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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 203. Köln, Mittwoch den 24. Januar. 1849.
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Uebersicht.
Deutschland. Köln. (Die Wahlen. — „Mein Heer“ in Köln.) Andernach, Coblenz, Bonn, Mülheim a. R., Neuß, Düsseldorf. (Sieg der Demokraten.) Düsseldorf. (Militärische Provokationen. — Eine Volksversammlung.) Berlin. (Die Wahlen. — Verurtheilung des Schriftsetzer- und Drucker-Comite's. — Verbot des „Schein-Constitutionalismus.“ — Veränderte Taktik der Galgenzeit. wider die Juden.) Wien. (Ueberschwemmung. — Sieben Steckbriefe. — Verurtheilungen. — Bedrohung Venedigs aus der Luft. — Die kleinen ungarischen Banknoten. Kremster. (Der Reichstag.) Ratibor. (Die Insurrektion in Galizien.) Striegau. (Verfahren gegen Sramm.) Bromberg. (Wahlaussichten.) Dresden. (Ein dringlicher Antrag. — Eine Interpellation. — Resultat des dringlichen Antrags.) Oldenburg. (Folgen einer Unteroffizier-Petition.) Kassel. (Der erste Proceß vor Geschwornen beendigt.) Ulm. Verurtheilungen wegen der Militärgräuel.) Mannheim. (Die Bürgermeister-Wahl und die Regierung.) Luxemburg. (Der „Unteroffizier-Verein.)
Italien. Rom. (Berechtigung der Bürgerwehr zur Wahl ihres Obersten — Manöver wegen einer zweiten Exkommunication.) Turin. (Protest des Kabinets gegen Spanische Intervention in Rom. — Karl Albert's Pläne zu neuem Verrath.) Verona. (Die Provinzialkongregation.)
Franz. Republik. Paris. (Die Feten der Bonaparte's und die Junigefangenen-Petitionen. — Statuten der Solidaritätsgesellschaft. — Der Vicepräsident Boulay. — Jahresfeier der Hinrichtung Ludwig XVI. — Vermischtes. — National-Versammlung.)
Ungarn. Der ungarische Krieg. (Fortsetzung.) Oedenburg. (Bauernaufstände.)
Großbritannien. Plymouth. (Fortschaffung irischer Waisenmädchen nach Australien.)
Ostindien. (Verluste und Sieg der Engländer im Pendschab.)
Deutschland.
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[ * ] Köln, 23. Januar.
Von der hiesigen Postbehörde ist uns die Aufklärung geworden, daß es keineswegs ihre Absicht gewesen, uns am 12. d. Mts. Abends die Briefe zu verweigern, sondern daß die ganze Sache auf einem Mißverständniß beruhe. Damit fällt unsere in Nr. 195 an die Post gestellte Interpellation von selbst zu Boden.
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[ * ] Köln, 23. Januar.
Der Wahlsieg der Demokraten in der Rheinprovinz ist vollständig. In Neuß, Düsseldorf, Kaiserswerth, Gerresheim, Hamm bei Düsseldorf, Mülheim am Rhein, Siegburg, Bonn, Andernach, Coblenz u. s. w. haben die Demokraten überall die entschiedenste, oft an Einstimmigkeit gränzende Majorität. Und in Köln selbst gehören zwei Drittel der Wahlmänner der demokratischen Partei, sehr viele der arbeitenden Klasse an. Wir werden morgen, wenn es irgend möglich ist, die beiden Parteilisten abdrucken, damit man sieht, welchen Kredit beim Volke jene so[l]-disant Volksmänner genießen, die seit sechs Wochen alle Mittel der Agitation aufwandten und sich als die natürlichen Repräsentänten der Einwohner Köln's hinstellten. Was ihnen ihre Niederlage kostet, werden wir ebenfalls abdrucken. Wenn die übrigen Provinzen nur halb so entschieden wählen, so bleibt der oktroyirten Verfassung wirklich nichts, als die „Gnade Gottes.“
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[ * ] Köln, 23. Januar.
„Mein Heer“ in Köln hat seit einigen Tagen ein neues Mittel entdeckt, sich in der Langweile des Garnisonlebens etwas zu amusiren: Früher waren es friedliche Bürger oder zitternde Dienstmädchen, an denen „Mein herrliches Kriegsheer“ „seinen alten Ruhm bewährt und neuen geärndtet“ und „vortrefflichen Geist und edle Mannszucht“ entwickelt hat. Seit vorgestern Abend schmückt die königl. preuß. Soldateska „ihre Fahnen mit neuen Lorbeern.“
Man weiß wie an jedem Zahltage es die Helden vom Neumarkt dorthin treibt, „wo die letzten Häuser stehen.“ Jene stillen verdächtigen Gäßlein, an denen die sittsame Bürgerstochter mit feierlichem Schauder vorübereilt, haben den Tapfern vom 34. Regt. Gelegenheit gegeben, ihre Mannszucht glänzend zu bewähren. Einer dieser Helden behauptet, daß ihm in der Lungengasse von einem verlornen schönen Kinde 11 Thlr. entwendet worden. Sogleich zog vorgestern Abend eine Schaar der „Söhne des Vaterlandes“ hinaus und demolirten ohne Weiteres zwei der dortigen heimlichen Minne-Spelunken.
Gestern Abend wurde dieselbe ohne weitere Veranlassung an mehreren ähnlichen Etablissements auf der Mauer vollzogen und heute Abend soll denen auf der Hahnenstraße ein gleiches Schicksal bevorstehen.
Wir schließen mit folgender Anfrage an Hrn. Oberst Engels: Als die Eigenthümer der fraglichen Etablissements bei ihm erschienen und Genugthuug und Schadenersatz für die bei ihnen verübten Demolirungen verlangten — ist es wahr, daß Hr. Oberst Engels zweiter Kommandant von Köln, darauf erwiedert habe: es seien in einem dieser Häuser einem Soldaten elf Thaler gestohlen worden und wenn er das bedenke, so sei mit den Paar demolirten Häusern den Soldaten noch lange nicht genug geschehen — ist das wahr, ja oder nein?
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[ 43 ] Andernach, 22. Jan.
Die heute hier abgehaltenen Wahlen für die zweite Kammer haben von dem gesunden Sinne der hiesigen Bürgerschaft das trefflichste Zeugniß abgelegt. Kosten und Mühe und Intriguen und Drohungen der „schwarz-weißen“ lämmelbrüderischen Partei von Neuwied sind vergebens gewesen. Nach den bekannten Gesinnungen der heute aufgestellten Wahlmänner unterliegt es auch nicht dem leisesten Zweifel, daß Hr. Dr. D'Ester für den hiesigen Kreis abermals zum Abgeordneten erwählt wird.
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[ 12 ] Coblenz, 22. Jan.
Die demokratische Partei hat in der heutigen Wahlschlacht hierselbst vollständig gesiegt. In allen 9 Wahlbezirken drangen bloß ihre Kandidaten durch, theils mit ungeheuren Majoritäten, theils nach dem hartnäckigsten Kampfe. Die vereinigte katholische und Preußenparthei hat nichts gerettet, als die Ehre und — Einen zahmen Wahlmann! Auf den umliegenden Dörfern und in Ehrenbreitstein hat sich derselbe Geist zu erkennen gegeben. Selbst die Soldaten haben nicht nach Kommando gewählt!
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[ 103 ] Bonn, 22. Jan.
Die Wahl ist eben vorüber. Unsere Stadt war in 21 Bezirke getheilt. In siebenzehn siegte die demokratische Partei vollständig, im 18ten nur halb. [unleserlicher Text] aller Wahlmänner sind entschieden demokratisch; totale Niederlage der halbliberalen Bourgeoispartei. Letztere siegte bloß in den von Geheimräthen, Professoren etc. stark bewohnten Bezirken und auch da nur mit fast unanständig-kleinen Majoritäten. Fast jeden Augenblick langen eben so günstige Nachrichten aus den umliegenden Dörfern an. Das „schwarzweiße“ Gelichter schleicht mit sauern Mienen über die Straßen.
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[ 27 ] Mülheim a. Rh., 22. Jan.
Die demokratische Partei hat hier einen glänzenden Sieg gefeiert. Es waren im Ganzen 24 Wahlmänner zu wählen.
Trotz allen Machinationen der Gegner, trotz der Verbindung des Pius- und des schwarz-weißen Bürgervereins sind 21. entschiedene Demokraten, sämmtlich Mitglieder des Arbeitervereins, aus der Wahlurne hervorgegangen. Die Arbeiter haben in allen 6 Wahlbezirken einträchtig zusammengehalten, nur in einem derselben, einem Bourgeoisbezirke, war der Kampf ein ungemein hitziger; dennoch hatte der Arbeiterverein die Genugthuung, seinen Präsidenten, dem Abgeordneten des Bürgervereins auf dem Dortmunder Kongresse gegenüber, auch in diesem Wahlbezirke siegen zu sehen.
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[ 109 ] Düsseldorf, 21. Jan.
Gestern fand schon die erste Volksversammlung im Theatergebäude statt. Dieselbe war besetzter als je, und gleich während der Rede des präsidirenden Abgeordneten Wesendonk, gab sich der alte demokratische Geist des Publikums wieder zu erkennen. Es ist uns allen zu Muth, als sei uns gestern erst das Versammlungsrecht gegeben worden. Die Freude des Volks über die Befreiung vom lästigen Zwange ist außerordentlich. Wie mit einem Zauberschlage ist die gedrückte Stimmung verschwunden, und das alte rege Leben beginnt wieder. Davon zeugten die guten oder schlechten Volkswitze, durch welche die Redner von den Gallerien herab häufig unterbrochen und die mit tausendstimmigem Applaus oder Gelächter des Publikums aufgenommen wurden. Vor allem ereignete sich eine Scene, die in ihrer ganzen Heiterkeit schwer zu beschreiben wäre. Es fiel nämlich dem Herrn k. Inspektor v. F. bei, der Volksversammlung einen Besuch abzustatten. Derselbe erschien daher in voller Uniform, und setzte sich in die — Kronloge, auf den vordersten Platz. — Zuerst großes Staunen — nachher Zischen — und als der Hr. Inspektor aufsteht, um auf einen Augenblick hinauszugehen, hält man dies für einen „Rückzug“ und es entsteht ein wahrhaft homerisches Gelächter durch den ganzen Saal, — der Inspektor kehrt zurück, und dieselbe heitre Scene wiederholt sich. Kurze Zeit darauf verschwand der Herr Inspektor; aber die Polizei ist dennoch neugierig und horcht gern auf die Lehren der Demokraten — um sie zu notiren. So auch hier. In einer Loge nah am Theater hatte sich einer dieser Herrn etablirt und notirte sehr fleißig; obwohl dies allgemein bekannt war, genirte es Keinen, nach Herzenslust zu reden, und diesen wißbegierigen Herrn, der unter andern Umständen nicht ohne eine tüchtige Tracht Prügel von dannen gekommen wäre, ließ man ruhig ziehen.
Die Reaktion macht hier verzweifelte Anstrengungen. Nicht nur daß Dutzende von Traktätlein mit immensen Kosten gedruckt und von Haus zu Haus geschickt werden, daß man armen Leuten Geld gibt „für ihre gute Gesinnung“, man scheut auch nicht Zwangsmittel. Es ist der Fall in den hiesigen Färbereien von S. u. Comp. und W. vorgekommen, daß die Arbeiter von den Fabrikherren genöthigt wurden, nach ihrem Willen zu wählen, unter Androhung der Entlassung. Die sich Weigernden, wurden auch wirklich entlassen. — Nächstens über die Art, das Militär bei den Wahlen zu beeinflussen; die Manier der hiesigen Offiziere soll noch viel komplizirter und daher zweckmäßiger sein, als die der Kölner.
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[ 109 ] Düsseldorf, 22. Jan.
Schon jetzt — nach zwei Tagen — sucht man nach Vorwänden, uns in der nächsten Zukunft wieder mit dem Belagerungszustand zu beglücken. In der ganzen Stadt ging gestern das Gerücht, auf den Abend würde ein Konflikt mit dem Militär stattfinden. Gestern Abend war eine Volksversammlung in der Bockhalle angesagt, und es zweifelte Niemand mehr an der Wahrheit des erwähnten Gerüchts, als vor Eröffnung der Sitzung sich der Saal immer mehr mit Soldaten, besonders Jägern, worunter viele Unteroffiziere, anfüllte. Die Versammlung wurde trotzdem eröffnet, und der Abgeordnete Wesendonk ließ sich in seiner Rede, durch die häufigen Störungen der Soldaten, nicht unterbrechen. Kurze Zeit darauf wurde jedoch, um jeden Konflikt zu vermeiden, die Sitzung geschlossen. Es dauerte nicht lange, so begann das Absingen preußischer Lieder. Hr. Wesendonk wollte sich nun auf das Ersuchen seiner Freunde, welche fürchteten, daß es auf ihn abgesehen, entfernen.
