[0419]
Neue Rheinische Zeitung.
Organ der Demokratie.
No 83. Köln, Mittwoch 23. August 1848.
Deutschland.
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[ 19 ] Köln, 21. Aug.
(Die Verhandlungen über die deutschen Grundrechte.) „La libertad, Sancho, es uno de los mas preciosos donos, que a los hombres dieron los Ciclos“, erklärte schon der edle Ritter Don Quixote seinem Schildknappen. „Die Freiheit ist eines der kostbarsten Himmelsgüter der Sterblichen.“ Es kömmt bloß auf die verschiedene Bedeutung an, welche man mit dem Begriff der Freiheit verbinden will.
Die Begriffsfähigkeit der kostbaren Güter, welche die Frankfurter Nationalversammlung dem deutschen Volke in den Grundrechten gewährleistet, ist um so unbeschränkter, als die Grundrechte nach dem Geständniß des Berichterstatters Beseler bekanntlich „ohne Prinzipien und ohne Feststellung dessen, was dazu gehört“ entworfen wurden. In dem allgemeinen deutschen Staatsbürgerrecht war es die Einheit und Freiheit, deren Deklaration die Versammlung beschäftigte, ‒ die Freiheit, welche von Hrn. Jakob Grimm als Wirkung der Luft, die Einheit, die von dem Redakteur der begriffenen Welt „als politischer Begriff“ erklärt wurde. Wir folgen ihr diesmal in den Debatten über §. 6 des Entwurfs zu einem neuen Begriff, dem precioso dono der „Gleichheit“, welches den unsterblichen Deutschen gewährleistet werden soll. „Einheit, Freiheit, Gleichheit,“ ‒ kein Don Quixote würde zweifeln, daß mit diesen dreifaltigen Himmelsgütern der Himmel selbst sich auf Deutschland niedergelassen.
Der Antrag des Ausschusses in §. 6. der Grundrechte verlangt Gleichheit vor dem Gesetz, Aufhebung der Standesprivilegien, Zugänglichkeit der öffentlichen Aemter für „Alle dazu Befähigten“, und allgemeine Wehrpflicht. Fünf Minoritätsgutachten und zahllose Anträge, welche meist auf Abschaffung des Adels, Aufhebung der Orden und Titel und allgemeines Waffenrecht gerichtet sind, bekunden hinlänglich die Ernsthaftigkeit, mit welcher die Versammlung diese Verhandlung aufzufassen gedenkt.
Herr Ahrens von Salzgitter hat die Ehre, diese wichtige Discussion zu eröffnen, und wünscht vorzuschlagen, daß die Phrase der „Gleichheit vor dem Gesetz“ am liebsten ohne alle Discussion angenommen werden möge. Er begründet diesen patriotischen Antrag mit der Berufung, daß der belgische Congreß im Jahre 1831 dies „politische Axiom“ ebenfalls ohne Discussion in die Constitution aufgenommen habe, eine Thatsache, welche allerdings zur Genüge die Harmlosigkeit der Phrase beweist. Gleichwohl findet es Hr. Ahrens nöthig, sich noch weiter über die Ungefährlichkeit des Satzes, der bloß ein „ Rechtssprüchwort“ enthalte, auszulassen.
„M. H.“, spricht er mit sehr starker Stimme, „ es handelt sich hier allein um die bürgerliche Gleichheit, nicht um eine rohe materialistisch-communistische Gleichheit, welche die Folgen natürlicher Unterschiede in Bezug auf Arbeit und Vermögenserwerb vertilgen will!“
Wäre Hr. Ahrens nicht Professor der Krause'schen Philosophie in Brüssel, so würde man glauben, er habe eine sehr mangelhafte Erziehung genossen. In der That benimmt sich der ehrenwerthe Abgeordnete wie jener Domherr am ästhetischen Theetisch, der bei den süßflötenden Gesprächen über platonische Liebe den Mund weit zu der Warnung öffnet: „Die Liebe sei nicht zu roh, sonst schadet sie der Gesundheit!“ Die Versammlung verhandelt über die platonische Rechtsgleichheit, welche sich „auf die natürlichen Klassenunterschiede“ gründet, ‒ und der Domherr der krauseanischen Moral verwahrt dieselbe gegen die „rohe materialistische Gleichheitsliebe,“ welche die Gesundheit der Klassenunterschiede, die Basis des bürgerlich-juristischen Gleichheitplatonismus gefährdet! ‒
Der brüsseler Professor hat sich indeß einmal die Aufgabe gesetzt, die Harmlosigkeit eines „politischen Axioms“, welches auch in der belgischen Musterkonstitution Aufnahme gefunden hat, gegen Mißdeutungen zu verwahren. Nachdem er den Verdacht des Communismus siegreich von dem Ausschußantrag abgewendet hat, richtet er sich mit gleichem Erfolg gegen den Vorwurf eines politischen Radicalismus in diesem Gesetz. Eine „gewichtige Stimme“, der ehrenwerthe Professor Dahlmann, hat nämlich bei einer früheren Gelegenheit wissenschaftliche Bedenken gegen den Ausdruck: #x201E;Gleichheit vor dem Gesetz“ geäußert. Herr Dahlmann sagte: „Ich weiß, wenn dieser Grundsatz gelten soll, nichts zu machen mit unsern Fürsten, mit unsern verantwortlichen Ministern, am Ende auch nichts zu machen, fürchte ich, mit einer Ständeversammlung, vielleicht nicht einmal mit der Nationalversammlung. Denn wenn wir Fürsten haben, wollen wir Männer haben, die nicht gleich sind vor dem Gesetz, … und wir dürfen keine Minister haben, denn sie sind ungleich vor dem Gesetz, weil sie nur auf bestimmte Weise in Anklagezustand versetzt werden können.“
Herr Ahrens lächelt mit Recht über diese Sprünge deutschen Professorenthums. Die Ausstellungen des Herrn Dahlmann würden nur dann gerechtfertigt sein, wenn die „Gleichheit vor dem Gesetz“ mehr als ein bloßes „Rechtssprüchwort“ werden und alle Ausnahmegesetze ausschließen solle. Herr Ahrens giebt dagegen die wahre Begriffserklärung:
„Der Satz, daß Alle gleich seien vor dem Gesetz, will nicht bedeuten, daß eine allgemein gleiche, Alles nivellirende Gesetzgebung stattfinden soll, sondern nur, daß für alle Personen und Sachen, welche sich in gleicher Lage befinden, gleiche Gesetze bestehen … Wir wollen an dem Satz festhalten, weil darin ein Rechtssprüchwort gegeben ist, welches sich Jedem leicht einprägt (als Gedächtnißübung); wir wollen ihn festhalten, weil die allgemeine Achtung, welche das Gesetz hiermit Allen angedeihen läßt, sich zu einer allgemeinen persönlichen Achtung erweitert.“
Womit übrigens Herr Ahrens nicht sagen will, daß die Ausnahmgesetze für Fürsten und Minister den Anspruch auf „persönliche Achtung“ ausschließen.
Indem „für Alle, die sich in gleicher Lage befinden, gleiche Gesetze bestehen,“ für Fürsten und Beamte besondere, für das Bürgerthum besondere, und für die „natürlichen Folgen natürlicher Unterschiede,“ für das Proletariat besondere Gesetze, ‒ läßt das Gesetz Allen eine „allgemeine Achtung“ angedeihen. Diese „allgemeine Achtung“ hat die Wirkung, sich zu einer persönlichen zu erweitern, indem sie, wie Hr. Ahrens sagt, „alle Bürger einander näher bringt,“ ‒ innerhalb der „natürlichen Klassenunterschiede“, Fürsten mit Ministern, Bürger mit Bürgern, Proletarier mit Proletariern. Das Prinzip selbst „bleibt bestehen.“ Die Gleichheit besteht, nicht „roh, materialistisch“, sondern platonisch, ideell, ‒ innerhalb der natürlichen Unterschiede, als gemeinschaftliches „Rechtssprüchwort.“ Angenehme Wirkung des Gleichheit-Begriffs!
Nachdem Hr. Ahrens sodann noch im Sinn der politischen Moral für Abstellung der Civilorden gesprochen, dem Militärstand aber in dieser Beziehung Ausnahmgesetze vindicirt hat, ohne sich um den Ruf der Versammlung nach Schluß und um die Ermahnung des Präsidenten zur Kürze zu kümmern, erscheint Hr. Moriz Mohl auf der Tribüne.
Hr. Mohl spricht für den Minoritätsantrag, welcher den Theil des Paragraphen, der von Aufhebung der Standesprivilegien handelt, auf Abschaffung des Adels, seiner Titel und Benennungen ausgedehnt wissen will.
„Meine Herren, man mag die Sache betrachten wie man will, sie ist erstaunlich einfach. Das Bestehen eines Standes, dessen Mitglieder vermöge ihrer bloßen Geburt einer äußern Auszeichnung genießen, das Bestehen eines solchen Standes ist eine vollkommene Verneinung der staatsbürgerlichen Gleichheit. Eine solche Einrichtung, wenn sie auch gar nicht mißbraucht wird, ist ein Unrecht, eine Beleidigung gegen die Nation.“
Hr. Mohl macht der Versammlung glauben, er stehe auf „prinzipiellem, rein theoretischem“ Standpunkt. In der That aber ist die Stellung, die er einnimmt, ein ganz gewöhnlicher rein bürgerlicher Standpunkt; seine ganze Polemik ist nichts, als der schwache Ausdruck des alten Klassenkampfs der Bourgeoisie gegen die „höhere“ Adelsrace.
„Ich frage Sie, m. H., welche größere Ungleichheit vor dem Gesetze gibt es, als die Eintheilung des Volkes in zwei Kasten, in eine vornehme Kaste und eine geringe Kaste?“
Diese zwei Kasten sind nach Hrn. Mohl Adel und „Bürgerstand,“ und Hr. Mohl hat daher durchaus kein Recht, hierfür den Namen des Volks zu vindiciren. Hr. Mohl weiß nichts von den Erfahrungen der Pariser Junischlacht, seine Polemik ist der beste Beweis davon. Seine ganze Rede ist eine Apologie der Bourgeoisie gegenüber dem „Adelsstand.“ Er erzählt von den Verdiensten des Bürgerthums um Handel, Schifffahrt, städtische Institutionen; er erinnert daran, daß Schiller, Göthe und alle „großen Sterne am geistigen Horizont“ aus dem Bürgerthum hervorgegangen seien; er greift die kriegerischen Vorzüge des Adels an, und fragt, ob die Bürger, Juden und Krämer nicht ebenso tapfer in dem französischen Kriege gekämpft hätten; er gesteht dem Adel zu, hin und wieder auf dem landwirthschaftlichen Feld mit den „ bürgerlichen Gutsbesitzern gewetteifert zu haben, und sein ganzes Resume ist, daß der „bürgerliche“ Theil der Nation dem Adel seine „ Ebenbürtigkeit “ durch die That bewiesen habe.
Wenn Hr. Mohl konsequent wäre, hätte er nicht auf Abschaffung des Adels, sondern auf Erhebung der Bourgeoisie in den Adelsstand antragen müssen.
Hierbei ändert es nichts, wenn Hr. Mohl zuletzt erklärt, daß nicht dieses oder jenes Vorrecht das „Wesentliche“ des Adels, sondern daß das Erbliche des Adels das eigentliche Privilegium, die wahre Ungleichheit vor dem Gesetz sei. Hat Hr. Mohl nie gehört, daß auch die „Verdienste“ seiner „ bürgerlichen Gutsbesitzer “ erblich sind? Hr. Mohl glaubt den Unsinn des Adels entdeckt zu haben, indem er triumphirend ausruft: „Welches größere Standes-Privilegium gibt es, als daß die Geburt zu einem höhern Stande berechtigt?“ Ah, Hr. Mohl, bei Ihren „bürgerlichen Gutsbesitzern“ ist es nicht die Geburt, welche zu besserer Erziehung, zur „Befähigung zu Staatsämtern,“ und den bürgerlichen Privilegien der Spekulation und des Wuchers berechtigen? Wunderbare Gedankenfülle des schwäbischen Bürgerfreundes! Friedrich Gentz erklärte einst den Adel für eine Eigenthumsfrage; er erklärte den Adel als Ausfluß des Eigenthums, „weil zwischen dem erblichen Besitz einer Würde und dem erblichen Besitz eines Grundstückes keine Spur rechtlichen Unterschiedes sei.“ Was will Hr. Mohl darauf antworten? Erbrecht um Erbrecht!
