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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Wer an den Verhältnissen der Sprachen zu einander
Interesse findet, den muß ich auf die Untersuchungen
meines Bruders verweisen. Denn die Sprachen sind
nicht Nationenweise vertheilt, geschichtliche Ereignisse haben
verschiedenen Völkerstämmen dieselbe Sprache aufgedrungen
so reden viele von altgermanischen und slavischen Völkern
abstammend römisch; als Grundlage der ihrigen. Wenn
auch die Sprachen der Amerikaner verschiedene Wurzeln
haben, so giebt es doch Ausdrücke die allen gemeinschaftlich
sind, und die sich selbst bei den Malaien wieder finden.

Von den Nationalunterschieden muß man die der
Völkerstämme unterscheiden. Wenn sie schon auffallend
in den verschiedenen Theilen von Deutschland sind, so wird
man diese Unterschiede nicht zu den Abtheilungen rechnen
können, in welche das ganze Menschengeschlecht zerfällt.
Wir müßen also versch. Gradationen annehmen. Ebenso
können Sprachen wirklich verschieden, oder nur Dialecte
einer sein. Die große Aehnlichkeit der Indogermani-
schen-Sprache, mit der deutschen und persischen, und wiederum
mit der lateinischen Sprache deutet auf eine Wurzel hin.
Auch die englische Sprache stammt von der germanischen Wurzel
und hat sich nur der Form nach verändert, und man kann

Wer an den Verhältniſſen der Sprachen zu einander
Intereſſe findet, den muß ich auf die Unterſuchungen
meines Bruders verweiſen. Denn die Sprachen ſind
nicht Nationenweiſe vertheilt, geſchichtliche Ereigniſſe haben
verſchiedenen Völkerſtämmen dieſelbe Sprache aufgedrungen
ſo reden viele von altgermaniſchen und ſlaviſchen Völkern
abſtammend römiſch; als Grundlage der ihrigen. Wenn
auch die Sprachen der Amerikaner verſchiedene Wurzeln
haben, ſo giebt es doch Ausdrücke die allen gemeinſchaftlich
ſind, und die ſich ſelbſt bei den Malaien wieder finden.

Von den Nationalunterſchieden muß man die der
Völkerſtämme unterſcheiden. Wenn ſie ſchon auffallend
in den verſchiedenen Theilen von Deutſchland ſind, ſo wird
man dieſe Unterſchiede nicht zu den Abtheilungen rechnen
können, in welche das ganze Menſchengeſchlecht zerfällt.
Wir müßen alſo verſch. Gradationen annehmen. Ebenſo
können Sprachen wirklich verſchieden, oder nur Dialecte
einer ſein. Die große Aehnlichkeit der Indogermani-
ſchen-Sprache, mit der deutſchen und perſiſchen, und wiederum
mit der lateiniſchen Sprache deutet auf eine Wurzel hin.
Auch die engliſche Sprache ſtammt von der germaniſchen Wurzel
und hat ſich nur der Form nach verändert, und man kann

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[582./0588] Wer an den Verhältniſſen der Sprachen zu einander Intereſſe findet, den muß ich auf die Unterſuchungen meines Bruders verweiſen. Denn die Sprachen ſind nicht Nationenweiſe vertheilt, geſchichtliche Ereigniſſe haben verſchiedenen Völkerſtämmen dieſelbe Sprache aufgedrungen ſo reden viele von altgermaniſchen und ſlaviſchen Völkern abſtammend römiſch; als Grundlage der ihrigen. Wenn auch die Sprachen der Amerikaner verſchiedene Wurzeln haben, ſo giebt es doch Ausdrücke die allen gemeinſchaftlich ſind, und die ſich ſelbſt bei den Malaien wieder finden. Von den Nationalunterſchieden muß man die der Völkerſtämme unterſcheiden. Wenn ſie ſchon auffallend in den verſchiedenen Theilen von Deutſchland ſind, ſo wird man dieſe Unterſchiede nicht zu den Abtheilungen rechnen können, in welche das ganze Menſchengeſchlecht zerfällt. Wir müßen alſo verſch. Gradationen annehmen. Ebenſo können Sprachen wirklich verſchieden, oder nur Dialecte einer ſein. Die große Aehnlichkeit der Indogermani- ſchen-Sprache, mit der deutſchen und perſiſchen, und wiederum mit der lateiniſchen Sprache deutet auf eine Wurzel hin. Auch die engliſche Sprache ſtammt von der germaniſchen Wurzel und hat ſich nur der Form nach verändert, und man kann

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Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 582.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/588>, abgerufen am 24.04.2024.