[1581]
Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 280. Köln, Dienstag, den 24. April. 1849.
@typejExpedition
@facs1581
Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. ‒ Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. ‒ Nur frankirte Briefe werden angenommen. ‒ Expedition in Aachen bei Ernst ter Meer; in Düsseldorf bei F. W. Schmitz, Burgplatz; in Köln Unter Hutmacher Nro. 17.
@typecontents
@facs1581
Uebersicht.
Deutschland. Berlin. (Sitzung der zweiten Kammer.) Wien. (Vermischtes). Aus Ungarn. (Schuselka etc. Angebliche Aufkundigung des Waffenstillstandes an Piemont. Radetzki's russische Besoldung.) Ostrowo. (Bau einer neuen Citadelle in Warschau.) Posen. (Abermals polnische Landwehr nach Schleswig.) Altona. (Angebliche Marschordre nach Jütland.) Stuttgart. (Ministerkrisis. Aufregung.) Mannheim. (Brentano's Wiederwahl zum Bürgermeister.)
Polen. Krakau. (Folgen des Rekrutirungszwangs.)
Französische Republik. Paris. (Manifest des demokratischen Wahlkomités. Die Soldatenversammlung. Vermischtes. Nationalversammlung.)
Italien. (Die Reaktion.) Palermo. (Wiedereroberung Catania's durch die Sizilianer.) Lombardei. (Hinrichtungen.)
Ungarn. (Vom Kriegsschauplatz.) Hermannstadt. (Bem.)
Großbritanien. London. (Unterhaus.)
Amerika. New-York. (Polk's Annexationspläne in Betreff Cuba's. Aus Californien und Canada.)
Deutschland.
@xml:id#ar280_001
@typejArticle
@facs1581
[ * ] Berlin, 20. April.
Sitzung der zweiten Kammer.
Der Präsident macht die Mittheilung, daß der Abg. Skiba, aus Gesundheitsrücksichten, sein Mandat niedergelegt habe. Die Neuwahl wird angeordnet.
Hierauf verliest der Abg. Vinke den Bericht der Kommission zur Begutachtung des Antrages der Abg. Rodbertus und Genossen, die Deutsche Frage betreffend. Die Kommission hat den Antrag mit 11 gegen 9 Stimmen nicht als dringlich anerkennen können, weil nach Ansicht der Mehrheit zuvörderst das Ergebniß der, in Folge der Circularnote vom 3. d. M. gepflogenen Verhandlungen abgewartet werden muß, bevor die hohe Kammer zur Abgabe einer Erklärung irgend einer Art genügenden Anlaß erhält. Die Minderheit glaubt grade darin, daß jenes Resultat unbekannt und zweifelhaft ist, eine dringende Veranlassung finden zu müssen, mit den Ansichten der hohen Kammer vor den Augen des gesammten Vaterlandes in seiner wichtigsten Angelege heit hervorzutreten; sie erachtet dies um so zeitgemäßer als die in der gedachten Circularnote vorausgesetzte 14tägige Frist abgelaufen ist, binnen welcher die Regierung Sr. Majestät des Königs zur Abgabe einer bestimmten Erklärung in den Stand gesetzt zu sein meinte.
Rodbertus motivirt die Dringlichkeit seines Antrages mit kurzen Worten, denn, sagt er, wer die Dringlichkeit meines Antrages nicht fühlt, den werde ich auch durch die glänzendste Rede nicht davon überzeugen. Preußen, welches die erste Regierung hätte sein müssen, die die deutsche Verfassung anerkennt, wird nun die 33ste werden. Auch der von der Majorität der Kommission aufgestellte Grund, daß zuerst das Ergebniß der in Folge der Circularnote gepflogenen Verhandlungen abgewartet werden muß, ist jetzt weggefallen, da 30 deutsche Regierungen ihre Erklärung in dieser Sache abgegeben haben.
Camphausen sprich: ein Langes und Breites gegen die Dringlichkeit. Die deutsche Verfassung könne hauptsächlich deshalb nicht anerkannt werden, weil sie das absolute Veto gestrichen, daß es dem künftigen Reichstage daher leicht sein könne, nicht allein die Erblichkeit der deutschen Kaiser aus der Verfassung auszumerzen, sondern es ist demselben sogar die Möglichkeit gegeben, die Monarchie auf legalem Wege abzuschaffen. Eine solche Verfassung könne nicht von Preußen anerkannt werden und deshalb erklärt sich der Redner gegen die Dringlichkeit des Antrages.
