auf die Gunst der Bourgeoisweiber gezählt, gerade wie das Volk, das sich auf die Großmuth der Bourgeoismänner verlassen hatte. Das Volk, das schnell enttäuscht worden, hat jetzt seine bestimmte Stellung der Bourgeoispartei gegenüber angenommen.

Es hatte mit Männern zu thun, und diesen Männern erklärt es jetzt offen den Krieg in der großen Wahlagitation. Wie ganz anders der National! Von den Bourgeois-Weibern verlassen, von den Bourgeois-Männern verhöhnt, wenden sich diese „amis de la constitution“ zu den Proletariern und beten flehentlich, sich ihnen anschließen zu dürfen. Aber die Partei des Volkes will nichts mit dem Eunuchen zu thun haben, und weis't den National in allen Reunionen zurück. Der National betheuert abermals, daß er nichts mit der Rue Poitiers gemein habe, daß die Rue Poitiers sein größter Feind sei: er ist bereit, sogar den Ledru-Rollin als Candidaten anzunehmen, um sich an den Bourgeois-Weibern zu rächen; vergebens: die Volkspartei macht aus der gegenwärtigen Wahlagitation einen Männerkampf, und stört sich nicht an die Weiber-Intriguen des Herrn Marrast und die republikanische Garderobe des Herrn Bastide.

Die Rue Poitiers steht erschreckt da vor der Einigkeit der demokratisch-sozialen Partei. Bisheran hat die Rue Poitiers sich den Bonapartisten gegenüber mit großem Rückhalte betragen. Aber als sie sah die Bestimmtheit, mit welcher die demokratische Partei bei ihrer ersten Liste behaarte, während um die Rue Poitiers herum eine Menge anderer Comite's und anderer Listen auftauchten, da suchte die Rue Poitiers selbst nach einem Vereinigungspunkte, und dieser Vereinigungspunkt soll die ‒ Republik sein. Die Rue Poitiers hat zum ersten Male den Namen Republik ausgesprochen. In ihrem Schreiben nimmt sie sogar die Hülfe des Herrn Guizot

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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Der Dritte im Bunde, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/9.         </bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 3. Mai.</head>
          <gap reason="copyright"/>
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        <div xml:id="ar289b_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 3 Mai, Abends.</head>
          <p>Je wilder die Flucht der Kaiserlichen aus Ungarn, je unerbittlicher die Verfolgung durch die Magyaren wird, desto verworrener und widersprechender werden auch die Berichte über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz. Nur in Einem stimmen sie überein: daß die Kaiserlichen täglich neue Niederlage erleiden.</p>
          <p>Folgende Thatsachen treten indeß als sogut wie gewiß hervor: <hi rendition="#g"> Erstens:</hi> Das Gefecht bei <hi rendition="#g">Acs</hi>, das die Kaiserlichen als einen Sieg darstellten, war eine <hi rendition="#g">Niederlage.</hi>Das geht daraus hervor, daß Schlick, der hier gesiegt haben will, gleich darauf nach Raab zurückgegangen ist. Auch meldet die lithogr. Corresp., daß das Treffen bei Acs nachtheilig für die Kaiserlichen ausgefallen und das Regiment Zanini bis auf wenige Offiziere zu den Ungarn übergegangen sei.</p>
          <p><hi rendition="#g"> Zweitens:</hi> In der Gegend von ungarisch Altenburg (halbwegs zwischen Raab und Preßburg) sind am 28. April <hi rendition="#g">die Oestreicher abermals geschlagen worden.</hi> Dies wird von verschiedenen Berichten übereinstimmend gemeldet. Viele Verwundete werden über die Leitha gebracht, und die ganze Umgegend ist damit überfüllt. Nach Wien selbst sollen am 29. und 30. an 2000 gebracht worden sein. Weldens Hauptquartier soll nach Einigen in Preßburg, nach Andern in Bruck an der Leitha ( auf östreichischem Boden) sein. Auch bei Raab, wo Schlick am 27. gewesen sein soll, haben ihm die verfolgenden Ungarn, wie es heißt, ein mörderisches Gefecht geliefert.</p>
          <p>Hiermit wäre das Gros der östreichischen Armee schon aus Ungarn hinausgedrängt. Daß es meist schon auf östreichischem Boden steht und in Ungarn nur noch Preßburg und Oedenburg besetzt hält, ist außer Zweifel. Dazu steht jetzt fest, was wir voraussagten, daß die Ungarn bei Komorn über die Donau gegangen sind und auf beiden Ufern dieses Stroms in konzentrischer Bewegung gegen Wien anrücken. Die Reinigung der Slovakei durch die Ungarn wird jetzt ebenfalls von der Wiener Zeitung bestätigt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Drittens:</hi> Es ist so gut wie gewiß, daß Jelachich ebenfalls <hi rendition="#g">vollständig geschlagen</hi> ist. Er selbst ist bereits, wie die Wiener Zeitung meldet, in Esseg angekommen, hat also, da er erst am 23. oder 24. von Pesth abzog und schon am 26. in Esseg war, jedenfalls eine weit schnellere Reife gemacht als sein Korps. Man sagt,dies sei <hi rendition="#g">gänzlich vernichtet</hi> und der größte Theil der Ueberlebenden sei zu den Magyaren übergegangen. Ein Bericht sagt, die Schlacht, sei bei Kis-Bér vorgefallen, was aber unmöglich ist, da dieser wenige Meilen südlich von Komorn gelegene Ort ganz außer der Route Jelachichs liegt. Dieser Bericht enthält auch sonst allerlei Unmöglichkeiten. Die Nachricht von seiner Niederlage aber geht durch alle Blätter und Korrespondenzen.</p>