Um den bürgerlichen Standpunkt in dieser Polemik vollständig zu wahren, erinnert Herr Mohl zum Schluß noch daran, daß der Adel überall in Ländern, wo er „keine Privilegien,“ aber seine Adelstitel noch besitze, das Grundeigenthum an sich gebracht habe, und durch den Vorrang seines Namens reiche Heirathen zu schließen befugt sei. „Sie wissen ja, m. H., daß die Töchter der Geldsäcke besonderes Vergnügen daran finden, sich Gräfinnen nennen zu lassen.“ In der That, ist nicht diese heillose Lust der Bourgeois-Töchter bereits zum Gegenstand offener Spekulation geworden? Hat nicht u. A. ein „Herr von altem Adel“ in den Berliner Zeitungen ein Heirathsgesuch annoncirt, worin er sich bereit erklärt, seinen alten Namen mit einer jungen Bürgerlichen zu theilen, falls ihm diese eine gewisse Geldsumme „baar“ zuführte? Retten wir also das Geld des Bürgerthums, indem wir das „von“ des Adels streichen!
„Erst dann, m. H., wenn der Adel wie in Frankreich, Nord-Amerika, der Schweiz, Norwegen, wirklich aufgehoben ist, erst dann, wenn die Schranken fallen, die ihn vom Bürgerstand trennen, erst dann, wenn es nur noch Ein Volk, keine zwei verschiedene Racen mehr gibt, erst dann werden Sie die Freiheit wahrhaft und fest gegründet haben!“
Einfache Lösung der socialen Probleme, welche nach dem Berichterstatter des volkswirthschaftlichen Ausschusses durch die Grundrechte in „vernünftiger Weise“ in Angriff genommen werden soll! Nach Aufhebung der Adelstitel wird es überall nur Ein Volk, keine zwei entgegengesetzten Kasten mehr geben, ‒ denn die Pariser Junirevolution kann nur die Erhebung einiger von ausländischem Adel gewonnenen Strolche gewesen sein. Nach Aufhebung des Adels ist die „Gleichheit“ wahrhaft und fest gewährleistet, ‒ nicht die „rohe, materialistische,“ sondern die platonische, bürgerliche, welche auf natürlichen, d. h. geschichtlichen und gesellschaftlichen Unterschieden fußt.
(Schluß folgt.)
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[ 121 ] Köln, 21. Aug.
Sonderbarer Weise hat man die hier erscheinenden „Freien Volksblätter“ unter polizeiliche Aufsicht gestellt. Jedesmal am Tage des Erscheinens dieser Blätter ‒
In einem Thal bei armen Hirten
Erschien mit jedem jungen Jahr,
So oft die ersten Lerchen schwirrten,
Ein Mädchen schön und wunderbar ‒
mit jeder jungen Nummer, ja bevor sie noch ausgegeben, erscheinen in der Druckerei zwei bis vier bis an die Zähne bewaffnete Gensdarmen und kaufen sich das erste jungfräuliche Exemplar. ‒ Obgleich diesen Herren mehrmals bemerkt worden, daß es billiger und vortheilhafter sei, wenn sie sich auf die Blätter abonnirten, indem sie alsdann der Mühe überhoben wären, sich jede einzelne Nummer auf der Expedition zu holen, wollten sie doch den Vortheil nicht einsehen und bemerkten, daß sie dienstmäßig dazu kommandirt seien. ‒ Diese Maßregel datirt von einem in den „Fr. Volksblättern“ erschienenen Artikel: „Die Verhaftungen in Köln,“ auf Grund melchen Artikels gegen den Herausgeber, Hrn. Bernh. Dietz, eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet worden. Man sieht also, daß die von der hohen Polizei diesen Blättern zugewandte gesteigerte Aufmerksamkeit nicht ohne wohlwollende Absicht ist.
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[ 103 ] Berlin, 20. Aug.
Unsere Aristokratie entfaltet hier seit einigen Tagen eine außerordentliche Thätigkeit, um den Sturz des Hrn. Hansemann herbeizuführen. Die Erhöhung der Grundsteuer, der Branntweinsteuer und Rübenzuckersteuer, deren Ausführung den völlige Ruin vieler Gutsbesitzer herbeiführen würde, haben Hrn. Hansemann den Zorn und Haß dieser Leute zugezogen. Man will, wenn er seinen Plänen oder seiner Stelle nicht freiwillig entsagt, ihn auf jede Weise zu beseitigen suchen. Einige Gutsbesitzer, welche heute einem Abgeordneten von der äußersten Linken ihren Besuch abstatteten um ihn für ihre Pläne zu gewinnen, wurden so zutraulich zu demselben, da er ihnen seine Mitwirkung versprach, daß sie ihm erzählten, wie sie Hrn. Han- [Fortsetzung]
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Das Domfest von 1848.
(Fortsetzung.)
Ich muß gestehen, ich war erschöpft vom Anhören so vieler köstlichen Toaste. Ich hatte meinen Platz verlassen und war hart an die Erhöhung des Saales getreten um recht in der nächsten Nähe in dem Anblick der größten Männer unseres Jahrhunderts schwelgen zu können. Gott weiß es, wie lange ich durch den ausgezeichnet schönen Bart eines liebenswürdigen Fürsten, durch das gesunde Aussehen Jupiters oder durch die sprechende Aehnlichkeit des Herrn von Soiron festgebannt und gefeit worden wäre, wenn nicht plötzlich ein ziemlich wohlbeleibter Mann meine Schulter berührt und mich im reinsten westphälischen Dialekt darauf aufmerksam gemacht hätte, daß ich ihm durch meine Stellung die Aussicht nach einer höchst einladenden Torte versperre, die bei dem allgemeinen Redeenthusiasmus bisher unberücksichtigt geblieben war. Der würdige Dombaudeputirte, der von Hamm, Soest, von Dortmund oder von irgend einer anderen sabbathstillen Stadt der rothen Erde nach Cöln gekommen war, um sich einmal recht am Wein, am Gebet und am Patriotismus zu letzen, schien mir fest entschlossen zu sein, den hohen Eintrittspreis des Festmahles gewissenhaft herausfressen zu wollen. Der ehrenwerthe Mann kümmerte sich wenig um den Erzherzog-Reichsverweser, um Herrn von Gagern und den päbstlichen Runtins ‒ er ließ der Weltgeschichte ihren Lauf und beschäftigte sich mehr mit den praktischen Interessen des Hungers und des Durstes.
„Wollten Sie mir nicht die Aussicht nach jener Torte gewähren?“ fragte mich der gute Westphale mit dem Ausdruck der höchsten Freundlichkeit. Ich merkte die leidenschaftlichen Gelüste des alten Knaben, denn während er mich anredete sah er nicht auf mich, sondern immer nach der Stelle hin, wo die herzerfreuende Torte stand. „Mit dem größten Vergnügen!“ erwiederte ich ihm und stemmte meine Faust in die Seite, so daß der Westphale, wie man durch das Bingerloch nach dem Rheingau, oder durch den Rolandsbogen nach dem Siebengebirge blickt, so durch meinen gekrümmten Arm hindurch nach dem Gegenstand aller seiner Wünsche schauen konnte. Der Westphale schien zu glauben, daß ich seine tieferen Absichten nicht verstanden hätte; er sah mich daher mit seinen großen, blauen Augen ziemlich stier an, als wollte er mich fragen, ob ich denn nicht die Sprüche Salomonis kenne, wo da geschrieben steht, daß man dem Ochsen der da drischt das Maul nicht verbinden soll? ‒ Ich blieb aber unerbittlich. „ Lieber Herr, wollten Sie mir nicht gefälligst die Aussicht nach jener Torte gewähren?“ fragte da der Sohn der rothen Erde zum zweiten Male und ein Gemisch von Wollust und Melancholie spielte um seinen sehr großen Mund. Die Leiden des armen Mannes rührten mich. „Mit dem größten Vergnügen!“ rief ich abermals ‒ „Sie scheinen nicht gut sehen zu können ‒ wollen Sie sich meiner Lorgnette bedienen?“ Während mein rechter Arm seine frühere gekrümmte Position beibehielt, reichte ich ihm mit der linken Hand die Lorgnette über den Tisch hinüber. Der Westphale stutzte. Sie müssen entweder ein sehr dummer oder ein höchst impertinenter Mensch sein ‒ schien der unglückliche Sehnsüchtige zu denken. Da ermannte er sich und sprach zum dritten Male mit einer so bittenden, wehmüthigen Stimme, daß es einen Stein hätte erweichen können: „Sehr verehrter Herr, hätten Sie nicht die große Gewogenheit mir die Aussicht nach jener Torte gefälligst zu gewähren? Ich habe ein 1 Thaler 20 Silbergroschen für mein Billet bezahlt ‒ Geld ist Dreck, aber Dreck ist kein Geld! ‒ es verlangt mich nach jener Torte ‒‒“ Das Antlitz des Armen überflog eine sichtbare Bangigkeit. Er sah wie von der andern Seite noch ein zweiter Aspirant auf die reizende Torte lossteuerte; ein Mann, der sich etwas verschämt, wie es Liebende sind, rechts und links umschaute, um sich davon zu überzeugen, daß ihn auch Niemand in dem allgemeinen Wirrwarr bemerke. Es war die höchste Zeit, den Raub zu vollbringen. Den Westphalen stach es wie mit tausend Nadeln, er rückte hin und her und immer flehentlicher und immer bittender leuchteten seine unschuldigen Augen.
Da konnte ich nicht länger widerstehen; ich wandte mich seitwärts und schon hatte ich die Hand nach der Heißersehnten ausgestreckt, da kam mir plötzlich der gewandtere Nebenbuhler des armen Westphalen zuvor, ich erkannte in meinem Gegner meinen frühern Nachbar, den preußischen Deputirten, den Ritter von der Teltower Rübe und ich wäre fast vor Lachen gestorben, als ich ihn mit einer wahrhaft teuflischen Geschwindigkeit sammt der eroberten Torte verschwinden sah.
Der arme Westphale sank aber wie eine geknickte Blume zusammen; er röchelte in seine Serviette hinein und: „Geld ist Dreck, aber Dreck ist kein Geld!“ schien er noch ein Mal zu seufzen, da machte ich mich aus dem Staube, denn ich fürchtete den gerechten Zorn des Mannes, ich glaube, er hätte mich getödtet mit Messer und mit Gabel und mich selbst gefressen statt der verhängnisvollsten aller Torten.
Meine Aufmerksamkeit wurde nach der andern Seite des Saales gelenkt, wo sich ein eigenthümliches Getöse erhob, das mein musikalisches Gefühl auf's empfindlichste verletzte und mich eben so sehr an die Menagerie eines van Aaken als an jenes Grunzen und Brummen erinnerte, welches man Nachts um die zwölfte Stunde wohl aus den Bierhäusern deutscher Hochschulen schallen hört.
Ich sah mich erstaunt und unwillig um und bemerkte zu meinem nicht geringen Leidwesen einen ehrenwerthen Vice-Präsidenten, der sich mit Händen und Füßen und mit einem nicht zu verachtenden Bierbaß nochmals Gehör zu verschaffen suchte, um sehr wahrscheinlich auf's Neue zu erklären, daß er ein einfacher Mann sei und nur ein einfaches Wort zu reden habe, recht aus dem Herzen, von allgemeiner Brüderlichkeit, durch sämmtliche Gaue des deutschen Vaterlandes, bis an die äußersten Gränzen. Der bekannte Redner winkte in derselben Weise mit den Händen wie es die Droschkenkutscher bei schlechtem Wetter thun, wenn sie die Vorübergehenden zum Besteigen des Wagens einladen.
Aber ach, die hohe Versammlung wollte sich nicht zum zweiten Male verleiten lassen. Vergebens trampelte, winkte und schrie Sancho ‒ mit wahrhaft deutscher Unhöflichkeit blieb man auf seinen Sitzen oder eilte an dem guten Manne vorüber, so daß Sancho zuletzt auf die Ehre des Wortes verzichtete und seinem Herrn und Meister das Feld überließ. Herr von Gagern machte indeß keine Anstalt zu einem abermaligen Vortrag, nein, er sammelte nur einige Deputirte um sich und stieg wie Zeus umgeben von seinen Olym-
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[Deutschland]
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semann durch öffentliche Provokationen zu einem Zweikampf bringen wollten, aber auch Männer in ihren Reihen zählten, welche auch weitere gewaltsame Mittel nicht scheuten. ‒ Der Kongreß der Gutsbesitzer hat in seiner gestrigen Sitzung mehrere Proteste an den König, an die Vereinbarer-Versammlung und an das Staatsministerium gegen Hrn. Hansemann angenommen. Besonders stark soll sich dabei Graf Arnim-Boytzenburg, der Exminister, gegen ihn ausgesprochen haben.