Nach namentlicher Abstimmung wird die Dringlichkeit mit 216 gegen 113 Stimmen angenommen. Die gemäß gte Rechte unter Auerswald und Vincke und die Centren stimmen mit der Linken. Die Polen stimmen gegen die Dringlichkeit oder enthalten sich der Abstimmung.
Vincke verliest hierauf den Bericht der Kommission, deren Mehrheit der Ansicht ist, daß, als die Deputation der deutschen National-Versammlung dem Könige, auf Grund der verkündigten deutschen Reichs-Verfassung, die Würde eines Oberhauptes des deutschen Reiches antrug, die Räthe der Krone zur Annahme derselben, unter Voraussetzung der Zustimmung der deutschen Regierungen, hätten rathen sollen, und beantragt daher:
In Erwägung:
, daß bei den Verwickelungen der Europäischen Verhältnisse und der eigenen Lage des Vaterlandes die baldige Verwirklichung eines, den Erwartungen des deutschen Volkes entsprechenden öffentlichen Rechtszustandes in Deutschland, dringendes Bedürfniß ist;
daß es Pflicht der deutschen Einzelstaaten ist, zur baldigen Herbeiführung eines solchen Rechtszustandes nach Kräften mitzuwirken;
daß ein solcher Rechtszustand nur dann in kürzester Frist ins Leben gerufen werden kann, wenn die deutschen Einzelstaaten sich der, von der deutschen National-Versammlung beschlossenen Verfassung nicht entziehen,
erklärt die zweite Kammer:
1) daß sie den in der Circularnote vom 3. April d. J. von der Regierung Sr. Majestät betretenen Weg jetzt in seiner weitern Verfolgung zur baldigen Herbeiführung eines entsprechenden öffentlichen Rechtszustandes in Deutschland als geeignet nicht erachtet;
2) daß sie vielmehr die Annahme der von der deutschen National-Versammlung Sr. Maj. angebotenen Würde eines Oberhauptes des deutschen Reichs auf den Grund der deutschen Reichsverfassung und unter Voraussetzung der Zustimmung der deutschen Regierungen als den geeignetsten Weg betrachtet haben würde, und es als wünschenswerth bezeichnen muß, daß auf denselben, mit Rücksicht auf die gegenwärtige Sachlage wieder eingelenkt werde.“
Vincke fügte seinem Bericht hinzu, wie er sich bitter über das Ministerium und besonders über den Minister der auswärtigen Angelegenheiten beklagen müsse, weil sie diese wichtige, doch jedenfalls innere Angelegenheiten betreffende Sache, so vernachlässigen, daß es der Minister nicht für angemessen gefunden, der Kommission die gewünschten Eröffnungen zu machen; er schickte vielmehr einen Legitimationssekretär, der nicht das Geringste mittheilte.
Arnim, Minister der Auswärtigen erklärt, daß er von Amtsgeschäften abgehalten wurde, selbst in der Sitzung der Kommission zu erscheinen, daß er sich aber nicht veranlaßt fühlte, die an Camphausen ertheilte Instruktion mitzutheilen.
Ministerpräsident Brandenburg nimmt das Wort: In Erwägung der Wichtigkeit der Erklärung des Ministers werden Sie erlauben, daß ich dieselbe ablese.
ad 1) „Die Regierung Sr. Majestät ist sich bewußt, daß sie den von ihr in der Circularnote vom 23. Januar betretenen, von beiden Kammern gebilligten Weg nicht verlassen hat, und daß sie demselben insgesondere auch in der Circular-Depesche vom 3. d. M. getreu geblieben ist.
ad 2) Die Regierung Sr. Maj. hat von jeher den lebhaften Wunsch gehegt, daß es gelingen möge, alle deutschen Staaten zu einem Bundesstaate zu vereinigen. Sie kann es daher nur schmerzlich bedauern, daß eine solche Vereinigung in bekannten Verhältnissen für jetzt ein unübersteigliches Hinderniß gefunden hat, und erblickt darin eine Täuschung ihrer eigenen Hoffnungen. Sie würde aber glauben, mit den von beiden Kammern in den Antwortadressen auf die Thronr de angedeuteten Wünsche in Widerspruch zu treten, wenn sie sich durch die angegebenen Verhältnisse wollte abhalten lassen, ihre Bestrebungen auf die Bildung eines engeren deutschen Bundesstaats zu richten.