          <p> <hi rendition="#b">Ein Manifest Koffuth's spricht die Unabhängigkeit Ungarns und seiner Nebenländer von Oestreich aus und sagt diese Länder von der habsburglothringischen Dynastie los, weil sie einen so unheilvollen Krieg über Ungarn herbeigeführt.</hi> </p>
          <p>Aus dem <hi rendition="#g">Süden</hi> seine Nachrichten von weiteren Fortschritten der Magyaren. Perczel soll mit seiner Hauptarmee gegen Pefth gezogen sein. Rukavina hat Hülfe von den Serben verlangt, um Temeswar zu verschanzen, aber die Serben haben sie abgeschlagen. Sie verlangen im Gegentheil die sofortige Berufung der serbischen Nationalversammlung zur Wahl des Bojvoden und Konstituirung der Bojvodovina.</p>
          <p>Die Ungarn sollen über die Türkei 80,000 Flinten aus England bezogen haben. Die Großwardeiner Fabrik liefert ihnen täglich 300 Stück.</p>
          <p>Inzwischen herrscht in Wien Freude und Aufregung unter dem Volk, Bestürzung in der Regierung. Auf der <hi rendition="#g">Börse</hi> zeigte sich am 30. eine <hi rendition="#g">unbeschreibliche Muthlosigkeit.</hi> Aus den Vorstädten kamen Kleinhändler und erzählten von einer <hi rendition="#g">steigenden Unruhe.</hi> Auf den Straßen wurden Nachmittags bekannte Barrikadengesichter bemerkt.</p>
          <p>Das Ministerium ist in voller Auflösung. Nicht nur, daß Stadion ausgetreten, die Reihe ist bereits an <hi rendition="#g">Schwarzenberg,</hi> den Colloredo-Wallsee ersetzen soll.</p>
          <p>Die Russen kommen. Der russische General v. Berg ist bereits durch Krakau nach Wien gereist. 12-15,000 Russen aller Waffengattungen, worunter 4 Schwadronen Kavallerie und 2 Batterien Artillerie wurden am 1. und 2. Mai in <hi rendition="#g">Krakau erwartet.</hi> Der Prawoslawny Car soll <hi rendition="#g">selbst in die Nähe kommen</hi> und die Operationen überwachen wollen.</p>
          <p>In der <hi rendition="#g">Bukowina</hi> sind <hi rendition="#g">die Russen bereits einmarschirt,</hi> wie ein Schreiben aus Czernowitz von 28. April meldet.</p>
          <p>(Die Wiener und Prager Blätter sind uns heute Abend nicht zugekommen.)</p>
        </div>
        <div xml:id="ar289b_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 3. Mai.</head>
          <p>Es sind uns heute mehrere Briefe aus verschiedenen Theilen Süddeutschlands zugegangen, die sämmtlich in der erfreulichen Mittheilung übereinstimmen, daß überall das Volk ungeduldig des Augenblicks harrt, um endlich der unverschämten Contrerevolution der Herren &#x201E;von Gottes Gnaden&#x201C; und ihrer löblichen Spießgesellen mit einer wirklichen &#x2012; also mit keiner März- &#x2012; Revolution entgegenzutreten, und Rache zu nehmen für die schon so lange und Tag auf Tag gegen die Rechte des Volkes verübten Gewaltthaten und Infamieen. Ueberall organisirt sich das Volk in Kompagnien, wählt seine Führer, verschafft sich Waffen und Munition etc. Ganz besonders erfreulich aber ist's, daß dort unter dem größten Theil des Militärs ein Geist herrscht, der es unmöglich machen wird, die Soldaten nochmals als Mordhunde und wilde Bestien gegen ihre Brüder zu hetzen, und gegen ihr eigenes Fleisch und Blut wüthen zu lassen.</p>
          <p>Der gerechte Zorn des Volkes hat eine Höhe erreicht, die an dem nahen Losbruch nicht zweifeln läßt. Hoffentlich wird der Sturm aber diesmal so gewaltig durch ganz Deutschland brausen, daß endlich die ganze gottbegnadete Standrechts-, Raubritter- und Volksverräther-Bande für immer und bis auf die letzten Wurzeln vom deutschen Boden hinweggefegt werde.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar289b_004" type="jArticle">
          <head>Berlin, 2. Mai.</head>
          <p>Der König hat den Staatsminister Grafen <hi rendition="#g">v. Arnim</hi> auf sein Ansuchen von der Leitung des <hi rendition="#g">Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten entbunden</hi> und dieselbe <hi rendition="#g">interimistisch</hi> dem Ministerpräsidenten Grafen <hi rendition="#g">v. Brandenburg</hi> übertragen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar289b_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 2. Mai.</head>
