[0017]
Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No 5. Köln, Montag 5. Juni 1848.
@typejExpedition
@facs0017
Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich.
Der Abonnementspreis beträgt: Für das Vierteljahr in Köln 1 Thlr. 15 Sgr.; für alle übrigen Orte Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Außerhalb Preußens mit Zuschlag des fremden Zeitungsporto's.
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Man abonnirt bei allen Postanstalten und Buchhandlungen des In- und Auslandes; ‒ für Köln in der Expedition der Zeitung bei
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Fernere Aktienzeichnungen werden entgegen genommen in der Expedition der Zeitung. Auswärtige werden gebeten, sich ebenfalls dorthin franco zu wenden.
Insertionsgebühren.
Für die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum … 1 Sgr. 6 Pf.
Die Expedition der „Neuen Rheinischen Zeitung.“
@typejEditorialStaff
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Redaktions-Comité.
Karl Marx, Redakteur en Chef.
  • Heinrich Bürgers,
  • Ernst Dronke,
  • Friedrich Engels,
  • Georg Weerth,
  • Ferdinand Wolff,
  • Wilhelm Wolff,
  • Redakteure.
@typecontents
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Uebersicht.
Deutschland. Köln (Anfrage). Neuß (demokratische Parthei). Aachen (Regierungsrath Frenken). Berlin(Der Hase als Trommelschläger. ‒ Weitere Details über die Unruhen vom 31. Mai. ‒ Zwangsanleihe. ‒ Die Bürgerschaft. ‒ Vereinbarungsdebatten). Breslau (Korrespondenz des Erzbischofs von Posen Pzryluski mit dem Berliner Kabinet). Posen (Verbote). Frankfurt (Kommission wegen der Centralgewalt). Marburg (demokratischer Verein). Wien (die letzte Revolution. ‒ Aufhebung der Feudallasten in Kärnthen. ‒ Abschaffung der Prügelstrafe etc.). Prag (Arbeiterbewegung. ‒ Sklavenkongreß). Rendsburg (Rückzug der Preußen). Altona (die Dänen geschlagen. ‒ Wrangel rückt wieder vor). Schleswig-Holstein (die Kriegskomödie). Hamburg (der Marine-Kongreß).
Ungarn.Pesth (Landtag auf den 2. Juli festgesetzt. ‒ Anleihe).
Belgien.Brüssel (Rachel und Rogier. ‒ Castiau's Schreiben an die Wähler von Tournay).
Italien.Neapel (Zustand nach dem 15. Mai. ‒ Proklamation des Königs. ‒ Neue Wahlen). Venedig (Polizeimaßregeln). Mailand (Peschiera genommen). Bern (Bericht des Schweizer-Obersten über den 15. Mai).
Frankreich(Kandidatenliste zu den neuen Wahlen. ‒ Emil Thomas. ‒ Verfassungsentwurf. ‒ Das Journal des Travailleurs über die weißen Republikaner).
Schweiz.Bern (Tagsatzung. ‒ Uri Schmid).
England.London (die Times über die Chartisten. ‒ Demonstration zu London. ‒ Abermals die Times über die Chartisten-Parlamentsverhandlungen).
Handels- und Börsennachrichten.
Deutschland
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Edition: [Friedrich Engels: Anfrage. In: MEGA2 I/7. S. 65.]
[*] Köln, 4. Juni.
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[**]Neuß, 3. Juni.
In unserer Stadt konstituirt sich jetzt ein demokratischer Klub, der nicht unterlassen wird, sich mit der Kölner demokratischen Gesellschaft in Verbindung zu setzen. Das Neußer Kreisblatt wird ihm für die Umgegend als Organ dienen. Ueberhaupt zeigt die demokratische Partei eine Thätigkeit, die uns bei den nächsten Wahlen ein glücklicheres Resultat als das letzthin erlangte, in Aussicht stellt.
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@facs0017
[*] Aachen, 3. Juni.
Hr. Regierungs- und Schulrath Frenken aus Aachen, Abgeordneter von Heinsberg, hat in der Sitzung vom 31. Mai der Kammer „zur Vereinbarung“ erklärt, „man könne nicht genug das ehrenwerthe Benehmen des Militärs in Aachen anerkennen, es habe sich mit bewunderungswürdiger Mässigung benommen.“
Dieser Herr Regierungs- und Schulrath, einer der größten Reaktionäre der Kammer „zur Vereinbarung“, erklärte kürzlich in einer Privatgesellschaft, „bei den ewigen Unruhen in Berlin sei es Zeit, daß sich die Bürger mehr zurückzögen, das Militär einrücke und die Berliner mit Kartätschen beschieße.“
Vertritt der Herr Regierungs- und Schulrath die Aachener Bürgerschaft? Es liegt im Interesse der Stadt Aachen, selbst hierauf zu antworten.
Im Allgemeinen müssen wir den Herren Regierungs- und Schulräthen, wie sonstigen königl. preußischen Beamten bemerken, daß ein gewisser Takt sie vor der Unschicklichkeit bewahren sollte, in den Konflikten zwischen königl. preußischen Soldaten und rheinländischem Volke sich als Unparteiische aufzuwerfen.
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@facs0017
[*] Berlin, 2. Juni.
Wer zum erstenmale in die preußische Nationalversammlung tritt, den muß die Haltung derselben in jeder Weise befremden. Dem äußern Ansehen gemäß sollte man glauben, die Versammlung sei entschieden demokratisch; aber dem Gange der Debatte nach läßt sich nur das Gegentheil behaupten. Entschiedene Parteifragen sind noch gar nicht zur Berathung gekommen, ja eine eigentliche Berathung hat bisher nicht stattgefunden, denn bei den Verhandlungen, wie sie bis jetzt gepflogen wurden, wird mehr mit unartikulirten Tönen, Getrommel mit den Füßen, wildem Geschrei und dergleichen Dingen verhandelt, als mit Worten oder gar Gründen. Bis jetzt hat die Versammlung eine entschiedene Abneigung gegen jede geordnete Berathung und gründliche Erörterung an den Tag gelegt; kaum ist ein Antrag förmlich gestellt, als auch schon der wilde Ruf: „Schluß! Abstimmen!“ ertönt. Der Bescheidene wird dadurch abgeschreckt, überhaupt die Rednerbühne zu besteigen; der weniger Bescheidene aber, wenn er endlich mühevoll das Recht auf der Tribüne zu stehen erlangt hat, unter gleichzeitigem Einfallen des Getrommels auf dem Fußboden wieder herunter getrieben. Von wem gehen diese ewigen Störungen aus? Von der vornehmen Seite, der konservativen Rechten, der eigentlichen ministeriellen Partei und darunter steht der größte Theil der rheinischen Juristen oben an. Sie kennen das Bild ‒ der Hase als Trommelschläger. Als vorgestern das Ministerium aus der Frage, ob eine Adresse gemacht werden solle oder nicht, eine Kabinetsfrage machte, verdankt es die Linke nur der Gnade des Herrn Finanzministers, der selbst die Versammlung ersuchte, auch zwei Mitglieder der Linken das Wort zukommen zu lassen. Der Sieg, den das Ministerium bei dieser Gelegenheit durch Bejahung der gestellten Kabinetsfrage erlangte, beweist die Sicherheit seines Fortbestehens noch keineswegs. Ein großer Theil der Versammlung, namentlich des linken Centrums, stimmte für die Abfassung einer Adresse, um Gelegenheit zu haben, das Ministerium gründlich zu stürzen. Die Herren konnten dies freilich viel einfacher, viel rascher und zugleich viel wohlfeiler erlangen, wenn sie gleich vorgestern schon den vom Ministerium geschleuderten Handschuh aufgegriffen und ihm den Abschied ertheilt hätten durch Verwerfung des Antrages auf Erlassung einer Adresse. Der vorgelegte Konstitutionsentwurf findet in den Kammern allgemeine Mißbilligung; selbst die entschiedensten Zweikammermänner wagen es nicht, sich für die erste Kammer des Entwurfs auszusprechen. In dieser Hinsicht möchte dem Entwurf schon mit Sicherheit sein Durchfall vorherzusagen sein.
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@facs0017
Berlin, 1. Juni.
Ueber den gestrigen ziemlich unruhigen Tag sind noch folgende Notizen nachzutragen. Man wollte auf dem Schlosse eine Signalstange bemerkt haben, die als Antwort auf dem Moabiter Gefängniß eine zweite hervorgerufen hätte u. s. f. Auf den Wunsch der Bürger wurde die Stange vom Schlosse entfernt; sodann stellte sich das allerdings auffallende Faktum heraus, daß alle Brücken über die Spree durch Bretter so vernagelt waren, so zwar, daß es unmöglich war, sie aufzuziehen und etwaiges Einmarschiren der Truppen zu verhindern. Augenblicklich wurden die Bretter entfernt. Daß Gerücht, daß von der Reaktion ein Schlag geführt werden solle, rief alle Klubs, Volksversammlungen und Vereine zusammen. Der demokratische Klub, die Zeltenversammlung, der Handwerkerverein und die auf dem Monbijouplatze zusammengetretenen Eisenarbeiter (3000 an der Zahl) beschlossen, auf augenblickliche Bewaffnung des Volkes zu dringen; heute Mittag will man sich bei den Bezirksvorstehern melden, um Waffen zu erhalten; wird dies Begehren abgeschlagen, so findet zur Berathung des Weiteren heute Nachmittag eine Volksversammlung unter den Zelten Statt. Vorläufig hatte gegen Abend im Kastanienwalde hinter der Universität im Freien sich eine Kommission, bestehend aus den Herren Schramm, Solger, Hexamer, Wyst und Korn, niedergelassen, welche die Namen derjenigen Personen, die noch keine Waffen erhalten hatten und sich meldeten, notirten. Da das Gerücht verbreitet war, daß von der Reaktion gekaufte Individuen in der Nacht, um Zwiespalt zu erregen und einen Kampf zu provoziren, die Republik ausrufen sollten, so patrouillirten Studenten, Bürger und Handwerker die ganze Nacht, um diese Ruhestörer zu verhaften. Die Nacht verlief jedoch ganz ruhig. ‒ Heute ist den Eisenarbeitern offiziell mitgetheilt worden, daß morgen oder die nächsten Tage 15,000 Gewehre an sie vertheilt werden sollen. Weiteres ist nicht bekannt; das Zeughaus ist stark von der Bürgerwehr besetzt und obwohl das Wetter sehr unfreundlich ist, stehen doch zahlreiche Gruppen in der Nähe des Zeughauses. [(D. Z.)]
‒ Sicherm Vernehmen nach steht hier eine 31/4procertige Zwangsanleihe in Aussicht. [(Rh.- u. M.-Z.)]
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@facs0017
[*]Berlin, 2. Juni.