An der Thür stellte sich ihm ein Uhlanen-Unteroffizier in den Weg, und sagte, ihn provocirend und auf seinen Säbel gestützt: „Se. Majestät von Preußen ist ein tüchtiger Kerl! Herr W. ersuchte ihn, ihm den Weg nicht zu versperren, und mit Hülfe seiner Freunde gelang es ihm, den Saal zu verlassen. Er begab sich sofort auf die Hauptwache, und nach langem Drängen verstand sich der wachthabende Offizier eine Patrouille zu senden, was natürlich Nichts fruchtete. Der Tumult war unterdeß unbeschreiblich geworden, und die Bürger, welche den Zweck der Provocation sehr wohl einsahen, entfernten sich sämmtlich aus dem Saale. Man wird auf das Entschiedenste die Forderung aufstellen, daß die Soldaten künftighin ohne Waffen in den Versammlungen erscheinen. Sie waren gestern fast sämmtlich bewaffnet. Die Sache endete damit, daß die Soldaten den Sohn eines hiesigen Bürgers in ihrer Wuth schrecklich maltraitirten.
Nachschrift. Wahlresultat: Unter unsern 167 so eben gewählten Wahlmännern sind 141 Demokraten und 26 Heuler!
Selbst in Elberfeld sollen die Wahlen nicht so ausgefallen sein, wie es die „Schwarzweißen“ gehofft hatten.
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[ X ] Düsseldorf, 22. Jan.
Die Wahlschlacht ist entschieden; die Demokratie hat glänzend obgesiegt. In der gesammten Oberbürgermeisterei kann man die Zahl der gewählten Demokraten auf 415 berechnen. Die Konstitutionellen drangen nur in einigen aristokratischen Bezirken mit ihren Kandidaten durch, aber selbst da mit äußerst schwachen Majoritäten von 2 Stimmen, 7 Stimmen etc., während wir z. B. in meinem Bezirk 120-130 Stimmen Majorität hatten.
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[ ** ] Neuß, 22. Jan.
Ich beeile mich Ihnen die erfreuliche Nachricht von dem vollständigen Siege der demokratischen Partei bei den hiesigen Wahlen mitzutheilen. Die „mit Gott für König und Junkerschaft“ umhergesäeten Flug- und Fluchblätter haben also ihre Früchte getragen! Reussirt unsere Partei nur in Etwa in Crefeld und wir dürfen eine Wahl nach Berlin erwarten, welche der Temme'schen würdig zur Seite steht.
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[ 068 ] Dresden, 20. Jan.
Heute kam der Schaffrath'sche Antrag, die Oberhauptfrage betreffend, zur Verhandlung. Bei der namentlichen Abstimmung beschließt die Kammer zu erklären:
1) daß sie ein erbliches und unverantwortliches Oberhaupt für Deutschland nur mit entschiedenem Widerwillen sehen würde (angenommen mit 57 gegen 7 Stimmen);
2) daß sie sich ebenso gegen Uebertragung der Kaiserwürde an die Krone eines Einzelstaats verwahre (mit 55 gegen 9 Stimmen);
3) daß ein verantwortlicher Präsident an die Spitze Deutschlands gestellt werden soll und daß die Kammer jede andere als demokratische Lösung dieser Frage für unheilvoll ansieht (mit 54 gegen 10 Stimmen.)
Wo bleibt nun Hr. Biedermann mit seiner „biedern“ Versicherung, alias Lüge, daß Sachsen für das Kaiserthum und am Ende gar für den König von Preußen schwärme?
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[ X ] Berlin, 21. Jan.
Je näher uns der entscheidende Termin der Urwahlen rückt, desto entschiedener stellen sich zwei Dinge heraus, nämlich die Gewißheit einer sehr bedeutenden Niederlage der reaktionären Partei bei den Urwahlen, und trotzdem die Ungewißheit über den Ausgang der Wahlen für die Deputirten. Jeder Versuch mehr, richtet und verdammt mehr das System der indirekten Wahlen. Es läßt sich nach dem Ausfall der Vorversammlungen ziemlich bestimmt behaupten, daß die reaktionäre Partei nur 1/4 höchstens 1/[unleserlicher Text] der Ihrigen als Wahlmänner durchsetzen wird. Weder Intriguen noch Einschüchterungen weder unparlamentarische Anwendung schlagender Gewalt gegen die Redner der Opposition noch auch fortwährende und auf allen Punkten der Stadt betriebene Einschüchterung der Arbeiter durch Arbeitgeber, kurz kein Mittel ist Seitens der reaktionären Partei unversucht geblieben; aber weder per fas noch per nefas vermag sie den gesunden Sinn der Berliner Bevölkerung irre zu leiten. Aber trotzdem wird uns versichert, daß die Deputirtenwahlen selbst keinen für die entschieden demokratische Partei günstigen Charakter tragen werden, daß vielmehr schwachgefärbte Liberale des Centrums sehr viel Chancen haben. Die Fortdauer des Belagerungszustandes und die Unmöglichkeit einer offenen Wahlagitation Seitens der Demokratie wird natürlich den unterirdisch schleichenden Bestrebungen der reaktionären Partei eben insofern Vorschub leisten, als es ihr gelingen wird, sehr viele zaghafte Gemüther unter den Wahlmännern einzuschüchtern und davon abzuhalten, daß sie ihre Stimmen an Männer der entschiedenen Farbe geben.
Es bereiten sich schon jetzt Proteste unter der hiesigen Bürgerschaft vor, welche bezwecken, bei der 2. Kammer, bei Gelegenheit der Prüfung der Wahllegitimationen, auf eine Annullirung der hiesigen Urwahlen und der daraus hervorgegangenen Deputirtenwahlen anzutragen.
Gegen mehrere Personen, welche in den Wahlversammlungen im demokratischen Sinne gesprochen haben, sind schon Kriminal-Untersuchungen, wegen Erregung von Mißvergnügen, eingeleitet worden.
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[ X ] Berlin, 20. Januar.
Das Kriminalgericht hat heute in der gestern berichteten Prozeßsache gegen das Comité der Schriftsetzer etc. sein Urtheil abgegeben. Dasselbe lautet auf 14 Tage Gefängnißstrafe. Unter den Motiven war: persönliche Ueberzeugung des Gerichtshofes, daß eine Verabredung stattgefunden, obgleich dieselbe nicht juristisch erwiesen war. — Die Angeklagten werden trotz der Geringfügigkeit der Strafe, behufs Erörterung des Prinzips und Wahrung ihres guten Rechtes, Appell einlegen.
Die Nr. 9 der Flugblätter des hiesigen Central-Wahl-Comité, betitelt „der Scheinkonstitutionalismus“ ist soeben auf Befehl des General-Kommando's der Marken verboten und mit Beschlag belegt worden. Das Flugblatt ist namentlich gegen das Ministerium Brandenburg gerichtet.
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[ 068 ] Berlin, 20. Jan.
Es wird gut sein, die Art und Weise kennen zu lernen, wie das Brandenburg-Manteuffelsche Organ, die „Galgenzeitung mit Gott, für König und Vaterland“, jetzt in Betreff der Juden eine kleine Schwenkung macht. Bisher hatte sie die Juden insgesammt als das eigentliche revolutionäre Gesindel bezeichnet, ohne deren Existenz auch gar nicht erst die trüben Märztage über das gottbegnadete Königthum hereingebrochen wären. Die Patrone dieses Blattes mögen aber endlich bedacht haben, daß man die Finanz doch nicht immerfort und in solcher Weise angreifen darf, falls man sich nicht selber im Lichte stehen will. Jetzt hat also obige Zeitung die Juden in zwei Theile gesondert, in „Altgläubige“ und „Reformjuden.“ Die Ersteren sind von jetzt an prächtige Kerls (es wird also bald eine An- [1108] leihe geben), libere Jungens als diese „altgläubigen“ Juden gibts auf der ganzen Welt nicht.
Dagegen erblickt sie in dem zweiten Theile, in den „Reformjuden“ die eigentlichen Scheusale der Menschheit, zu denen sie auch die getauften Juden zählt, denn „das aufgegossene Wasser“, sagt sie, „konnte ihnen kein christliches (christlich-potsdamisch-germanisches!) Herz verschaffen.
So z. B. sagt sie in Betreff der „Reformjuden“ Breslau's:
„Diese insgesammt stehen bei ihrem Agitiren mit den Neukatholiken, soweit dieselben dem Bekenntnisse des gehängten Robert Blum anhängen, sowie mit den Freievangelischen und Ultrarationalisten unter den Protestanten in der innigsten Verbindung.“
Einige Zeilen weiter heißt es, daß „kein rechtlicher jüdischer Kaufmann, welche Klasse doch bekanntlich den Kern dieser Nation bildet, — sich bis jetzt bei den Wühlereien betheiligt hat. Findet sich ein jüdischer Kaufmann unter den Wühlern, so hat er entweder schon Banquerutt gemacht, oder er befindet sich auf dem Wege zu demselben. Vielmehr ist es nur in jetziger Zeit das zahllose Heer der jüdischen Literaten, welche an jenem Verbrechen Theil haben. Viele Judenjungen besuchen jetzt, wie Einsender dieses genau weiß, nur deßhalb die Gymnasien, um nachher als Literaten zu privatisiren.“
So viel aus der gottbegnadeten „Kreuzritterin“, zur Charakteristik ihrer Lucubrationen über die Juden!
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[ 24 ] Wien, 17. Jan.
In Folge des plötzlich eingetretenen Eisganges ist die Leopoldstadt förmlich unter Wasser gesetzt und die Verbindung mit der Stadt unterbrochen. Das Wasser ist noch immer im Steigen. Die Ueberschwemmung reicht bei einer Masse von Gebäuden bis an den ersten Stock. Die Donaubrücke ist zerstört.
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[ 24 ] Wien, 18. Jan.
Die „Wiener Zeit.“ bringt heute 7 Steckbriefe gegen: 1) Ludwig Kossuth, 2) Theresia, verehl. Kossuth, geb. Meßliny, 3) den ungarischen Kriegsminister Meszaros, 4) Paul Niary, Mitglied des ungarischen Landesvertheidigungs-Ausschusses, 5) Szöllesy, alias Nagy, Kossuths Sekretär, 6) Daniel Jranyi, ungarischer Regierungskommissar und 7) Ladislaus Maderasz, Mitglied des Landesvertheidigungs-Ausschusses.
In der „Personsbeschreibung“ Kossuth's, nach welcher er deutsch, ungarisch, lateinisch, slowakisch und französisch spricht, heißt es am Schlusse: „Sein Betragen geschmeidig und einschmeichelnd“. Die Personsbeschreibung von Kossuths Frau geben wir ganz, da sie unsre Leser in vieler Beziehung interessiren wird:
Persons-Beschreibung der Theresia, verehelichten Kossuth, gebornen Meßliny.
Alter, über 30 Jahre. Geburtsort, unbekannt. Stand, verheirathet. Religion, katholisch. Sprache, Deutsch, Ungarisch und Slawisch. Beschäftigung oder Charakter keine. Körperbau, groß hager. Gesicht, länglich. Gesichtsfarbe, braun. Stirn, lang, schmal. Haare, schwarz. Augen, schwarz. Augenbraunen, schmal und schwarz. Nase, etwas gespitzt. Mund, regelmäßig. Zähne, gesund. Kinn, länglich. Besondere Kennzeichen: Hochmüthig, einen stolzen Verachtung ausdrückenden Blick, hat ihre Kinder bei sich: Franz oder Ferez im 9. Jahre, Nina im 6. Jahre, Lajos im 5. Jahre. Bekleidung: Kann nicht angegeben werden, doch jedenfalls elegant.
In der „Personsbeschreibung“ des Kriegsministers Meszaros findet sich unter der Rubrik „Besondere Kennzeichen“ Folgendes: „Sein Aeußeres ist würdevoll und zeigt von einem geregelten (sie) Menschen.“
Wir lernen aus jenen Schriftstücken ferner, daß Nagy, Kossuths Sekretär, außer fünf andern Sprachen auch vollkommen türkisch und serbisch spricht. Bei ihm ist ein besonderes Kennzeichen: „macht im Gehen große Schritte!“ und unter seiner Bekleidung wird angeführt, „daß er „unter der Sacktasche einen Dolch bei sich hat.“ Sie sehen, daß sich der Karneval jetzt in die „Wiener Zeit.“ flüchtet. Bei Jranyi wird die „Bekleidung“ mit diesen Worten bezeichnet: „Wechselt häufig seine Kleidung.“ Endlich wird unter den „Besondern Kennzeichen“ des Maderasz, Landespolizeipräsidenten, Folgendes angeführt: „Der Totaleindruck der eines gewöhnlichen Zigeuners, spricht schnell, ist jähzornig, weiß sich im Zorne zu mäßigen.“
Wir rathen allen europöischen Polizeien, bei unsrer standrechtlichen einige Lektionen im Abfassen von Signalements zu nehmen. Es dürfte weder sie noch das Publikum gereuen.