          <p>Der gestrige Tag ist ganz ruhig vorübergegangen und die Fanatiker der Ruhe jubeln schon darüber, daß jetzt die Unruhen beendet seien. Nous verrons!</p>
          <p>Dagegen bringt der Publizist aus der Geschichte der vergangenen Tage manche Einzelheiten, welche so bezeichnend und interessant sind, daß wir ihm wenigstens eine Thatsache nacherzählen wollen.</p>
          <p>Am Sonnabend Nachmittag (den 28. v. M.) begegnete eine höchst wahrscheinlich betrunkener Mann einem Detachement des Kaiser-Franz-Regiments und brach in Schimpfworte über die Soldaten aus. Der kommandirende Offizier, darüber empört, schlug in mit seinem Degen nieder. Der Verwundete erhob sich aber wieder und schimpfte weiter. Da kommandirte der Offizier seinen Flügelmann zum Feuer geben. Dieser sprang vor und schoß auf fünf Schritte den Menschen todt! Das ist das maßvolle Benehmen der militärischen Macht, welches so viel Gutes gewirkt hat. Man hat die Leute gleich familienweise niedergeschossen. So ein Ehepaar, welches ruhig nach Hause ging und durch eine Kugel getödtet wurde.</p>
          <p>Der gestrige Abend brachte uns wieder eine Wiederholung der bestialischen Scenen, wodurch sich die Konstabler in der letzten Zeit ausgezeichnet haben. In der Königsstadt hatten sich, angelockt durch das milde Wetter, wiederum Attroupements gebildet. Einige Hundert Konstabler sollten das Volk mit Gewalt zum Auseinandergehen bewegen. Durch Steinwürfe gereizt, stieg die Brutalität eines Konstablers so weit, daß er einem unschuldigen alten Mann, der im Gedränge niedergestürzt war, den Kopf mit seinem Degen spaltete.</p>
          <p>Die Polizei bemüht sich ganz besonders gegen Hrn. Jung Indicien herbeizuschaffen, um ihm das Verbrechen, im November sich verschworen zu haben, zu beweisen. So werden jetzt alle Dienstboten des Hauses, in welchem er früher wohnte, fortwährend verhört und man hat das Augenmerk vorzüglich auf den Portier geworfen. Man will durchaus wissen, welche Personen den frühern Abgeordneten in einer bestimmten Nacht des November besucht haben und behauptet, der Portier müsse das wissen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar289b_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 2. Mai.</head>
          <p>Wie die &#x201E;D. Ztg.&#x201C; wissen will, sollen die hier garnisonirenden Reichstruppen vermehrt werden. Schmerling soll, nach dem nämlichen Blatt, über <hi rendition="#g">Berlin</hi> nach Wien zurückgereist sein.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar289b_007" type="jArticle">
          <head>Speyer, 1. Mai.</head>
          <p>Morgen wird, wie die &#x201E;Speyerer Ztg.&#x201C; mittheilt, eine allgemeine Volksversammlung in Kaiserslautern stattfinden. Die auf diesen Tag bestimmt gewesene Volksversammlung zu Neustadt ist auf den nächsten Sonntag verlegt.</p>
          <p>Die am vorigen Sonntage zu Philippsburg abgehaltene Volksversammlung soll von 7-8000 Menschen besucht gewesen sein.</p>
          <p>Obiges Blatt meldet aus Frankenthal vom 30. April: Gestern fand zu Eppstein eine Volksversammlung statt, geleitet von hiesigen Demokraten. Redner wurden von Leuten aus Eppstein, welche zu dem Piusvereine gehören, mit Steinwürfen angefallen. Die Versammlung mußte aufgehoben werden. Aber die Fanatiker verfolgten nun noch die Wegziehenden; sie fielen mit Sensen, Mistgabeln und dgl. Waffen über die Unbewaffneten her; mehrere wurden verwundet, zum Theile schwer. Der Bürgemeister wird beschuldigt, er habe Sturm läuten lassen. Dies empörte. Die hiesige Bürgerwehr griff zu den Waffen und drang nach Eppstein. Der Pfarrer und der Bürgermeister mußten sich verstecken oder fliehen. Ein Haus ward arg beschädigt. &#x2012; Von den verwundeten Demokraten liegt einer auf den Tod darnieder. Von den Eppsteinern ist Niemand verletzt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Nachschrift:</hi> Abends. Eben ist eine Truppenabtheilung von Ludwigshafen nach Eppstein verlegt worden, um weiteren Excessen daselbst vorzubeugen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar289b_008" type="jArticle">
          <head>Lugano, 26. April.</head>