Die demokratische Partei nimmt hier von Tag zu Tag an Macht und Einfluß zu. Eine Menge von Umständen hat unsere halb eingeschüchterte Bürgerschaft dem Volk genähert und eine neue Verbrüderung Beider vorbereitet. Der Berliner Bürger hat bei der Revolution theilweise mitgefochten, er ist stolz auf sie, und mußte erbittert werden durch die Art, wie Herr Camphausen sie am 30. Mai desavouirte, durch den Verfassungs-Entwurf, durch die heimliche Ausräumung des Zeughauses. Er mußte Feuer und Flammen sprühen, wenn er jeden Morgen in der Vossischen oder Spenerschen die zahllosen wuthschnaubenden Adressen aus hundert kleinen märkischen, pommerschen, westpreußischen, lausitzischen und sächsischen Oertern und Oertchen las, Adressen, in denen die Barrikadenkämpfer des 18. März, die noch dazu Berliner waren, von miserablen Provinzialen, von den Pfahlbürgern, Bauern, Beamten und Krautjunkern der norddeutschen Sahara mit den beleidigendsten Ausbrüchen reaktionärer Tollwuth überschüttet wurden. Er mußte sich aufs Aeußerste verletzt fühlen, wenn er sah, wie die Partei des ancien régime die Landwehr zu fanatisiren suchte, um sie als Mittel zur Verdrängung der Bürgerwehr und als Gegengewicht gegen sie zu gebrauchen. Er mußte im Stillen
@typejFeuilleton
@facs0017
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@facs0017
Holländische Reisen
[von
Georg Weerth.]
I.
Die bunten Flaggen winken —
Und dies ist Rotterdam!
Die Gassen und Plätze stinken
Nach Käse wundersam.
Und dort am Brückenrande
Früh Morgens und Abends spät
Im düsteren Gewande
Der alte Erasmus steht.
Er steht noch wie vor Zeiten,
Er steht noch wie er stand;
Er dreht herum die Seiten
Von seinem Foliant.
Und wird er die letzte drehen –
Wer weiß, wann's ihm gefällt:
Dann wird zu Grunde gehen
Diese ganze Käsewelt.
Da wirst du deinem Gerichte
Erliegen, o Holland hehr –
Durchduftend die Weltgeschichte
Mit Butter, Tabak und Theer.
II.
Und Amsterdam das ist eine Stadt
Gebaut auf Knitteln und Pfählen,
Mit Straßen und Grachten und Brücken und hat
Viel Tausende menschlicher Seelen.
Viel Frauen und Männer, viel Männer und Frau'n
Gekleidet in Buxkin und Bieber:
Die Männer, die konnt ich selten verdau'n,
Doch die Frauen, die waren mir lieber.
Die lieblichen Frau'n! mit den Zähnen so weiß
Und die Wangen voll üppiger Rosen,
Ich liebe sie innig, ich liebe sie heiß –
An den Beinen tragen sie Hosen.
Und gehen sie schlafen, da ziehen sie nett
Die Hosen aus, sonder gêne,
Und springen jubelnd in's luftige Bett –
Die Hose hängt über der Lehne.
Professor H ..... in Bonn der macht'
Es zerstreuter einmal als jene:
Er hat die Hose zu Bett gebracht,
Hing selber sich über die Lehne.
III.
Wie ist so friedlich mir zu Muth
An diesen stillen Gewässern:
In Holland finde ich alles gut,
Ich finde nichts zu verbessern.
Die frommen Kirchthürme spielen so flott
Mit den Glockenspielen und preisen
Schier viertelstündlich den lieben Gott
In Walzer und Polkaweisen.
Und die Treckscheuten ziehen so seltsamlich
Auf den wellenlosen Kanälen;
Und am Bord da freuen des Lebens sich
Die redlichen Handelsseelen.
Die Männer im Rock, die Männer im Frack,
Die lächelnd durch's Leben wandeln;
Sie essen Käse und rauchen Tabak
Und machen in Pfeffer und Mandeln.
Und in Kaffe auch, daß man ihn fort
Nach dem treuen Germanien verschicke,
Denn nur das Kaffewasser wird dort
Bezogen aus eigner Fabrike.
O liebliche Flur, die ich durchzog,
Wo die prakt'schen Intressen siegen:
Wo die höchsten Geister nur so hoch
Wie die Windmühlflügel fliegen!
Und die Windmühlen dreh'n sich seltsamlich
Im leuchtenden Abendrothe –
O glückliches Land, wo vielleicht nur ich
Der einzige Don Quixote.
[0018]
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@facs0018
erröthen, wenn er hörte, wie die von ihm so verachteten Wiener nicht nur die Berliner Märzrevolution durch einen Volkssieg hervorgerufen, sondern auch Schlag auf Schlag jeden Reaktionsversuch durch siegreiche Aufstände vereitelt hatten. Alles das hat seine Wirkung gehabt. Die Berliner Bürgerschaft hat den Konservatismus, den ihr die Schrecken der Handelskrisis aufgedrängt, fahren lassen; sie spricht sich entschieden gegen die Regierung aus und schließt sich mehr und mehr der demokratischen Partei an.
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@facs0018
[X]Berlin, 2. Juni.
Unsere konstituirende Versammlung scheint nur dazu da zu sein, daß das Ministerium Gelegenheit bekomme, sich rein zu waschen. Nach der provisorisch angenommenen Geschäftsordnung kann der Interpellant seine Frage nur ganz einfach, ohne sie motiviren zu dürfen, an das Ministerium stellen, und nach der Antwort desselben muß er sich befriedigt zurückziehen, eine fernere Diskussion ist nicht gestattet. Heute waren mehrere Interpellationen an der Tagesordnung, alle hatten sie das Schicksal, mit einigen Phrasen abgewiesen zu werden. Die Minister hatten sich hinter dem Geschäftsreglement verschanzt, sie sollen eine Antwort geben, sie thun dies, ob diese Antwort die richtige oder genügende ist, das zu entscheiden ist jedem Einzelnen, aber nicht der Versammlung überlassen. Die erste Interpellation stellte Herr Berg. Man hatte erwartet, sagte er, daß das Ministerium gleich nach seinem Antritt beruhigend wirken und wieder das öffentliche Vertrauen in unsere neuen Zustände herbeiführen werde. Am Rhein hatte man gehofft, es werde das Gesetz wiederhergestellt werden, wonach Aufruhrschäden den Gemeinden zur Last fallen, es werde die exekutive Gewalt den richterlichen Behörden übergeben werden. Der Minister Auerswald antwortet hierauf, daß allerdings gesetzliche Bestimmungen vorbereitet werden; das Ministerium fühle sich aber nicht befugt, ohne die Vertreter des Volkes, so wichtige Gesetze zu erlassen. Die Polizei und die Bürgerwehr hätten jetzt hauptsächlich für die Aufrechthaltung der Ruhe zu sorgen. Der Abgeordnete Jung fragt hierauf den Kriegsminister, ob für die Aufhebung des Kartelvertrages mit Rußland die nöthigen Schritte geschehen seien und ob noch Auslieferungen stattfinden. Der Graf von Arnim antwortet, daß der Kartelvertrag sich nur auf Vagabunden und niedrige, nicht aber auf politische Verbrecher, beziehe. Eine Interpellation des Abgeordneten Tretzdorff, welche Maßregeln gegen die dänische Blokade getroffen seien, ob die Verluste, welche die Stadt Stettin erlitten, vom deutschen Bunde ersetzt werden sollen und ob diese Stadt ferner noch werde den Sundzoll bezahlen müssen, beantwortet derselbe Minister, daß die von England eingeleiteten Unterhandlungen vom Bundestage anerkannt seien und daß sie in Kopenhagen mit der nöthigen Energie vertreten werden. Ueber zu leistende Entschädigung, sowie über den Sundzoll erwähnt der Minister gar nichts. Er sprach die Hoffnung aus, daß der Feldzug bald beendet sein werde, und als Ursache des Rückzuges aus Jütland giebt er an, daß die Preußen dort keine Feinde gefunden haben. ‒ Von den vielen Anträgen, welche heute an die Abtheilungen verwiesen wurden, erwähnen wir den vom Abgeordneten Stein auf Aufhebnng des ausschließlichen Jagdrechts ohne Entschädigung für die Gutsherren, den des Abgeordneten Graf Reichenbach, auf Abschaffung der bäuerlichen Lasten, Laudemien, des Schutzgeldes u. s. w., als Entschädigung will er den Gutsherren die Last der Patrimonial-Gerichtsbarkeit nehmen. (Allgemeine Heiterkeit.) Der Minister Hansemann bemerkt hierbei, daß auf Veranlassung des Ministeriums der Fiskus jetzt von Einziehung des Schutzgeldes abstehen solle. Die Minister haben, wie wir hören, eine Gesetzesvorlage für die bäuerlichen Verhältnisse fertig und sind sehr unglücklich darüber, daß man ihnen von vorn herein dasselbe schon in einzelnen Anträgen zersplittert. Hierauf nimmt ein Antrag des Abgeordneten Reuter eine lange Zeit fort. Der Antragsteller wollte nämlich zur Abstimmung bringen, ob die Versammlung nicht sogleich eine Kommission zur Ermittlung der Ursachen ernennen wolle, welche bei der in der Provinz Posen eingeführten Reorganisation einen so blutigen Zwiespalt zwischen der deutschen und polnischen Bevölkerung herbeigeführt, anstatt diesen Antrag reglementsmäßig in die Abtheilungen zu verweisen. Der Minister Hansemann gab zu bedenken, daß die Frage zu wichtig sei, sie enthalte zu viel über die Stellung, die die „Kammer“ überhaupt einnehmen wolle, als daß man sie so schnell beschließen könnte. Es lag darin eine Entgegnung auf die Ansicht des Abgeordneten Reuter, daß die Kammer das unumschränkte Recht habe, Untersuchungskommissionen in allen Fällen zu ernennen , daß sie überhaupt souverän sei. Der Antrag wurde an die Abtheilungen verwiesen. ‒ Das Ergebniß der Wahlen für die Adreß-Kommission ist folgendes. Es wurden gewählt die Abgeordneten Waldeck, Löwe, Lydow, Tierschke, Baumstark, Grabow, Duncker, von Dahlwitz, Wachsmuth, Philipps, Esser, Balzer, Elsner, Ebel, Zachariä und Behrends.
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@facs0018
Breslau, den 1. Juni.
Aus der interessanten Correspondenz des Erzbischofs von Gnesen und Posen Przyluski mit den berliner Ministern, theilen wir die Stellen mit, welche für die Schilderung der posenschen Zustände und der preußischene Bhörden am schlagendsten sind.
Schreiben des Erzbischofs an den Minister v. Schwerin
Ich werde durch das Ministerial-Rescript Ew. Excellenz vom 15. April , und das des Herrn Ministers des Innern vom 17. April , ebenso durch die Erlasse des Herrn Ober-Präsidenten der Provinz und des Herrn commandirenden Generals von Colomb respect. vom 16. und 3. ej. dahin aufgefordert: „selbst und durch Geistliche meiner Diözese Worte der Ermahnung zur Brüderlichkeit und Eintracht zwischen Deutschland und Polen zu predigen und predigen zu lassen.“
Ich habe darauf ergebenst zu erwiedern: daß nach den Ereignissen von Berlin, bei den kundgewordenen Sympathien Deutschlands für die Sache Polens und bei dem freudigen Dankgefühle, womit diese edle Regung der Gerechtigkeit von den Polen dieser Provinz aufgenommen wurde, es sowohl von meiner wie von jeder andern Seite keiner Ermahnung zur Brüderlichkeit und Eintracht bedurfte, denn diese war da, sie schien unvergänglich, wurde durch meine Geistlichen von allen Kanzeln gepredigt und durch Gottesdienst gefeiert.