Die Verurtheilungen werden so lange kein Ende nehmen, bis nicht die jetzigen Verurtheiler selbst zum Strang verurtheilt und „zu Pulver und Blei“ begnadigt sind. Heute z. B. macht das offizielle Blatt kund, daß Zwettler, 53 Jahre alt, Rechnungsrath der k. k. Hofkriegsbuchhaltung, wegen bewaffneter Theilnahme am Oktober-„Aufruhr“ zu dreijährigem schweren Kerker verurtheilt worden.
Gestern wurde v. Emperger, Deputirter des steirischen Landtags, zu 18; Schumacher, Schriftsteller, zu 10; Baron Callot, zuletzt Geometer bei der Nordbahn zu 7 und Ribarz, Handelsagent, zu 4 Jahren schwerem Kerker, ebenfalls wegen der Oktober-Ereignisse, verurtheilt. Blos Ribarz wurde unter diesen 4 Personen zu 2 Jahren begnadigt.
Zum Angriff von Malghera und der Beschießung Venedigs mit Luftballon-Bomben, die sich über der Stadt entzünden sollen, werden in Mestre und Treviso Vorbereitungen gemacht.
Aus Ungarn wird gemeldet, daß Windischgrätz befohlen habe, die 1 und 2 fl. Stücke der Kossuth'schen Banknoten bei den ungarischen Staatskassen anzunehmen, weil dort eine förmliche Entwerthung derselben unmöglich sei.
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[ * ] Kremsier, 18. Januar.
Die §.§. 2 und 3 der Kremsierer „Grundrechte“ sind nun als §. 1. — da die Feigheit des Reichstags den ursprünglichen §. 1. bekanntlich fallen gelassen — in nachstehender Fassung angenommen
„Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich. Die Konstitution und das Gesetz bestimmen, unter welchen Bedingungen die österreichische Staatsbürgerschaft erworben, ausgeübt und verloren wird.“
„Die Gesammtheit der Staatsbürger ist das Volk. Alle Standes-Vorrechte sind abgeschafft. Adelsbezeichnungen jeglicher Art werden vom Staate weder verliehen, noch anerkannt.“
„Die öffentlichen Aemter und Staatsdienste sind für alle dazu befähigten Staatsbürger gleich zugänglich. Ausländer sind vom Eintritte in Civildienste und in die Volkswehr ausgeschlossen; Ausnahmen werden durch besondere Gesetze bestimmt.“
„Zu öffentlichen Auszeichnungen oder Belohnungen berechtiget nur das persönliche Verdienst; keine Auszeichnung ist vererblich.“
„Amtstitel dürfen nicht mehr als Ehrentitel verliehen werden.“
Der Riß zwischen Reichstag und Ministerium wird täglich größer.
Man spricht davon, den Reichstag nach Wien zu verlegen und ihm die Deputirten für Ungarn und Italien beizugesellen. Zu diesem Behufe würde man eine Vertagung eintreten lassen, die dann bei günstigen Umständen sich leicht in eine sanfte Auflösung verwandeln könnte. Pillersdorf ist für Bruck a/L. hieher gewählt worden.
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Kremsier, 14. Januar.
Die Linke unseres Parlaments constituirt sich in neuer Weise; an 140 Mitglieder stark, in der die Polen, die Italiener und die Deutschen, besonders die Oesterreicher sich vereinten, wählten sie Prettes zum Präsidenten. Ein Programm ist noch nicht aufgestellt, aber die extremen Tendenzen fallen jedenfalls weg, und auch Frankfurt ist aufgegeben. In solcher Art wird diese Fraktion compakter auftreten und als die einzige politische Partei im Reichssaale an Kraft gewinnen; hingegen ist das Centrum in voller Auflösung begriffen, und beginnt sich seines Servilismus zu schämen. Die Rechte aber knirrscht vor Ingrimm daß sie benützt wird zu retrograden Zwecken, und Ruhm und Ruf verliert selbst im Heimathlande. Während dieser innern Gährungen im Reichstage dauert die Vermuthung fort, daß die Minister doch zu der Einsicht gelangen, sie oder der Reichstag müssen abtreten.
[(C. Bl. a. B.)]
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@facs1108
[ XX ] Striegau, 19. Jan,
Gegen den frühern Abgeordneten Schramm, der hier in einer Wahlversammlung auftreten wollte, wurde heute, um ihn daran zu verhindern, wiederum eine der schamlosen Verletzungen der Habeas-Corpus-Akte begangen, wie sie freilich jetzt fast überall durch die Provinz gang und gäbe sind. Der als Reaktionär vom reinsten Wasser seit Jahren bekannte Assessor v. Larisch hat sich hierbei wahrhaft ausgezeichnet. Schramm sollte verhaftet werden, zuerst auf schlaue, dann auf gewaltthätige Weise. Beides mißlang; eine Menge Arbeiter, namentlich die Gerbergesellen aus der Bartsch'schen Fabrik, intervenirten. Dafür rächte sich Hr. Larisch an Schramm's Effekten, die er durchwühlte und theilweise in Beschlag nahm — Alles zum Hohn des Gesetzes vom 24. September.
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@facs1108
[ 068 ] Ratibor, 19. Januar.
Nach heute hier eingelaufenen Briefen sind eine Menge Kreise in Gallizien insurgirt; Bem ist auf 5 Punkten eingedrungen. Man erwartet das Einrücken der Russen und in Folge dessen den allgemeinen Krieg.
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@facs1108
Bromberg, 15. Jan.
Den unsäglichsten Schmerz, das grausamste Leiden „schwarzweißer“ Seelen wird Europa an folgendem Bericht der „Posener Zeitung“ aus hiesigem Orte ermessen können:
„Es tritt hier jetzt immer klarer hervor, daß nicht die konservative, sondern die demokratische Partei bei den Wahlen siegen wird. Dieser Sieg der Demokraten in Bromberg entscheidet zugleich für den Wirsitzer und Schubiner Kreis, denn diese beiden Kreise werden mit Bromberg zu einem Wahlbezirk vereinigt werden. Diese Befürchtungen sind um so gegründeter, als sich im Kreise Schubin sehr viel demokratische Elemente befinden, die dem Einfluß der Konservativen mit aller Macht entgegenarbeiten und Alles daran setzen, den Bürgermeister H‥‥ aus Bromberg zum Deputirten zu erhalten. Bedenkt man hiezu, daß der frühere Deputirte des Wirsitzer Kreises, der Legationsrath Kupfer, jetzt dort sehr an Popularität verloren, und dort keine andere Persönlichkeit von der konservativen Partei eine entschiedene Majorität für sich hat, so ist es mehr als wahrscheinlich, daß Bromberg, das sich stets als konservativ bewährt hat, diesmal 3 demokratische Deputirte nach Berlin schickt. Leider bestimmt uns zu dieser Annahme die Uneinigkeit der konservativen Partei selbst, in welcher sich einzelne Personen verletzt fühlen, daß sie in den Vorwahlen nicht die nöthige Stimmenzahl erhalten haben. Die demokratische Partei dagegen behält den Zweck im Auge und ist einig; auch schließen sich alle Polen und Polnischgesinnten derselben an und verstärken sie nicht unbedeutend.“
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[ * ] Dresden, 19. Januar.
In der heutigen Sitzung der 2ten Kammer stellte der Vicepräsident Schaffrath im Namen der Linken folgenden Antrag:
„Indem die Kammer wiederholt die thatkräftige Ueberzeugung des sächsischen Volks von der Nothwendigkeit der Einheit und Freiheit des deutschen Volks ausspricht, versichert sie zugleich der Regierung den entschiedensten Widerwillen des sächsischen Volks gegen die Uebertragung der Regierung des deutschen Bundesstaats an ein unverantwortliches und erbliches Oberhaupt, wie gegen die Uebertragung der deutschen Regierungsgewalt an eine der Kronen eines deutschen Einzelstaats, und erklärt, daß sie an die Spitze Deutschlands einen verantwortlichen Präsidenten gestellt wünsche und jede nicht wahrhaft demokratische Lösung der deutschen Oberhauptsfrage für eine unheilvolle betrachte. Wir tragen zugleich darauf an, daß die Kammer in Gemäßheit von §. 128 der provisorischen Geschäftsordnung obigen Antrag ohne weitere Begutachtung sogleich berathe und nach §. 129 auf die nächste Tagesordnung setze.“
Der Antrag wird einstimmig für dringlich erachtet und auf die nächste Tagesordnung verwiesen.
Die Kammern werden diesmal keine Adresse auf die Thronrede erlassen.
Aus der heutigen Sitzung ist noch folgende Interpellation Trützschlers ans Ministerium hervorzuheben:
„Ob es gegen die provisorische Centralgewalt oder deren Organe seine Ansicht über die deutsche Oberhauptsfrage mittelbar oder unmittelbar ausgesprochen habe.“ v. d. Pfordten entgegnet hierauf sogleich, daß der sächsischen Regierung noch nie zu einer Erklärung in dieser Hinsicht Veranlassung gegeben worden sei, dieselbe werde auch nie eine Veranlassung dazu suchen.
Hieraus sieht man, wie die Frankfurter Blätter, die eine gar nicht vorhandene Erklärung der sächsischen Regierung als lauterste Wahrheit und so gut wie offiziell meldeten, ihre Spalten mit gar erbaulich-schaamlosen Lügen anzufüllen wissen.
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@facs1108
[ 068 ] Oldenburg, 17. Jan.
Vergebens hat der Landtag auf Niederschlagen der Untersuchung gedrungen, die wegen der bekannten an ihn eingereichten Petition gegen die Unterzeichner — Unteroffiziere — eingeleitet wurde. Man hat sie gegen 15 derselben beinah' zu Ende geführt und die Meisten haben bereits das Urthel — 6-3 Wochen Arrest — erhalten. In der letzten Unetroffizier-Versammlung drückte nun ein Feldwebel seine Hoffnung dahin aus, daß kein dem Verein angehörender Unteroffizier in die durch jene Untersuchung und Verurtheilungen entstehenden Vakanzen eintreten werde. Es dauerte nicht lange, so ward er selbst suspendirt und zur Untersuchung gezogen. Zugleich erließ Hr. General Ranzow nachstehenden Tagesbefehl;
„Veranlaßt durch eine auf dem Dienstwege an mich gelangte Anzeige über einen Versuch zu einer meuterischen (in der Hoffnung des eben genannten Feldwebels bestehenden!!) Aufreizung, welcher in der Versammlung des Unteroffizier-Vereins von einem seiner Mitglieder gemacht sein soll, habe ich sofort Disciplinar-Untersuchung anstellen lassen. Das bis jetzt schon zu übersehende Resultat dieser Untersuchung läßt mich zwar erkennen, daß manches Gute und Zweckmäßige vom Verein angestellt worden, daß er aber auf der anderen Seite in Richtungen und Bestrebungen hineingerathen ist, die das fernere Fortbestehen des Vereins im Interesse der militärischen Disciplin nicht gestatten.
Aus diesem Grunde hebe ich hiermit den Unteroffizier-Verein gänzlich auf und verbiete seine Wiedereröffnung.
Den Feldwebel Grön von der 5 Compagnie 4. Infanterie-Bataillons suspendire ich hiermit bis zur Beendigung der gegen ihn einzuleitenden Untersuchung von der Ausübung der Feldwebelfunktion.“
Also Unterdrückung eines ganz gesetzlichen Vereins, blos weil er einem als Reaktionär bekannten Offizier und Krautjunker nicht gefällt, das ist auch hier der praktische Kommentar zu den sogenannten „Grundrechten des deutschen Volkes!“ Als Maske muß auch hier „das Interesse der militärischen Disciplin“ herhalten.
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@facs1108
[ * ] Kassel, 19. Jan.