          <p>Die neueste Note Radetzky's geht davon aus, es sei eine unleugbare Thatsache, daß während der Entblößung der Gränzen während des letzten Krieges nicht nur eine Masse bewaffneter Insurgenten mit ihren Führern, sondern auch bedeutende Waffen- und Munitionssendungen sammt aufreizenden Schriften in die Lombardei eingedrungen seien, welchen namentlich der Aufstand und das Unglück von Brescia zuzuschreiben sei. Mit scharfen Vorwürfen über dieses mit Hintansetzung aller Ordnung, aller internationalen Rücksichten, sowie der bessern Absichten des Bundesrathes beobachteten Verfahrens, wird dann angegeben, daß in Tessin noch immer Lombarden Revolutions-Comités bilden, und deren Ausweisung verlangt. Der Marschall habe die genaueste Kenntniß von der Wohnung der Revolutionärs, er kenne die &#x201E;Schlechtigkeit&#x201C; oder die Schwäche der tessinischen Regierung, und wenn demnach binnen acht Tagen seinem Begehren nicht vollständig entsprochen sei, so werde die strengste Sperre gegen den Kanton eintreten. Bei der bekannten Redlichkeit und Aufrichtigkeit des Hrn. Sidler bezweifle er nicht, daß er durch sein einflußreiches Eingreifen im Sinne der Bundesregierung es dahin bringen werde, daß der Kanton Tessin aufhöre, der Feuerheerd der Revolution für die Lombardei zu sein. Der Staatsrath fand am 24. für angemessen, alle schon früher ausgewiesenen oder seit den letzten Ereignissen ohne regelmäßiges Gesuch in das Land gekommenen Emigranten aus dem Kanton zu weisen; am 27. soll deshalb strenge Hausdurchsuchung genommen werden; alle Emigranten, die keine Erlaubniß vorweisen, werden an die Gränze geführt, ihre Wirthe mit 25 Fr. Buße für Jeden belegt. Der Staatsrath Lavizzari ist der einzige, der gegen diesen Beschluß als eine Feigheit und Gemeinheit protestirt hat.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar289b_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 2. Mai.</head>
          <p>Nun, Ihr Deutsche, die Ihr noch immer die Franzosen nicht begreifen könnt, fangt Ihr jetzt bald an, zu begreifen, daß es zweierlei Franzosen gibt, und daß die schlimmste Sorte der Franzosen, die Bourgeoisfranzosen, Euch Deutschen noch immer weit überlegen ist? Und diese zweite Sorte, diese Bourgeoisfranzosen, das sind noch immer nicht die Franzosen, die wirklich an der Regierung sind, nein, sondern diejenigen, regieren lassen müssen, aber das eine Ende des Regierungsfadens halten und anspannen, bis es ihnen möglich wird, das andre Ende zu fassen. Und um die ganze Länge des Fadens stehen die Reihen der Proletarier und lassen die Bourgeoisfranzosen ruhig an den beiden Enden des Fadens ziehen. Aber was haben diese Bourgeoisfranzosen mit Euch Deutschen zu schaffen. Die drückende Nähe der Proletarier zwingt sie, frei mit der Sprache herauszurücken. &#x201E;Fürsten, Prinzen, dynastische Interessen und Rechte, was geht das uns alles an? Vor allen Dingen müssen wir unser Eigenthum, unser Bourgeoiseigenthum retten, ruft die Rue Poitiers aus und deshalb gilt es, daß wir Alle, die wir Eigenthumsverhältnisse zu wahren haben, enge zusammenhalten.&#x201C; Nun stellte es sich aber heraus, daß die Eigenthumsverhältnisse der verschiedenen Bourgeoisparteien sich schroff gegenüberstehen. Wir haben bereits gesehen, daß unmittelbar nach der Februarrevolution der eine Theil der Bourgeoisie um sein Eigenthum zu retten, bereit war, den anderen Theil der Bourgeoisie aufzuopfern; daß die Bourgeois, in ihrem Eifer, sich der Republik anzuschließen, gegenseitig wetteiferten, wer den andern zuerst in's &#x201E;Pech&#x201C; hineinrennte; daß Fould den Rothschild, Rothschild den Fould, und daß Delamarre sie alle der provisorischen Regierung denunzirt hatte. Da trat dann der National auf und sagte: Nein, Ihr Bourgeois, Ihr sollt alle bleiben, was Ihr seid, Euer Eigenthum ist heilig. Wir wollen Euch bewahren, Schufte und Schurken zu werden. Was wir wollen, ist bloß die Verwaltung, die oberste Leitung über Eure Eigenthumsverhältnisse.&#x201C; Der National mit einem Worte wollte bloß die Stellen: er wollte als die personifizirte Republik über dem Bourgeoisreichthum schweben, in den Soiree's glänzen, und den Bourgeoisweibern mit ihren Diamanten und Juwelen die Cour machen. Der National dachte: habe ich nur die Weiber, dann habe ich die Perlen von selbst. Während der National mit den Weibern und den Perlen spielte, trieb die Bourgeoisie ihr Spiel weiter fort mit den Staatspapieren, und je mehr die Staatspapiere in Gunst geriethen, je mehr verlor der National die Gunst der Weiber. Das geistige Band der Bourgeoisfamilien, das Band der Staatspapiere und der Renten entschwand dem National; er verlor die Weiber, mit den Weibern die Perlen, mit den Perlen die Soiree's und mit den Soiree's die Stellen und Plätze. Und das hat Alles Fould und Rothschild mit seinen Staatspapieren gethan, obgleich doch der arme National sogar die Kandidaturen für sie geschmiedet und durch dieses Papier allen anderen Papieren Festigkeit gegeben hatte. Aber der National hat zu sehr auf die Gunst der Bourgeoisweiber gezählt, gerade wie das Volk, das sich auf die Großmuth der Bourgeoismänner verlassen hatte. Das Volk, das schnell enttäuscht worden, hat jetzt seine bestimmte Stellung der Bourgeoispartei gegenüber angenommen.</p>