Bald freilich trat eine traurige Wendung ein. Bedeutende Truppenmassen wurden herbeigezogen, und sofort trat auch eine der Polensache feindliche Reaction entgegen unter der deutschen und jüdischen Bevölkerung, welche besonders in dem Bromberger Regierungsdepartement in eine Verfolgung des polnischen Elementes ausartete.
Es ist nicht meines Amtes, Ew. Excellenz, alle diese Details anzuführen, ich bemerke nur, daß sich Geistliche aus jenen Gegenden in Folge dieser Verfolgung hierher haben flüchten müssen.
Die Erklärung der Stadt Posen in Belagerungs-Zustand, die Entsendung fliegender Colonnen nach allen Kreisen, während man in Berlin über die nationale Reorganisation unterhandelte, waren eben so viel Mittel, die Aufregung der Gemüther zu vergrößern, statt zu besänftigen.
Ew. Excellenz werden selbst einsehen, daß wenn auf diese Weise mit Waffengewalt die Ordnung hat hergestellt werden sollen, ich unmöglich Worte des Friedens im Namen der Kirche habe erlassen können, denn Gotteswort soll und darf nicht durch Bajonette unterstützt werden.
Allein es ist den Bemühungen einflußreicher Männer gelungen, durch die Uebereinkunft von Jaroslawicc ein Blutvergießen zu verhindern und die drohende Spannung friedlich abzuleiten.
Der General von Willisen erklärt in seiner Bekanntmachung vom 17. April 1848: „Es kann der ersehnte Friedenszustand in der Provinz als völlig wieder hergestellt betrachtet werden.“
Allein das Volk wird aufgereizt und zu lokalen bewaffneten Versammlungen provocirt durch die Unordnungen und Excesse, welche sich das Militair und die Exaltirten unter den Deutschen und Juden erlauben, von Beamten aufgehetzt, die um ihre Stellen besorgt sind.
Täglich gehen die traurigsten Berichte ein, daß Städte und Dörfer geplündert, die Nationalkokarden und Fahnen abgerissen, die Leute beschimpft und geschlagen, Kirchen entweiht, Geistliche insultirt und mißhandelt, Todtengrüfte durchwühlt, kurz allerlei Unfug getrieben wird.
Der kommandirende General v. Colomb hat sich selbst bewogen gefunden, durch den Corps-Befehl zu erklären, daß einzelne räudige Schafe in den Mannschaften sich befinden. Die angesagte Untersuchung wird ergeben, daß diese Räude schrecklich um sich gegriffen hat.
Rechnet man dazu die geschäftigen Agitationen der Beamten, die polnischen Bauern gegen ihre Gutsherrn und die polnische Sache und für die deutsche Regierung zu stimmen, die maßlosen Forderungen und Umtriebe der sogenannten deutschen Volksversammlungen, ‒ die angedrohte Theilung des Großherzogthums Posen und alle die über Nacht neu auftauchenden Gerüchte, ‒ so ist es wahrlich nicht zu verwundern, daß Conflicte und einzelne Auflehnungen, ja Excesse vorkommen und die Gemüther aufgeregt werden.
Mir scheint aber die Zumuthung, das polnische Volk durch einen Hirtenbrief zur Ruhe zu ermahnen, unbegreiflich, wenn die Unruhe von den Deutschen und vom Militär provocirt wird. Ich könnte es nur zur Duldung ermahnen, die ihm gewordene Schmach und Gewaltthätigkeiten aller Art in christlicher Ergebenheit zu ertragen, und dieses kann ich dem Gouvernement gegenüber nicht, und wahrlich das Volk erträgt viel und hat die Geduld eines Lammes.
Vier Wochen sind bereits verflossen und es ist noch kein Anfang von der versprochenen nationalen Reorganisation gemacht und welche Riesenschritte hat seitdem die der Polensache feindliche Reaction gethan!
Und doch ist die Reorganisation das geeignetste Pacificationsmittel. Ich bürge dafür, daß Ruhe erhalten wird, wenn man das Heer zurückzieht und die Reorganisation auszuführen beginnt.
Posen, den 22. April 1848.
Der Erzbischof von Gnesen und Posen
gez. X. Pzryluski.
Zweites Schreiben des Erzbischofs.
An Minister Auerswald.
Ew. Excellenz sage ich meinen innigsten ganz ergebensten Dank für die Worte der Güte und des Vertrauens, die Hochdieselben unterm 17. d. M. an mich gerichtet haben.
Aber geruhen Ew. Excellenz aus meinem in Abschrift hier beigefügten Berichte an den Herrn Minister der geistlichen Angelegenheiten vom 22. d. Mts. geneigtest zu ersehen, in welcher schrecklichen Lage die hiesige Provinz sich befindet.
Ich berufe mich auf die Bekanntmachung des Herrn Generals v. Willisen, d. d Berlin, den 24. d. M. Derselbe giebt den hiesigen polnischen Führern das Zeugniß, daß sie den königlichen Verheißungen vertrauend, mit Gefahr ihres Lebens die bewaffneten Massen beschwichtigten und zum Auseinandergehen bestimmten.
Diese gingen auch auseinander und ich stand nun im Begriff, auch meinerseits Worte der Beschwichtigung dem Volke zuzusprechen.
Leider haben die Erklärung Posens in Belagerungszustand und die Absendung mobiler Kolonnen in die Provinz den kaum hergestellten Frieden wieder infringirt und die Bemühungen des Generals v. Willisen und der polnischen Führer wie geflisseutlich vereitelt.
Die mobilen Kolonnen durchziehen das Land in allen Richtungen, sie verüben überall die gröbsten Excesse, sie mißhandeln Männer und Weiber, sie plündern und tödten Menschen, sie entweihen Kirchen und Todtengrüfte, sie provoziren, was nicht ausbleiben kann, parzielle Widerstände, es fließt Menschenblut.
Dazu kommt die Bestimmung, daß das Großherzogthum Posen wieder getheilt werden solle ‒ dies wird die achte Zersplitterung des unglücklichen Polens sein. Diese uuglückselige Bestimmung verbreitet den tiefsten Unmuth, sie schlägt jedes Vertrauen, jede Hoffnung, jeden Glauben an Gerechtigkeit nieder.
Und wie soll es auch anders sein, weun die Deutschen, von hohen Beamten angeführt, dem General v. Willisen, den Bevollmächtigten des Königs, offen und tumultuarisch Pereat bringen und dieser Großthat in öffentlichen Schrifteu sich zu rühmen, den v. Willisen für einen Verräther zu erklären nicht scheuen, wenn dieser Tumult während des Belagerungszustandes Posens, der jede Versammlung von mehr als 4 Menschen auf der Straße verbietet, mit aller Ostentation stattfindet.
Vielleicht werden Ew. Excellenz sagen, Alles dieses haben die Bewegungen der Polen veranlaßt. Gut. Aber wer hat die Bewegung in der Schweiz, in Italien, in Frankreich in ganz Deutschland, in Ungarn, ja sogar in Wien und Berlin verschuldet, welche physische Macht hat sie zu brechen vermocht und welches Volk auf der Welt hat über mehr schreiendes Unrecht, als die Polen zu klagen?
Geruhen Ew. Excellenz geneigtest zu erwägen, was unter sö traurigen Umständen Worte des Friedens von meiner Seite fruchten könnten, worauf kann ich dieselben basiren? Auf Christenliebe? Aber die Christenliebe wird gegen die Polen mit Hohn verletzt. Auf die Hoffnung einer bessern Zukunft? Aber diese Hoffnung wird den Polen abgeschnitten. Soll ich dem Volke sagen: Es solle sich geduldig niedertreten lassen? Das vermag ich nicht. Ich glaube an Gottes Gerechtigkeit. Meine Worte würden Oel in die Flammen gießen.
Posen, den 26. April 1848.
Der Erzbischof von Gnesen und Posen.
gez. X. Przyluski.
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@facs0018
Posen.
Eine Bekanntmachung des Herrn von Steinäcker (Festungs-Kommandanten) in der hiesigen Zeitung verbietet andere Farben als die preußischen und deutschen, also auch die polnischen, für die Zeit des Belagerungszustandes. Zugleich verbietet sie speziell einen für die nächsten Tage beabsichtigten Umzug mit polnischen Fahnen und Bändern. ‒ Aller Verkehr mit den Gefangenen des Fort Winiary ist ebenfalls verboten.
[(Z.-H.)]
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@facs0018
Frankfurt, 3. Juni.
Die konstituirende Nationalversammlung hat heute beschlossen, einen Ausschuß von 15 Mitgliedern zur Prüfung und Begutachtung der auf die Bildung einer provisorischen Centralgewalt bezüglichen Anträge niederzusetzen. Die Wahl dieses Ausschusses sollte alsbald nach der öffentlichen Sitzung durch die Abtheilungen vorgenommen werden.
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@typejArticle
@facs0018
[14] Marburg, 2. Juni.
Die Sache der Demokratie schreitet bei uns rasch vorwärts. Wir haben hier einen demokratischen Verein, an dessen Spitze die Herren Bayrhoffer und Ludolph stehen, und der neulich in sehr entschiedenen Ausdrücken gegen den Beschluß der Frankfurter Versammlung über die Mainzer Angelegenheit protestirte. Auch ein demokratischer Arbeiterverein besteht und hat guten Fortgang. An Verdächtigungen fehlt es natürlich nicht. Diese brachten es unter Andern dahin, daß neulich mehre Marburger, die in Kirchheim öffentlich sprachen, von der reaktionären Partei mit Gewalt bedroht und gezwungen wurden, das Städtchen zu verlassen. Diese Contrerevolutionärs verbreiten die abgeschmacktesten Gerüchte, z. B. von Sensenschaaren, die hier zum Schutz der Nationalversammlung gebildet würden und was dergleichen Albernheiten mehr sind. Hier lacht man natürlich über solche Schreckgespenster zaghafter Philister.
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@typejArticle
@facs0018
Wien, 31. Mai.
Die Wiener Zeitung enthält den, vom 25. Mai datirten Erlaß des Kaisers, wonach in Kurnthen die Feudallasten gegen später vom Reichstag zu ermittelnde Entschädigung aufgehoben werden. Sie bilden eine schöne Reihe: Abschütte, Getreide, Dominikalgaben, Laudamien, Ehrungen, Kauffreigelder, Kollektur, Landgerichts-, Marschall-, Hunde-, Voigtei-, Zoll-, Hafer u. s. w. ‒ Deßgleichen den Erlaß, der die körperliche Züchtigung als selbständige und Disziplinarstrafe, die Aussteckung an der Schandbühne und im Kreise, und die Brandmarkung aufhebt, die Haussuchung der ausschließlichen Competenz der Gerichte überweist und den Untersuchungsarrest in virlen Fällen in Kaution verwandelt.