Heute wurde der vom demokratischen Kreis-Ausschuß der Mark-Brandenburg zusammenberufene Kreis-Kongreß der demokratischen Vereine eröffnet. In der Vormittagssitzung wurde die Geschäftsordnung festgestellt und die Wahl eines Präsidenten vorgenommen. In der Nachmittags-Sitzung beschäftigte man sich mit dem Programm und einem Antrage Benary's: An allen Orten demokratische Wahlcomite's zu begründen, die einem Central-Wahlcomite dessen Sitz in Berlin sein soll, untergeordnet sein sollten.
Mehrere Mitglieder der Linken haben Briefe von demokratisch-gesinnten Offizieren aus den Provinzen erhalten, worin auf die Nothwendigkeit aufmerksam gemacht wird,„daß der bekannte Beschluß, den Offizieren die Enthaltung von allen reaktionären Bestrebungen zur Ehrensache zu machen“ von dem Kriegsminister promulgirt werde, da der Uebermuth der aristokratischen Offiziere bereits nicht mehr zu ertragen sei. Demzufolge haben wir nächstens eine Interpellation des Kriegsministers über diese Angelegenheit zu erwarten. Auch über die Düsseldorfer Vorfälle wird es an einer Interpellation nicht fehlen. Es fragt sich nur, ob sie vor der Tagesordnung als dringend anerkannt wird, da die Rechte von Hrn. Hansemann in ihrer Abendversammlung den festen Befehl erhalten hat, keine Interpellationen und dringende Anträge mehr vor der Tagesordnung einbringen zu lassen.
Bekanntlich ist in Frankfurt bei der Nationalversammlung der Antrag gestellt, daß alle kleinen deutschen Fürsten, deren Staaten unter 1/2 Million Einwohner haben, mediatisirt, und das Vereinigte Gebiet dieser kleinen Staaten unter den direkten Befehl der Central-Gewalt gebracht werden solle. Der Anhalt-Dessauische Minister Habichst soll nun vor einigen Tagen deshalb hier gewesen sein, um einem solchen Schritte von hier aus entgegenzuarbeiten. Man erzählt sich sogar, daß ein näheres Anschließen an Preußen von Seiten des Herzogs von Dessau in Aussicht gestellt worden sei, besser ausgedrückt: der Herzog von Dessau will lieber in Preußen als in Deutschland aufgehen.
Morgen findet in der Vereinbarer-Versammlung die Neuwahl des Präsidenten und der vier Vice-Präsidenten statt. Die Linke hat sich zu diesem Behuf mit dem linken Centrum geeinigt, und man hat beschlossen, Hrn. Grabow, als außer den Parteien stehend, wieder zum Präsidenten, dagegen als Vicepräsidenten Waldeck und Johann Jacoby von der Linken, Kosch u. Philipps vom linken Centrum zu wählen. ‒ In der Dienstags Sitzung wird endlich die Habeas-Corpus-Akte berathen werden.
In Charlottenburg hatte sich vor einigen Tagen ein demokratischer Klub gebildet, Mitglieder dessen Zahl sich täglich mehrte. Schon gestern und vorgestern umringte die Charlottenburger Bourgeoisie in Verbindung mit dem Lumpenproletariat das Sitzungslokal und stieß mannigfache Drohungen aus, bis sie denn endlich heute den Muth faßten, ins Sitzungslokal des Klubs hineinzudringen und die anwesenden Mitglieder mittelst Stockschlägen auseinanderzutreiben. Mehrere Klubmitglieder wurden noch auf der Flucht gefährlich verwundet.
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[ 15 ] Berlin, 20. Aug.
Die Soldaten des in Posen neueingerückten 5. Regiments fangen an, daselbst die allgemeine Erbitterung auch unter den Deutschen gegen sich hervorzurufen. Tagtäglich Aufläufe und Schlägereien; selbst Hr. Steinäcker, der „Vater“ dieser wackern Brüder findet keinen Gehorsam mehr. Die Ursache dieser Raufereien ist nicht etwa in der Politik zu suchen. Das 5. Regiment kümmert sich nicht um dieses. Die Wuth hat darin ihren Grund, daß die Soldaten von den Fleischtöpfen Danzigs nach dem bereits ausgesogenen „Polackennest“ versetzt worden sind. Ihre einzige Erquickung, zu der sie mit doppelter Lust Zuflucht nehmen, ist das gebrannte Wasser, vulgo Schnaps. Allein die Schenkwirthe finden keineswegs ihre Rechnung dabei; denn die Herren Preußen trinken zwar, sie essen zwar, aber sie bezahlen nicht mehr. Aus den Läden werden die Cigarren mit Gewalt weggenommen und Prügel an Zahlungsstatt ausgegeben. Posen bietet das Bild einer eroberten, Marodeuren überlassenen Stadt. Die Kerndisciplin der „wohlgeschulten“ preußischen Mustersoldaten ist völlig aufgelöst.
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Berlin, 20. August.
Der Maschinenbauarbeiter, Herr Lehns, sah gestern zwei Handwerksburschen in den Händen von Constablern; der eine dieser Handwerksburschen wurde aufs unmenschlichste behandelt, fast ‒ sagt der Berichterstatter ‒ auseinander gerissen; als der andere Handwerksbursch sein Wanderbuch hervorlangte, um sich zu legitimiren, schrie einer der Constabler: „Ach was! ich sch‒ was ins Wanderbuch; das gilt hier nicht.“ Auf die Bemerkung eines der Umstehenden, daß, wenn die Burschen auch schuldig wären, solch eine Behandlung sich nicht gezieme, rief ein Bürgerwehrmann von sehr beträchtlichem Leibesumfang:„Schuldig oder unschuldig, das ist egal, Stricke für die Hunde!“
[(B. Z. H.)]
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Breslau, 18. Aug.
Einem Gerüchte zufolge soll Warschau bombardirt worden sein. Wie Reisende, welche mit dem oberschlesischen Krakauer Zuge angekommen sind, erzählen, soll in Petersburg und Moskau ein bedeutender Aufstand ausgebrochen sein, so daß der Kaiser sich nach Kronstadt flüchten mußte.
[(A. D. Z.)]
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[ * ]
Nach Privatbriefen aus Breslau vom 18. August kamen mit dem oberschlesischen Bahnzuge, der diese Nachrichten brachte, auch ein russischer Kourier und der preußische Konsul aus Warschau an, die sogleich ihre Reise nach Berlin fortsetzten. Die Nachricht vom Aufstande in Petersburg soll gestern in Warschau eingetroffen sein. Einige Personen wollten zwar wissen, daß Warschau 5 Stunden lang bombardirt und der Aufstand unterdrückt worden; dagegen behauptet man andererseits, daß es dort überhaupt zu keinem wirklichen Ausbruch gekommen.
In Kalisch wurden übrigens schon vor einigen Tagen eine Anzahl Polen, darunter mehrere aus dem Posen'schen, in einem Lokale, wo sie sich angeblich in konspiratorischer Absicht versammelt hatten, von Kosacken überfallen, auf Kibitken gepackt und nach Rußland abgeführt.
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Danzig, 12. August.
Unser Magistrat hat, im Einverständnisse mit den Stadtverordneten, und, was ihm nicht oft begegnet, diesmal auch im Einverständnisse mit dem bei weiten größten Theile der Einwohnerschaft, eine Petition, oder einen Protest, wie man es nennen will, an die preußische Nationalversammlung in Betreff des Bürgerwehr-Gesetz-Entwurfs, wie solcher aus den Berathungen der Minister hervorgegangen, abgehen lassen. Vielen Anklang findet auch der von Elbing aus angeregte Vorschlag des Zusammentrittes von Abgeordneten der westpreußischen Städte in unsern Mauern, um gemeinsam einen Protest wieder die Gemeinde-Ordnung zu berathen.
[(N. K. Z.)]
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Czarnikow, Großh. Polen, 15. August.
Der Vorsteher des demokratischen Klubs, Dr. Meyer, hatte eine Volksversammlung veranstaltet und in derselben vier Beschwerden gegen den Landrath Junker vorgelesen. Es veranlaßte hierauf das Volk diesem eine Katzenmusik zu bringen, welche dahin ausartete, daß die Haufen in das Haus des Landraths drangen, um sich seiner Person zu bemächtigen, welches ihnen jedoch nicht gelang. Indessen wurden die Fenster und Thüren zerschlagen und andere Zerstörungen an den Möbeln verübt, bis das Militär, die 6te Kompagnie des 14. Infanterie-Regiments zu Hülfe kam.
[(V. Z.)]
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[ 111 ] Karlsruhe, 19. August.
Der edle Herzog von Modena, der in so schmählicher Flucht seine Staaten hatte verlassen müssen, ist jetzt im Gefolge von einigen 1000 östreichischen Bajonetten jubelnd in sein „geliebtes“ Herzogthum zurückgekehrt. Von ihm hätte man am wenigsten eine Amnestie erwartet, die sämmtlichen Rebellen zu Gute kommen soll, mit Ausschuß der eigentlichen Chefs, welchen jedoch Zeit zur Auswanderung gegönnt wird. Mag auch in der Praxis diese Amnestie eine oft wunderbar Anwendung erleiden, so ist doch gegen ihren Wortlaut nichts zu erinnern. Man vergleiche damit folgende Verordnung, die der badische Landesvater zu erlassen geruht:
§. 1.
Das strafgerichtliche Verfahren gegen die Theilnehmer an den stattgefundenen hochverrätherischen Unternehmungen, welche durch das Gesetz vom 16. Mai d. J. vor das in Freiburg niedergesetzte Untersuchungsgericht gewiesen sind, wird, wenn dieselben vor Gericht oder in einer Eingabe an das Justizministerium ein gesetzliches Verhalten versprechen und um Begnadigung bitten, eingestellt, vorbehaltlich jedoch der im § 2 bestimmten Ausnahmen.
§. 2.
Ausgeschlossen von der Begünstigung des §. 1 sind diejenigen Theilnehmer, welche bei einer derartigen hochverrätherischen Unternehmung
1) als Anführer oder Anstifter, oder als Führer bewaffneter Schaaren thätig waren, ‒ oder
2) als Beamte des Staats, der Kirche, oder Schule, oder als Bürgermeister ihre besonderen Pflichten verletzten, oder überhaupt als öffentliche Diener ihre Stellung zur Beförderung des hochverrätherischen Unternehmens mißbrauchten, oder welche
3) durch unzweideutige Aufforderungen in Volksversammlungen, in öffentlich verbreiteten Aufrufen oder Druckschriften, oder durch Werbungen mittelst Herumreisens, oder durch Täuschungen, Einschüchterungen, und Drohungen Andere zur Theilnahme verleiteten, oder zu verleiten suchten, ‒ oder
4) zugleich an einem gemeinen Verbrecher, z. B. an einer Tödtung, Verwundung, Plünderung, an einem Raub, an einer Erpressung u. dgl. Theil nahmen, oder einen Fahneneid gebrochen haben, ‒ oder welche sonst
5) eine besonders gefährliche Thätigkeit durch Herbeischaffung oder Vertheilung von Waffen oder Schießbedarf, Sturmläuten, Signalgeben, Errichtung von Barrikaden, Zerstörung der Eisenbahn, oder Unterbrechung der Kommunikation auf solcher, u. dgl. entwickelten;
6) mit Schußwaffen an einem Gefechte Theil genommen haben, oder
7) mit einer auswärtigen Macht oder einer auswärtigen Faktion Verbindungen anknüpften oder anknüpfen suchten.
Selbst ein russisches Ministerium hätte nicht die Frechheit gehabt, einen solchen Mummenschanz für eine Amnestie auszugeben. Sogar am Lichtenberg'schen Messer, das bekanntlich weder Heft noch Klinge hatte, war mehr Realität, als an dieser Amnestie. Doch nein! Es ist eine Amnestie und zwar für die badische Regierung, indem sie mittelst dieser Verordnung sich unter dem Schein der Gnade aller Derer entledigt, die sie ohne den mindesten Grund einer Schuld Monate lang im Kerker festgehalten, mit denen sie jetzt nichts anzufangen weiß, mit denen sie sich selbst vor einem badischen Gerichtshofe blamiren würde. Statt selbst zu bereuen, verlangt sie von den Mißhandelten Reue!
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[ * ] Rendsburg, 19. August.
