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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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von Erscheinungen, die in einem Chaos gehäuft sind, und
die nur beziehungsweise erläutert werden können. Ein
Beispiel giebt uns die Meteorologie, wo wir die Kräfte
mannigfaltiger Erscheinungen, wie die Inclination des
Magneteisens und der Magnetnadel wirksam sehen, ohne
sie bestimmt erklären zu können.

Die Kenntniß der Natur und ihre Verhältnisse
zum Menschen, theilt sich in eine Menge von Wissen-
schaften. Es könnte scheinen als sollte mein Vortrag
eine Encyclopädie der Naturwissenschaften sein. Die
Encyclopädie verfolgt aber eine jede Wissenschaft
ausführlich in ihre einzelnen Theile. Bei einer so grossen
Menge von Gegenständen, kann aber ein Vortrag wie
der meinige, auf wenige Stunden beschränkt, nicht einzeln
jede Wissenschaft verfolgen. Nur kann es meine Ab-
sicht sein, durch eine Zusammenfassung der Wissenschaften
in Umrissen zu zeigen, wie weit wir in der Er-
gründung der Naturkörper und Naturkräfte ge-
drungen sind.

Natur ist die Vielheit in der Einheit, der Inbegriff
aller Naturdinge und Naturkräfte. Naturkenntniß
ist die Kenntniß der Dinge neben einander, oder hinter-
einander. Ersteres ist die Naturbeschreibung, letzteres die

von Erſcheinungen, die in einem Chaos gehäuft ſind, und
die nur beziehungsweiſe erläutert werden können. Ein
Beiſpiel giebt uns die Meteorologie, wo wir die Kräfte
mannigfaltiger Erſcheinungen, wie die Inclination des
Magneteiſens und der Magnetnadel wirkſam ſehen, ohne
ſie beſtimmt erklären zu können.

Die Kenntniß der Natur und ihre Verhältniſſe
zum Menſchen, theilt ſich in eine Menge von Wiſſen-
ſchaften. Es könnte ſcheinen als ſollte mein Vortrag
eine Encyclopädie der Naturwiſſenſchaften ſein. Die
Encyclopädie verfolgt aber eine jede Wiſſenſchaft
ausführlich in ihre einzelnen Theile. Bei einer ſo groſſen
Menge von Gegenſtänden, kann aber ein Vortrag wie
der meinige, auf wenige Stunden beſchränkt, nicht einzeln
jede Wiſſenſchaft verfolgen. Nur kann es meine Ab-
ſicht ſein, durch eine Zuſammenfaſſung der Wiſſenſchaften
in Umriſſen zu zeigen, wie weit wir in der Er-
gründung der Naturkörper und Naturkräfte ge-
drungen ſind.

Natur iſt die Vielheit in der Einheit, der Inbegriff
aller Naturdinge und Naturkräfte. Naturkenntniß
iſt die Kenntniß der Dinge neben einander, oder hinter-
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[27./0033] von Erſcheinungen, die in einem Chaos gehäuft ſind, und die nur beziehungsweiſe erläutert werden können. Ein Beiſpiel giebt uns die Meteorologie, wo wir die Kräfte mannigfaltiger Erſcheinungen, wie die Inclination des Magneteiſens und der Magnetnadel wirkſam ſehen, ohne ſie beſtimmt erklären zu können. Die Kenntniß der Natur und ihre Verhältniſſe zum Menſchen, theilt ſich in eine Menge von Wiſſen- ſchaften. Es könnte ſcheinen als ſollte mein Vortrag eine Encyclopädie der Naturwiſſenſchaften ſein. Die Encyclopädie verfolgt aber eine jede Wiſſenſchaft ausführlich in ihre einzelnen Theile. Bei einer ſo groſſen Menge von Gegenſtänden, kann aber ein Vortrag wie der meinige, auf wenige Stunden beſchränkt, nicht einzeln jede Wiſſenſchaft verfolgen. Nur kann es meine Ab- ſicht ſein, durch eine Zuſammenfaſſung der Wiſſenſchaften in Umriſſen zu zeigen, wie weit wir in der Er- gründung der Naturkörper und Naturkräfte ge- drungen ſind. Natur iſt die Vielheit in der Einheit, der Inbegriff aller Naturdinge und Naturkräfte. Naturkenntniß iſt die Kenntniß der Dinge neben einander, oder hinter- einander. Erſteres iſt die Naturbeſchreibung, letzteres die

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Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 27.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/33>, abgerufen am 25.04.2024.