Die Zeitungshalle behauptet aus Wien in einer Korrespondenz: Die große Errungenschaft des 26. Mai sei der definitive Sieg der demokratischen Institution, speziell der Volkssouverainetät. Bürger, Arbeiter, Studenten vereint hätten sie erobert. Die reaktionäre Partei habe, durch Entführung des Kaisers, Wien zur übereilten Proklamirung der Republik und dadurch zur Anarchie und zum Bruch mit den Provinzen drängen wollen; aber das Wiener Volk sei nicht in die Schlinge gegangen, es habe die Monarchie vor der Hand beibehalten, aber gänzlich vom Volkswillen abhängig gemacht. ‒ Dem Ministerium stehe halb überwachend, halb unterstützend ein Nationalgarden- und Studenten-Ausschuß zur Seite; die mißtrauische Stellung beider gegen einandern, verhindere indeß, daß Etwas geschieht.
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@typejArticle
@facs0018
Prag, 1. Juni.
Die Gäste zum Slawenkongreß finden sich hier immer zahlreicher ein. Polen, Kroaten, Serben sind bereits eingetroffen, und dieser Tage wird auch der Vladika von Montenegro erwartet. Ueber die Gegenstände, welche zur Verhandlung kommen, wird ein Programm in vier Sprachen erscheinen: polnisch, böhmisch, deutsch und illyrisch. Wir führen vorläufig nur die Punkte des Programms an: 1) über die Bedeutung der Slawen im österreichischen Kaiserreiche und ihre gegenseitigen Beziehungen; 2) über die Beziehungen der Slawenvölker zu den übrigen Völkern des österreichischen Staates; 3) über die gegenwärtigen Beziehungen der österreichischen zu den übrigen Slawen; 4) Bestimmung der Beziehungen der österreichischen Slawen zu den übrigen nicht slawischen Völkern Europa's.
[(D. A. Z.)]
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@typejArticle
@facs0018
Rendsburg 1. Juni.
Es bestätigt sich, daß Hadersleben von deutschen Truppen geräumt und von einer großen Zahl seiner Bewohner verlassen ist. Hadersleben war am 31. Mai schon von dänischen Husaren besetzt. In Christiansfeld sollen 180 Mann zum Militärdienst ausgehoben sein. In Hadersleben weht schon die dänische Fahne ‒ wird dem Hamb. Corr. aus Flensburg 30. Mai Abends geschrieben. ‒ Die Haderslebener werden ohne Zweifel jetzt als „forräderiske Tydskere“ angesehen. Es bestätigt sich ferner, daß die Dänen auch in Apenrade eingerückt sind, nachdem sie vorher einige Kugeln hineingeworfen hatten. Auch aus Apenrade sind viele Flüchtlinge in Rendsburg eingetroffen. Ein Reisender brachte am 31. Mai nach Rendsburg die Nachricht, daß die Dänen Abends zuvor um 6 Uhr Apenrade besetzt hatten. Die nach Hadersleben bestimmte Post hat nur bis Seegard kommen können.
Ein Patent der provisorischen Regierung vom 29. Mai beruft die vereinigte schleswig-holsteinische Ständeversammlung zum 14. Juni ein. ‒ Ein Erlaß der provisorischen Regierung von demselben Tage enthält die Bestätigung der Statuten des Ausschusses für die deutsche Flotte in Kiel.
In einer Nachschrift enthält das „Rendsb. Tageblatt“ Folgendes: Nach dem Bericht eines Augenzeugen ist gestern (am 31. Mai) im Sundewittschen ein hitziges Treffen vorgefallen, in welchem die Dänen mit großem Verluste aus ihren Stellungen geschlagen und von den Meklenburgern bis an die Küste so hartnäckig verfolgt sind, daß mehrere ihren Kolbenschlägen erlegen, andere ertrunken sind.
[(W. Z.)]
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@facs0018
[X]Altona, 2. Juni.
So eben trifft die Nachricht ein, daß die Dänen wieder geschlagen worden sind; 2000 Dänen sollen umgangen und abgeschnitten worden sein; mehrere Hundert sind gefangen und schon ist unsere Bürgergarde aufgeboten, um sie heute Abend in Empfang zu nehmen und zu bewachen, da sie erst morgen früh weiter nach Stade transportirt werden können. Zugleich rückt aber auch General Wrangel wieder vor und zwar nicht nur nach Nordschleswig, sondern aufs Neue nach Jütland. Diese Ordre brachte gestern ein Expresse ins Hauptquartier. Auf diese Weise wird die letzte Schmach vielleicht einigermaßen wieder abgewaschen. Es ist übrigens ruhmvoll für die Deutschen. Schon in den wenigen Wochen ist wieder die ganze alte Reichswirthschaft eingetretreten; es wird nicht lange währen, so werden wir wiederum auf dem alten Status quo sein, welchen einst das liebe heilige römische Reich und die deutsche Reichsarmee einnahm. Heut morgen ging eine Deputation von Hadersleben nach Frankfurt ab, um gegen die Abtretung desselben von den Herzogthümern zn protestiren. Ob man in Frankfurt auch durch russische Noten sich schrecken lassen wird? Ohnehin hat England erklärt, daß es eine Flotte auslaufen lassen würde, wenn Rußland und Schweden Miene machen sollte, thätlich einzuschreiten. Von der schwedischen Hülfe hoffen die Dänen wenig, wie die jüngsten dänischen Zeitungen am klarsten darthun.
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@facs0018
Edition: [Friedrich Engels: Die Kriegskomödie (Schleswig-Holstein). In: MEGA2 I/7. S. 66.]
[*] Schleswig-Holstein.
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[0019]
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@facs0019
[12] Hamburg, 1. Juni.
Heute hat der Marine-Kongreß seine Sitzungen begonnen, sie werden aber wie alle Arbeiten der hohen Aristokratie und Büreaukratie mit einem Schleier des Geheimnisses umhüllt, daß es Niemanden gegönnt ist hinter denselben zu schauen. Die Geldforderungen zu diesem Zweck wurden zwar sehr offen berieben, aber was mit dem vom Volke in Silbergroschen und Schillingen aufgebrachten Gelde geschehen soll möchte man gern in den dichtesten Nebel hüllen. Ueberhaupt steht in allen Dingen, selbst in den größten Kleinigkeiten, das alte System im Wege. Die alten Minister sind gefallen, aber was nützt es, wenn der Minister entsetzt wird und das System fortwuchert durch die von ihm gebildeten Beamten. So lange wir es nicht wie in Frankreich machen und mit den Ministern auch die Beamten entlassen, so lange kann und wird es nicht anders werden. Sitzen nicht in Berlin, Wien, Hamburg, Kassel u. s. w. noch immer dieselben alten Perrückenstöcke in den Bureaux und suchen sie nicht immer auf den alten längst gewohnten Weg einzulenken, suchen sie nicht die eben von oben her verlassene Bahn aufs Neue wieder zu betreten?
Das hier seit Freigebung der Presse neu entstandene demokratische Organ: „der Republikaner,“ von welchem bereits zehn Nummern erschienen sind, erfreut sich der täglich wachsenden Theilnahme.
Uebermorgen beginnt ein Volkskongreß: „die Versammlung des deutschen Gewerbestandes,“ deren Sitzungen öffentlich sein werden. Ueber die dort gepflogenen Verhandlungen werde ich Berichte zusenden.
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@facs0019
[12]Hamburg, 2. Juni.
So eben höre ich, daß der Marine-Kongreß sich in Wohlgefallen aufgelöst, und nur einen Ausschuß hinterlassen hat.
Ungarn.
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@facs0019
Pesth, 20. Mai.
Der Minister des Innern trifft alle Anordnungen, damit die Wahlen vor sich gehen und der Landtag am 2. Juli eröffnet werden kann. Finanzminister Koffuth schreibt eine freiwillige Anleihe von 2 Millionen aus, gegen 5 prozentige Schatzscheine von 50 à 100 Gulden, die 3, 6 oder 12 Monate zu laufen haben.
[(Oestr. Z.)]
Belgien.
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@facs0019
[*]Brüssel, 3. Juni.
Minister Rogier hat die erste große Maßregel getroffen, die Belgien vor dem Bankerut retten wird. Er hat der Mademoiselle Rachel verboten, die Marseillaise in den hiesigen Theatern zu deklamiren. Sie ist dagegen bevollmächtigt zu singen:
La liberté, pour conquerir le monde
N'a pas besoin de passer par chez nous.
Die Freiheit auf dem Welterobrungszuge
Kann dreist an unserm Land vorübergeh'n.
‒ Herr Castiau, das ausgezeichnetste Mitglied der belgischen Repräsentantenkammer, hat bekanntlich kurz nach der Februarrevolution seine Deputirtenstelle niedergelegt. Er richtet jetzt an seine alten Wähler in Tournay einen Brief, worin er die Motive auseinandersetzt, die ihn verhindern, in diesem Augenblick ein neues politisches Mandat anzunehmen. Man kann diesen Brief als ein Manifest der belgischen republikanischen Partei betrachten. Wir theilen die schlagendsten Stellen unsren Lesern mit:
„Es ist nicht Entmuthigung, wie man trotz meiner Erklärung in der Repräsentantenkammer behauptet, die mich das Mandat zum Deputirten ablehnen läßt. Ich hoffte, Belgien würde sich in eine Republik umwandeln, eine Umgestaltung, die es friedlich vollbringen konnte, ohne sich in die Gefahren einer revolutionären Krise zu stürzen. Ich habe es geglaubt, ich habe es gesagt. Als Bürger und Repräsentant war ich in meinem Recht. Unglücklicherweise theilte ich allein diese Ansicht im Schoose der Nationalrepräsentation. Mit Hülfe der Furcht, des Egoismus, der Verläumdung und der bewaffneten Versuche einiger Kopflosen, hat man es erreicht, dem belgischen Volk vor seiner eigenen Souveränität bang zu machen, und eine monarchische Reaktion heraufzubeschwören, die von den Kammern aus über das Land sich ergossen hat. In Folge dieser Meinungsverschiedenheit zwischen mir und meinen Wählern, hielt ich es für meine Pflicht, mein Mandat niederzulegen, und ich kann kein neues Mandat annehmen, solange diese Meinungsverschiedenheit existirt.
Ich weiß, man verschwendet heute an uns die glänzendsten Versprechungen im Namen der konstitutionellen Monarchie. Diese Sprache ist die zweite Auflage der Betheurungen von 1830. Auch damals wurde die konstitutionelle Monarchie als die vollkommenste der Staatskombinationen dargestellt, die das Land glücklich und stark machen werden. Sie sei die beste der Republiken.
Sie alle meine Herren, wissen, wie ich, was aus diesen Versprechungen geworden ist.
Diese Regierung, welche unsre Unabhängigkeit nach Außen vertheidigen sollte, hat Belgien dem erniedrigenden Gesetze der Neutralität unterworfen, die es in Ohnmacht und Isolirung festbannt.