ad 3) Daß die von der deutschen Nationalversammlung beschlossene Verfassung zu ihrer Rechtsgültigkeit der Annahme der deutschen Regierungen bedarf, ist schon öfter und zuletzt in dem Berichte der Commission überzeugend nachgewiesen. Die Regierung S. Maj. hat in Folge der Circularnote vom 23. Januar im Verein mit vielen andern deutschen Regierungen die von ihr für nothwendig erachteten Abänderungen der Verfassung, wie sie aus der ersten Lesung hervorgegangen war, zur Kenntniß der deutschen Nationalversammlung gebracht. Sie gab sich der Hoffnung hin, daß es auf diesem Wege gelingen werde, der Verfassung eine Gestalt zu verschaffen, in welcher sie zur Annahme geeigneter gewesen wäre. Leider! leider ist di se Hoffnung nicht in Erfüllung gegangen. Die von der Regierung Sr. Maj. in Gemeinschaft mit andern deutschen Regierungen aufgestellten Erinnerungen sind bei der zweiten Lesung der Verfassung größtentheils ganz! ganz unberücksichtigt geblieben. Dieselbe hat überdies bei der zweiten Lesung noch einige Abänderungen erlitten, welche die Regierung Sr. Maj. nur für höchst nachtheilig erachten kann. Die Nachtheile, welche demnach mit der Annahme der Verfassung verbunden sein würden, sind der pflichtmäßigen und gewissenhaften Ueberzeugung des Ministeriums zufolge so überwiegend, daß dasselbe sich außer Stande befindet, Sr. Maj. dem Könige die unbedingte Annahme der in Frankfurt beschlossenen Verfassung zu empfehlen. Das Ministerium glaubt vielmehr, daß diese Annahme von einigen Abänderungen abhängig gemacht werden muß.“
(Diese Erklärung ist wortgetreu nach stenographischer Mittheilung.)
Der Ministerpräsident fügte noch einige hochtrabende Phrasen hinzu und schloß, „daß das Ministerium die deutsche Verfassung, wie sie jetzt vorliege, niemals anerkennen werde, niemals! niemals!
Bismark-Schönhausen, Kleist-Retzow etc. tragen auf Tagesordnung an. ‒ Bismark spricht in einer längern, oft durch ironischen Beifall der Linken unterbrochenen Rede, welche aus den Artikeln der „Neuen Preußischen“ zusammengesetzt scheint, für die einfache Tagesordnung. Er wolle nicht, daß „sein König“ der Vasall der Meinungsgenossen der H. H. Simon und Schaffrath werde. Er vertrete die alte Churstadt Brandenburg und finde darin schon ein Motiv gegen den Antrag zu stimmen. Preußen könne auch allein bestehen und Deutschland Gesetze geben, ohne sie von Frankfurt zu empfangen.
v. Berg spricht kurz gegen die Tagesordnung. „In einer Zeit der allgemeinsten Spannung, wo muthige Manner zum Schwerte greifen, wollen Sie zur Tagesordnung übergehen?“ (Beifall).
Die Tagesordnung wird verworfen. Nur die äußerste Rechte und die Ultramontanen stimmen für dieselbe.
Es werden nun die verschiedenen Amendements und motivirten Tagesordnungen vorgelesen.
Arnim-Boitzenburg gegen den Antrag. Der Redner stützt sich besonders auf die frühern Adressen etc., spricht aber sehr gedehnt und viel schwächer als gewöhnlich, so daß seine Rede nicht den geringsten Eindruck macht.