In der heutigen Sitzung der schleswig-holsteinischen Konstituirenden wurde der Antrag angenommen: daß sich der Verfassungsausschuß sofort constituire und seine Arbeiten auch nach eingetretener Vertagung fortsetze, daß der Präsident den von diesem Ausschuß eingelieferten Bericht sofort zum Druck befördere, und daß das Bureau (die Präsidenten und Secretaire) über die Einberufung enscheide. Auf die schon geschehenen und noch zu erwartenden Beschlußnahmen, wodurch die übereilt ausgesprochene Vertagung möglichst wieder gut gemacht werden soll, scheint aber Olshausens Entlassungsgesuch nicht ohne Einfluß geblieben zu sein.
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[ 61 ] Wien, 18. August.
23te Sitzung des Reichstags. Vorsitz: Schmitt; Anfang halb 11 Uhr; Verlesung des Protokolls der letzten Sitzung; Wahlberichte; Berathung über den Antrag des Abg. Kudlich; letzte Lesung der Geschäftsordnung.
Dobblhof theilt mit, daß der Kaiser am Samstag um 9 Uhr auf dem Glacis eine große Parade (der Truppen oder Garden, oder beider?) abhalten und dabei über den baldigen ehrenvollen Frieden mit Italien Mittheilungen machen werde. ‒ Der Gemeindeausschuß (wegen absoluter Unpopularität völlig im Verscheiden) legt das Programm eines heute Abend von Penzing nach Schönbrunn statthabenden, von ihm veranstalteten Fackelzugs vor und ladet den Reichstag dazu ein. (Der Fackelzug unterblieb wegen schlechter Witterung und gänzlicher Theilnahmlosigkeit von Seiten des Volkes. Das Ansehen des Kaisers scheint also auf Null herabgesunken?)
Nun folgt eine Reihe von Interpellationen, die namentlich den Kriegsminister Latour in die Enge treiben.
Zimmer interpellirt ihn wegen der vom deutschen Reichsministerium nach Schleswig-Holstein bestellten Truppen; wegen der durch das Truppenkorps Weldens verübten Zerstörung von Sermida jenseits des Po; wegen der Beschießung Bologna's durch Perzlas; Sierakowski interpellirt ihn wegen der vom General Lichtenstein geschehenen Wiedereinsetzung des Herzogs von Modena, weil es der Thronrede zuwider sei, einem Volk einen Herrscher aufzudrängen; Löhner desgleichen über das Ergebniß des kriegsgerichtlichen Prozesses wider den ehemaligen Gouverneur von Venedig, Grafen Zichy; ferner darüber, ob gegen den Civilgouverneur von Venedig, Grafen Palffy, ein Verfahren eingeleitet sei und ob man schlechte Beamte immer noch nur mit Pensionirung und Orden bestrafe, wie den Gouverneur von Tirol? Der Justizminister versichert, eine Untersuchung sei eingeleitet. Brauner interpellirt Dobblhof wegen der Provinziallandtage, worauf Kapusczak, ein Bauer aus Galizien, die Tribüne besteigt, um über den Antrag Kudlich's zu reden. Geschweige Entschädigung zu geben, will er noch Entschädigung haben von Gutsbesitzern und Adel. „Die Bauern Galiziens,“ sagt er, „haben statt 100 durch 300 Tage gerobotet, der Grundherr rechnete 3 Tage nur für einen. Wer hat also zu entschädigen? Die ganze Woche mußte der Bauer arbeiten, am Sonntage warf man ihn in den Viehstall, munterte ihn mit Knitteln zur Arbeit auf und wenn er für sein schwaches Weib um Schonung bat, hieß es: Spanne dich für dein Weib an! Wenn die Herrschaften selber erklären, sie hätten die Robot geschenkt, wozu dann entschädigen? Der Bauer braucht sich für das Geschenk auch nicht einmal zu bedanken, da er erst am 12. April d. J., zu einer Zeit gegeben worden, wo unsere edlen deutschen Brüder für unsere Rechte aufgetreten; dieser Dank gebührt unsern deutschen Brüdern und dem gütigen Kaiser. (Beifall im Centrum, Zischen auf der Linken.) Wir wurden als Sklaven angesehen, mußten 300 Schritte von dem Hause des Grundherrn stille halten; mußten zum Juden gehen, wollten wir etwas bei ihm ausrichten (Beifall im Centrum), denn in sein Haus durften wir nicht kommen. „Der Bauer stinkt“ hieß es, und wir sollten Entschädigung leisten? Die Peitsche, die sich um unsern matten Körper wand, ja, die könnten wir erlassen.“
Umlauft spricht viel in allgemeinen Sätzen, doch scheint er für Aufhebung ohne Entschädigung zu sein. Wo das größte Unrecht gewesen, mit dem Bauer, müsse man beginnen Recht zu schaffen. (Beifall.) Hier sei noch ein Stück Leibeigenschaft, wo eine ganze Klasse allein durch die Geburt zu niedrigen Knechtsdiensten, zu Schweiß und Blut getränkter Prästationen gegenüber einem hochgebornen Unterdrücker verpflichtet sei. Die Kette, die Bank, der Stock seien gar treffliche Mobilare in der Herrschaftskanzlei. Ob das nicht Embleme der Leibeigenschaft seien. (Allgemeiner Beifall.) Es gebe kein Verbrechen und keine Unthat, die im Laufe der Jahrhunderte nicht unter dem Mantel obrigkeitlicher Hoheitsrechte begangen worden wären. Die Freiheit, und wäre sie hundertmal zu Boden getreten, sei das ewig Unverletzliche. Alle Konsequenzen, die aus einer solchen Unterdrückung abgeleitet worden (Entschädigung) seien entschieden ohne Rechtsboden. Recht und Freiheit seien identisch, es gebe nur ein Recht, und dieses sei die Freiheit. Alle Gesetze, alle Institutionen, welche die Freiheit um ein haarbreit mehr einschränken, als der Zweck des Staatsverbandes es erheischt, seien Unrecht. Ob eine neue Saat solchen Unrechts nicht ausgestreut werden solle? Möge der Reichstag die Vergangenheit in ihr finsteres Nichts zurücksinken lassen, damit nicht noch Schlimmeres heraufbeschworen werde u. s. w. (Lauter Beifall.)
Dylewski (galizischer Grundherr) spricht wider die Behauptungen Kapusczak's und will Beweise; die Veranlassung des Hasses zwischen Bauer und Grundherr sei von der Obrigkeit gekommen. Kapusczak sei auf einem Gute gewählt, dessen Eigenthümer Graf Stadion sei, weshalb er gewiß soviel von Unterthänigkeit und Gehorsam zu erzählen gewußt. (Heiterkeit.) Es kollidirten zwei Grundsätze, nämlich Robot als Pflicht und als Recht. Erste müsse unbedingt fallen, letzte nur gegen Entschädigung. Möge die Entschädigung eine noch so geringe sein, so müsse sie doch ausgesprochen werden, um den Grundsatz zu retten; es sei besser, einen Fetzen von Ehrlichkeit zu retten, als sich auf die unsichere See der Grundsatzlosigkeit zu begeben. (Theilweiser Beifall, theilweise Zeichen des Mißfallens.)
Proschak beantragt, die Sache an die Abtheilungen zu verweisen, und von diesen alle Amendements in ein Hauptamendement bringen zu lassen, worüber ein Beschluß gefaßt werden könnte.
Löhner ist dagegen. Schuselka will, daß das Präsidium die Parteien ersuche, unter sich einige Redner zu wählen, die ihre Ansichten vertheidigen sollen, und sich alle Antragsteller in einem Antrag vereinigen zu lassen. ‒ Der Präsident will die Geschäftsordnung nicht verlassen, Schuselka möge also ein Antrag stellen. Kovolkabo ist für Fortsetzung der Debatte;
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[Fortsetzung] piern von der für die Fürsten und die auserlesenen Abgeordneten reservirten Erhöhung hinab in die Reihen des patriotischen Volkes.
Es war ein imposanter Anblick. Voran der edle stattliche Gagern in der ganzen gesunden Fülle seiner irdischen Erhabenheit. Hinter ihm eine nicht weniger bemerkenswerthe Figur, einem Apollo ähnlich der am Herunterkommen ist ‒ dem die ambrosischen Locken anfangen auszufallen, der aber noch immer Anmuth und Manneswürde verräth, in Gang und Geberde. Ich fragte den ersten besten Nachbar, ob er den bedeutenden Herrn kenne. „Das ist der Herr Müller!“ antwortete er mir mit besonderem Nachdruck und ich muß mich schämen, ich hätte beinah gelacht.
Kann es ein größeres Unglück für Jemanden, der berühmt werden will ‒ und von jedem ehrenwerthen Deputirten kann man doch gewiß erwarten, daß er wenigstens in etwa den verwerflichen Durst nach Ruhm besitzt ‒ kann es, sage ich, etwas schlimmeres für einen solchen Ruhmdürftigen geben, als wenn er Müller heißt, wenn er gerade den Namen trägt unter dem schon so viele ausgezeichnete Männer bekannt sind, daß man den einen oft nicht mehr von dem andern zu unterscheiden weiß und den Wald nicht mehr vor lauter Bäumen sieht? Müller! Müller! ein solcher Name ist entsetzlich; von der Geburt an hat einem schon das Schicksal einen Strich durch die Rechnung gemacht! Giebt es nicht schon einen Johannes Müller, einen Wilhelm Müller, ja sogar einen Wolfgang Müller?
Was sollen wir noch mit einem neuen Müller anfangen? Armer Herr Müller!
Außer Herrn Müller gewahrte man indeß auch noch einen dritten Versammelten, der es für seine Pflicht hielt sich zu den übrigen Gästen herabzulassen. Es war dies der stille Dulder, es war dies der Mann, der achtzehn Jahre lang für die deutsche Freiheit gedarbet hat, es war derselbe Mann dem die Republik nur über den Leib, über die Leiche geht und der so sehr von der glorreichen Zukunft Deutschland's überzeugt ist, daß er schon jetzt die Kaperprämien für unsere zukünftigen Admiräle bestimmt haben will ‒ es war mit einem Worte niemand anders als der Hiob der National-Versammlung, es war der herrliche Dulder Jacobus Venedey.
Zeus, Müller und Hiob schritten von Tisch zu Tisch und es versteht sich von selbst, daß alle Kehlen jubelten und alle Römer klirrten.
Heiterkeit thronte auf Kronions Stirn. Er hatte die Donnerkeile seiner Rede in die Taschen des schwarzen Fracks gesteckt und spielte nur leicht mit dem unschädlichen Wetterleuchten seines unerforschlichen Geistes. Müller suchte seinem Gotte durch eine freundlich-würdige Gelassenheit den rechten Hintergrund zu geben; er war gewissermaßen die schöne Abendwolke auf der die Blitze seines Meisters hin- und herzuckten. Hiob, mit einem schmerzlich-süßen Lächeln säuselte hinter den Beiden her wie ein milder Westwind. Gern wäre ich den Dreien mit dem Auge gefolgt um zuzuschauen wie sie schwatzend, nickend und händeschüttelnd von Tisch zu Tisch zogen; aber sie verschwanden bald im Gewühle und ich verfügte mich daher zurück an meinen Platz. ‒ Es freute mich nicht wenig dort meine alten Tafelgenossen, den Oestreicher und den Preußen wiederzufinden. Der Letztere war so eben, nach unsäglichen Anstrengungen, mit seiner Torte eingetroffen und der Schwarz-weiße und der Schwarz-roth-goldne schickten sich auch sofort an, ihre Beute in vollkommener deutscher Einigkeit zu theilen.
Polen wurde nicht gewissenhafter getheilt als diese Torte. Man bot mir natürlich sofort an, daß ich die Rolle Rußlands bei der Theilung übernehmen und der Dritte in dem schönen Bunde sein solle. Ich verweigerte dies aber, mehr aus innerlichen als aus politischen Gründen, indem ich versicherte, daß mir die Geschichte zu schwer im Magen liegen dürfte.
Da hinten, setzte ich hinzu, befindet sich aber ein Mann, der mich gerne remplaciren wird. Er ist ein Westphale und deshalb nicht viel besser als ein Kosacke. Der Mann liebt die Torten über Alles. Sollen wir ihn nicht einladen? „Allerdings!“ rief der Preuße und: „Ich halte es sogar für sehr nöthig, ihn hinzuzuziehen!“ bemerkte der Oesterreicher. Da erhob ich mich, um meinen hungrigen Cerberus herbeizuschleifen. Aber ach, ich hatte kaum zwei Schritte gethan, da nahte unser Freund schon ungerufen. Sein Kopf glühte von Wein, Zorn und Gesundheit; er bemerkte mich gar nicht, denn steif war sein Auge auf die Torte gerichtet. Mit einem schmunzelnden Lächeln schmiegte sich der westphälische Russe zwischen Oesterreicher und Preuße; ich winkte sofort, daß dies der rechte Mann sei und keine Minute verstrich, da waren sie auch schon am Fressen nach Herzenslust, alle drei, und die hübschen Verzierungen des armen Kuchens brachen knisternd zusammen.