Diese Regierung, welche die Einheit unsrer Provinzen garantiren sollte, hat eine Theilung erlaubt, so unbillig, wie die Polens; sie selbst hat Limburg und Luxemburg an Holland geliefert und 400,000 Belgier verkauft, die Blut und Vermögen geopfert hatten, um unsre Unabhängigkeit zu sichern.
Diese Regierung, welche die mächtigste Garantie der Ordnung sein sollte, hat den gehäßigen Plünderungen von 1834 nicht zuvorzukommen gewußt, die im tiefen Frieden, in der Hauptstadt und unter ihren Augen das Land geschändet haben. Diese liberale, progressive und billige Regierung hat während 15 Jahren gegen unsre Institutionen konspirirt, unsere Freiheiten verstümmelt, die Fahne des Obskurantismus wieder aufgepflanzt und das alte Regiment wieder hergestellt. Sie hat unsere Industrie sich durch unaussprechliche Leiden durchwinden und den Pauperismus unsere volkreichsten Provinzen verheeren lassen, ohne seinen Fortschritten andere als quacksalbernde Palliative entgegen zu setzen.
Endlich hat diese moralische und demokratische Regierung knabenhafte Auszeichnungen wieder hergestellt, den Nationalcharakter verfälscht, den Favoritismus und den Höflingsgeist entwickelt, hundert nutzlose Institutionen gegründet, die Sinekuren vervielfältigt, das öffentliche Vermögen den Höflingen und Sollicitanten als Beute überlassen, in allen Zweigen der Administration einen ebenso unfruchtbaren als ruinirenden Luxus eingeführt, die jährliche Ziffer der Ausgaben um mehr als 50 Millionen vermehrt und ein Deficit geschaffen, welches mit der jetzt den Banken gewährten Garantie sich auf 100 Millionen Fr. belaufen wird; sie hat unsere Finanzen erschöpft, unsern Credit vernichtet, unsere Hülfsquellen verschlungen, gezwungene Anleihen und Papiergeld dekretirt und im Augenblicke ihrer Agonie selbst scheint sie nur noch einen Rest von Kraft wiederzufinden, um das Land zu verderben und bloße Ruinen hinter sich zurückzulassen.
Dieses ist das Resultat der Versprechungen von 1830, dieß sind die Wohlthaten der monarchischen Regierung.
Die Versprechungen von 1848 werden nicht besser gehalten werden als die von 1830. Man wird nicht einmal den ernormen Census der Wahlfähigkeit für den Senat unterdrücken, welcher die der Wahlrepräsentation zum Monopol von 400 Familien macht. Die Convulsionen des Elends, die Schmach des Bankeruts und eine revolutionäre Krisis werden die Abschiedsworte der konstitutionellen Monarchie von Belgien sein.“
Italien.
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@facs0019
Neapel, 21. Mai.
Wir sind in den Schlamm eines boden losen Terrorismus zurückgesunken. Die Liste der bis jetzt Gebliebenen enthält 1753 Todte. Gräuel aller Art wurden verübt, Kinder, Weiber und Greise gespiest, verbrannt, erschlagen, dazu das Geheul der Lazzaroni, ihr Rauben und Brennen. Sie zogen mit alter bourbonischer Fahne, mit der Madonna di Carmine durch die Stadt, begafften jauchzend die Leichen der Bürger, und heulten ihr grimmiges Evviva il Re! König Ferdinand II erschien auf dem Balkon und dankte seinen Getreuen. Am 17. rauchte Se. Maj. unter den Säulengängen von St. Francesco di Paola in größter Gemüthsruhe eine Cigarre, und machte dann eine Spazierfahrt durch die Stadt ‒ natürlich umgeben von treuen Soldaten und Lazzaroni. Die Nationalgarde ist aufgelöst, die Kammer ebenfalls, die Stadt ist entwaffnet; schmutzige Lazzaroni-Buben tragen in Masse die Gewehre fort und hohnlachen. Die Soldateska spreizt sich in unerhörtem Uebermuth, die alte Polizei taucht in alte Uniform wieder hervor, die Gendarmerie ist wieder da und zwingt harmlose Bürger zum Hutabnehmen u. dgl. Alle Journale, alle Maueranschläge, alles Zusammenstehen auf den Gassen ist verboten. Neapel ist fortdauernd in Belagerungszustand, wüthende Rache kocht in vielen tausend Seelen, während dumpfes Schweigen vorherrscht. Die französischen Kriegsschiffe sind voll von Flüchtlingen. Ich besuchte auf dem Ocean, auf dem Panama, auf dem Friedland mehrere. Romeo, Pellicano, Scialoja, Saliceti haben sich gerettet. Jeder, der nur irgend kann, wendet Neapel den Rücken, und wahrlich mit Recht. Viele Calabresen haben um das Leben des letzten Bourbonen gewürfelt, und seine Stunde wird bald geschlagen haben. Die französischen Schiffe bringen die Flüchtlinge nach Sizilien und Calabrien, und binnen 14 Tagen wird Calabrien auferstanden seyn. Bereits wurde in Ariano heftig gekämpft, aber auch hier focht die Nationalgarde unglücklich. Sehr großen Muth wage ich den Neapolitanern nicht zuzusprechen, aber die Calabresen lieferten Proben der kühnsten Todesverachtung. Die Truppen benahmen sich grausam; auch die Schweizer. König Ferdinand ist verloren. Früher theilte er den Groll der Nation mit seinen Ministern jetzt hat er ihn ganz allein auf sich genommen. Neapel ist eine dem Verderben geweihte Stadt. Die allgemeine Meinung ist, daß das ganze Blutbad ein längst vorbereiteter Staatsstreich gewesen. Für diese Ansicht lassen sich wenigstens ein Dutzend Gründe anführen. Die Royalisten behaupten, König Ferdinand sey bis anfs äußerste gereizt, und förmlich zum Blutvergießen gezwungen worden! Runziante bewährte sich abermals als gefälliger Henkersknecht: er ließ die ersten 53 (schuldig und unschuldig) eingebrachten Gefangenen schnell in den Gräben des Castello nuovo erschießen. Der Unmnth ist gränzenlos; anf Morgen fürchtet man neues Unheil. Labrano dictirt mit militärischer Strenge seine Befehle. Das Land ist unsicher, überall werden Reisende angefallen. So wollte es König Ferdinand, indem er 1000 Galeerensträflingen losließ. Die Schweizer haben jetzt die schwierigste Lage, Gift und Dolch wartet ihrer. Die in Montol veto am 15. Mai versammelten Deputirten hatten bereits die Absetzung Ferdinands beschlossen.
[(A. A. Z.)]
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@facs0019
Neapel, 25. Mai.
König Ferdinand hat heute folgende Proklamation an sein Volk erlassen: „Neapolitaner! Tief betrübt über die traurigen Ereignisse des 15. Mai ist es unser lebhafter Wunsch, deren Folgen, soweit es menschenmöglich ist, zu versüßen. Unser fester Entschluß und unabänderlicher Wille ist, die Konstitution vom 10. Februar rein und unbefleckt zu erhalten. Dieselbe, als die alleinige, die sich mit den wahren und gegenwärtigen Bedürfnissen dieses Theils von Italien verträgt, wird der Pfeiler sein, auf den sich die Schicksale unserer geliebtesten Völker und unserer Krone stützen. Die gesetzgebenden Kammern werden in Kurzem zusammenberufen werden und die Weisheit, die Standhaftigkeit und Klugheit, die wir von ihnen erwarten, werden uns kräftig unterstützen in allen jenen Theilen der öffentlichen Sache, die weise und nützliche Reformen nöthig haben. Nehmt daher Eure gewohnten Beschäftigungen wieder auf, vertraut mit ganzem Herzen in unsere Rechtlichkeit, unsern Glauben, n unsern heiligen, freiwilligen Schwur und lebt in der vollsten Gewißheit, daß es unser unermüdlichstes Bestreben sein wird, so bald als möglich mit dem gegenwärtigen, ausnahmsweisen und vorübergehenden Zustande, in dem wir uns befinden, auch, soweit es sich thun läßt, das Andenken an jenes schwere Unglück, das uns betroffen hat, zu beseitigen. gez. Ferdinand.“ Die neuen Wahlkollegien sind auf den 15. Juni zusammenberufen, die Eröffnung der Kammern ist auf den 1. Juli anberaumt. Das Wahlgesetz tritt wieder in seine ursprünglichen Gränzen zurück, die späteren Modifikationen sind zurückgenommen, mit der Ausnahme, daß der Census für die Wähler auf 12 Duc., jener der Wählbaren auf 120 Duc. ermäßigt ist.
[(D. Z.)]
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@facs0019
Venedig.
Hier scheint entweder eine Reaktion oder eine neue Revolution sich vorzubereiten. Die Regierung überträgt der Polizei außerordentliche Vollmachten zur Erhaltung der inneren Ruhe, läßt Lebensmittel requiriren und stellt (am 25.) dem Comité der öffentlichen Aufsicht die Gendarmerie und die Civica zur Verfügung. Auf ein Schreiben der Regierung wegen der angeblich befohlenen Rückkehr der neapolitanischen Flotte, antwortete der neapolitanische Bevollmächtigte Pietro Leopardi : er habe keine offizielle Mission bei der Republik Venedig, habe aber schon am 24. den Admiral, in Folge seiner Instruktionen, aufgefordert, wenigstens mit dem größten Theil der Flotte vor Venedig zu bleiben, und ihn sowie seine Offiziere für die Folgen einer Abfahrt der neapolitanischen und italienischen Nation verantwortlich gemacht.
‒ General Pepe soll sich unter Karl Alberts Kommando gestellt haben.
Peschiera, am 26. aufgefordert sich zu ergeben, verlangte 24 Stunden Bedenkzeit und die Erlaubniß einen Offizier nach Verona zu schicken. Letzteres schlug Karl Albert ab, gab aber Waffenstillstand bis zum 27., 2 Uhr. Die Stadt war so stark beschossen worden, daß die Fensterscheiben in den benachbarten Orten zersprangen.
‒ Nach Verona hatte Nugent 200 Ochsen zur Verproviantirung hereingebracht.
[(A. A. Z.)]
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@facs0019
Mailand, 31. Mai.
Peschiera ist endlich wirklich eingenommen, oder besser, es hat sich im entscheidenden Augenblick ergeben. Sie können auf die Aechtheit dieser Nachricht diesmal zählen. Carl Albert ist leicht am Backen unter dem Auge verwundet; sein Sohn am Schenkel, beide nicht gefährlich.
‒ Zu gleicher Zeit fiel ein Gefecht bei Pastrengo vor, worüber die Datails fehlen; doch war dasselbe glücklich für uns. ‒ Heute Abend ist hier große Illumination.
[(F. J.)]
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@facs0019
Bern, 30. Mai.