          <p>Es hatte mit Männern zu thun, und diesen Männern erklärt es jetzt offen den Krieg in der großen Wahlagitation. Wie ganz anders der National! Von den Bourgeois-Weibern verlassen, von den Bourgeois-Männern verhöhnt, wenden sich diese &#x201E;amis de la constitution&#x201C; zu den Proletariern und beten flehentlich, sich ihnen anschließen zu dürfen. Aber die Partei des Volkes will nichts mit dem Eunuchen zu thun haben, und weis't den National in allen Reunionen zurück. Der National betheuert abermals, daß er nichts mit der Rue Poitiers gemein habe, daß die Rue Poitiers sein größter Feind sei: er ist bereit, sogar den Ledru-Rollin als Candidaten anzunehmen, um sich an den Bourgeois-Weibern zu rächen; vergebens: die Volkspartei macht aus der gegenwärtigen Wahlagitation einen Männerkampf, und stört sich nicht an die Weiber-Intriguen des Herrn Marrast und die republikanische Garderobe des Herrn Bastide.</p>
          <p>Die Rue Poitiers steht erschreckt da vor der Einigkeit der demokratisch-sozialen Partei. Bisheran hat die Rue Poitiers sich den Bonapartisten gegenüber mit großem Rückhalte betragen. Aber als sie sah die Bestimmtheit, mit welcher die demokratische Partei bei ihrer ersten Liste behaarte, während um die Rue Poitiers herum eine Menge anderer Comite's und anderer Listen auftauchten, da suchte die Rue Poitiers selbst nach einem Vereinigungspunkte, und dieser Vereinigungspunkt soll die &#x2012; Republik sein. Die Rue Poitiers hat zum ersten Male den Namen Republik ausgesprochen. In ihrem Schreiben nimmt sie sogar die Hülfe des Herrn Guizot</p>
        </div>
      </div>
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</TEI>
[1639/0001] Beilage zu Nr. 289 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag, 4. Mai 1849. Deutschland. * Köln, 3. Mai. _ * Köln, 3 Mai, Abends. Je wilder die Flucht der Kaiserlichen aus Ungarn, je unerbittlicher die Verfolgung durch die Magyaren wird, desto verworrener und widersprechender werden auch die Berichte über die Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz. Nur in Einem stimmen sie überein: daß die Kaiserlichen täglich neue Niederlage erleiden. Folgende Thatsachen treten indeß als sogut wie gewiß hervor: Erstens: Das Gefecht bei Acs, das die Kaiserlichen als einen Sieg darstellten, war eine Niederlage.Das geht daraus hervor, daß Schlick, der hier gesiegt haben will, gleich darauf nach Raab zurückgegangen ist. Auch meldet die lithogr. Corresp., daß das Treffen bei Acs nachtheilig für die Kaiserlichen ausgefallen und das Regiment Zanini bis auf wenige Offiziere zu den Ungarn übergegangen sei. Zweitens: In der Gegend von ungarisch Altenburg (halbwegs zwischen Raab und Preßburg) sind am 28. April die Oestreicher abermals geschlagen worden. Dies wird von verschiedenen Berichten übereinstimmend gemeldet. Viele Verwundete werden über die Leitha gebracht, und die ganze Umgegend ist damit überfüllt. Nach Wien selbst sollen am 29. und 30. an 2000 gebracht worden sein. Weldens Hauptquartier soll nach Einigen in Preßburg, nach Andern in Bruck an der Leitha ( auf östreichischem Boden) sein. Auch bei Raab, wo Schlick am 27. gewesen sein soll, haben ihm die verfolgenden Ungarn, wie es heißt, ein mörderisches Gefecht geliefert. Hiermit wäre das Gros der östreichischen Armee schon aus Ungarn hinausgedrängt. Daß es meist schon auf östreichischem Boden steht und in Ungarn nur noch Preßburg und Oedenburg besetzt hält, ist außer Zweifel. Dazu steht jetzt fest, was wir voraussagten, daß die Ungarn bei Komorn über die Donau gegangen sind und auf beiden Ufern dieses Stroms in konzentrischer Bewegung gegen Wien anrücken. Die Reinigung der Slovakei durch die Ungarn wird jetzt ebenfalls von der Wiener Zeitung bestätigt. Drittens: Es ist so gut wie gewiß, daß Jelachich ebenfalls vollständig geschlagen ist. Er selbst ist bereits, wie die Wiener Zeitung meldet, in Esseg angekommen, hat also, da er erst am 23. oder 24. von Pesth abzog und schon am 26. in Esseg war, jedenfalls eine weit schnellere Reife gemacht als sein Korps. Man sagt,dies sei gänzlich vernichtet und der größte Theil der Ueberlebenden sei zu den Magyaren übergegangen. Ein Bericht sagt, die Schlacht, sei bei Kis-Bér vorgefallen, was aber unmöglich ist, da dieser wenige Meilen südlich von Komorn gelegene Ort ganz außer der Route