Als ich aber die drei so glücklich essen sah und als mir bei der Torte, Gott weiß wie, plötzlich das arme Polen in den Sinn kam, da fing es an, mir in den Adern zu sieden und zu kochen. Hat denn der allmächtige Bäcker, der große Schöpfer diese hübsche Torte, dieses schöne Polen nur deshalb geschaffen, damit ihr mit Gabeln und Messern, mit Kartätschen und Shrappnells darüber herfallen sollt, um Alles ineinander zu schlagen und um es für ewig zu vertilgen? Mein Herz pochte rascher. Und als der vielfräßig-absolutistische, der westphälische Russe und als der konstitutionelle Preuße und der etwas demokratischere Oesterreicher sich nun erhoben, um wieder auf irgend eine Lumperei anzustoßen, da griff ich nach meinem Glase und: Es lebe die Republik! rief ich, daß es bis hinauf unter die Decke des Gürzenich klang. Ich hatte nicht mehr die Zeit, um nach dem Eindruck zu sehen, den mein unerhörter Frevel auf die Theiler der Torte hervorbringen mußte, denn in demselben Augenblick, wo ich mit der Rechten den Römer erhob und wo das verhängnißvolle Wort meinen Lippen entfloh, fühlte ich meine nach hinten fahrende Linke von eiserner Faust gefaßt und entsetzt wandte ich mich um. Zeus Kronion, der große Gagern, stand vor mir. Auf seiner Wanderung durch den Saal war er mit seinem Gefolge auch zu unserem Tisch gekommenn ‒ jawohl, Zeus hatte mich gefaßt mit eigner Faust. Kalt lief's mir über den Rücken. Jetzt gehts dir schlecht! Wie Jupiter der Erste den Prometheus an den Kaukasus, damit ihm ein Geier die Leber aushacke, so wird jetzt Jupiter der Zweite, der edle Gagern, Dich an den Domkrahnen hängen, damit die dummen Konstitutionellen ihre schlechten Witze über Dich reißen! Das war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf flog. Ja, baumeln wirst Du da oben, schon in aller Herrgotts Frühe und alle deine Feinde werden kommen und lachen über Dich. Da wird der Herr Inckermann-Sternau kommen und rufen: Seht, dort hängt der Kerl, der über meine Verse gespottet hat! und der Hr. Dr. Gustav
[0421]
[Deutschland]
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ebenso Klaudi, weil der Reichstag die Fortsetzung erst in der letzten Sitzung beschlossen.
(Fortsetzung folgt).
In der gestrigen Abendsitzung schritt der Reichstag zu der monatlich zu erneuernden Wahl des Präsidenten und der Vicepräsidenten. Der Abgeordnete Strobach wurde unter dem allgemeinsten Beifall zum Präsidenten ernannt. Hagenauer und Heim zu Vicepräsidenten. Schuselka hatte 11 Stimmen zum Präsidenten.
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[ 61 ] Wien, 18. August.
In ihrem Schrecken, der Reichstag möge die Feudallasten ohne alle Entschädigung aufheben, läßt die Aristokratie denselben durch ihr Blatt: „Die Presse“ beschwören, doch nicht toller zu verfahren, als Frankreichs assemblée constituante in der Nacht des 4. August 1789 gethan. ‒ Ich glaube aber schwerlich, daß das bisher geprügelte Landvolk, welches mit den vielen Vertheidigern, die es im Reichstag gefunden, eine entsetzliche Uebermacht über die halben und trüben Geister Deutschlands gewinnt, sich daran kehren wird, was die weit weniger demokratisch gebildete constituante in jener Nacht gethan. ‒ Das befürchtet auch die darüber giftsprühende Aristokratie und läßt sich in der Gratzer Zeitung durch den Grafen von Wickerburg also darüber vernehmen: „Weder die Presse noch die Kammer (?), hervorgegangen aus einem Volke, das bei seinen Wahlen nur auf eins: Möglichst wohlfeile Befreiung von den Feudallasten, bedacht war, ist der Ausdruck der gebildeten, intelligenten, besitzenden Majorität.“ ‒ Das Landvolk erkennt in seinen Herrschaften nur noch Räuber und Quäler und wer ihm mit Entschädigung kommt, der beschwört statt eines Tags des Rechtes, einen Tag der ungeheuersten Rache. Ohnehin bin ich der Ueberzeugung, daß der Ruf: „Rache!“ bald von einem Ende Oestreichs bis zum andern ertönen wird.
Was ich neulich schrieb, daß ein Verrath der Könige und Rothschilde die Freiheit Italiens noch einmal zertrümmert, das bringen nun Blätter, die ehedem feindlich wider Italien aufgetreten waren. Als der Waffenstillstand in Italien bekannt geworden, bemerkte z. B. der Freimüthige darüber: „Dieser Waffenstillstand war nur eine Folge unserer Siege und selbst kein Sieg mehr! Der innerste Gedanke desselben ist der Verrath des Königs Karl Albert. ‒Offen erklären wir, daß sein Rückzug auf piemontesisches Gebiet, die totale Preisgebung der angeblich von ihm verfochtenen Idee der Unabhängigkeit Italiens in sich schließt. Karl Albert war kein Ritter und Retter der Freiheit Italiens, er war blos ein Räuber, der die lüsterne Hand nach der eisernen Krone streckte. ‒ Als er sah, daß dieser Raub mißlingen mußte, zog er sich auf sein Gebiet zurück und schloß zur Vermeidung französischer Intervention die bekannte Konvention.“ ‒ Radetzky und Albert sind die besten Freunde. Albert hat bekanntlich 20 Millionen aus Mailand mitgenommen, um damit die Kriegssteuer zu bezahlen, die man ihm, weil man die offene Schamlosigkeit noch nicht allzusehr wagen will, vor der Hand nur allein auferlegen wird. Man hat ihm diesen Raub erlaubt, um damit seine Freundschaft zu erkaufen und die republikanischen Kassen Mailands zu leeren.
Hören Sie, wie einem andern Blatte, „Gerad' Aus“ genannt, ein Licht aufgeht über Ungarn: „Die Ungarn wehren sich auch um ihr Recht und ihre Nationalität nach Kräften, und daher galt mancher Schlag, den wir Deutsche empfingen, (das verwirrt eben die Wiener Geister) nicht uns, sondern dem östreichischen Ministerium (es huldigt also dem Absolutismus!) und den Kroaten. Aber die magyarische Nation muß unser Feind sein, sobald wir uns diese Uebergriffe des kroatischen Bans und die Pläne der Slaven gefallen lassen. Folgen dem Ban nicht 80,000 Soldaten aufs Wort? Steht nicht in Italien Radetzky an der Spitze einer siegreichen Armee, die nur dem Kaiser gehört? Hat nicht die Besatzung von Prag erklärt, daß sie überall so wie in Prag verfahren werde? Und da sollten die Absolutisten die Hoffnung aufgeben?“ Aber auch der dummste Pinsel muß das Schachspiel durchschauen, die lauernde Tatze des Tigers erkennen. So wird aus Prag vom 11. August berichtet: „Heute erschien der aus dem italienischen Feldzuge bekannte General Clam-Gallas an der Hand des Fürsten Windischgrätz an einem offenen Fenster des Prager Schlosses, und ward von den im Hofe lagernden Truppen mit donnernden Hurrah's begrüßt.“
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[ 17 ] Prag, 18. August.
Alles protestirt gegen die unglückliche Kundmachung des Fürsten Windischgrätz ‒ die Bürger protestiren, die Studenten, die freigelassenen Gefangenen, die Juristen, und gestern protestirten sogar ‒ die Damen Prags in einer von etwa 400 Damen besuchten Versammlung gegen die Beschuldigung der Verschwörung. Die Sitzung, nur von Damen besucht, war sehr interessant, und nachdem vielfache Details über den Kampf gegeben worden waren, in welchem eine junge Dame die Aufführung des Militärs mit den Worten schilderte: „Kein Gemeiner war so roh als die Offiziere,“ wurde ein Ausschuß für Abfassung des Protestes und Ueberreichung desselben beim Ministerium gewählt bei dem zugleich um Freilassung der noch gefangen gehaltenen zwei Damen nachgesucht werden sollte. Zum Schluß wurde noch eine Aufforderung an die Damen erlassen, alle Dienstmädchen fortzuschicken, die Grenadiere zu Liebhabern hätten und beim Wechseln der Wohnungen keine Grenadiere als Träger zu gebrauchen, worauf die Sitzung mit der Bemerkung einer Dame geschlossen wurde; „daß wenn noch etwas vorfiele, sie ihre Männer mit dem Kochlöffel hinaustreiben würden.“
Sonst ist es in unserer Stadt gänzlich ruhig und die Bewohner Prags scheinen in das alte Geleis zurückzukehren. Das Associationsrecht wurde freilich durch willkührliche Verordnungen des Stadtverordnetenkollegiums häufig eingeschränkt, indem man sogar Bürgerversammlungen, als nur vom Stadtverordnetenkollegium ausgehendürfend, geradezu verbot, allein glücklicherweise kehrten sich die Prager nicht an die Verordnungen dieser Duodezdespoten und hielten ihre Versammlungen im Konviktsaale ab, welche sich auch jedesmal des zahlreichsten Besuchs zu erfreuen hatten.
Vor einigen Tagen hatte zur Feier der Siege in Italien ein Banquet auf dem Hradschin statt, zu welchem außer der Generalität und den Stabsoffizieren auch noch eine Anzahl Subalternoffiziere und von jedem Bataillon zwei Unteroffiziere und zwei Gemeine eingeladen waren. Unter jedem Couvert befand sich ein zwei Quartblätter umfassendes Gedicht, welches den Oberstlieutenant Marsano zum Verfasser haben soll und in den anmaßendsten Ausdrücken den Wienern zuruft, daß, wenn die Armee in Italien fertig ist, sie den Wienern ihre Regierungsgelüste schon anstreichen werde. Ich citire Ihnen hier nur einen Vers:
Doch hört ihr die warnende Stimme nicht,
Die das Heer aus Italien sendet,
So setzen wir selber uns zu Gericht,
Wenn hier uns're Sendung vollendet,
Dann steht die Armee auch, wie ein einziger Mann,
Die Majestät des Kaisers zu rächen,
Von Süden und Norden braust sie heran:
Den gestohlnen Scepter zu brechen.
Dieses Machwerk hat, wie Sie sich denken können, alle Welt erbittert und hier bereits die derbsten Erwiderungen hervorgebracht. Man beklagt sich überhaupt und vorzüglich auf dem Lande über den Uebermuth des Militärs und es wäre nicht zu verwundern, wenn sich über kurz oder lang diese Klagen in Thätlichkeiten Luft machten. Die versuchte Auflösung des bürgerlichen Grenadier- und Schützenkorps von Seiten des Landespräsidiums, ist beim Ministerium gescheitert, die Nationalgarde wird langsam wieder reorganisirt und auch das Korps Swornost, dessen Auflösung durch Thun dekretirt war, scheint mit seinem Proteste dagegen beim Ministerium durchgedrungen zu sein, will sich aber nach erhaltener Ehrenerklärung sogleich selbst auflösen.
Die Rivalität beider Nationalitäten scheint fast verschwunden zu sein; die Deutschen haben eingesehen, daß die oft erwähnte Bartholomäusnacht ein abscheuliches Mährchen war, die Nation zu entzweien und der Reaktion ihr Spiel zu erleichtern. Von der frühern Gespanntheit hinsichtlich des Tragens der Farben merkt man nichts mehr, und wenn die slavischen Bänder und mittelalterlichen Trachten langsam wieder hervortauchen, so sieht man jetzt auch häufig deutsche Bänder, jedoch größtentheils nur an Nichtböhmen.
Ungarn.
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Kronstadt, 5. Aug.
Die Russen haben die Moldau nicht verlassen und werden es auch nicht thun. Am 26sten, war in Jassy aus St. Petersburg ein Feldjäger angekommen, der den Befehl überbrachte, daß die Russen in der Moldau bleiben sollen und daß noch vier Divisionen zu ihnen einrücken würden. 5000 Mann Türken mit 6 Kanonen sind in und bei Galatz, wo man sie wegen ihren Excessen auch nicht gerne sieht. General Duhamel und General Vogt, sind in Jassy. Fürst Stourdza, unter dem die Erde jeden Tag lockerer wird, hält sich noch immer auf dem Throne. Unser Berichterstatter befürchtet den Ausbruch eines russisch-türkischen Kriegs, denn die Bessarabien stehen 50,000 Mann Russen jeden Augenblick marschfertig.