Bei der gestrigen Fortsetzung des ersten Prozesses vor Geschwornen — der, wie wir meldeten, am 11. unterbrochen wurde — hatte man in den engen Raum nur so viel Zuhörer eingelassen, daß das vorige Anstürmen unterblieb. Bedeutende Streitkräfte waren in- und auswendig entfaltet. Denn draußen wogten große Volksmassen, die des Ausganges harrten. Es kam zwischen Bürgerwehr und Volk zu mehrfachen Konflikten, wobei Steinwürfe und Bajonettstiche nicht ermangelten. Endlich erklärten die Geschwornen die beiden Angeklagten: Rechtskandidat Heise und Buchhändler Raabe für nicht schuldig. Donnernder Jubelruf empfing bei den draußen Harrenden die Verkündung. Die Freigesprochnen wurden im Triumph nach Hause geleitet. Der Staatsanwalt (und manche andere Herren außer ihm) machte ein Gesicht, wie die Katze, wenn's donnert!
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@facs1108
Ulm, 18. Jan.
Heute Nacht um 10 Uhr wurde der von den Schiffvorfällen her bekannte Oberstlieutenant v. Minkwitz in einer Kutsche, zwei Stunden später die an der Metzelei direkt betheiligten Soldaten und Unteroffiziere des 3. Reiterregiments in Bagagewägen von Trainsoldaten von hier weggeführt und bis vor die Stadt von 50 Mann Infanterie begleitet. Die Urtheile lauten von 6 Monaten bis zu 3 Jahren Arbeitshaus. Wie man hört, so hat v. Minkwitz 8 Monate Festungsstrafe bekommen, Soldat Lochmüller, der Mörder des jungen Haag, kommt 6 Jahre unter die Gallioten, die übrigen sollen zum größten Theil zu Festungsstrafen unter einem Jahre verurtheilt sein.
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@facs1108
Mannheim, 20. Jan.
Die Vertreter der Stadt Mannheim haben bekanntlich mit großer Majorität den Abgeordneten Obergerichtsanwalt Brentano zum ersten Bürgermeister erwählt, die Regierung hat dem Willen der Mehrheit der Wähler ihr Veto entgegensetzt. Der Wahl Brentano's ist die Bestätigung versagt.
[(M. A.-Z.)]
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@facs1108
Luxemburg, 17. Jan.
Im April v. J. bildete sich in unserer Garnison ein „Unteroffizier-Verein,“ dessen Tendenz war, durch gesellige Vergnügungen, musikalische Unterhaltungen, wissenschaftliche Vorträge u. s. w. den Unteroffizieren angenehme und nützliche Abende zu bereiten, und den Geist des Unteroffizier-Korps zu heben; soviel ist uns hiervon bekannt, daß dieser Verein mit bereitwilliger Zustimmung des Militär-Gouvernements ins Leben trat. Nach den Statuten dieses Vereins soll über jedes neu aufzunehmende Mitglied ballotirt werden. Mehrere Offiziere sind dem Verein bei dessen Gründung beigetreten, andere haben sich später der Ballotage unterworfen und den Eintritt erhalten — Kürzlich wurde nun über einen Offizier, der sich zur Aufnahme angemeldet hatte, ballotirt, ihm aber mit großer Majorität die Aufnahme verweigert. Die Sache kam beim Ehrengericht zur Sprache. Der Kommandant, General-Lieutn. v. Wulffen, ließ in Folge dessen heute das ganze Comité des Vereins auf öffentlicher Parade erscheinen, und hielt ihm eine lange Rede, worin er sich sehr mißbilligend über die Ballotage aussprach. Er meinte, es sei höchst unziemlich, über die Aufnahme eines Offiziers zu ballotiren; hierbei sei nicht die Person, sondern der Offizier im Spiele, wie könne sich ein Unteroffizier unterstehen, gegen die Aufnahme eines Offiziers zu stimmen; dies dürfe nicht wieder vorkommen, und er verlange, daß die beregte Ballotage für ungültig erklärt, und der Offizier ohne Weiteres aufgenommen, oder aber ihm freigestellt werden sollte, seine Anmeldung zurückzunehmen. — Es ist dies ein neuer Beleg, wie groß die Kluft zwischen Offizier und Soldat in der hiesigen preuß. Garnison noch ist, wie wenig der Allerhöchsten Intention der gegenseitigen Annäherung entsprochen wird. — Von dem Comité ist heute Niemand zu Worte gekommen; dasselbe hat deshalb beschlossen, dem Kommandanten seine Gegenerklärung schriftlich zu geben, die wir Ihnen morgen mitzutheilen gedenken. — In den Statuten des Vereins ist die Ballotage über einen Offizier sowohl, wie über jedes andere, neu aufzunehmende Mitglied vorgeschrieben. Wir wissen, daß dem Kommandanten ein gedrucktes Exemplar der Statuten zugestellt worden ist, ohne daß er bisher den obigen §. für ungeziemend erklärt hat.
[(Tr. Ztg)]
Italien.
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@facs1108
[ * ] Rom, 11. Jan.
Die Regierung hat ein Dekret erlassen, worin sie der Bürgerwehr das Recht zuspricht, sich ihren Oberbefehlshaber selbst zu wählen — ein Grundsatz, der auch im März und April stark besprochen wurde. Entrüstet über das Schicksal der Exkommunikationsbulle, welche bekanntlich mit Koth beschmutzt in der Stadt umhergetragen und dann verbrannt wurde, intriguiren Antonelli und Lambruschini unaufhörlich, um dem Pabste einen neuen Fluch gegen seine Unterthanen zu entlocken, der die sämmtlichen Kirchen in Rom schließen soll. Geschieht dies, so ist dieses der kürzeste Weg, den kirchlichen Heiligenschein der Geistlichkeit vollends zu untergraben.
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@facs1108
[ * ] Turin, 16. Jan.
Das Kabinet hat gegen jede Intervention Spaniens in die italienischen Angelegenheiten energisch protestirt.
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@facs1108
[ 068 ] Turin, 15. Jan.
Es wird abermals schmählicher Verrath gesponnen. Karl Albert rüstet sich zwar zum Kriege, aber nur zu einem Scheinkriege. Karl Albert ist vor wie nach mit Radetzki und der Olmützer Kamarilla auf's Engste verbunden. Mit Metternich hat er sich ausgesöhnt und Metternich empfindet über diesen Erfolg seiner Politik eine größere Freude, als er seit Jahren gehabt. Karl Albert wird den Krieg führen, sich besiegen und Radetzki hinter sich her in Turin einrücken lassen, um die republikanische Bewegung seines eigenen Landes zu ersticken und den Oestreichern den Rest Italiens wieder in die Hände zu liefern. Das sind keine Hypothesen, sondern Fakta, unwiderlegliche Thatsachen. Karl Albert ist ein Verräther des scheußlichsten Kalibers.
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@facs1108
[ 068 ] Verona, 14. Januar.
Die hiesige Provinzialkongregation hat den ihr von Hrn. Montecuccoli (einem der kaiserlichen Pascha's) ertheilten Auftrag, die Wahl eines behufs der künftigen Constituirung der lombardo-venezianischen Provinzen nach Wien zu sendenden Abgeordneten vorzunehmen, abgelehnt, und als Grund ihrer Weigerung angeführt, daß sie kein entsprechendes Mandat besitze, um in Sachen der politischen Organisation das Land zu vertreten.
Hr. Montecuccoli und seine k. k. Spießgesellen sind darüber wüthend, können aber nichts ändern.
Ungarn.
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@facs1108
(Fortsetzung. Vergleiche Nr: 200 und 201 d. Bl.)
„Durch das Zufrieren der Moräste wurde es der österreichischen Armee um so leichter, nach Stuhlweissenburg vorzudringen; es wäre daher die längere Vertheidigung von Raab ein unverzeihlicher Fehler gewesen. Auf dem Wege von Raab nach Pesth kam es ebenfalls nur zwischen dem Vortrab der Oesterreicher und dem Nachtrab der Ungarn zu einem Scharmützel, welches der deutschen Legion 20, dem Regiment Prinz von Preußen 150 Mann kostete. Es war nun allerdings von Wichtigkeit für die Ungarn, sich in Ofen und Pesth zu halten; da indessen das Zufrieren der Donau dem Feinde einen großen Vortheil gewährte, und es auch unmöglich war, die so sehr zersplitterten ungarischen Streitkräfte schnell zusammenzuziehen, um zur Offensive übergehen zu können, so blieben der Regierung die beiden Alternativn, sich in Ofen und Pesth defensiv zu halten, oder mit der Armee nach Debreczin zurückzugehen, ein dritter Fall, ohne die Armee sich nach Debrecin zu begeben, würde den Oesterreichern Gelegenheit geboten haben, mit einem Theil ihrer Armee über Waitzen nach Debreczin vorzurücken und dadurch die Regierung von ihrem Heere noch weiter zu entfernen, oder sich wohl gar ihrer zu bemächtigen. Nimmt man an: die Regierung hätte den früheren Plan, Pesth und Ofen zu halten, ausgeführt, so war mit Sicherheit zu erwarten, daß die österreichische Armee Pesth und Ofen cernirte, und dann Gelegenheit hatte, die nach allen Seiten hin vertheilten, von Geld und Unterstützung entblößten ungarischen Truppen, einzeln anzugreifen und sie durch Uebermacht aufzureiben, demnächst aber ganz Ungarn zu occupiren, womit dann natürlich der Krieg beendigt worden wäre, es blieb also unter diesen Umständen der von der ungarischen Regierung eingeschlagene Weg der einzig ausführbare. — Ob- [1109] schon nun der Verlust von Ofen und Pesth für die ungarische Sache nicht von Unwichtigkeit ist, so ist er doch nicht von der Bedeutung, als die von Oesterreich besoldeten Zeitungsschreiber verkünden, indem, wie schon vielfach bemerkt, aus Pesth und Ofen alles Werthvolle von der ungarischen Regierung fortgeschafft war und daß qu. Städte nur dadurch eine Wichtigkeit haben, daß sie die Marktplatze für die untere Donaugegend sind. — Von diesen aber abgeschnitten, wird der bis zuletzt von der ungarischen Regierung mit ungarischen Banknoten rege gehaltene Verkehr jetzt aufhören und Pesth wie Ofen sehr bald die traurige Kopie von dem jetzt geschäfts- und verkehrlosen Wien abgeben. — Das Stillschweigen der österreichischen Siegesposaune seit der Einahme Pesth's und Ofen's wird also vermuthlich noch lange währen, und in dem Falle das eben eingetretene Thauwetter fortdauert, wird jene Schreierin für immer verstummen, da die ungarische Armee in den besetzten Ebenen mit ihrer leichten Kavallerie zu operiren hat, gegen welche die österreichische schwere Kavallerie dort unmöglich Stand halten kann; die in den Gebirgsgegenden neuerdings errichteten Guerilla-Korps werden die Truppen der Oesterreicher lange beschäftigen und während dieser Zeit wird sich die ungarische Infanterie in dem Gebrauche der Waffen vervollkommnen können. —
Die ungarische Armee hat 67 vollständig bewaffnete und adjustirte Honved's-Bataillone, 12 (bald 18) Regimenter Kavallerie, so wie an schwerem Geschütz circa 300 Kanonen; hiernach ist es wohl nicht in Abrede zu stellen, daß die Alles in Allem kaum stärkere in Ungarn operirende österreichische Armee ohne bedeutende Verstärkung selbst in der günstigsten Jahreszeit (im Sommer) nicht weiter vordringen darf, da sie doch wenigstens die Hälfte ihrer Mannschaften zur Besetzung der schon eingenommenen Komitate und der noch in den Händen der Ungarn befindlichen Festungen Komorn, Leopoldstadt etc. zurücklassen muß.
Niemand wird bestreiten, daß die von der österreichischen Armee bis jetzt erfochlenen Siege in Italien und anderswo, größtentheils den Soldaten aus Ungarn, Kroatien und Galizien zuzuschreiben sind; Erstere sind jetzt aber feindlich gesonnen, und aus Kroatien und der Militärgrenze ist Alles Waffenfähige und Entbehrliche schon früher genommen, Galizien wird aber ferner aller Wahrscheinlichkeit nach vom General Bem occupirt werden und da in den übrigen Provinzen Oesterreichs die Revolution noch immer gährt, und eine größere Rekrutirung diese zum abermaligen Ausbruch bringen wird, außerdem noch Wien wie sämmtliche Theile des Staates schon auf das Minimum (für die jetzigen Verhältnisse) der Militärbesetzung beschränkt sind, so ist an eine namhafte Verstärkung der österreichischen Armee in Ungarn nicht zu denken.
Hierzu kommt noch das zerrüttete Finanzwesen des österreichischen Staates, sowie dee große Geldmangel in den oberen ungarischen Komitaten; dagegen ist die ungarische Regierung im Besitz der an Naturprodukten etc. reichsten Theile des Landes und sind hier die ungarischen Banknoten in voller Gültigkeit, demnach eine Erschöpfung der Kasse nicht in Aussicht steht.