Jelachichs liegt. Dieser Bericht enthält auch sonst allerlei Unmöglichkeiten. Die Nachricht von seiner Niederlage aber geht durch alle Blätter und Korrespondenzen. Ein Manifest Koffuth's spricht die Unabhängigkeit Ungarns und seiner Nebenländer von Oestreich aus und sagt diese Länder von der habsburglothringischen Dynastie los, weil sie einen so unheilvollen Krieg über Ungarn herbeigeführt. Aus dem Süden seine Nachrichten von weiteren Fortschritten der Magyaren. Perczel soll mit seiner Hauptarmee gegen Pefth gezogen sein. Rukavina hat Hülfe von den Serben verlangt, um Temeswar zu verschanzen, aber die Serben haben sie abgeschlagen. Sie verlangen im Gegentheil die sofortige Berufung der serbischen Nationalversammlung zur Wahl des Bojvoden und Konstituirung der Bojvodovina. Die Ungarn sollen über die Türkei 80,000 Flinten aus England bezogen haben. Die Großwardeiner Fabrik liefert ihnen täglich 300 Stück. Inzwischen herrscht in Wien Freude und Aufregung unter dem Volk, Bestürzung in der Regierung. Auf der Börse zeigte sich am 30. eine unbeschreibliche Muthlosigkeit. Aus den Vorstädten kamen Kleinhändler und erzählten von einer steigenden Unruhe. Auf den Straßen wurden Nachmittags bekannte Barrikadengesichter bemerkt. Das Ministerium ist in voller Auflösung. Nicht nur, daß Stadion ausgetreten, die Reihe ist bereits an Schwarzenberg, den Colloredo-Wallsee ersetzen soll. Die Russen kommen. Der russische General v. Berg ist bereits durch Krakau nach Wien gereist. 12-15,000 Russen aller Waffengattungen, worunter 4 Schwadronen Kavallerie und 2 Batterien Artillerie wurden am 1. und 2. Mai in Krakau erwartet. Der Prawoslawny Car soll selbst in die Nähe kommen und die Operationen überwachen wollen. In der Bukowina sind die Russen bereits einmarschirt, wie ein Schreiben aus Czernowitz von 28. April meldet. (Die Wiener und Prager Blätter sind uns heute Abend nicht zugekommen.) * Köln, 3. Mai. Es sind uns heute mehrere Briefe aus verschiedenen Theilen Süddeutschlands zugegangen, die sämmtlich in der erfreulichen Mittheilung übereinstimmen, daß überall das Volk ungeduldig des Augenblicks harrt, um endlich der unverschämten Contrerevolution der Herren „von Gottes Gnaden“ und ihrer löblichen Spießgesellen mit einer wirklichen ‒ also mit keiner März- ‒ Revolution entgegenzutreten, und Rache zu nehmen für die schon so lange und Tag auf Tag gegen die Rechte des Volkes verübten Gewaltthaten und Infamieen. Ueberall organisirt sich das Volk in Kompagnien, wählt seine Führer, verschafft sich Waffen und Munition etc. Ganz besonders erfreulich aber ist's, daß dort unter dem größten Theil des Militärs ein Geist herrscht, der es unmöglich machen wird, die Soldaten nochmals als Mordhunde und wilde Bestien gegen ihre Brüder zu hetzen, und gegen ihr eigenes Fleisch und Blut wüthen zu lassen. Der gerechte Zorn des Volkes hat eine Höhe erreicht, die an dem nahen Losbruch nicht zweifeln läßt. Hoffentlich wird der Sturm aber diesmal so gewaltig durch ganz Deutschland brausen, daß endlich die ganze gottbegnadete Standrechts-, Raubritter- und Volksverräther-Bande für immer und bis auf die letzten Wurzeln vom deutschen Boden hinweggefegt werde. Berlin, 2. Mai. Der König hat den Staatsminister Grafen v. Arnim auf sein Ansuchen von der Leitung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten entbunden und dieselbe interimistisch dem Ministerpräsidenten Grafen v. Brandenburg übertragen. * Berlin, 2. Mai. Der gestrige Tag ist ganz ruhig vorübergegangen und die Fanatiker der Ruhe jubeln schon darüber, daß jetzt die Unruhen beendet seien. Nous verrons! Dagegen bringt der Publizist aus der Geschichte der vergangenen Tage manche Einzelheiten, welche so bezeichnend und interessant sind, daß wir ihm wenigstens eine Thatsache nacherzählen wollen. Am Sonnabend Nachmittag (den 28. v. M.) begegnete eine höchst wahrscheinlich betrunkener Mann einem Detachement des Kaiser-Franz-Regiments und brach in Schimpfworte über die Soldaten aus. Der kommandirende Offizier, darüber empört, schlug in mit seinem Degen nieder. Der Verwundete erhob sich aber wieder und schimpfte weiter. Da kommandirte der Offizier seinen Flügelmann zum Feuer geben. Dieser sprang vor und schoß auf fünf Schritte den Menschen todt! Das ist das maßvolle Benehmen der militärischen Macht, welches so viel Gutes gewirkt hat. Man hat die Leute gleich familienweise niedergeschossen. So ein Ehepaar, welches ruhig nach Hause ging und durch eine Kugel getödtet wurde. Der gestrige Abend brachte uns wieder eine Wiederholung der bestialischen Scenen, wodurch sich die Konstabler in der letzten Zeit ausgezeichnet