Die Regierung hat von dem Obersten des vierten Schweizerregimentes Berichte über die Vorgänge vom 15. erhalten. Nach diesen amtlichen Aktenstücken war die statt gefundene Schlächterei keineswegs die Folge eines zufälligen Zusammentreffens der Truppen mit der Nationalgarde, sondern es handelte sich um die Vernichtung der liberalen Oppositionspartei und dieses Werk ward dann auch planmäßig ausgeführt. ‒ Die Deputirten verlangten: Entfernung der Truppen auf 30 Miglien von der Stadt, Uebergabe der Forts an die Nationalgarden, und Anerkennung der Deputirten als konstituirender Versammlung. Der König wollte nicht einwilligen (die in Neapel verbreitet gewesene Kunde über die vorgeblichen Zugeständnisse war eine Lüge), die Nationalgarde und das Volk schlossen sich den Deputirten an, es wurden Barrikaden errichtet etc. Die Schweizertruppen standen von 1 Uhr Morgens bis gegen Mittag unter den Waffen, mehrmals waren sie ausgerückt, um Barrikaden wegzuräumen, was jedoch ohne Blutvergießen geschah. Endlich kam, wie sich der Oberst ausdrückt, der „ersehnte Augenblick, wo sie ihr Blut für den Fürsten vergießen konnten!“ Um 12 Uhr wurde das Allarmsignal gegeben (wahrscheinlich war dieses der „zufällig losgegangene“ Schuß) und die Truppen rückten auf Umwegen im Sturmschritt nach dem Palast. Das 4. (Berner-) Regiment war das erste auf dem Platze und erhielt sofort den Befehl zum Angriffe. Dieser erfolgte, die Truppen stürzten sich in die von dem Volke besetzten Straßen, wurden aber hier von einem so mörderischen Feuer empfangen, daß der Oberst sich genöthigt sah, den Rückzug zu befehlen. Nun rückte auch die Artillerie an, es wurde mit Kartätschen geschossen, vorzüglich auch nach den Fenstern, und das Ende ist bekannt. Der König ist ganz entzückt von dem Eifer und dem Muthe der Schweizer; er hat ihnen gleich einen Monatssold ausbezahlt; Beförderungen, Dekorationen u. dgl. stehen, wie der Oberst berichtet, in Aussicht, worüber dieser natürlich gleichfalls entzückt ist.
[(Berner Z.)]
Französische Republik.
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@facs0019
[*]Paris, 1. Juni.
Von den verschiedenen Parteien zirkuliren Kandidatenlisten für die 11 neu zu ernennenden Volksrepräsentanten des Seine-Departements. Der Constitutionel und der Siècle stellen folgende Kandidaten auf: Thiers, General Changarnier, der Banquier Goudchaur, Chambolle, Redakteur en Chef des Siècle, Adam, Adjunkt des Maire von Paris, Moreau, ehemaliger Deputirter, Bayard, Arbeiter, Lavaux, Boissel (statt dessen schlägt der Siècle Hrn. Reyneau vor), Victor Hugo. Durch die Septembergesetze, durch die Bastillen, durch das Regentschaftsgesetz, überhaupt als Hauptträger des Louis Philippistischen Systems hat Thiers sicher die höchsten Ansprüche, Mitglied einer Nationalversammlung zu werden, welche dieß System in republikanischer Form weiter zu entwickeln strebt. Auch in Bordeaux hat sich die Majorität einer zahlreichen Wählerversammlung schon zu seinen Gunsten erklärt. Wir werden diesen Nebenbuhler und Kollegen Guizots vielleicht in kurzer Frist an der Spitze der französischen Republik erblicken. Der ganze Unterschied der Julirevolution und der Februarrevolution würde sich darin zusammenfassen, daß erstere den radikalen Journalisten Thiers zum Minister Louis Philipps und letztere den konservativen Exminister Thiers zum Präsidenten der Republik machte.
Kandidatenliste des National: Edmond Adam, Bayard Arbeiter, d'Alton-Shee, Danguy, Arbeiter, Jean Baptiste Delestre, Drolling, Leopold Duras, Redakteur en Chef des National, Gervais, Michel Goudchaux, Victor Schöelcher, Thyerri, Arzt.
Kandidatenliste der Reform: Caussidière, Pierre Leroux, Proudhon, Grandmènil, Ribeyrolles, Redakteur en Chef der Reforme, Thorè, Redakteur en Chef der vraie Republique, Dupoty, Kersausie, Wors, Lesseré, Schoelcher.
Auffallend ist, daß nur auf der Liste des demokratischen Blatts „der Reforme“ ein Arbeiter steht. Aber den Hrn. Thiers des Siècle mußte wenigstens Ein Albert ouvrier, den Banquier Goudchaux des National wenigstens zwei Alberts als Arabeske umschlingen.
‒ Der ehemalige Finanzminister Lacave-Laplagne hat eine Broschüre veröffentlicht, worin er Garnier-Pagès Anklagen gegen die Finanzverwaltung unter Louis Philipp zu wiederlegen sucht.
‒ Emil Thomas wurde bei seiner Ankunft in Bordeaux von der Gendarmerie verhaftet und durch die Straßen eskortirt, einer ersten telegraphischen Depesche von Paris gemäß, dann gemäß einer zweiten wieder in Freiheit gesetzt. Er hat von Bordeaux aus ein Schreiben an seinen natürlichen Vorgesetzten, den Minister der öffentlichen Arbeiten Trèlat gerichtet, worin er in höflichster Weise Abschied von diesem Biedermann nimmt. Hr. Trèlat entführt ihn, giebt ihm dann eine Mission, verspricht ihm auf sein Ehrenwort, daß die Mission keine Mission in irgend ein Winkelgefängniß der Provinz sei, ordnet dann sofort durch telegraphische Depesche, die Thomas, wie er erklärt in Bordeaux selbst gelesen hat, seine Verhaftung an, widerruft sie dann und läßt ihm nach wie vor die Mission Trockenlegungsarbeiten in der Gironde und den Landes zu studiren. Hr. Thomas hat begriffen, daß es sich darum handelt ihn selbst trocken zu legen.
‒ Durch Beschluß vom 26. Mai sind die Brigadegenerale Francois und Manduit, der erste für das rechte, der zweite für das linke Seineufer, zu Stadt-Kommandanten von Paris ernannt.
‒ Caussidière hat ein Circulair den Pariser Journalen zugehen lassen, worin er die in dem Bericht der Exekutiv-Kommission gegen ihn gerichteten Beschuldigungen wegen seines Benehmens am 15. Mai zurückweist.
‒ Wie sehr die reakionären Hoffnungen zunehmen, sieht man namentlich daraus, deß jetzt einige Ex-Pairs u. s. w. nachträglich aus Anhänglichkeit an die konstitutionelle Monarchie sich öffentlich verbitten sie auf eine Kandidatenliste für die Nationalversammlung zu setzen. Auch die Débats sprechen mit Salbung von ihren Gefühlen für die Monarchie und die verbannte Familie.
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@facs0019
Paris, 2. Juni.
Nach dem Constitutionnel bezweckt die Kommission der exekutiven Gewalt in einigen Tagen der Nationalversammlung ein Dekret über die Errichtung eines Ministeriums der allgemeinen Polizei vorzulegen. Vielleicht später auch ein Gesetz über die Verdächtigen. An einem neuem Merlin de Douai wird es nicht fehlen.
‒ Nach der „Gazette des Tribunaux“ hätte sich der Verfassungsausschuß bereits für das Einkammersystem, für Wahl Eines Präsidenten der Republik auf 4 Jahre durch das ganze Volk (welcher erst nach einer Zwischenzeit von 4 Jahren wieder wählbar sein würde) entschieden; die Einleitung zu dem Verfassungsentwurfe sei bereits angenommen und beginne mit den Worten: „Im Namen Gottes …“; der Verfassungsausschuß werde wohl früher, als man anfangs erwartet habe, seine Arbeit vollendet haben.
‒ Das Journal des travailleurs mustert die Liste der weißen Republikaner, die das Mandat zur Repräsentation des sonverainen Volkes beanspruchen, wie folgt:
E. Girardin, einzig fähiger Republikaner von Frankreich und Algier, verlangt nur die Regentschaft der Herzogin von Orleans und des Prinzen Joinville.
Thiers. Sein Programm: englische Konstitution; Oligarchie und Pauperismus; Frankreich irlandisirt; Restauration der Septembergesetze; möglichst schleunige Rückkehr der Füsillade der Straße Transnonain.
Hippolyt Passy, Republikaner vom reinsten Wasser, wie jeder weiß; Republikaner in der Manier von Molé, Pasquier, Decazes et Comp.
Achille Fould, Arbeiter in Bank- und Börsenspielen, erlauchtes Kind Israels vom Tribus Rothschild.
Viktor Hugo, Sänger gefallener Majestäten.
Die Arbeiter beklagen sich über die rücksichtslose Härte der Kommissaire des Pfandhauses. Eine große Zahl Familien hat in der jetzigen Noth zum Pfandhaus Zuflucht genommen. Auf Gegenstände von 100 Fr. bot das Pfandhaus nur 5 Fr.
Schweiz.
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@facs0019
Bern, 30. Mai.
In der Versammlung der Tagsatzung über den Antrag Fazy's wegen der Schweizersöldlinge in Italien ging nach längeren Diskussionen der Antrag des Thurgauschen Gesandten durch, eine Untersuchung zu verordnen und nach deren Beendigung wegen Auflösung der Regimenter zu unterhandeln. ‒
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@facs0019
Uri, 30. Mai.
Altstatthalter Schmid, der Bruder unsers Landammann Schmid, hat sich aus dem Staube gemacht und läßt ein Defizit von vielleicht zweimalhunderttausend Franken zurück, meistens aufgenommene Gelder, die der Betrüger durch selbstfabrizirte falsche Hypotheken versicherte. Es wird dieser Fall [0020] wahrscheinlich noch mehrere andere Fallimente weiland gnädiger Herren nach sich ziehen.
Großbritannien.
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@facs0020
[*] London, 2. Juni.
Die Times brachte gestern einen jener Artikel für die der Herr Walter gern seine 10 oder 20 Pfund Sterling zu bezahlen pflegt, eine köstliche Jeremiade über die gottlosen Chartisten, die noch immer nicht aufhören wollen den Frieden Babylon's auf sehr unrespektable Weise zu stören. Diese Promenaden von fünf oder zehntausend schmutzigen, finsteraussehenden Leuten, welche sich seit einigen Tagen in unsern Straßen erneuern, ruft die Times aus, haben etwas durchaus abschreckendes für einen intelligenten, geschäftigen Londoner, der daran gewohnt ist, seine Zeit zwischen Komptoir und Kamin zu theilen. So betrachtete man z. B. gestern trotz der kompleten Hohlheit dieser Demonstrationen, die Sache mit einem an Alarm gränzenden Abscheu. Man sah der Prozession entgegen wie man einer Schlange entgegen sieht, zahnlos, aber lang, schlüpfrig, hinterlistig und unheimlich . . . . Die Bewohner unsrer guten Stadt fragen sich, wofür sie das Straßenpflaster, Beleuchtung und Polizei bezahlen müssen, wenn die zwei erstern Sachen nur für die Chartisten und die letztere zu nichts gut ist. Sie fragen dies um so mehr, seit sie von dem schrecklichen Leben lesen, welches jetzt unsre Nachbarn in Paris treiben. ‒ Wir, in unserm ruhigen, prosaischen, komfortabeln London könnten das Elend eines Pariser Nationalgarden nicht eine Woche lang aushalten. Wenn wir daran denken, so sind wir noch glücklich, und täglich dankt jeder londoner Bürger seinem Schöpfer, daß er von diesem Leben des Schreckens verschont bleibt, daß er ruhig zu Tisch sitzen und ruhig zu Bette gehen kann und nicht alle vierundzwanzig Stunden wenigstens einmal den Generalmarsch schlagen hört, wie die Bewohner von Paris, Berlin und zwanzig andern großen Städten, die ein wahrhaft tödliches Dasein der Anarchie, des Mißtrauens, der Insolvenz und der Verzweiflung führen. Dann den guten Rath ertheilend, daß man den londoner Demonstrationen mit Gewalt ein Ende mache , dankt die Times dem Gouvernement für die bisher in diesem Punkte gemachten Anstrengungen.