Was die Stimmung der unteren Gegenden betrifft, so möge Jeder, ob mit Ungarn bekannt oder nicht, versichert sein, daß jede Lippe nur einen Fluch für Habsburg, aber tausend „Eljen“ und Segensrufe für Kossuth, den Abgott der Nation hat; daß ferner die Oesterreicher mit jeder Kanone, die sie in das Innere führen (durch die im Frühjahr und Herbst unpassirbaren Wege) der ungarischen Nation ein Geschenk machen; daß auch auf den Ruf Kossuth's binnen weniger Zeit mehr denn 30 bis 40,000 berittene Shikos (Hirten, die so zu sagen mit dem Pferde Eins sind, und füglich die Kosaken Ungarns genannt werden dürfen) sich sammeln und mit ihren leichten an Entbehrung und lange Tagrreisen gewöhnten Pferden auf den unübersehbaren Steppen den Feind zu Tode hetzen werden.
Das von mir Gesagte wird Niemand, der Wahrheit liebt, widerlegen können und habe ich daher nicht nöthig, noch weiter zu beweisen, daß das Vabanque der österreichischen Regierung nur zu deren Nachtheil ausfallen kann, und ihr System, die verschiedenen Racen und Völker an einander zu hetzen, um in ihrem eigenen Fleische zu wühlen, — zwar für jetzt geungen ist, sich aber doch zuletzt noch an dem Erfinder rächen wird.“
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@facs1109
Oedenburg, 13. Jan.
Eben erfahre ich von einem Geistlichen, der gestern von Raab kam, es seien in Csorna und Kapuvár (4-5 Meilen von hier, in der Richtung gegen Raab) neue Bauernaufstände ausgebrochen. Der in Csorna hatte zuerst stattgefunden; zu seiner Dämpfung waren die in Kapuvár liegenden Truppen gegen den erstern Ort abgeschickt worden. Kaum waren sie fort, so erhoben sich — Sie sehen, die Sache wird mit System betrieben — die Bauern in der Umgegend Kapuvárs. Der vorhin erwähnte Geistliche stieß zwischen den beiden genannten Orten auf einen Haufen von etwa 1500 derselben, die mit Knitteln und Mistgabeln bewaffnet (andere Waffen haben sie nicht mehr) gegen Raab zogen.
[(A. Z.)]
Französische Republik.
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@facs1109
[ 16 ] Paris, 20. Jan.
Wenn man diese Bureaumagister und Bureauherren, die perükenlosen Nachtreter der perükenreichen Parlamentsbourgeois vorigen Jahrhunderts, und die Junker von der Lilie, und die Börsengebieter, kurz alle mit unproduktiver Scheinarbeit beschäftigten reichen Personagen heute anguckt, man muß ihnen unwillkürlich ins werthe Angesicht lachen. Es ist famos; dies patriarchalische Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt wieder, der Präsident der Republik erlangt ein halbes Milliönchen Francs jährlichen Zuschuß, um das Porto der ihm unfrankirt zugesandten Briefe zu bezahlen, und die Festgelage der „feinen Welt“ überstürzen sich, und die zahllosen Bonaparte's lassen den Champagner knallen und der Hauptbonaparte, der Held von Boulogne, der Märtyrer von Ham, kutschirt aus einer Soirée in die andere und macht den Gemahlinnen seiner Minister den Hof und trinkt, während ringsum die Tafelgäste politisiren und ihn hochleben lassen und die heilige Allianz der Potentaten.
Wie sie so schiffen,
Die lieben Heitern!
Und an den Riffen
Werden sie scheitern.
Dahinten … dahinten … da kommt er — der Tod!
„Ja wohl, er kommt, so gewiß die Tinte aus dieser Feder und der Medoc im Elysium fließt. Vorgestern war Nachts großer Musikjubel und Tanzvergnügen im Wintergarten, einem prächtigen Glas- und Gewächshause in den elysischen Feldern, unweit des Elysiumspalais des Bonaparte, und wer hineinwollte, mußte 10 bis 20 Fr. zahlen. In derselben Nacht wurden wieder viele Juniinsurgenten auf Zellenwagen in die unterirdischen Kerker von Doullens und St. Michel und nach den Galeeren verfahren und genau die Polka's akkompagnirten das Jammergeschrei der Abschied nehmenden Weiber und Kinder, und die Eisenringe der Beinkette wurden gehämmert just als die Tompeten Tusch bliesen in die Ohren der sich amüsirenden Malthusritter und ihres Trosses. Jetzt endlich, was vor Wochen schon hätte geschehen müssen, unterzeichnet man eine Petition an die Kammer, sich erst nach Votirung der s. g. organischen Gesetze zu trennen; sämmtliche demokratische Redaktionen Frankreichs lassen Listen herumtragen. Eine andere Petition geht an die Nationalassemblée, des Inhalts: „sie möge die im April 1825 dem Lande abgezwackten ein Tausend Millionen s. g. Entschädigung für die in der Gouillotinenzeit in ihren Rechten und Gütern geschädigten Adligen und Legitimisten, jetzt wieder diesen Personen oder deren Kindern abnehmen und die 3proz. Zinsen seit 1825 obendrein; diese Summe sei fortan zur Rückzahlung der Neunsous-Steuer an die Steuerpflichtigen, desgleichen zur Ermäßigung sonstiger Abgaben zu benutzen.“ Die Wuth der volksfeindlichen Journale darüber ist sehr lustig anzusehen.
Folgendes sind die vielfach merkwürdigen Statuten der Solidaritätsgesellschaft, die sich täglich mehr ausdehnt, wie in ihrem Bülletin des Innern enthalten sind: „Freunde, wir sind hinaus über das Projektmachen und Hoffen; wir handeln. Gegen elfhundert Associirte werden dies Bülletin zugeschickt bekommen und ihre Energie wird dadurch wachsen. Das Centrum unserer Association der Solidarität, Boulevard St. Martin Nr. 43, besteht aus: Dameth, Schriftsteller, Präsident; Madame Dervins; Schneider Tournot, Vizepräsidenten; Bourreif, Kaufmann, Säckelmeister; Macé, Schriftsteller, Sekretär. Das Oberleitungscomite besteht aus den Damen Gay, Psalmon, Brasier, und Bedigie, Porzellanmahler; Bordet, Arzt; Vial, Arzt; Robin, Dr. jur.; Mathis, Maler; Picart, Zahnarzt; Duval, Architekt. In der Abendsitzung der zweiten Generalversammlung der Solidarität am 19. Okt. haben wir 17 kleine Serien eingerichtet, deren größerer Theil jetzt vollständig ist, jede aus zehn Gruppen, mit zehn Mitgliedern in der Gruppe. Jede Serie führt einen Straßennamen. (Werden 14 Serien in Paris, 2 im Pariser Weichbild aufgezählt nebst Adressen und Stand ihrer Chefs). In der Provence, in Laon, Amiens, Lyon, Auch u. s. w. geschieht ein Gleiches. Der Chef einer Serie versieht die Leitung, Vervollständigung, sozialistische Bildung aller seiner Serienmitglieder. Dazu verbindet er sich mit den Chefs seiner Gruppen. Jede Woche geben die Gruppenchefs die Beiträge an den Serienchef, nebst Verzeichniß der neu Aufgenommenen. Er giebt ihnen die Rundschreiben, Zeitungen, Flugblättchen u. s. w. für jedes Gruppenmitglied. Der Serienchef berichtet über materielle und intellektuelle Bedürfnisse seiner Serie. Wenn diese Serien vollständig sind, wollen wir sie zu Ober-Serien heranheben. Dazu ist eine abermalige Generalversammlung nöthig. Wer der Gesellschaft einen Aufzunehmenden zuführt, bekommt ein Billet und wer 25 Billets hat, erhält vom Leitungskomite einen Empfangsschein und wird im nächsten Bülletin der Gesellschaft erwähnt; und zwar sowohl er selbst als die bezügliche Gruppe und Serie.
„Eine Beisteuer von drei Sous ist (etwas über einen Silbergroschen) mindestens wöchentlich von Männern, von zwei Sous von Frauen zu erheben. Freiwillige Zuschüsse werden gern angenommen. Jedes Mitglied verzeichnet eigenhändig in das Rechenbuch seines Gruppenchefs seinen Beitrag, aber nicht mit Ziffern sondern mit Buchstaben. Im Rechenbuche seines Serienchefs dagegen hört das etwaige freiwillige Geschenk auf ein anonymes zu sein und so erhält es den Namen der Gruppe von der es ausgegangen. Persönliche Eitelkeit ist unausstehlich, aber Gruppen-Ehrgeiz, und gar Ehrgeiz einer Serie ist nützlich, hat sozialen Charakter, und darf dreist ermuthigt werden. — Wir haben nunmehr drei Ausschußräthe eingesetzt.“
„Den des Handels, der Arbeit, der Oberaufsicht. Ersterer besteht aus Masel, Kaufmann, Präsident. Cadenne, Kaufmann, Vicepräsident, und Morard, Schriftsteller, Sekretär. Sonstige Mitglieder sind (folgt die Liste). Dieser Ausschuß examinirt die Vorlagen eines Austauschsystems nach Solidaritätsprinzipien zwischen den Produzenten und Konsumenten; ein innerhalb unsrer Association kursirendes Cirkulationspapier, oder Konsumtionsbons werden nebst einer einheitlichen Handelsagentur ins Werk gesetzt werden.
Der Arbeitsausschuß besteht aus Bordet, Arzt, Präsident. Baudet, Kalligraph, Vicepräsident. Charpentier, Advokat; Mitglieder sind: (meist Arbeiter, auch eine Dame, die Dirigentin der Association der Weißzeugverfertigerinnen).
Dieser Ausschuß verschafft den Arbeitern Arbeit und folglich den Arbeitgebern Arbeiter. Er will die Löhnung auf Friedenswege innerhalb des Vereins in Association umschaffen. Er richtet Bureaus für Arbeitsvertheilung ein. Er sucht mehrere große Gewerke, z. B. die Schneider, zum Associiren zu bewegen und die Klientel der ganzen Gesellschaft ihnen zuzuwenden.
„Der Aufsichtsausschuß wird die Oberleitung der Geldsachen übernehmen.
„Die nächste General-Versammlung wird ein Comite der Propaganda mit Wort und Feder, und ein Comite der Künste mit den gehörigen Sektionen der einzelnen Kunstzweige, einsetzen.
„Ein Journal ist nothwendig, aber nach den neuen Preßhindernissen, genannt Preßgesetze, muß ein wöchentlches schon 12,000 Fr. Kaution stellen. Wir haben diese Summe nicht im Beutel, aber durch genaus Vorausabzählen der Abonnirenden können wir viel ausrichten. Die erste Nummer würde 1000 à 1200 Fr. kosten um gebührlich verbreitet zu werden. Das Exemplar koste 2 Sous oder tausend kosten 100 Fr. Wir müssen also wenigstens 10,000 Exemplare à 2 Sous unterbringen, um die ersten Ausgaben des Blattes herauszuschlagen. Wir zählen an 1500 Personen; wollte sich jede zum Unterbringen von 5 Exemplaren verpflichten, so sicherte uns dies den Verkauf von 7500 Exemplaren; dazu 2500 auf der Straße zu verkaufende, giebt 10,000 Exemplare deren Verkauf vorher gesichert wäre. Das Journal würde den Titel tragen: Volksthümliches Unterrichtsblatt für Socialwissenschaft.
„Unser Arbeitsvertheilungs- oder Placirungs-Bureau wird Straße Melay Nro. 35 fungiren unter Leitung des Mitglieds Charpentier, Advokat. Er steht mit brüderlichem Rathe allen Associirten unentgeldlich zu Gebot. In diesem Bureau melden sich arbeitsuchende Arbeiter und arbeitersuchende Meister. Alle Einschreibegelder, die sonst üblich, sind total abgeschafft, jedoch wenn gesuchte Arbeit gegeben worden ist, müssen vom Meister oder Arbeiter fünf Sous (zwei Silbergr.) an ihren respektiven Gruppenchef für die Centralkasse, zum Instandhalten dieses Placirbureau, entrichtet werden.
Ein glücklicher Zufall hat gewollt, daß unsre Freunde eine Ackerkolonie bei Paris besitzen. Die sehr guten und zahlreichen Gemüse derselben werden durch ein neues Verkaufssystem den Mitgliedern der Solidarität zu Gebote gestellt werden.