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Alt-Orsova, 23. Juli.
In aller Eile theile ich Ihnen mit, daß tausend und tausend Millionen Heuschrecken unsere Gegend verfinstern und uns Alles aufzuzehren drohen. Diese Thiere nehmen ihren Zug von Serbien herüber und messen 3 Zoll in der Länge und einen halben Zoll in der Dicke. Schon ist unser ganzer Kukurutz auf den Feldern, der noch grün ist, bis auf den grünen Stengel aufgezehrt. Ein großer Theil in der Form einer kleinen Landschaft zieht sich in die Almasch und eine andere lange Schaar rollt sich wie eine bergabstürzende Lavine in die fetten Thäler von Mahadia. Räuber drohen unser Hab' und Gut zu vernichten, die Heuschrecken unsere Felder und die Cholera uns selbst!!
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@facs0421
Pesth, 12. Aug.
Privatbriefen zufolge, haben die Unsrigen die starken Verschanzungen bei Berbasz mit einem Verlust von 500 Menschen eingenommen. Raitzen sind über 3000 gefallen, unter denen man einen russischen Offizier gefunden haben soll.
Polen.
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Krakau, 10. Aug.
Die Gazeta Krakowska enthält einen Artikel über das in Krakau garnisonirende östereichische Militair. Am 8. Aug. fand die Feierlichkeit des Sieges in Italien statt, nach deren Beendigung der Feldmarschall Graf Scholk eine Anrede an die Offiziere hielt, und hierauf ebenso jeder Offizier an seine Soldaten. In dieser Anrede heißt es: „Wir begehen heute das Fest des Sieges unserer Armee über die italien. Rebellen; denkt daran, ebenso tapfer zu sein, wie eure Brüder, hört auf keine Constitution, denn wenn Wien Euren Landsleuten Das gibt, was sie verlangen (diese Rede war an die Böhmen gerichtet), so werden sie von euch lassen, und ihr werdet genöthigt sein, das Brod bei Fremden zu betteln, dann mit Schmach bedeckt werdet ihr aus eurem Vaterlande entfernt werden. Vereinigt eure Kräfte für unsere Absichten, damit wir, den Militärstand erhaltend, der Erde gleich machen können diese Rebellen in Wien, Lemberg und Krakau, und die gesegneten Metternich'schen Zeiten zurückführen etc. Diese Lehren haben sehr wohl auf die Ueberzeugung der Soldaten gewirkt, denn mit eignen Ohren hörten wir von Einigen aussprechen, daß sie gegen die eigenen Eltern keine Nachsicht üben, und Wien, Lemberg, Prag, Krakau der Erde gleich machen würden, damit nicht Einer übrig bliebe, in dem ein vevolutivärer Funke stecke.
Italien.
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Edition: [Friedrich Engels: Italien. 23. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 606.]
[ * ] Mailand, 15. August.
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Edition: [Friedrich Engels: Italien. 23. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 606.]
[ * ] Livorno 11. August.
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Edition: [Friedrich Engels: Italien. 23. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 606.]
Verona, 14 August.
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Edition: [Friedrich Engels: Italien. 23. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 606.]
[ * ] Rom, 9. August.
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Edition: [Friedrich Engels: Italien. 23. August 1848. In: MEGA2 I/7. S. 606.]
[ * ] Turin, 15. August.
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Französische Republik.
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[ 16 ] Paris, 19. August.
„Die Reaktion hüpft wie ein Laubfröschlein und quäckt seelenvergnügt; Herr Thiers der Allerkleinste sieht sich schon als Erzkanzler Sr. Maj. des Königs Philipp Ferdinand d'Orleans (Grafen von Paris) und Herr Odilon-Barrot der Allertugendhafteste als Pair. Wie die Stimme der Reaktionspatriarchen vor Wonne schier erzittert, wie ihr Blick funkelt gleich dem grünen Augen des Katers der den Sperling belauert!“ spricht „Impartial du Nord,“ und mahnt die Proletarier von Schrot und Korn, „dies wahre Salz der Erde,“ ab, sich in die „infamen Netze der Patriarchen“ zu verwickeln. „Laßt nur einen König wieder ausrufen, Arbeiter Frankreichs! die Euch jetzt so bedrückende Herrscherklasse wird in sich alsdann sich spalten, die Herren Bourgeois unter sich werden Patronen verschießen; ihr könnt sehr philosophisch in der Ferne stehen und die Arme kreuzend Euer Pfeifchen schmauchen. Beim großen Gericht, das einst die Volksmasse abhalten wird, sei's geschworen: Euch kann sehr wenig an einem Thron, an einer Quasirepublik gelegen sein. Ihr dürft nur Eins nie vergessen, das heilige Arbeitsrecht, das ewige Recht des armen Arbeiters über den reichen Faulenzer; zieht das Panier der neuen Gesellschaft auf mit der rothen Inschrift: Wer faulenzt, der soll eingesperrt und zu Tode gehungert werden!! Das ist fortan Volksjustiz, Volksmoral, Volksehre; in diesem einfachen Verse liegt die Zukunft der Welt; solches vergeßt nicht.“ ‒ Der „Corsaire“ erzählt oft von Angriffen, die sich Blousenleute auf „fein angezogene Herren“ Abends erlauben sollen, natürlich ist kein Wort wahr; neulich schrieb er sich einen Brief, worin es hieß, der Unterzeichnete sei vom Blousenmann in den Koth gestürzt worden; an jenem Abende war aber gerade in der bezeichneten Straße alles ganz trocken. Er speit fortwährend Blut und Eiter nach dem Sozialismus, und zitternd heult er: „Leser, merke Dir den neuesten Sozial-Wegweiser für Deine Reiseroute: zuerst geht's Straße Jean Jaques (Cabet's Redaktion), von da Straße Montmartre (Proudhon's Redaktion), von da Quai des Orfevres (Polizeipräfektur), von da im Trabe mit Einspänner gen Brest, Rochelle, Toulon, (auf die Galeeren). Wir finden unsern einzigen Trost in der schönen Harmonie zwischen den Vertheidigern der Sittlichkeit, der Familie, des Besitzes in allen Ländern; z. B. in dem so tief erregten fernen Ungarn, wo das Kommunismusgift auch eingetröpfelt wurde, ermannt sich heute die Bürgerklasse und wird das Ungethüm des sozialen Demokratismus mit der Keule der gemäßigten konstitutionellen Freiheit zermalmen; wir freuen uns, daß auch dort für die Civilisation gekämpft wird gegen die Blutsäufer und Ehezerstörer, gegen die Eigenthumsreformatoren und Atheisten. Muth! noch einige Zeit und wir siegen!“ Der „Constitutionnel“ belobt diese Predigt, und klagt den Chef der Exekutive an, daß er in Frankfurt den Ex-Demagogen Savoie, der wieder Rückfälle seines alten Jakobinismus bekommen, und in Berlin den Emanuel Arago nicht abberufe, sintemalen beide Gesandten nur die rothe Republik repräsentirten und mit den dortigen sogen. Demokraten zusammenhielten, „welche bekanntlich nichts anderes sind als die entschiedensten Kommunisten; wie denn auch dort nicht Preßfreiheit ist, sondern eine an 1793 mahnende Preßfrechheit einreißt, die bei dem hartnäckigen deutschen Charakter sehr bedenkliche materielle Umstürze, nicht bloß literarisch-kritische, in Europa erzeugen könnte. “ Schließlich kommt ein süßes Lächeln gen Rußland, „das ruhig und planvoll sich entwickelnde Reich des fernen Ostens, dessen mächtiger Lenker ein überaus mildes, gerechtes, ja liebenswürdiges (!) Proklama in der dänischen, der deutschen, und wallachischen Sache publizirt habe.“
So beurtheilt die Herrscherklasse die Bewegungen jenseits des Rheins; man muß das zu Akten nehmen. Mit Schadenfreude berichtet das liebliche Bourgeoisblatt, Barbes, im Thurme von Vincennes, sei bettlägerig; was sich leider bestätigt; eine seiner Schwestern ist zur Pflege beständig um ihn. ‒ Seit mehreren Abenden prügelt man sich auf eine in Paris bisher unerhörte Manier mit Stühlen und zerschlägt Tische und Tassen in den Kaffeegärten der elyseischen Felder, wo eine Sängertruppe Freiheitslieder singt; die Republikaner rufen bis, die Königlichen rufen assez, nous ne voulons pas de votre liberté rouge! (genug! wir danken für Eure rothe Freiheit!) und hauen drein bis die Wache sie trennt. Auch bezahlt die „goldene Jugend“ Bänkelsänger, die Zoten gegen die Republik ableiern, und klatscht wüthend. ‒ So eben verbreitet sich das Gerücht, Cavaignac's greise Mutter habe umsonst Alles aufgeboten, ihn zur extremen Linken hinüberzulenken, und er wolle, an Leib und Seele erkrankt, aus Ueberdruß seinen Abschied einreichen. Lamoriciere, seit Juni Kriegsminister, und sein Generaladjutant, ein frecher Royalist, ist neidisch auf ihn, und hofft in seine Stelle zu avanciren. Die dritte, vierte und noch eine Nationalgardenlegion halten damit das Spiel für [Fortsetzung]
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@facs0421
[Fortsetzung] Pfarrius wird kommen und sagen: Seht, das ist der Mensch, der mich einen Stadtsänger nannte! Da wird Hr. v. Soiron herbeieilen und schreien: Seht, das ist der Schurke, welcher sagte: ich sähe aus wie ein Kutscher! und der Hr. Benedey wird gelaufen kommen und jauchzen: Seht, das ist die Lästerzunge, die mich einen Dulder und einen Hiob nannte! und so werden sie alle miteinander erscheinen und sticheln und spötteln und werden mir sogar noch die Weiber unter die Augen hetzen, damit ich sie immer sehe, ohne sie doch je küssen zu können ‒ daß Gott erbarm!
So blitzte es mir durch den Schädel und noch immer hielt mich Gagerns Hand gefaßt; und wie ich jeden Augenblick erwartete, daß er Tod und Verdammniß auf mich herabdonnern würde und in furchtbarer Spannung, weder sitzend noch stehend, abermals zu ihm emporschaute, da wäre ich fast von dem zweiten Schrecken mehr gepackt worden als von dem ersten, denn sieh, das Antlitz des großen Mannes, welches mir eben noch voll schrecklicher Wolken erschien, es schaute mit dem Ausdruck der freudigsten Zufriedenheit auf mich herab; nicht zum Hängen, nein, zum Gruße hielt mich der Donnerer gefaßt und es war kein Zweifel mehr, er hatte meinen republikanischen Ruf für einen höchst konstitutionellen gehalten und ja, beim Teufel, ehe ich mich's versah, wurde ich mit hineingerissen in das fatale Gewoge, so daß ich bald den Westphalen, den Oestreicher wie den Preußen sammt ihren Torten-Resten aus dem Auge verlor und endlich von Gagerns Hand befreit, mit hinweggeschwemmt wurde von der schwarz-roth-goldnen Sündfluth, über Tische und Bänke, bis daß ich endlich an der andern Seite des Saales, auf die Schwelle der Thür gerieth, und von der Schwelle auf die Treppe und von der Treppe auf die Straße ‒ Alaaf Köln! und vorüber war das Fest des Gürzenich.
(Fortsetzung folgt.)
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@facs0421
Der Republikaner Germain Metternich aus Mainz hat folgenden Protest veröffentlicht:
„Der Unterzeichnete protestirt gegen die Aufhebung des Adels, weil er sonst mit dem Fürsten Metternich auf eine Stufe gestellt würde.“
Metternich aus Feldkirchen.