Wir gönnen den guten Londonern natürlich ihre Ruhe; so lange man indeß mit nichts anderm als mit Andover-Armen-Bastillen und mit Deportation nach Botany-Bai die scheußlichen gesellschaftlichen Zustände England's zu kuriren gedenkt, wird sich die politisch-kompakte Masse der Chartisten schwerlich zufrieden geben.
‒ Die Times vom 2. Juni ist in Betreff der Chartisten außerordentlich zur Besinnung gekommen. Die Ereignisse der letzt en Tage, ruft sie aus, werden für die Aufmerksamkeit und das Na chdenken keines Engländers verloren sein. Der Chartismus ist weder todt noch schlief er. Kein Zweifel ist mehr über seine Wünsch e, seine Absichten und seine Stärke. Frei und offen tritt er auf u. s. w. Dann an die Bradforder Ereignisse erinnernd und die Frage aufwerfend, wie man solcherlei politischen Demonstrationen vorbeugen könne, glaubt sie, daß das Gouvernement Alles aufbieten müsse um das soziale Wohlergehen des Volkes besser zu fördern und sieht schließlich ein Mittel hierzu in einer bessern Erziehung, indem sie natürlich wie immer nicht vergißt auch die Emigration aufs dringendste anzuempfehlen.
Die Times, die noch im Anfang April kein besseres Mittel gegen die Chartisten wußte als Kartätschen, hat sich also sehr geändert. Wir gratuliren dazu. Man hat in neuerer Zeit gesehen, welche Resultate den Kartätschen folgen können. Was übrigens die Erziehung des Volkes anbetrifft, so ist es noch in mancher Leute Gedächtniß, daß man vor mehreren Jahren einmal für die königlichen Marställe die dreifache Summe des für die Volksschulen ausgeworfenen Fonds, im Parlament bewilligte.
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@facs0020
London, 2. Juni.
Im Hause der Gemeinen kündigte Lord John Russell gestern zwei Motionen an; eine in Betreff der Abschaffung der Taxen-Klausel der Reform-Bill und eine wegen des Eides, den jedes Parlamentsmitglied bei seinem ersten Erscheinen im Hause zu leisten hat. Der erste Vorschlag würde eine Modifikation der Gesetze vom Jahre 1831 sein und in einer der Reformbewegung zu machenden Konzession bestehen; der zweite Punkt bezieht sich auf die vor Kurzem von den Gemeinen angenommenen, von den Lords aber verworfenen Juden-Bill, die man jetzt durch eine andersgeformte, aber dasselbe bezweckende Bill ersetzen würde.
Die Motion Hrn. Colvile's wegen einer neuen Wahlausschreibung für Derby, gab dann Gelegenheit zu einer längern Debatte zwischen Hrn. Hume, Sir J. Hanmer, Sir G. Grey und Oberst Sibthorp, woran sich einige Explikationen Lord Palmerstons in Betreff der zwischen dem spanischen und englischen Kabinet bestehenden Differenzen reihten.
Lord John Russel bemerkte dann, daß ein Mitglied des Ministeriums am 15. oder 16. Juni dem Hause eröffnen werde, was das Gouvernement in Betreff der Westindien-Frage zu thun gedenke.
Die ajournirte Debatte wegen den Schifffahrtsgesetzen, wurde dann durch Hr. Mowatt wieder aufgenommen und nach einer längern Debatte zwischen Hrn. Robinson, Mitchell, Marquis Granby u. s. w. abermals bis auf eine nächste Sitzung vertagt.
Handels- und Börsen-Nachrichten.
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@typeletter
@facs0020
Eingesandt.
Köln,
3. Juni.
Heute waren in dem Saale des hiesigen Casino's die Gläubiger des Hauses A. Schaafhausen zahlreich versammelt, um über die Annahme des Statuts zu einer Aktiengesellschaft behufs Fortführung des Bankgeschäfts dieses Hauses zu berathen. Das Statut war entworfen durch die am 6. Mai aus dem Schooße der Gläubiger gewählten Mandatare. Nachdem Hr. Berghaus zum Präsidenten proklamirt worden, empfahl Hr. Advokat Esser [#] den früher den Gläubigern schon mitgetheilten Entwurf des Statuts noch näher zur Annahme. Hr. Generaladvokat Heimsoeth bemerkte : Es ist Einigkeit für uns das nothwendigste Erforderniß; ist diese nicht zu erzielen, so kann das Statut nicht angenommen werden. Es werden diejenigen, die überhaupt und jetzt schon gegen das Zustandekommen einer anonymen Gesellschaft sind, gebeten, dies hier zu erklären; ist ihre Anzahl nicht unbedeutend, so können wir heute schon die Ueberzeugung haben, daß das Falliment ausgesprochen werden muß. Nachdem Hr. Math. Hoelterhof die Ansicht geäußert, daß die geforderte Erklärung abzugeben für manchen peinlich sein werde, schlug Hr. Heimsoeth ein geheimes Scrutinium vor und beantragte die Frist, binnen welcher alle Beitrittserklärungen abgegeben sein müßten, auf 3 Wochen zu setzen. Advokat Zimmermann schlug vor Bevollmächtigte zu ernennen, die statt der anwesenden Gläubiger unterzeichnen und manches prüfen könnten, was in dem vorgelegten Statut und der Bilanz zweifelhaft sei, z. B. ob die ganzen Schaafhausenschen Immobilien dem Handelshause oder nur zu 7/12, die andern 5/12 aber den Kindern Schaafhausen gehörten. Die HH. Cantz und Diergardt hoben zu Gunsten des Projets einer anonymen Gesellschaft noch hervor, daß wenn ein Falliment ausgesprochen werde, doch ein Konkordat auf das vorgelegte Statut zu Stande kommen werde, dem sich dann die Minorität der Gläubiger fügen müsse, dann sei man aber vielleicht in Jahresfrist erst so weit, wie man bei freiwilliger Annahme des Statuts in wenig Wochen sein könne; außerdem aber sei es zweifelhaft, ob bei dem Concordat der Staat 50 pCt. mit Zinsen garantiren werde, wie er dieses für die Aktiengesellschaft zu thun zugesagt. Esser II. sprach sich dagegen aus, daß jetzt schon eine Erklärung einzelner Gläubiger, nicht beitreten zu wollen, das Aufgeben der Aktiengesellschaft zur Folge haben dürfe, indem mancher Gläubiger sich noch eines Bessern besinnen könne, drei Wochen seien zu kurz als Präklusivfrist, indem viele Gläubiger sehr entfernt wohnten, die Kommission habe diese Frist bis zum 15. August für geeignet gehalten, um die Erklärungen sämmtlicher Gläubiger einzuziehen. Die anwesenden Gläubiger scheinen in diese Frist einzuwilligen, so wie auch mit den Aeußerungen der Herren Heimsoeth und Hölterhof einverstanden zu sein, die dahingingen, daß bei Nichtzustandekommen der Gesellschaft dann spätestens am 16. August auf Antrag der Kommission das Falliment ausgesprochen werden müsse. Advokat Weyl fordert zu sofortigem Unterschreiben des Beitritts auf, indem er sich überzeugt habe, daß man kein Falliment und ebensowenig eine außergerichtliche Liquidation wolle. Diesem Antrag ward der lauteste Beifall gezollt und nun von Hrn. Esser II. ein Aufsatz vorgelegt, wodurch der Beitritt zum vorliegenden Entwurf erklärt werden sollte. Hiergegen wurde jedoch Widerspruch erhoben, indem man nur unterschreiben wolle, daß man in das Zustandekommen einer Aktiengesellschaft überhaupt einwillige. In diesem Sinne fand nun eine Ratifikation der Vorlage statt und die Unterschriften begannen. Es wurde sodann darauf aufmerksam gemacht, daß sieben Mandatare zu wählen seien, um die frühere Verwaltung seit der Zahlungseinstellung des Hauses zu prüfen und dieselbe im Namen der Gläubiger fortzuführen. Zu dieser Wahl ward geschritten und dann die Fortsetzung der Verhandlung auf Nachmittags 3 Uhr anberaumt, wo die spezielle Diskussion des Statuts vor sich gehen sollte.
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(Eingesandt.)
Ein Freund aus Rheydt, den ich eben über die ultra ministerielle Gesinnung seiner Stadt befrage, klärt mir diese dahin auf, daß die Frau des Ministerpräsidenten aus Rheydt gebürtig ist, und die Verwandten- und Vetterschaft, so wie deren Freunde und Nachbarn eine schöne Reihe von Unterschriften gesammelt haben, ohne daß solche die Gesinnung der Stadt verträte. Es wird sich bald zeigen, ob diese Demonstration etwas Anderes ist, als eine leere Gefälligkeit. Das Ministerium hat aus den freiwilligen Beiträgen eine Kabinetsfrage gemacht; wir wollen sehen, ob die reiche Stadt Rheydt eine 50,000 Thlr. Darlehen aufbringen wird.
[Z.]
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Aufruf an die deutschen Studenten.
Commilitonen!
Am 11. d. M. hat die Jenenser Burschenschaft Germania einen Aufruf an alle deutschen Burschenschaften zu einer Zusammenkunft auf der Wartburg erlassen. ‒ Uns hat es befremdet, daß jetzt eine Versammlung, weniger zur Wahrung und Berathung der Interessen unserer Universitäten in ihrer ganzen Ausdehnung, als zur Verfolgung beschränkter studentischer Parteizwecke, zusammenberufen werden soll. Eine solche Versammlung entspricht nicht der Aufgabe, welche die deutsche Studentenschaft in unserer Zeit zu lösen hat. Es handelt sich jetzt nicht um die Ausgleichung einiger Spaltungen unter den Burschenschaften, sondern um die Vereinigung aller Studentenparteien zum offenen Austausch der Ansichten und Grundsätze. Es gilt heute nicht die Wiederherstellung der alten Burschenschaft, sondern die Umgestaltung unserer deutschen Universitäten im gebietenden Geiste unserer Zeit. Darum aber ist es nöthig, daß alle Parteien zu diesem großen Werke sich vereinigen, gleichwie bei der Berathung unserer staatlichen Reorganisationen alle Parteienvertreten sind. Ist die Versammlung auf diese Weise zusammengesetzt, so wird sie als Vertreterin der ganzen deutschen
Studentenschaft auftreten und dadurch ihren Forderungen, als dem Ausdrucke des Gesammtwillens Nachdruck verleihen.