„Ein medizinischer Dienst für alle Mitglieder, bis ein spezieller für jede Serie eingeführt sein wird, organisirt sich durch die Aerzte Vial, Bordet, Deschenaux, Zahnärzte Picart, Le Provost, Hebammen Füret und Basset. Die Konsultation ist unentgeldlich. — Unser Leselokal, Boulevard St. Martin 43, steht offen von 8 Morgens bis 10 Abends. Soweit sind wir jetzt; aber wenn wir zwanzigtausend stark sind, dann ist die Arbeit allen Associirten gesichert; die Propagandainstrumente, nämlich Bücher und Broschüren, werden den Associirten gratis gegeben; dann erst können wir 20,000 Aktien à 10 Fr. (zahlbar durch je zwei Fr. alle Vierteljahre) schaffen, d. h. eine Kapitalsmacht von 200,000 Fr. auf die Beine stellen, und wenn es sein muß, um 150,000 Fr. ein Landstück nebst Bäulichkeiten ankaufen; die 50,000 Fr. Rest mögen alsdann zum Einrichten eines wirklichen Mittelpunkts der Societät dienen, nebst Magazin für die Produkte, nebst Versammlungszimmern, Geschäftslokalen, Speisesälen, kurz einer sozialen Stadt innerhalb der alten.“
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@facs1109
[ 12 ] Paris, 19. Januar.
Napoleon hat einen andern Napoleon zur Welt gebracht: der Präsident hat einen Vicepräsidenten geboren. Nach der Konstitution steht, wie man weiß, dem Präsidenten das Recht zu, eine Liste von drei Kandidaten der Versammlung vorzulegen, und die Nationalversammlung hat aus diesen dreien den ihr passenden zu ernennen. Alle Welt hatte Augen und Ohren geöffnet, als Herr Leon Faucher, Minister des Innern, die Tribüne bestieg, um die 3 Namen zu verlesen. In schwierigen, mißlichen Umständen, besonders wenn die Sache nicht ganz biedermännisch steht, dann überträgt der Biedermann Barrot gerne einem Andern seine Stelle als erster Minister. Die einen dachten: wer mag wohl der erste auf der Liste sein? Lamartine, Dufaure, oder Barrot: Nein, nein, sagten die andern Mole wird's: Ja, Molé muß Vicepräsident werden! — Was, Molé? sagten wieder Andere; Thiers, den Thiers müssen wir haben; der kann unserer Finanzroth ein Ende machen! — Ihr habt Alle das Rechte nicht getroffen, meinten wieder Andere; Napoleon ist ein Spaßvogel und Barrot hat eine Rache auszuüben. Ihr sollt sehen, er hat den Cavaignac oben an auf die Liste geschrieben. Nun denke man sich das allgemeine Staunen, als Faucher den Namen Boulay aussprach. Die Deputirten sahen mit starren Augen auf Boulay, Boulay sah mit starren Augen auf die Deputirten: er war ebenso wenig auf diese Ehre vorbereitet als alle Uebrigen, und dies allgemeine Staunen machte sich Luft in einem homerischen Lachen. Nun, bei dem zweiten Namen wird's besser kommen; wer weiß was Napoleon im Schilde führte? Hören wir den zweiten Namen! — Baraguay-d' Hilliers? Ja, da war es aus mit dem Lachen. Man glaubte an eine Mystifikation. Der arme General erwartete für sich eben so wenig seinen Namen zu hören als Boulay. Vicepräsident der Republik mit 100,000 Frs. jähritlichem Gehalt u. freier Wohnung au petit Louxembourg! also der zweie im Staate und der erste im Staatsrathe! (der Vicepräsident der Republik ist nämlich Präsident des Staatsraths). Boulay und Hilliers waren wie aus den Wolken gefallen. Boulay sah auf Hilliers; Hilliers sah auf Boulay; der Bauer sah die Eule an, die Eule sah den Bauer an.
Boulay und Hilliers, zwei Vicepräsidenten, der eine eben so unmöglich wie der andere und beide gleich bornirt. Das ist gewiß wieder ein Staatsstreich des Herrn Odilon-Barrot. Der Präsident des Ministeriums sagte: ich will nicht Vicepräsident der Republik sein. Die Presse aber sagte und bewies: Odilon-Barrot kann nicht Vicepräsident der Republik werden Der „Charivari“ dagegen sagt: Odilon-Barrot will nicht Vicepräsident sein; er will Vicepräsidenten machen, welches letztere weit ruhmvoller ist und sich auch besser ausnimmt auf einer künftigen Grabschrift. Da würde es dann heißen: Odilon-Barrot der große Biedermann hat nicht Vicepräsident sein wollen, er hat Vicepräsidenten machen wollen.
Wenn dem so ist, so hat Barrot bei der Auswahl, die er getroffen, sehr politisch verfahren. Er begriff recht wohl, daß der Vicepräsident nicht gescheidter sein dürfte, als der Präsident der Republik und es handete sich nun darum, 3 Männer in der Kammer zu finden, die dieser Anforderung Genüge leisten konnten. Das war allerdings eine schwierige Aufgabe, obgleich die Kammer 900 Mitglieder zählte und Exemplare aller Art enthält. In der Wahl des Herrn Boulay (de Meurthe) und d'Hilliers hat Barrot wirklich Scharfsinn und Menschenkenntniß bewiesen. Boulay steht noch eine Stufe tiefer als Napoleon, und Hilliers ungefähr auf gleicher Stufe wie Napoleon. Einen dritten Ebenbürtigen war unmöglich zu finden, und man mußte sich entschließen, Vivien den andern als Paß mitzugeben. Hilliers nämlich ist beinahe so bornirt als Napoleon, aber Boulay ist noch bornirter als Napoleon! Nun kommt aber Barrot und lehnt alle Verantwortlichkeit von sich ab. Er will eben so wenig etwas von der Wahl gewußt haben, als Faucher. Sollte Napoleon vielleicht schlauer als beide, schlauer als die Kammer, schlauer als die Konstitution sein? Wer weiß! Stille Wasser sind tief! Napoleon wollte einen Vicepräsidenten haben und er mußte der Kammer drei Vicepräsidenten vorlegen. — Den Vicepräsidenten, den du gerne möchtest, bekömmst Du nicht — sagte ihm Barrot: Die Kammer steht uns feindlich entgegen, und sie wird jedenfalls suchen, gegen Deine Wünsche zu handeln. Wir haben ihr neulich einen Streich gespielt; sie wird Dir jetzt einen Streich spielen und Dir einen Vicepräsidenten aufbinden wollen, der Dir nicht genehm. — Ich will aber Vivien haben! — Sie wird Dir Lamartine geben! — Ich schreibe Lamartine nicht auf die Liste. — Nun, so schreibe Dufaure auf die Liste! — Ich will Dufaure auch nicht haben! — So schreibe Cavaignac auf die Liste. — Ich will aber Cavaignac auch nicht haben. — So schreibe Thiers. — Ich will aber Thiers auch nicht haben. — Nun, so schreibe Molé. — Ich will aber Molé auch nicht haben. — Nun, so gehe zum Teufel und schreibe X! — Ja, Barrot hat recht, ich will x schreiben, aber nicht ein x; ich will x x schreiben; ich will zwei unbekannte Größen schreiben, dann müssen sie mir die bekannten Größen durch eine einfache Rechnungsoperation zukommen lassen! Ich habe es gefunden! Heureyka! Heureka!
Napoleon war schlauer als Barrot, schlauer als die Constitution, schlauer als die Deputirten und ist sogar schlauer noch als alle Journalisten.
Kammer und Journale wissen nicht, woran sie halten, und Barrot schwört bei Plutarch, daß er unschuldig sei bei der Wahl Boulay's und Hilliers! Selbst den „Charivari“ hat Napoleon hinters Licht geführt, denn der Charivari meint noch immer, Boulay sei vorgeschlagen wegen seines enbonpoint, d. h. seines dicken konservativen Bauches!
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@facs1109
[ 12 ] Paris, 20. Januar.
Also nicht Vivien ist Vice-Präsident, Boulay ist's geworden. Was für ein Boulay? Wer anders, als Boulay der x, Boulay, die unbekannte Größe, welche die Kammer mit einem einzigen Schlage zur bekannten Größe gestempelt hat. Also Boulay, die eine von den beiden Nullen ist Vice-Präsident, d. h. die zweite Person im Staate geworden. Das Ministerium dachte ungeheuer listig verfahren zu haben, als es zu den zwei Nullen eine schmächtige Einheit wie Vivien hinzusetzte, und glaubte nun sich seines Triumphes gewiß. Die Kammer war noch listiger und wählte die Null. Dem bornirten Napoleon hat sie einen Mann zugesellt, der noch bornirter ist als er; similia similibus curantur.
In der allgemeinen Auflösung, worin sich die offizielle Welt befindet, wird das Unwahrscheinlichste das Wahre; natürlich vom diplomatischen Standpunkte aus. Ein Theil der Rue Poitier[unleserlicher Text] und der „Nationals“ haben für Boulay gestimmt; die Montagne hat sich der Abstimmung enthalten. Nun denke man sich: als vorgestern der Name Boulay zum ersten Male ausgesprochen wurde, entstand ein allgemeines Gelächter; als heute der Name Boulay als Vice-Präsident genannt ward, entstand ein allgemeines Bravoklatschen. Nun sagen aber auch dieselben Leute, die heute bravo klatschen: Boulay ist keine Null, Boulay ist kein x; denn Boulay ist der Liebling Napoleon's, der Mann, der beständig der napoleonischen Dynastie angehangen. Wenn nun Napoleon der Liebling des Landes ist, mit sieben Millionen erwählt, so können wir nicht besser thun, als den Liebling des Lieblings zum Vice-Präsidenten zu wählen. Wir haben uns einmal geirrt, indem wir unsere Stimme dem Cavaignac gaben; wir wollen jetzt nicht noch einmal irregehen. Das ist die Klugheit, mit welcher die Kammer sich entschuldigte, die Dummheit auszuwählen.
Der Vice-Präsident ist die Frau des Präsidenten, während das Ministerium nur seine Maitresse ist; das heißt: Der Präsident lebt und stirbt mit dem Vice-Präsidenten, unbeschadet aller ministeriellen Veränderungen. Das Ministerium dagegen ist die Maitresse des Präsidenten, die er jeden Augenblick mit einer andern vertauschen kann. Das Ministerium und der Biedermann Odilon-Barrot haben aber das umgekehrte Verhältniß eintreten lassen wollen; Barrot wollte der Maitre sein und Napoleon zur Maitresse nehmen, um bei der ersten Gelegenheit diese Maitresse mit einer andern, der Herzogin von Orléans, zu vertauschen. Man sieht: die offizielle Welt dupirt sich wechselseitig, die einen wollen die andern vor die Thüre werfen, und sie werden nicht eher ruhen, bis sie sich gegenseitig herausgeworfen haben. —
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@facs1109
Paris, 20. Januar.
Thiers, bekanntlich Mitglied der Falloux'schen Commission für den Primar- und Sekundarunterricht, wohnt den Sitzungen dieser Commission fleißig bei. „Es gibt nur zwei Mittel“, äußerte er in der letzten Sitzung nach einem längern Vortrage, „dem Lande wieder Ruhe zu verschaffen und die atheistisch-sozialistischen Ideen zu vertilgen. Diese Mittel sind a) Krieg nach Außen oder b) Unterdrückung der von Carnot beabsichtigten Volksschulen.“
Peupin, der auch in dieser sauberen Commission sitzt, wollte seinen Ohren kaum trauen, als er diese Worte aus dem Munde des Revolutionsgeschichtsschreibers und Exadvokaten hörte und protestirte lebhaft gegen eine solche Logik.
Selbst Dupanloup, Generalvikar von Notre-Dame, der auch der Sitzung beiwohnte, erklärte mit satirischem Lächeln: daß Hr. Thiers doch etwas zu weit ginge!
— Der Cassationshof hat bereits seinen Präsidenten Berenger (einen der stümmsten Deputirten) und fünf seiner Glieder für Organisation des Nationalgerichtshofs bezeichnet. Wir hätten nun auch eine Nationaljustiz!
— A. Blanqui richtet aus dem Donjon von Vincennes einen Brief an „Peuple“, worin er seinen Nachbar auf der untersten linken Bank im Saale der National-Versammlung am 15. Mai zum Zeugen für gewisse Thatsachen auffordert. Er kennt diesen Nachbar nicht, hofft aber, daß er sich selbst nenne.
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@facs1109
Paris, 21. Januar.
In Betreff der Amnestiefrage äußert sich der Moniteur u. A. dahin Man spreche von einer Verpflichtung, die der Präsident übernommen habe: Amnestie zu bewilligen.