[0422]
[Französische Republik]
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@facs0422
[Fortsetzung] gewonnen, und bereiten angeblich eine „weiße“ (karlo-philippistische) Demonstration auf nächsten Donnerstag vor, wo die Diskussion der Untersuchungsakten, die nicht weniger als zwei Quartbände füllen, in der Kammer beginnen soll. Das Palais der Kammer bekommt noch ein Eisengitter unter dem Säulengange. Das Komplott der Königlichen soll in Bourges, Marseille, Rouen, Orleans und Bordeaux am nämlichen Tage ausbrechen; die alte Noblesse und die Geldaristokratie sind jetzt einig geworden, der Sturz von Mailand hat ihren Kamm geschwellt. „Daß ein König nur auf den französischen Thron klettern könnte um auf der andern Seite wieder hinabzuspazieren, das scheinen diese Börsenjuden und krautjunkerlichen Jesuitenschüler noch nicht zu wissen; sie müssen erst die erneute Auflage von 1794 erleben, ehe sie mürbe werden (sagt „Le People Souverain“), und sie haben wahrhaftig so jämmerlich geheult und gebrüllt von den Schwungbrettern der Assignatenpresse und Guillotine, daß am Ende der Teufel kommt, dessen Namen sie so oft ausgesprochen.“
Gestern und vorgestern arretirte Herr Dr. med. Ducoux, Polizeipräfekt, 130 Proletarierinnen in den Faubourgs wegen der Juninsurrektion. Die dadurch entstehende Erbitterung wird von den Legitimisten ausgebeutet, sie verheißen Amnestie. Diese Partei, auf dem großen Grundbesitz wurzelnd, in Paris vortrefflich durch die „Ischariothe der Bank und die Simone der Eisenbahnkompagnieen“ vertreten, predigt jetzt im „Journal des Debats“: „Wir machten sie nicht, die Februarrevolution, wir mußten sie uns gefallen lassen;“ im „Siecle“: „Es ist hohe Zeit die Ordnung zu befestigen, und wir billigen den Plan des Ministers des Innern (Senard, der Kartätscher von Rouen) ein Jounal, „L'Ordre“ betitelt, zu stiften.“ Der „Constitutionnel“ zieht heute den verrosteten Degen halb aus der Scheide und kreischt: „Wir bieten dem Gouvernement und seinen Anhängern (d. h. der Republik) eine ehrenhafte Allianz an; aber vorerst muß es die Hand abziehen von allem was roth ist; wo nicht, so opponiren wir, und es wird zu spät begreifen, daß seine bisherige Parlamentsmehrheit nur ein Gewohnheitsding, eine Scheinmajorität gewesen, (une quasi-majorité habituelle).“ Der „National“ ist noch nicht ganz desinfizirter Exjakobiner. Auf die „stillschweigende Sympathie Englands und Rußlands, welches letztere nur gegen eine antisociale Republik einschreiten wolle,“ beruft sich die gestrige Nummer der „Assemblee Nationale,“ und stößt eine Drohung gegen Cavaignac aus, der bekanntlich in Italien interveniren gewollt habe. ‒ Die zweite Fracht Transportirter ist diese Nacht nach Brest und der Festungsinsel an der Bretagner Küste abgegangen; dieses Mal durften die Familien Abschied nehmen, und es fielen dabei Scenen vor, die eine bleibende Umstimmung in den wachehaltenden Liniensoldaten hervorrufen; es kursiren Aeußerungen derselben, die den Machthabern ungemein widerlich klingen. Auch Mobilisten haben, heißt es, gelobt, keine zweite Julikampagne mitzumachen. Ich höre so eben das Komplot der „Weißen und Honnetten“ werde den Anstoß zur Schilderhebung der gesammten Republikanerpartei geben; im Fall eines royalistischen Signals in der Kammer und eines royalistischen Attentats auf dieselbe von Außen, würde die ganze Linke in Masse sich in die Tuilerien begeben und als Représentation populaire festsetzen, L. Blanc, Lamartine, Caussidiere, Ledrü-Rollin, Bac, Leroux, P. Düprat, Proudhon an die Spitze des Volkes und des treuverbleibenden Theils der Nationalgarde stellen und va banque spielen; es ist mehr als wahrscheinlich, daß die Mehrheit der Mobile und der Linie nicht in diesem äußersten Falle fechten wird. Alsdann würde aber Raspail's und Blanqui's System im Innern, und Intervention in Italien auf dem Fuße folgen. So spricht heute bereits mancher; man zählt mit Unruhe die Stunden. Gewiß aber scheint, daß die Linke nichts unternehmen wird, wenn die Demonstration der Royalisten unterbleibt.
N. S. Als neuestes Beispiel der Bourgeoisjustiz wird heute die Transportation Terson's berichtet, dessen Anklageakte keine weitere Ueberschrift führt als: „Redakteur der Revue Sociale, hat sehr avancirte Meinungen;“ und die jetzt siebenwöchentliche Haft eines Knaben, der seiner bettlägerigen Mutter, einer Portiere, Essen kochte, als die Mobilisten eindrangen und ihn arretirten, weil er eine Blouse trug und im Dachstübchen ein Blousenmann geschossen hatte; obschon letzterer mit Flinte und Patronen ergriffen ward, und beschwor, der Knabe unten sei unschuldig, nahm man alle Beide mit und wird sie transportiren. Dies ist buchstäblich.
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@typejArticle
@facs0422
[ 17 ] Paris, 20. August.
Aus sicherer Quelle, durch einen Schriftsetzer, höre ich so eben, daß in die karlo-philippistische Zeitung, „Le Lampion“, ein vollständiges Programm der royalistischen Manifestation für nächste Woche eingerückt werden sollte. Es besagte: „die 2. und 3. Nationalgardenlegion (die Börsenmänner und Großhändler) werden ohne Waffen nach der Kammer ziehen, mit ihnen einige tausend Proletarierinnen in schwarzen Kleidern mit den Kindern an der Hand und einer Trauerfahne, um Amnestie für die Gefangenen zu erflehen, die einer für die französische Nation nicht angemessenen Staatsform zum Opfer gefallen sind. Eine Deputation der Nationalgarden wird sich in den Sitzungssaal einführen lassen und erklären: die Republik passe nicht für das Land, Handel- und Gewerbeleiden, nur ein Thron könne helfen, und der Redner wird mit dem Ruf: es lebe der König! Schließend sich an die Majorität wenden, die demgemäß sofort auftreten solle. Dann wird sich zeigen, ob Herr A. Marrast, der so kavalier- oder schulmeisterartig präsidirt, auch noch seine kecke Geistesgegenwart behält?“ Dieser Aufsatz ward noch zur rechten Zeit vom Druckereibesitzer im Manuskript gelesen und abgewiesen. Es steht dahin, was jetzt weiter geschieht von jener Partei, die unverholen druckt und dem Arbeiter zwar erfolglos einredet: nur unter einem „erblichen Präsidenten der Republik“ könne der alte Grundadel und die höhere Bourgeoisie wieder Vertrauen schöpfen und Geld circuliren lassen, wodurch sogleich die Arbeit in den Ateliers neu beginnen werde. „La Liberté“ von Lyon sagt: „Ist diesen Rittern der Bank und des Grundbesitzes die 1794 ger Straflektion so ganz aus dem Gedächtniß gekommen? Rechnen sie wirklich selbst in Paris so stark auf die Dummheit des arbeitenden Volks, dem sie, die faulenzenden Reichen, jetzt wieder einen Kronprätendenten in die Tasche schieben möchten? O blutiger Schatten Couthon's mit dem silbernen Hammer, der du, St. Just, du ewiger Jüngling mit dem diamantenen Herzen, und du, Robespierre, Advokat des Volks: steigt wieder empor und führt uns zum Siege gegen Judas Ischarioth, den König der Börsen und Eisenbahnen, und seine wohldisziplinirte Heerschaar von Königen und Kaisern, Jesuiten und Beamten.“ ‒ Das „Memorial Bordelais“ spricht dagegen: „Wenn moralische und ökonomische, militärische und civile Ordnung wieder in dem von Wahnwitzigen und Bluthunden (buveurs de sang) besudelten Frankreich herrschen wird, was liegt uns dann an der Farbe der Fahne? Europa's honnette Bürger werden uns zujubeln, sie vom Alpdruck des Revolutionsgespenstes erlöst zu haben. Ja, wir sind offene, freimüthige Reaktionäre, wir rühmen uns dessen und prägen unsern Säuglingen schon dieselbe Sympathie ein; die Erziehung ist verwahrlost durch das Gift der Rebellion seit 1830, und selbst Louis Philipp's starke Hand war nicht immer glücklich im Bekämpfen desselben, weil er nicht von der gesammten Mittelklasse, sondern nur einem Theile derselben, der sich edelherzig über alles Vorurtheil hinwegsetzte, unterstützt ward. Die sogenannte Republik ist ein Anachronismus, ein Rückschreiten zum Jahre des Heiles 94, und diese Herren rothen Republikaner sind wahre gekochte Krebse u. s. w.“ Was zugleich ein Pröbchen departementalen Styles abgiebt. ‒ Auch das Journal der Kartätschenfreunde von Rouen sagt: „Nur zuerst die Schlange in Frankreich erdrosselt, den großen Boa, und bald wird seine Brut (engeance) in Deutschland und Italien und in der Schweiz sterben. Wir denunziren Berlin und Wien als sehr gefährlich für die Ruhe Frankreich's, denn es ist sonnenklar, daß die dortigen Umstürzer mit den unsrigen harmoniren und in mündlichem wie schriftlichem Verkehr seit Jahren, doch besonders seit Februar, ja ‒ wer sollte es meinen? ‒ namentlich seit Juni stehen. Wehe dem sonst so biedern, ruhigen Germanenvolke, sollte es seinen falschen Propheten auf die Bahn des Bösen folgen; der honnette Theil Frankreich's würde dem honnetten Theil Deutschland's mit Freuden die Hand bieten, und Rußland würde nicht zögern, gegen die Gesellschaftsfeinde des Westens den Säbel zu ziehen, wie einst Paul und Suwarow gegen die Jakobiner von 1794. Amerika's Republiken werden nicht mehr lange fortblühen u. s. w.“ ‒ In Toulouse sagt „Le Constituant“: „Verzagt nicht, edle Schützen der Freiheit; die Reaktionäre werden einen großen Schlag vollführen, sie werden Alles oder Nichts ausspielen, und vielleicht gewinnen sie noch einmal auf ein paar Monate, um danach die Hälfte zu brechen. Eine rosenfarbige Sentimentalitätspolitik, mit Zitherspiel und Orangenblüthen, hat im Februar den Kampf gegen das Mammonsprivilegium nicht zu führen vermocht: der Verfasser des „„gefallenen Engels““ (Lamartine) wird Mühe haben, sich vom eignen Fall zu erholen. O Ledru-Rollin und Lamartine! Was helfen uns eure guten Eigenschaften, wenn eure schlechten überwiegen! Blasirt seid ihr Beide zwar nicht, aber warum habt ihr die Blasirten auf den Beinen gelassen? Die Republik kann nur sich erhalten, wenn sie mit der einen Faust die plumpen Despoten des Goldes, des Purpurs, der Kanone und des religiösen Codex bändigt, und zugleich mit der andern Faust die raffinirten, zischenden und lächelnden Blasirten, diese mit dem ewigheitern Blödsinn der menschheitsfeindlichen Gleichgültigkeit sich brüstende Bande der Selbstsüchtler, zu Boden schleudert und die Füße auf sie stellt. Ein Jeder weiß, wer zu dieser und jener Klasse gehört, wir brauchen keine Namen zu nennen.“ ‒ Die Adressen der Parlamentsminorität, des Kölner und Kasseler Demokratenvereins, wie mehrere raisonnirenden Artikel der „Neuen Rhein. Ztg.“ sind in sechs größern Departementsblättern, auch in La Reforme und Democratie pacifique erschienen; dies macht den hiesigen Bourgeois viel Verdruß. ‒ Der zweite Transport Junimärtyrer zählte 496, worunter viele Mobilisten, dekorirte Soldaten und ein verwundeter Kapitän der ehemaligen republikanischen Garde; auch zwei Gelehrte und zwei Hauseigenthümer; über letztres ringt das Blatt des Hrn. Thiers die Hände. „Sie stützen sich auf die Kanonen und Geldkisten, meine Herren Regentschaftler; nun gebe Gott, daß der brutale Witz jenes alten Sultans nicht an Ihnen in Masse wiederholt werde, der die Wucherer oft mit der, rechten Hand an ihren Geldkasten nageln und die Gesetzverdreher in einen Mörser laden ließ,“ ruft „Le Progres du Pas de Calais“; er berichtet auch „eins der tausend Fakten von Wahlbetrug“; in der Gemeinde Lievin zwang der Gressier seine 23 Zöglinge, die Wahlliste unter seinem Diktat zu schreiben und den Wählern beim Eintritt in den Saal einzuhändigen; es stand „mit kalligraphischen Buchstaben“ drüber: „Man darf nur für die früheren Stadtrathsmitglieder stimmen“, und die Gemeinde stimmte wie Ein Mann in zitternder Demuth. ‒ Proudhon's Représentant du Peuple ward gestern mit Beschlag belegt; heute bringt er folgenden Brief der Insurgenten im Spitalgefängniß St. Lazare: „Wir sind zwar, Dank der zarten Sorge unsrer Kerkermeister, von der Welt abgesperrt, aber dennoch drang bis zu uns die Kunde von dem Schritte des Volksrepräsentanten Ollivier, und wir haben allesammt in unsern Herzen ihm einen Dank votirt, den Sie, B. Proudhon, veröffentlichen sollen. Ollivier hat eine Petition um Amnestie in der Kammer eingebracht; wir werden seiner ewig gedenken.“ Dies erregt die Galle des Journal des Debats, welches auch mit Befremden mittheilt: „die Zöglinge der Sorbonne, die vor 8 Tagen Preise erhalten und beim Chef der Exekutive zu Mittag eingeladen waren, haben nicht nur auf das Wohl der Republik dort getrunken, sondern sogar die Beiwörter: sozial und demokratisch hinzugefügt, worüber sich die Herren Minister Senard und Bastide nicht wenig wunderten.“
(Siehe den Verfolg der in Beilage.)