Wir erklären darum im Anschluß an den in der deutschen Zeitung von Halle aus ergangenen Aufruf (d. d. 24. Mai) aus der ganzen hiesigen Studentenschaft unsere Abgeordneten zu der Wartburgsversammlung, sowie zu der Vorversammlung in Eisenach zu wählen. Wir dürfen erwarten, daß alle deutschen Studenten mit dieser Erweiterung des Zweckes der Versammlung einverstanden sind, und daß alle deutschen Hochschulen, wenn nicht die Entfernung von dem Orte der Zusammenkunft es unmöglich macht, ihre Vertreter dorthin senden werden.
Somit sehen wir voll Erwartung dem 12. Tage des Juni entgegen Möge er in der Geschichte unserer Universitäten ein bedeutungsvoller werden.
Bonn, den 29. Mai 1848.
Im Namen der heute in der akademischen Aula abgehaltenen Studentenversammlung.
Das Präsidium.
(gez ) von Ernsthausen, Klostermann, Tendering.
Berichtigung.
In einigen Exemplaren der Nro. 2 d. Z. ist irrthümlich am Schlusse der Neußer Adresse gesetzt : absurden Nestern, es muß aber heißen : obscuren Restern.
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Civilstand der Stadt Köln.
Geburten. 31. Mai. Aug. Karl, S. v Alb. Wisch, Oberfeuerwerker in der 8. Art.-Brig., Ulrichsgasse.
1. Juni. Marg. Franc, T. v. Franz Franzen, Schreiner, Ehrenstr. ‒ Joh. Christina Karolina, T. v. Herm. Lucas, Gymnasiallehrer, Ankerstr. ‒ Leon., S. v. Joh. Jos. Esser, Tischler, gr. Griechenmarkt. ‒ Mich. Hub, S. v. Jak. Herkenrath, Gärtner, Friesenstr. ‒ Mich, S. v. Pet. Schütz, Seidenweber, am Entenpfuhl. ‒ Elise, T. v. Pet. Besko, Silberarbeiter, Lintgasse. ‒ Maxim. Tilm, S. v. Georg Lott, Kanzleidiener, Weberstr. ‒ Clem. Aug. Hub., S. v. Joh. Löwenstein, Schlossermeister, Huhnsgasse.
2. Juni. Isab., T. v. Sigism. Bliersbach, Schlosser, Mariengarteng. ‒ Eva, T. v. Bertr. Weber, Kurzwaarenhändl., Severinstr. ‒ Konrad, S. v. Jos. Hündgen, Zimmermann, gr. Griechenm. ‒ Franz, S. v. Joh. Stollwerk, Restaurateur, Josephstr. ‒ Margar. T. v. Jos. Schieffer, Fuhrmann, Huhnsg. ‒ Franziska, T. v. Friedr. Kemp., Anstreicher, Landbergerstr. ‒ Otto Friedr. Hub., S. v. Ludwig v. Fisenne, Appellationsgerichtsrath, Wolfsstr. ‒ Ein unehelicher Knabe und ein uneheliches Mädchen.
Sterbefälle. 1. Juni. Adam Ron, Bäcker, 51 J. J. alt, unverheir., Minoritenspital. ‒ Math. Joseph Maß, 2. J. 20 T. alt, Blindgasse. ‒ Adelheid Ossendorf, 65 J. alt, unverheir., Klingelpütz. ‒ Pet. Jos. Hub. Reimbold, 3 W. alt, Tempelstr.
2. Juni Math. Jos. Jülich, 2 J. 3 M. alt, Perlengraben. ‒ Wilh. Klein, 12 J. alt, Mariengarteng.
Heiraths-Ankündigungen. am 4. Juni. Joh. Wilhelm Reynens, Artillerie-Unteroffizier und Anna Katharina Schmitz, kleiner Griechenmarkt. ‒ Heinrich Eisermann, Dachdecker, Enggasse mit Gertrud Witte, Josephplatz. ‒ Heinr. Meyer, Zuckerarbeiter, Kalenhausen und Margaretha Pütz, Buttermarkt. ‒ Johann Peter Westermann, Maurer, Breitstr. und Elis. Roß, Huhngasse. ‒ Theod. Hub. Galsdorff, Stellmacher, Hahnenstr. und Marg. Glasmacher, Mauritiussteinweg. ‒ Benjamin Kohlstadt, Schnallenfabrikant, am Ehrenfeld und Marg. Philip. Augusta Erfurt, Hochstr. ‒ Karl Eduard Albert Ernst, Drechsler, zu Hamm, früher Kattenbug und Maria Theresia Schmidt, Kattenbug. ‒ Richard Franz Alex. Moritz Theod. Gustav Baron von Rechenberg, ohne, früher Portepefähnrich, Johannstr. früher zu Aachen, und Emma Pothmann, Johannstr. ‒ Joh. Heinr. Kortmann, Glaser u. Anstr. und Antontta Wilhelmine Bußmann, beide Karthäuserwall. ‒ Karl Wilh. Heinr. Julius Horn, Maurer und Zimmermeister, und Anna Gertrud Fonk, beide Severinstr. ‒ Franz Zündorf, Taglöhner, Perlengraben und Eva Baum, Weidengasse. ‒ Joh. Wilh. Gangel, Dachdeckermeister und Pumpenmacher, Klingelpütz und Margar. Bernhard, Streitzeuggasse. ‒ Christian Budde, Feilenhauer zu Deutz und Maria Anna Kopp, Follerstr. ‒ Joh. Weingarz, Wittwer, Schreiner zu Deutz und Katharina Erkens, Spulmannsgasse. ‒ Peter Reifferscheid, Eisenbahnpackmeister zu Minden und Elis. Hubertina Deimann, Bollwerk. ‒ Joh. Arn. Unkels, Rothgerber, Gerberbach, und Maria Anna Baum, Wittwe zu Lechenich. ‒ Christ. Trost, Wittwer, Schuhhändler, Ursulaplatz, und Anna Maria Bulig, alte Mauer an Aposteln. ‒ Wilh. Jos. Steffens, Uhrmacher, Columbastr. und Sibille Müller, Filzengraben. ‒ Mathias Koblenz, Taglöhner, gr. Griechenmarkt und Helena Wolf, Löhrgasse. ‒ Ant. Sturm, Wittwer, Handschuhmacher, Eigelstein und Barbara Decker, Dominikaner.
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Schiffahrts-Anzeige. Kön, 4. Juni 1848.
Abgefahren. H. Leineweber nach Bingen. Jakob Schaeff nach Wesel
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich Wtwe. J. A. Orts; Nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr L. Dukoffre; nach Andernach und Neuwied J. Krämer; nach Koblenz und der Mosel und Saar D. Schlagel; nach der Mosel, nach Trier und der Saar N. Bayer; nach Bingen J. B. Mundschenk; nach Mainz Anton Bender; nach dem Niedermain Fr. Schulz; nach dem Mittel- und Obermain C. W. Müller; nach Heilbronn Fr. Müssig; nach Kannstadt und Stuttgart Peter Kühnle; nach Worms und Mannheim M. Oberdahn. Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Singendonk, Köln Nr. 10. Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Kaefs, Köln Nr. 2.
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Wasserstand.
Köln, am 4. Juni Rheinhöhe 7′ 3″
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Durch alle Buchhandlungen zu haben:
Merkwürdige Prophezeihungen
auf die Jahre 1847 bis 1850.
Neue Aufl. Preis 1 Sgr.
B. Pleimes'sche Buchhandlung.
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Gerichtlicher Verkauf.
Am Dienstag, den 6 Juni 1848, Vormittags 11 Uhr, sollen auf dem Marktplatze in der Apostelnstraße zu Köln, verschiedene Mobilar-Gegenstände bestehend in Tischen, Stühlen, 1 Spiegel, 1 Ofen, Schildereien, 1 complette Hobelbank u. s. w. öffentlich an den Meistbietenden gegen gleich baare Zahlung verkauft werden.
Fr. Happel, Gerichtsvollzieher.
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Grosse Sandkaul Nr. 32.
Im radicalen Clubb findet man echt demokratisches Lagerbier, constitutionnell-er Rum und republikanische Schnittchen mit Abend-Unterhaltung von gleichgesinnten Gästen.
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Transport-Verhältnisse.
Versammlung zur Berathung und Beschlußnahme, Montag den 5. Juni, Abends 8 Uhr, in dem hinteren Saale bei Drimborn.
Das Comite.
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Erkennt vielleicht Bürger Schlechter in den Herren Pannes & Frank würdige Stellvertreter, da er seit deren öffentlichem Auftreten nichts mehr von sich hören läßt???
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Fünfziger-Ausschuß.
General-Versammlung
am Montag, den 5. Juni, Abends 8 Uhr, im Lokale bei Becker,
Schildergasse 8 und 10.
Da ein höchst wichtiger Gegenstand zur Berathtung vorliegt, so bittet man die Mitglieder, nicht auszubleiben.
Köln, den 3. Juni 1848.
Die fünfziger.
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„Neue Rheinische Zeitung.“General-Versammlung der Herren Aktionäre zur Berathung und Feststellung des Statuts
und Abschluß des Gesellschafts-Vertrages auf:
Sonntag, den 18. Juni d. J., Morgens 10 Uhr, bei Drimborn, Glockengasse Nro. 13 und 15.
Auswärtige können sich durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Interims-Quittungen dienen als Eintrittskarten.
Köln, den 2. Juni 1848.
Das provisorische Comité.
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Inserate zum Einrücken in die
„Neue Rheinische Zeitung“ können zur Aufnahme in die nächste Nummer nur bis 1 Uhr Mittags entgegengenommen werden. Die Expedition der
„Neuen Rheinischen Zeitung.“
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Die so beliebten
Kirschen-Torten
sind täglich frisch zu 10 und 1 Sgr. das Stück zu haben, Schildergasse Nr. 49 und in meinen Nebengeschäften, Blindgasse und Cattenbug Nr. 12.
Franz Stollwerck, Hoflieferant.
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Eis täglich in und außer dem Hause à Portion 4 Sgr. bei
Franz Stollwerck, Hoflieferant.
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Zwei durch einander gehende geräumige Zimmer (belle étage) nebst Speicherzimmer und Kellerabschluß zu vermiethen. Kl. Telegraphenstraße Nr. 6.
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Eine schwarz und weiße Wachtelhündin entkommen. Wiederbringer erhält gute Belohnung. Buttermarkt Nr. 38.
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Ein Omnibus und andere Wagen für Landparthien zu vermiethen, kleine Sandkaul Nro. 2. J. J. Küpper.
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Täglich frisch: oberländ. Brod, Knoblauchwürstchen, Schwartemagen, Kümmelkäschen, Backfische, echt baierisch Bier, vorzügl. Weine und Liqueure in der Restauration der oberländischen Küche Langgasse Nro. 1.
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Eine große herrliche Landschaft von Rausch, welche vor Kurzem noch zu 60 Friederichsd'er ausgeboten wurde, für nur 95 Thlr. Bei G. Tonger.
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Der Gerant Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.