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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Gewächse Beweise liefern. Doch ist es auch bei diesen nicht
gleichgültig wie die Trennungen geschehen, da nicht jede Richtung
die Fortdauer des Lebens und der chemischen Verhältnisse
bedingt. Schon Aristoteles sagte: natürliche Körper sind
solche die einen Bestimmungsgrund ihrer Existenz zu einem
Zwecke in sich selbst haben. Die unorganischen Körper dagegen
erleiden durch jede beliebige Trennung voneinander keine Ver-
änderung ihrer chemischen Beschaffenheit. Die chemischen Wir-
kungen bei diesen sind auch immer nur durch gewisse Verhält-
nisse bedingt, es ist wohl möglich daß auch hier ein elektro-
chemischer Process statt findet, der bei den organischen
Körpern von mehr complicirte Bedingungen abhängt. Diese
einzelnen Kräfte kann man Lebensthätigkeit nennen,
aber es ist besser mit Leben nur das zu bezeichnen,
was aus ihrem Wirken hervorgeht. Diese Veränderung
des Mischungsverhältnisses kann auch nur bei einzelnen
Theilen statt habn, die nämlich vom Ganzen als todte
Körper sich absondern, wie wir es z. B. bei dem Holze,
oder der Häutung der Insecten erkennen.

Ein jeder organische Körper unterscheidet sich auch
von einem unorganischen darin, daß der erstere einen für
uns bemerkbaren Anfang hat, sich entwickelt, abnimmt,

Gewächſe Beweiſe liefern. Doch iſt es auch bei dieſen nicht
gleichgültig wie die Trennungen geſchehen, da nicht jede Richtung
die Fortdauer des Lebens und der chemiſchen Verhältniſſe
bedingt. Schon Ariſtoteles ſagte: natürliche Körper ſind
ſolche die einen Beſtimmungsgrund ihrer Exiſtenz zu einem
Zwecke in ſich ſelbſt haben. Die unorganiſchen Körper dagegen
erleiden durch jede beliebige Trennung voneinander keine Ver-
änderung ihrer chemiſchen Beſchaffenheit. Die chemiſchen Wir-
kungen bei dieſen ſind auch immer nur durch gewiſse Verhält-
niſse bedingt, es iſt wohl möglich daß auch hier ein elektro-
chemiſcher Proceſs ſtatt findet, der bei den organiſchen
Körpern von mehr complicirte Bedingungen abhängt. Dieſe
einzelnen Kräfte kann man Lebenſthätigkeit nennen,
aber es iſt beſſer mit Leben nur das zu bezeichnen,
was aus ihrem Wirken hervorgeht. Dieſe Veränderung
des Miſchungsverhältniſſes kann auch nur bei einzelnen
Theilen ſtatt habn, die nämlich vom Ganzen als todte
Körper ſich abſondern, wie wir es z. B. bei dem Holze,
oder der Häutung der Inſecten erkennen.

Ein jeder organiſche Körper unterſcheidet ſich auch
von einem unorganiſchen darin, daß der erſtere einen für
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[490./0496] Gewächſe Beweiſe liefern. Doch iſt es auch bei dieſen nicht gleichgültig wie die Trennungen geſchehen, da nicht jede Richtung die Fortdauer des Lebens und der chemiſchen Verhältniſſe bedingt. Schon Ariſtoteles ſagte: natürliche Körper ſind ſolche die einen Beſtimmungsgrund ihrer Exiſtenz zu einem Zwecke in ſich ſelbſt haben. Die unorganiſchen Körper dagegen erleiden durch jede beliebige Trennung voneinander keine Ver- änderung ihrer chemiſchen Beſchaffenheit. Die chemiſchen Wir- kungen bei dieſen ſind auch immer nur durch gewiſse Verhält- niſse bedingt, es iſt wohl möglich daß auch hier ein elektro- chemiſcher Proceſs ſtatt findet, der bei den organiſchen Körpern von mehr complicirte Bedingungen abhängt. Dieſe einzelnen Kräfte kann man Lebenſthätigkeit nennen, aber es iſt beſſer mit Leben nur das zu bezeichnen, was aus ihrem Wirken hervorgeht. Dieſe Veränderung des Miſchungsverhältniſſes kann auch nur bei einzelnen Theilen ſtatt habn, die nämlich vom Ganzen als todte Körper ſich abſondern, wie wir es z. B. bei dem Holze, oder der Häutung der Inſecten erkennen. Ein jeder organiſche Körper unterſcheidet ſich auch von einem unorganiſchen darin, daß der erſtere einen für uns bemerkbaren Anfang hat, ſich entwickelt, abnimmt,

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Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 490.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/496>, abgerufen am 25.04.2024.