haben. In der Königsstadt hatten sich, angelockt durch das milde Wetter, wiederum Attroupements gebildet. Einige Hundert Konstabler sollten das Volk mit Gewalt zum Auseinandergehen bewegen. Durch Steinwürfe gereizt, stieg die Brutalität eines Konstablers so weit, daß er einem unschuldigen alten Mann, der im Gedränge niedergestürzt war, den Kopf mit seinem Degen spaltete. Die Polizei bemüht sich ganz besonders gegen Hrn. Jung Indicien herbeizuschaffen, um ihm das Verbrechen, im November sich verschworen zu haben, zu beweisen. So werden jetzt alle Dienstboten des Hauses, in welchem er früher wohnte, fortwährend verhört und man hat das Augenmerk vorzüglich auf den Portier geworfen. Man will durchaus wissen, welche Personen den frühern Abgeordneten in einer bestimmten Nacht des November besucht haben und behauptet, der Portier müsse das wissen. * Frankfurt, 2. Mai. Wie die „D. Ztg.“ wissen will, sollen die hier garnisonirenden Reichstruppen vermehrt werden. Schmerling soll, nach dem nämlichen Blatt, über Berlin nach Wien zurückgereist sein. Speyer, 1. Mai. Morgen wird, wie die „Speyerer Ztg.“ mittheilt, eine allgemeine Volksversammlung in Kaiserslautern stattfinden. Die auf diesen Tag bestimmt gewesene Volksversammlung zu Neustadt ist auf den nächsten Sonntag verlegt. Die am vorigen Sonntage zu Philippsburg abgehaltene Volksversammlung soll von 7-8000 Menschen besucht gewesen sein. Obiges Blatt meldet aus Frankenthal vom 30. April: Gestern fand zu Eppstein eine Volksversammlung statt, geleitet von hiesigen Demokraten. Redner wurden von Leuten aus Eppstein, welche zu dem Piusvereine gehören, mit Steinwürfen angefallen. Die Versammlung mußte aufgehoben werden. Aber die Fanatiker verfolgten nun noch die Wegziehenden; sie fielen mit Sensen, Mistgabeln und dgl. Waffen über die Unbewaffneten her; mehrere wurden verwundet, zum Theile schwer. Der Bürgemeister wird beschuldigt, er habe Sturm läuten lassen. Dies empörte. Die hiesige Bürgerwehr griff zu den Waffen und drang nach Eppstein. Der Pfarrer und der Bürgermeister mußten sich verstecken oder fliehen. Ein Haus ward arg beschädigt. ‒ Von den verwundeten Demokraten liegt einer auf den Tod darnieder. Von den Eppsteinern ist Niemand verletzt. Nachschrift: Abends. Eben ist eine Truppenabtheilung von Ludwigshafen nach Eppstein verlegt worden, um weiteren Excessen daselbst vorzubeugen. Schweiz. Lugano, 26. April. Die neueste Note Radetzky's geht davon aus, es sei eine unleugbare Thatsache, daß während der Entblößung der Gränzen während des letzten Krieges nicht nur eine Masse bewaffneter Insurgenten mit ihren Führern, sondern auch bedeutende Waffen- und Munitionssendungen sammt aufreizenden Schriften in die Lombardei eingedrungen seien, welchen namentlich der Aufstand und das Unglück von Brescia zuzuschreiben sei. Mit scharfen Vorwürfen über dieses mit Hintansetzung aller Ordnung, aller internationalen Rücksichten, sowie der bessern Absichten des Bundesrathes beobachteten Verfahrens, wird dann angegeben, daß in Tessin noch immer Lombarden Revolutions-Comités bilden, und deren Ausweisung verlangt. Der Marschall habe die genaueste Kenntniß von der Wohnung der Revolutionärs, er kenne die „Schlechtigkeit“ oder die Schwäche der tessinischen Regierung, und wenn demnach binnen acht Tagen seinem Begehren nicht vollständig entsprochen sei, so werde die strengste Sperre gegen den Kanton eintreten. Bei der bekannten Redlichkeit und Aufrichtigkeit des Hrn. Sidler bezweifle er nicht, daß er durch sein einflußreiches Eingreifen im Sinne der Bundesregierung es dahin bringen werde, daß der Kanton Tessin aufhöre, der Feuerheerd der Revolution für die Lombardei zu sein. Der Staatsrath fand am 24. für angemessen, alle schon früher ausgewiesenen oder seit den letzten Ereignissen ohne regelmäßiges Gesuch in das Land gekommenen Emigranten aus dem Kanton zu weisen; am 27. soll deshalb strenge Hausdurchsuchung genommen werden; alle Emigranten, die keine Erlaubniß vorweisen, werden an die Gränze geführt, ihre Wirthe mit 25 Fr. Buße für Jeden belegt. Der Staatsrath Lavizzari ist der einzige, der gegen diesen Beschluß als eine Feigheit und Gemeinheit protestirt hat. Französische Republik. 