„Wahr ist, daß er mehrere Male, bei Privatgesprächen, den Wunsch ausdrückte, sein Gelübde (voeu) zu erfüllen, das er in seinem Manifest machte und auch immer in seinem Herzen bleiben wird, nämlich Amnestie zu ertheilen, wann es ohne Gefahr werde geschehen können. Aber eine Verpflichtung hat er nicht übernommen.“
— In dem Bréa-Proceß wurde gestern der Adjutant Bréa's (Hr. Demarest, derselbe, der sich mit Maugin, während der General von den Insurgenten erschossen wurde, unter dem Bett der Wachstube verkroch) als Hauptbelastungszeuge verhört.
— Der Moniteur enthält einen Erlaß des Finanzministers, der in ziemlich umständlicher Weise den Eisenbahn- und Zollamtsdirektionen auseinandersetzt, unter welchen Bedingungen sie das Plombiren von Waarenzügen auch auf alle übrigen Richtungen Frankreichs ausdehnen dürfen. Bisher war dieser Vortheil bekanntlich nur den von Köln und Brüssel herkommenden Waarenzügen, sowie dem Gepäck der Reisenden gestattet.
— Die Dame, deren Verhaftung wir vor acht Tagen anzeigten, weil sie angeklagt sei, die Flucht Lacambre's und Barthelemy's bewerkstelligt zu haben, heißt Adèle Blanqui und ist die Schwester des berühmten Gefangenen in Vincennes.
— Heute sind es 57 Jahre, daß König Ludwig XVI auf dem Revolutionsplatz (Place de la Concorde) hingerichtet wurde. Dieses Ereigniß wird in doppelter Weise gefeiert. Um 3 Uhr hielt Abbe Freschon im Notre-Dame des Victoires eine Fastenpredigt. Um 5 Uhr findet in dem kolossalen neuen Klubsaale, Rue Martel 9, ein Volksbankett zu Ehren jenes Ereignisses statt, das gerade in diesem Jahre im Hinblick auf Vergangenheit wie noch mehr auf die Zukunft festlich begangen zu werden verdient.
[1110]
— Für den 24 Januar sind die legitimistischen Parteichefs nach Paris gerufen, um über den Ausbruch der großen Verschwörung zu Gunsten Heinreich V. in Frohsdorf zu berathen.
— Girardin schleudert eine scharfe Philippika gegen Thiers, den er offen anklagt, für die Conseilpräsidentschaft der Regentschaft zu konspiriren, seitdem ihm die Hoffnung abgeschnitten wurde, Präsident der Republik zu werden.
National-Versammlung. Sitzung vom 20. Januar. Marrast eröffnet um 2 1/4 Uhr die Sitzung.
Marrast verließt gleich nach dem Protokoll ein Schreiben des Finanzministers Passy, in welchem er die Versammlung davon benachrichtigt, daß ihr am nächsten Dienstage der erste Quartband des verhängnißvollen Büdgets pro 1849 vorgelegt werden solle. (Sehr gut, sehr gut zur Rechten).
Hiernächst, fährt Marrast fort, erkläre ich das Scrutinium durch geschriebene Stimmzettel für die Wahl des Vicepräsidenten der Republik eröffnet.
Um 1/4 vor 4 Uhr verkündet Marrast folgendes Resultat:
Zahl der Stimmenden 695. Absolute Mehrheit 348. Davon erhält Boulay (Meurthe) 417, Vivien 277, Baraguay d'Hilliers 1.
In Folge dieses Stimmresultats, setzt Marrast hinzu, proklamire ich den Bürger Boulay (Meurthe) zum Vicepräsidenten der Republik und lade ihn ein, die Bühne zu besteigen, um den Eid zu leisten.
Boulay folgt dieser Einladung und spricht nach dem ihm von Marrast vorgelesenen Eide: Ich schwöre es!
Marrast: Eine Botschaft wird sogleich den Präsidenten der Republik vom Ausfall der Wahl in Kenntniß setzen. (Pause).
Lagrange eilt auf die Bühne und verlangt Amnestie. (Tumult).
Abgewiesen.
Die Versammlung geht zur Maidebatte über.
Raspail (Eugene), Vetter des Gefangenen, erhält zuerst das Wort gegen den Gesetzentwurf.
Er bestreitet die Kompetenz des sogenannten Nationalgerichtshofes und bedauert, daß man dem ehemaligen Deville'schen Antrage keine Berücksichtigung geschenkt habe.
Bonjean (Theodor) unterstützt den Plan, die Maiverbrecher vor eine haute cour zu stellen.
Die Versammlung, namentlich die ganze Linke, unterbricht ihn aber so oft, daß sein Vortrag ohne alle Spur verfließt.
Ledru-Rollin besteigt die Bühn. (Allgemeine Aufmerksamkeit). Die Frage sei ernst; die Lösung derselben jedoch einfach Der Redner zergliedert demnächst die Verfassung vom juridischen Standpunkte und beweist der Versammlung, daß sie die Verfassung verletze, wenn sie die Maigefangenen vor einen außerordentlichen Gerichtshof stelle. Der Redner citirt mehrere Fälle, namentlich die Willkür Napoleons in Gerichtssachen (Anspielung auf den Tod des Herzogs von Enghien) und warnt die Versammlung, nicht in dieselbe Barbarei zu verfallen. Der Redner appellirt schließlich an das Gerechtigkeitsgefühl der Versammlung. (Einige Agitation folgte dieser Rede).
Dupin (senior) will sich keinen Schutzdamm ziehen aus den Amendements, die zur Verfassung gestellt worden. Dieselbe sei im vollen Bewußtsein des Mai-Attentats gemacht worden. Es handle sich ja um keine Prevotalhöfe, keine außerordentliche Kommission, sondern um ein Nationalgericht, das die besten Garantien biete. (Stürmische Unterbrechungen.) Man berufe sich auf römisches Recht, was hat aber das römische Recht mit der 1848ger Verfassung zu schaffen?
Der Redner ergeht sich in ähnliche Witze.
Eine Stimme links: Das sind Pasquieraden!
Ein fürchterliches Geschrei: Zur Ordnung! erschallt von der Rechten.
Dupin nach Herstellung des Stillschweigens: Der Nationalhof habe ja keine Initiative, er könne nur von der Regierung oder National-Versammlung zusammenberufen werden. Der Redner stellt noch einmal das Schreckliche des Attentats dar. Wie ganz anders stehe es jetzt um die Ruhe. (Oh! Oh! Lärm.)
Marrast sitzt ruhig und eine Stimme aus dem Centrum ruft: Präsidiren sie doch!
Unter solchen und ähnlichen Stürmen endigte Dupin.
Man ruft zum Schluß!
Jules Favre warnt vor Uebertreibung. In Penalitätsfällen gebühre dem Angeklagten das letzte Wort.
Die Debatte wird um 6 1/2 Uhr auf Montag vertagt.
Großbritannien.
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@facs1110
[ 068 ] London, 19. Jan.
Zu Waltham-on-the-Walds in Leicestershire fand gestern ein äußerst zahlreich besuchtes Meeting der Farmers und der Gentry der Grafschaft statt. Zweck des Meetings war zunächst: Anerkennung der Verdienste des verstorbenen Lord George Bentinck und Beförderung der Subscription für ein ihm zu errichtendes Nationaldenkmal. Außer den dahin zielenden Beschlüssen des Meetings wurde schließlich noch ein dritter durchgesetzt: beim Parlament um einen Schutzzoll auf ausländisches Vieh, wie um Beibehaltung oder, wenn erforderlich, Erhöhung der bereits bestehenden Zölle auf Korn und solche Manufakturen, die englisches Kapital und englischen Fleiß beeinträchtigen, zu petitioniren.
„Punch“ fährt fort, seinen Witz gegen Californien und die Yankees, die glücklichen Besitzer des Goldlandes, loszulassen. Seine letzte Nummer bringt: „Dollarina; eine californische Geschichte. Fragment in Hexametern von Professor W. H. Longandshortfellow.“ Der Witz, in ergötzlich holprigen Hexametern, liest sich heiter genug, und der liebenswürdige Longfellow zu Cambridge bei Boston, dessen Namen und jüngstes (beiläufig in sehr guten englischen Hexametern geschriebenes) Gedicht: „Evangelina; eine acadische Geschichte,“ bei dieser Gelegenheit herhalten müssen, wird selbst nicht umhin können, dazu zu lächeln. —
Vom Cap der guten Hoffnung sind Briefe bis zum 24. Nov. eingetroffen. Eins der zahlreichsten Meetings, welche die Capstadt jemals erlebt, hatte beschlossen, sich der Earl Grey'schen Proposition, das Cap zur Verbrecher-Colonie zu machen, aus allen Kräften zu widersetzen, und eine desfallsige Petition sofort nach England an's Parlament abgehen zu lassen.
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@facs1110
[ * ] Plymouth, 18. Januar.
Heute wurden 304 irische Mädchen auf das Auswandererschiff Pemberton gebracht, das nach Port Philipp bestimmt ist. Jene Mädchen, im Alter von 14-19 Jahren, sind arme Waisen, meist aus Roscrea, Nenagh, Limerick und anderen Armenbezirken. Die englisch-irische Bourgeoisie entledigt sich ihrer, indem sie dieselben nach Australien verpflanzt. Die Kosten werden von den Armenbezirken getragen.
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@facs1110
[ * ] Dublin, 18. Jan.
In Duffy's Prozeß ist heute zu Gunsten des Angeklagten gegen den Attoruey General entschieden und die Sache nunmehr bis zur nächsten, am 6. Februar beginnenden, Sitzung des Gerichtshofs vertagt worden.
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@facs1110
Ostindien.
Aus Marseille traf gestern Abend die indische Post mit wichtigen Depeschen für die englische Regierung ein.
Die Nachrichten sind datirt: Calcutta, 8. Dez. Bombay, 18. Dez. Wir sehen daraus, daß es im Pendschab bereits sehr heiße Kämpfe gegeben und auch den Engländern schon viel Blut gekostet hat. Lord Gough, der aus dem chinesischen Kriege her wohl bekannte Anführer und jetzt Oberbefehlshaber in Indien, traf bei der Pendschab-Armee am 21 November ein. Schon am 22. kam es zu einem bedeutenden Gefecht, in welchem die Engländer den Kürzeren zogen. Die Sikhs fochten mit einer ganz ungewöhnten Kaltblütigkeit und gleich Verzweifelten. Die Engänder verloren an Todten: die Obersten Havelock und Cureton und noch mehrere andere Offiziere. Die Zahl der verwundeten Offiziere war sehr beträchtlich. Der Oberbefehlshaber beschloß unter diesen Umständen, weitere Verstärkung namentlich an Kanonen und Haubitzen abzuwarten, bevor er sich auf einen neuen Kampf einlasse. Die Verstärkung traf am 30. Novbr. ein. Am 2. und 3. Dezbr. kam es zur Schlacht und die vom Radschah Schier-Singh befehligten Sikhs, 30-40000 Mann u c. 28 Kanonen stark, wurden vollständig geschlagen. Fünf Kanonen und Schier-Singhs Elephant sind unter den Tropäen.
Die Sikhs hatten sich hinter das rechte Ufer des Tschenabflusses, ungefähr zwei Stunden von Ramnuggur entfernte, sehr stark verschanzt. In den ersten Tagen des November eröffneten die Engländer die ersten Lauffgräben und pflanzten mehrere Batterien dem Feinde gegenüber auf, der den Angriff für Ernst nahm und nicht ahnte, daß die eigentliche Armee der Engländer fünfzehn Stunden oberhalb des Flusses, bei Wuzerabad, über denselben setzen und sich dann auf die ersten Verschanzungen der anderen Seite werfen wollte. Der übergang der englischen Armee über den Tschenab erfolgte am 2. Dezember und zwar in demselben Augenblicke, wo Gough von seinen ersten Batterien aus ein furchtbares Artilleriefeuer gegen das feindliche Lager eröffnete. Die Indier, sich auf diese Weise von der englischen Kriegslist überrumpelt sehend, wehrten sich zwar mit all jener Wuth, die stets die Nationalvertheidigung gegen fremde Einfälle erzeugt, aber sie mußten der europäischen Taktik weichen und fanden nur ihr Heil noch darin, nach großen Verlusten ihr kolossales Lager rasch abzubrechen und nächtlich zu flüchten.
Die von den Engländern abgefallene Besatzung der Stadt Peschawer ist 6000 Mann stark. Major Lawrence, der daselbst commandirte, ist nicht durch die Flucht entkommen, sondern mit seiner Frau und andern englischen Offiziren von Sultan Mahommed Chan verrätherischer Weise an Tschutter Singh ausgeliefert worden, der sie in Peschawer gefangen hält, jedoch ziemlich gut behandelt.