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Schiffahrts-Anzeige. Köln, 22. August 1848.
Angekommen: Kapt. Kaefs von Amsterdam mit 4062 Ctr; Kapt. von Loosen von dito mit 4423 Ctr.; Kapt. Holz von Dordt mit 3442 Ctr.; Kapt. Haafters von Rottterda mit 5218 Ctr.
Abgefahren: C. Schleicher nach dem Obermain.
In Ladung: Nach Ruhrort bis Emmerich W. Pesch: nach Düsseldorf bis Mühlheim an der Ruhr A. Meyer; nach Andernach und Neuwied Joh. Pera, Jos. Krämer; nach Bingen I. B. Mundschenk; nach Koblenz, der Mosel und Saar G. Weidner; nach der Mosel, Trier und der Saar F. Bayer; nach Mainz Ph. Kimpel; nach dem Niedermain S. Schulz; nach dem Mittel- und Obermain Peter Schön; nach Heilbronn C. G. Schmidt; nach Kannstadt und Stuttgart L. Klee; nach Worms und Mannheim Frz. Elbert.
Ferner: Nach Rotterdam Kapt. Breynks Köln Nr. 21
Ferner: Nach Amsterdam Kapt. Wilson Köln Nr. 1
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Wasserstand.
Köln, am 22 August. Rheinhöhe 6′ 10″
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Civilstand der Stadt Köln.
Geburten.
18. August. Wilh., S. v. Jakob Zündorf, Bäcker, Bolzengasse. ‒ Maria Magd., T. v. Jak. Schumacher, Schuster, Eulengartengasse. ‒ Karl Ludwig, S. v. Val. Bundel, Faßbinder, Lintgasse. ‒ Kath., T. v. Michael Faßbender, Zuckerarbeiter, Frankenthurm. ‒ Eva, T. v. Wilh. Dubbelmann, Schreinermeister, gr. Brinkgasse. ‒ Kath. Elis., T. v. Adam Jos. Michael Kaspar Gallmann, Barbier, Ebrenstraße. ‒ Joh. Maria, T. v. Gustav Bernhard Petz, Kfm., Römerthurm.
19. August. Clemens August, S. v. Christ. Fleury, Kutscher, Kammergasse. ‒ Gert., T. v. Michel Erkelenz, Karrenbinder, Kranenbäumen. ‒ Joh. Gottfr. Ferd., S. v. Ferd. Dorandt, Gürtler, Lungengasse. ‒ Engelb, S. v. Gottfr. Pritzen, Tapezirer, Rinkenpfuhl. ‒ Maria Marg., T. v. Heinr. Düster, Schneider, Steinweg. ‒ Bertha, T. v. Karl Friedr. Wilh. Klever, Sergeant der 7. Artillerie-Brigade. Dominikanerkaserne. ‒ Joh. Franz Hubert, S. v. Peter Servatius Schippers, Holzhändler, Severinstraße. ‒ Sib. Ang. Joseph, T. v. Joh. Jos. Giersberg, Posamentier, Herzogstraße. ‒ Ferd., S. v. Jak. Sturm, Taglöhner, Löhrgasse. ‒ Anna Heinr., T. v. Heinr. Ranz, Kleidermacher, kl. Griechenmarkt. ‒ Ein uneheliches Mädchen und ein unehelicher Knabe.
Sterbefälle.
18. August. Helena Hub. Müngersdorf, bald 1 1/2 J. alt, Kupfergasse. ‒ Jos Rolin, Steinhauer, 47 J. alt, verh, Kostgasse. ‒ Friedr. Wilh. Clemens, 10 J. alt, Kostgasse. ‒ Vincenz Sutter, Taglöhner, 69 J. alt, Löhrgasse. ‒ Ein unehel. Knabe.
19. August. Apollonia Neuhaus, 28 J. alt, unverh., Telegraphenstraße. ‒ Anna Apollonia Wolff, geb. Philipps, 58 J. alt, Beyenstraße. ‒ Elis. Schors, geb. Bröhl, 39 J. alt, Perlengraben. ‒ Marg. Hansen, Wwe. Jansen, 83 J. alt, gr. Griechenmarkt. ‒ Jos. Mauch, 1 M, 17 Tage alt, Thieboldsgasse. ‒ Marg. Roerich, Wwe. Rohr, 61 J. alt, Schnurgasse. ‒ Anna Maria Bädorf. Wwe. Lieff, 87 J. alt, Kämmergasse. ‒ Ant. Klein, ohne Gewerbe, früher Maurer, Wwr., 68 J. alt, Minoritenspital. ‒ Helene Klassen, 24 J. alt, unverh, Cäzilienspital.
Heirathen.
18. August. Herm. Jos. Christ. Von der Decken, Amts-Assistent, von Stockkempen, und Anna Kath. Hub. Norrenberg, von hier.
19. August. Wilh. Jos. Hub. Oberbach, Hutmacher, von Grevenbroich, und Gert. Schaeffer, von hier. ‒ Karl Lambert Breuer, Brauergesell, von Dansweiler, und Magd. Breuer, von hier.
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@facs0422
Bekanntmachung.
Da es, der bisherigen Bemühungen ungeachtet, noch nicht gelungen ist, die Verfertiger der hin und wieder zum Vorschein gekommenen falschen preußischen Banknoten á 25 Thlr. und 50 Thlr. zu entdecken, so wird hiermit Jedem, der zuerst einen Verfertiger oder wissentlichen Verbreiter falscher preußischer Banknoten der Behörde dergestalt anzeigt, daß er zur Untersuchung und Bestrafung gezogen werden kann, eine Belohnung von drei hundert Thalern, und wenn in Folge der Anzeige auch die Beschlagnahme der zur Verfertigung der falschen Banknoten benutzten Formen, Platten und sonstigen Geräthschaften erfolgt, eine Erhöhung dieser Belohnung bis zu Fünf hundert Thalern zugesichert,
Wer Anzeigen dieser Art zu machen hat, kann sich an jede Orts-Polizei-Behörde wenden und auf Verlangen der Verschwiegenheit seines Namens sich versichert halten, in so fern diesem Verlangen ohne nachtheilige Einwirkung auf das Untersuchungsverfahren zu willfahren ist.
Zugleich wird hierdurch die Mitwirkung des Publikums mit dem Anheimgeben in Anspruch genommen, bei dem Empfange von Preußischen Banknoten deren Buchstaben, Nummer, Betrag und den Zahlenden sich merken, was, da alle Banknoten über größere Summen lauten (zu 25 Thlr., 50 Thlr., 100 Thlr. und 500 Thlr.) in der Regel ohne zu große Mühe thunlich ist. Es wird dies wesentlich dazu beitragen, dem Verbrecher auf die Spur zu kommen und den Ersatz des Schadens zu erlangen.
Berlin, den 10. August 1848.
Der Chef der preußischen Bank.
Im Allerhöchsten Auftrage: (gek.) v. Lamprecht.
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Bekanntmachung.
Es wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß die Post-Expedition zu Stommeln dem dortigen Gastwirth Herrn Kamp übertragen worden ist.
Köln, den 20. August 1848.
Ober-Post-Amt. Rehfeldt.
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Gerichtlicher Verkauf.
Am Donnerstag, den 24. August 1848, Morgens 9 Uhr, wird der Unterzeichnete auf dem Markte in der Apostelnstraße zu Köln, drei Oelgemälde in Goldrahmen, dem Meist- und Letztbietenden gegen gleich baare Zahlung verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher Penningsfeld.
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Das Korrespondenz-Bureau
Ulrich- (Eulen-) Gasse 26, empfiehlt sich in Abfassung gediegenster Adressen, Vorstellungen, Bittschriften, Briefe, Zeitungs-Inserate etc. etc., so wie Erledigung Gemeinde-, Armen-, Kirchen- und sonstiger verwickelter Rechnungssachen.
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„Neue Rheinische Zeitung.“
Nach §. 5 des Gesellschafts-Statuts wird die 4. Einzahlung von 10 Prozent pro Aktie in den nächsten Tagen eingezogen werden, was wir den Herren Aktionairen hiermit ankündigen.
Köln, den 22. August 1848.
Die Geranten der „Neuen Rheinischen Zeitung.“
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Mailuft in Deutz.
Um das Schützenfest zu verherrlichen, sind außer den frisch angestochenen vorzüglichen 1846r Ober-Moselweinen, die große 6/8tel Quartflasche zu 6 und 8 Sgr., auch heute das bairische Lagerbier, ohne Preiserhöhung, in Anbruch genommen.
Jeden Abend Illumination.
Für gutes Wetter ist bestens gesorgt.
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@facs0422
Wir zeigen hiermit an, daß wir in Folge bedeutender Nachfrage nach Austern uns schon jetzt entschlossen haben, ein bis zwei Mal per Woche frische Sendungen regelmäßig kommen zu lassen. Die Ankunft der Austern werden wir jedes Mal durch die Zeitung bekannt machen.
G. Bettger & Comp., kl. Budengasse Nro. 6.
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@facs0422
Heute erhielten wir wieder eine Sendung frischer Austern, welche wir zur Abnahme außer dem Hause sowohl als zum Genusse auf unserer Austernstube hiermit empfehlen.
G. Bettger & Comp., kl. Budengasse Nro. 6.
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Mehrere Studenten oder Handwerker können billig Kost und Logie haben. Blaubach Nro. 85.
Auch sind daselbst zwei Zimmer zu vermiethen.
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Ein kräftiger Mann sucht während des Morgens Beschäftigung, gleich viel, welche. Bescheid Josephplatz Nro. 2.
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@facs0422
In der Destillation des J. Drucker in Koblenz kann ein erfahrener Destillateur anhaltende Beschäftigung finden. Briefe werden franco erbeten.
@typejAn
@facs0422
Vertilgungsfutter gegen Mäuse, Ratten, Schwaben und Wanzen ist zu haben Thurnmarkt Nr. 30 bei Wilh. Harffen.
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Franz-Branntwein zum Einmachen von Früchten, Sternengasse Nr. 9 und 11.
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@facs0422
Die vom Hause Abr. Schaaffhausen für richtig anerkannten Depositenscheine finden gute Abnahme.
Bescheid Allgemeines Erkundigungs-Bureau, Hämmegasse Nro. 22.
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Thlr. 1000 aus einem notarielen Landverkauf sind vortheilhaft zu kaufen und zu übertragen.
Bescheid Allgemeines Erkundigungs-Bureau, Hämmergasse Nro. 22.
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@facs0422
Ein junger Mann (Handlungsdiener) sucht eine Stelle in einem kaufmännischen Etablissement: Fabrik u. dergl., wo möglich auf dem Lande. Er kann die besten Zeugnisse beibringen. Auskunft ertheilt die Expedition auf Anfragen unter der Chiffre P. H.
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@facs0422
Anfrage.
Wir hängt es zusammen, daß ich jährlich 13 Thlr, 20 Sgr. Gewerbesteuer für meine Wirthschaft bezahlen muß, während die Wirthe in meiner Nachbarschaft für ein größeres Lokal nur 8 Thlr. 20, ja 6 Thlr. 10 Sgr. bezahlen?
Röhrergasse Nro. 6.
Wilh. Müller, Schenk- und Speisewirth.
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Das Vaterland ist gerettet!
Wenn die Bonner Damen ein Parlament bilden und ihrem Könige treu bleiben.
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Theater.
Mittwoch, den 23. August: Belisar, große Oper in 3 Akten von Donizetti.
Belisar, Herr Becker vom Theater an der Wien in Wien als Gast.
@typeimprint
@facs0422
Der Gerant, Korff.
Druck von W. Clouth, St. Agatha Nro. 12.