12 Paris, 2. Mai. Nun, Ihr Deutsche, die Ihr noch immer die Franzosen nicht begreifen könnt, fangt Ihr jetzt bald an, zu begreifen, daß es zweierlei Franzosen gibt, und daß die schlimmste Sorte der Franzosen, die Bourgeoisfranzosen, Euch Deutschen noch immer weit überlegen ist? Und diese zweite Sorte, diese Bourgeoisfranzosen, das sind noch immer nicht die Franzosen, die wirklich an der Regierung sind, nein, sondern diejenigen, regieren lassen müssen, aber das eine Ende des Regierungsfadens halten und anspannen, bis es ihnen möglich wird, das andre Ende zu fassen. Und um die ganze Länge des Fadens stehen die Reihen der Proletarier und lassen die Bourgeoisfranzosen ruhig an den beiden Enden des Fadens ziehen. Aber was haben diese Bourgeoisfranzosen mit Euch Deutschen zu schaffen. Die drückende Nähe der Proletarier zwingt sie, frei mit der Sprache herauszurücken. „Fürsten, Prinzen, dynastische Interessen und Rechte, was geht das uns alles an? Vor allen Dingen müssen wir unser Eigenthum, unser Bourgeoiseigenthum retten, ruft die Rue Poitiers aus und deshalb gilt es, daß wir Alle, die wir Eigenthumsverhältnisse zu wahren haben, enge zusammenhalten.“ Nun stellte es sich aber heraus, daß die Eigenthumsverhältnisse der verschiedenen Bourgeoisparteien sich schroff gegenüberstehen. Wir haben bereits gesehen, daß unmittelbar nach der Februarrevolution der eine Theil der Bourgeoisie um sein Eigenthum zu retten, bereit war, den anderen Theil der Bourgeoisie aufzuopfern; daß die Bourgeois, in ihrem Eifer, sich der Republik anzuschließen, gegenseitig wetteiferten, wer den andern zuerst in's „Pech“ hineinrennte; daß Fould den Rothschild, Rothschild den Fould, und daß Delamarre sie alle der provisorischen Regierung denunzirt hatte. Da trat dann der National auf und sagte: Nein, Ihr Bourgeois, Ihr sollt alle bleiben, was Ihr seid, Euer Eigenthum ist heilig. Wir wollen Euch bewahren, Schufte und Schurken zu werden. Was wir wollen, ist bloß die Verwaltung, die oberste Leitung über Eure Eigenthumsverhältnisse.“ Der National mit einem Worte wollte bloß die Stellen: er wollte als die personifizirte Republik über dem Bourgeoisreichthum schweben, in den Soiree's glänzen, und den Bourgeoisweibern mit ihren Diamanten und Juwelen die Cour machen. Der National dachte: habe ich nur die Weiber, dann habe ich die Perlen von selbst. Während der National mit den Weibern und den Perlen spielte, trieb die Bourgeoisie ihr Spiel weiter fort mit den Staatspapieren, und je mehr die Staatspapiere in Gunst geriethen, je mehr verlor der National die Gunst der Weiber. Das geistige Band der Bourgeoisfamilien, das Band der Staatspapiere und der Renten entschwand dem National; er verlor die Weiber, mit den Weibern die Perlen, mit den Perlen die Soiree's und mit den Soiree's die Stellen und Plätze. Und das hat Alles Fould und Rothschild mit seinen Staatspapieren gethan, obgleich doch der arme National sogar die Kandidaturen für sie geschmiedet und durch dieses Papier allen anderen Papieren Festigkeit gegeben hatte. Aber der National hat zu sehr auf die Gunst der Bourgeoisweiber gezählt, gerade wie das Volk, das sich auf die Großmuth der Bourgeoismänner verlassen hatte. Das Volk, das schnell enttäuscht worden, hat jetzt seine bestimmte Stellung der Bourgeoispartei gegenüber angenommen. Es hatte mit Männern zu thun, und diesen Männern erklärt es jetzt offen den Krieg in der großen Wahlagitation. Wie ganz anders der National! Von den Bourgeois-Weibern verlassen, von den Bourgeois-Männern verhöhnt, wenden sich diese „amis de la constitution“ zu den Proletariern und beten flehentlich, sich ihnen anschließen zu dürfen. Aber die Partei des Volkes will nichts mit dem Eunuchen zu thun haben, und weis't den National in allen Reunionen zurück. Der National betheuert abermals, daß er nichts mit der Rue Poitiers gemein habe, daß die Rue Poitiers sein größter Feind sei: er ist bereit, sogar den Ledru-Rollin als Candidaten anzunehmen, um sich an den Bourgeois-Weibern zu rächen; vergebens: die Volkspartei macht aus der gegenwärtigen Wahlagitation einen Männerkampf, und stört sich nicht an die Weiber-Intriguen des Herrn Marrast und die republikanische Garderobe des Herrn Bastide. Die Rue Poitiers steht erschreckt da vor der Einigkeit der demokratisch-sozialen Partei. Bisheran hat die Rue Poitiers sich den Bonapartisten gegenüber mit großem Rückhalte betragen. Aber als sie sah die Bestimmtheit, mit welcher die demokratische Partei bei ihrer ersten Liste behaarte, während um die Rue Poitiers herum eine Menge anderer Comite's und anderer Listen auftauchten, da suchte die Rue Poitiers selbst nach einem Vereinigungspunkte, und dieser Vereinigungspunkt soll die ‒ Republik sein. Die Rue Poitiers hat zum ersten Male den Namen Republik ausgesprochen. In ihrem Schreiben nimmt sie sogar die Hülfe des Herrn Guizot

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 289. Köln, 4. Mai 1849. Beilage, S. 1639. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz289b_1849/1>, abgerufen am 28.03.2024.