Neueste Nachrichten.
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[ 40 ] Leipzig, 19. Januar.
Vorgestern reisten der bekannte Agitator Tausenau und der ungarische Unterstaats-Sekretär Pulzky hier durch nach Paris. Ich sprach mit ihnen. Sie versicherten mir, die Sache in Ungarn stehe noch ganz gut für die Demokratie. Unter den Befehlen von Kossuth, Görgey, Perczel, Mehzaros und Bem stehen insgesammt 300,000 Mann. Freilich sind diese nicht auf einem Punkte zusammen, vielmehr gegen die vielfachen Feinde in einzelnen Korps operirend. Pulzky und Tausenau gehen mit einer politischen Mission nach Paris.
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Publicandum.
Nachdem die im Jahre 1847 erschienene Auflage der Arznei-Taxe vergriffen ist, habe ich, unter Berücksichtigung der seitdem eingetretenen und der jetzt nothwendig gewordenen Aenderungen in den Taxpreisen, eine neue Auflgage der Arznei-Taxe ausarbeiten lassen, welche mit dem 1. Februar 1849 in Wirksamkeit tritt.
Berlin, 15. Januar 1849.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. Ladenberg.
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Schifffahrts-Anzeige.
Köln, 23. Januar 1849.
In Ladung: Nach Andernach und Neuwied B. Schilowski. Nach Koblenz, nach der Mosel, Saar und Luxemburg D. Schlaegel.
Rheinhöhe 23. Jan. 15′ 8″.
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Bekannmachung.
Die Stiftung HUETTERIANA KEMPENSIS für studirende Verwandte oder Gebürtige aus Kempen und der Umgegend ist erledigt. Wir veranlassen die Betheiligten, ihre Ansprüche bis zum 16. d. J. bei uns nachzuweisen.
Köln, den 16. Januar 1849.
Der Verwaltungsrath der Studien-Stiftungen.
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Bekanntmachung.
Wegen Ausführung von Chaussirungs-Arbeiten auf der Riehlerstraße (von Köln zur Mülheimer Rheinfähre führend) wird die Strecke vom Gebiete der Stadt Köln bis zur Frohngasse in Niehl, vom 23. d. Mts. ab bis auf Weiteres für Reiter und Fuhrwerk gesperrt, was hierdurch zur Kenntniß des betheiligten Publikums gebracht wird.
Longerich, 19. Januar 1849.
Der Bürgermeister, Rosell.
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Bekanntmachung.
Die Besorgung unseres Bedarfs an Typen-Drucksachen soll vom 1. Januar d. J. ab im Wege schriftlicher Submission an Lieferungslustige, unter denen wir uns die Wahl vorbehalten, verdungen werden.
Diejenigen, welche zur Uebernahme dieser Lieferung geneigt sind, werden hierdurch veranlaßt, ihre auf Stempelpapier zu schreibenden, versiegelten, auf der Adresse mit „Submission zur Lieferung der Typen-Drucksachen für die königl. Regierung“ zu bezeichnenden Anerbietungen, welchen Muster von verschiedenen Typendrucken beigefügt werden müssen, spätestens bis Mittwoch den 31. Januar d J. incl. an unseren Botenmeister im Regierungs-Gebäude abgeben zu lassen.
Die Lieferungs-Bedingungen können bis zu dem vorbestimmten Termine in unserem Geschäftslokale bei dem Regierungs-Sekretär Metge, Büreau Nr. 34, von den Unternehmungslustigen täglich von 10 bis 12 Uhr Morgens eingesehen werden.
Köln, den 13. Januar 1849.
Königliche Regierung, Birck.
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Bekanntmachung.
Herr Christian Dahlen beabsichtigt in dem Kellerraum des an der Steinfeldergasse sub Nr. 1 [unleserlicher Text] gelegenen Hauses eine Destillerie anzulegen.
Nach Maßgabe der Vorschrift der allgemeinen Gewerbe-Ordnung vom 17. Jan. 1845 und der Verfügung königl. Regierung vom 10. huj. werden demnach diejenigen, welche glauben gegen dieses Etablissement ein Interesse geltend machen zu können, hiermit aufgefordert, ihre Einsprüche binnen einer praklusivischen Frist von vier Wochen, dem königl. Polizei-Kommissär der IV. Sektion, Herrn Dobler (Tempelstraße), schriftlich anzuzeigen.
Köln, 12. Januar 1849.
Der Polizei-Direktor, Geiger.
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Gerichtlicher Verkauf.
Am 27. Januar 1849, Vormittags 10 Uhr, wird der Unterzeichnete auf dem Altenmarkte zu Köln, vier Stück wollen Tuch gegen baare Zahlung öffentlich meistbietend verkaufen.
Der Gerichtsvollzieher, Simons.
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Oeffentlicher Verkauf im hiesigen Leihhause.
Mittwoch den 24. Januar 1849 der noch rückständigen Pfänder aus dem Monat Dezember 1846.
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Reise nach den Goldgruben von Californien.
Das schöne französische Seeschiff: „LA FLANDRE“, Dreimaster von 450 Tonnen, Kapitain Allemès, wird den 15. Februar künftigen Monats von Dunkerque (Frankreich) absegeln. Passagiere für Zimmer und fürs Unterverdeck so wie auch Ladung zu billigen Preisen mitnehmen.
Für alle Auskünfte wende man sich an den Agent Vandercolme in Dunkerque.
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Sirop pectoral Anglais oder englischer Brustsyrop, ein untrügliches Mittel gegen Husten und Brustverschleimung. Das Fläschen 5 Sgr. Einzig und ächt zu haben bei Gebr. Fabry, Altenmarkt Nr. 10. Für Deutz bei Hrn. Maist, Siegburgergasse. Jedes Fläschchen ist mit unserem Siegel versehen.
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Regelmäßige Dampf-Schifffahrt zwischen Antwerpen und Hull und vice versa, durch das englische Dampfboot: „Rob Roy.“
Abfahrt von Hull, Mittwoch Nachmittag.
Abfahrt von Antwerpen, Sonnabend Nachmittag.
Nähere Auskunft ertheilen John Foster, belgischer Konsul in Hull.
Charles Grisar et W. J. Marsily in Antwerpen.
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Nach NEW-YORK wird spätestens am 25. dieses Monats expedirt: das vorzügliche schöne, kupferfeste und gekupferte, schnellsegelnde dreimastige Bremer Schiff Constitution Capt. F. G. Schelling, mit vorzüglicher Gelegenheit für Cajüts- und Zwischendecks-Passagiere.
Zum Beiladen von Frachtgütern halte den übrigen Raum besonders empfohlen, um deren baldige Aufgabe nebst möglichst genauer Gewichts-Angabe ersuche.
Die Messung der Güter besorgen die Herren Baurmeister et Weyhusen. Fuhrgelegenheit weise ich nach.
Bremen. Fr. W m. Bödeker jun., H. Aug. Heineken Nachfolger, Schiffsmakler.
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Zu Waschen und Bügeln, billig und schön, empfiehlt sich Maximinenstraße Nr. 74, Frau Schulz.
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Reiner französischer Branntwein per Quart 8 Sgr. Faßweise billiger. Follerstraße Nr. 72.
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Zwei Klapptische von Kirschbaum sind per Stück zu 7 Thlr. mit Garantie Herzogstraße Nr. 17 zu verkaufen.
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Ein Schlosser-Lehrling wird gesucht. Mariengartengasse Nr. 20.
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Oeffentliche Sitzung des Gemeinderaths vom 25. Januar 1849.
Tagesordnung.
Bau der Zülpicher-Straße.
Wahl der ständigen Kommissionen.
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Bonn-Kölner Eisenbahn.
Fahrplan.
Vom 16. November 1848 bis zum 28. Februar 1849.
Von Bonn:
7 1/2-9-12 Uhr 10 Min.-2 Uhr 20 Min.-5-7.
Von Köln:
7 3/4-10 1/4-12-2 1/2-5 Uhr 10 Min.-7 1/2
Für die Fahrt zwischen Bonn und Köln werden versuchsweise Billets zur 1. Wagenklasse, für die Hin- und Rückfahrt an demselben Tage gültig, zum Preise von 25 Sgr. per Billet verkauft.
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Agentur-Gesuch.
Für ein lukratives Geschäft, welches ohne Fonds in allen Ländern betrieben werden kann. Die Provision ist 25 Prozent und wird nur ausgebreitete Bekanntschaft und Reellität verlangt. Besonders Bewohnern kleiner Orte anzuempfehlen. Reflektirende wollen sich nur an Unterzeichneten wenden, der darüber Auskunft ertheilt.
Hildesheim. Carl Müller.
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Täglich frische trockene Hefe bei Weiler unter Gottesgnaden Nr. 9.
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Drei Zimmer zu vermiethen. Rothenberg Nr. 3, nahe an der Friedrich-Wilhelmstraße.
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Dampfschifffahrt für den Nieder- und Mittelrhein. DÜSSELDORFER GESELLSCHAFT
Sobalb der Wasserstand das Aus- und Einladen von Gütern an unserer Landungsstelle zulässt, wird der durch den Eisgang unterbrochene Dienst unter näherer Anzeige wieder eröffnet werden.
Köln, den 20. Jan. 1849. Die Haupt-Agentur.
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Rheinische Dampfschiffahrt.
KÖLNISCHE GESELLSCHAFT.
Fahrplan vom 22. Januar ab:
von KOELN Morgens 5 1/4 nach MAINZ.
von KOELN Morgens 9 3/4 nach COBLENZ, im Anschluss an die 1. Züge v. Aachen und Düsseldorf.
von KOELN Abends 10 nach COBLENZ-MANNHEIM, im Anschluss an die lezten Züge von Belgien, Berlin etc. etc.
Von BONN Morgens 7 1/2 nach Mainz, Mittags 1 nach Coblenz im Anschluss an den 12 Uhr Zug von Köln.
Von BONN Nachts 12 1/2 nach Coblenz, Nachm. 1, 2 und 5 nach Köln.
Von COBLENZ Morgens 6 nach Mannheim, Morgens 8 und 12 nach Mainz, Morgens 10 1/2, 12 und Nachm. 1 1/2 nach Köln.
Von MAINZ Morgens 6, 8 1/4 und 10 1/4 nach Köln, Nachm. 2 1/2 nach Mannheim.
Von MANNHEIM Morgens 6 nach Köln.
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Bekanntmachung.
Verein deutscher Eisenbahn-Verwaltungen.
Mit Bezugnahme auf §. 15 des Vereins-Reglements für den Güterverkehr wird hiermit zur Kenntniß des Publikums gebracht, daß nunmehr auch die Verwaltungen folgender Eisenbahnen dem Reglement beigetreten sind:
1) Magdeburg-Halberstädter Eisenbahn. 2) Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahn. 3) Stettin-Stargard-Posener Eisenbahn. 4) Anhalt-Köthen-Bernburger Eisenbahn. 5) Kaiser Ferdinands Nordbahn 6) Oesterr. nördliche Staats-Eisenbahn. 7) Wien-Gloggnitzer Eisenbahn. 8) Oesterr. südliche Staats-Eisenbahn.
Köln, den 8. Januar 1849.
Die Direktion der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft.
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Konzessionirtes Vaudeville-Theater.
Mittwoch den 24. Januar 1849:
Das war ich.
Lustspiel in 1 Akt von Ruth.
Hierauf:
K[unleserlicher Text]ck und Juste.
Vaudeville in 1 Akt von Friedrich.
Entree 10 Sgr., wofür Getränke verabreicht werden.
Kassa-Eröffnung um 6 Uhr.
Anfang 7 Uhr.
Franz Stollwerk.
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Für mehrere Apotheken Westphalens suchen zu Ostern noch Gehülfen.
A. C. Frölich et Comp. in Münster.
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Drei gut möblirte Zimmer nebst Küche auf der Marzellenstraße sind sofort zu vermiethen. Die Expedition sagt wo.
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Coaks ist wieder in sehr guter Qualität vorräthig, in der Gas-Erleuchtungs-Anstalt, Buschgasse 11.
@typejAn
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Halswick, Horndrechsler, Thurnmarkt Nr. 43 gegenüber dem Hof von Holland.
Empfiehlt sich in allen vorkommenden Artikeln seines Geschäftes.
Pfeifenköpfe und Schnupftabaksdosen mit dem gutgetroffenen Portrait Robert Blum's.
Patentpfeifen à 10 Sgr. etc.
@typeimprint
@facs1110
Der Gerant Korff.
Druck von J. W. Dietz, Unter Hutmacher 17.