Rodbertus: Mein Antrag will der verderblichen Politik des Ministeriums ein Ende machen und es hat mich die Mittheilung des Herrn Ministers, der eine Cabinetsfrage gemacht hat, nur darin bestärkt. Wir haben heute auszusprechen, welche Politik wir ergreifen wollen, eine wahrhaft deutsche oder undeutsche, damit wir die erkennen, welche die Deutschheit auf den Lippen, aber nicht im Herzen tragen. Mein Antrag will die Politik des Ministeriums seit dem 23. Januar verdammen: die Politik der Vereinbarung. Diese ist nicht mehr möglich, da die Nationalversammlung nicht mehr vereinbaren kann. Wir könnten also höchstens wie früher Gegenkaiser, jetzt Gegenverfassungen bekommen. Sie werden dadurch die Meinung erwecken, daß die Einheit Deutschlands nur durch radikalen Umsturz aller Cabinete erreicht werden kann, das Volk wird den Fürsten nie verzeihen, daß die Einheit an ihrem Widerstand scheitert. Der erste Satz meines Antrages richtet sich gegen die Note vom 3. d. M. Der 2te will keineswegs die Einverleibung Oestreichs, es kann nur in völkerrechtlichem Verbande mit uns sein. Sie werden Rheinland und Westphalen nie verhindern, sich Deutschland anzuschließen, wenn Sie die deutsche Verfassung verwerfen und Sie werden Preußen alsdann in den nordöstlichen Winkel zurückschrauben. Die äußeren Verhältnisse sind günstig, alle Länder, welche feindlich sein könnten, haben tiefe Wunden. Auch das Recht ist auf Seite der Anerkennung. Die Mehrzahl des Volkes in allen deutschen Kammern sprach sich dafür aus… Es liegt uns eine Frage vor, fast zu groß für ein Geschlecht, welches aufgewachsen ist in einem zerrissenen Deutschland und unter der Polizeiwirthschaft. Aber, meine Herren, erheben Sie sich an der großen Vergangenheit zum Niveau der Anerkennung der deutschen Verfassung. Thun Sie es nicht, so wird Deutschlands und Preußens Stern erbleichen. Gewiß wird er wider glänzen, aber nach so blutigen Krisen, daß wir Alle darin verschlungen werden. (Beifall.)
Kleist-Retzow in gewohnter Dramburger (Wahlort des Abgeordneten) Beredtsamkeit gegen den Antrag und für Arnims Tagesordnung.
v. Berg für den Rodbertusschen Antrag.
Minister Manteuffel: Der Abgeordnete Berg hat gesagt, man solle nicht mit uns gehen, weil unsere Politik undeutsch sei, wir halten sie für deutsch. Auch wir erkennen die hohe Wichtigkeit dieser Stunden, wir erkennen die Schwere unserer Verantwortung, aber wir sind auch überzeugt, sie mit Ehren zu tragen ‒ Es ist gesagt worden, wir befänden uns in einem Zustand voller Gefahren. Es ist wahr. Aber daraus folgt, daß in so gefahrvollen Zeiten Consequenz nothwendig ist, und dieser Weg wird uns auch am Schnellsten zum Ziele führen. ‒ Es ist ferner gesagt worden, Preußen könne jetzt zugreifen, alle Staaten seien tief verwundet. M. H., wenn es wahr wäre, daß Oestreich so sehr geschwächt ist, das wäre eben ein Motiv für mich mehr, unter keiner Bedingung dahin zu rathen, daß die Rechte des Kaisers von Oestreich irgend wie verletzt würden. Und wenn mich etwas hätte bewegen können, die Anerkennung der deutschen Verfassung anzurathen, so wäre es die östreichische Note gewesen. ‒ M. H., während Deutschland zerfiel, hat sich Preußen immer kräftiger erhoben. Wir wollen also dies kräftige, engere Vaterland bewahren, wir wollen es nicht eher aufgeben, bis wir des ganzen Deutschlands gewiß sind! (Bravo rechts, Zischen links.)
Wollheim für den Antrag Rodbertus.
Graf Schwerin gegen den Antrag und für sein Amendement. Er ergeht sich in ziemlich wohlfeilem Spott und durch und durch schlechten Witzen über die früheren Redner. Bald ist er ganz wieder der pommersche Bauer, dessen Späße nach der Kneipe, nach Tabak und Schnaps riechen. Die Rechte klatscht Beifall. Er will aber die Anerkennung aus Nützlichkeitsgründen, glaubt jedoch nicht, daß das Ministerium abtreten müsse, wenn es mit den Ansichten der Kammer nicht übereinstimme. Er kritisirt die deutsche Verfassung, und meint unter Anderm, das Volk sei beim allgemeinen Wahlrecht eine Heerde etc. etc. ‒ Der Schluß der Debatte wird angenommen.
Schulze (Delitzsch) als einer der Antragsteller meint, die Wähler des Hrn. Grafen würden ihm dankbar sein, daß er sie, welche ihn gewählt haben, eine Heerde nenne. ‒
Es giebt ein geschichtliches Recht, das der Nothwendigkeit und das muß anerkannt werden. Haben nicht die Fürsten ihre Souveränetät aus dem Verfall der alten Reichsverfassung? Möge das Wort, welches uns vom Ministertisch zugerufen wurde, das dreimalige „Niemals“ nicht ein gleiches Schicksal haben, wie das 1847 auf dem vereinigten Landtage. Solche Worte weht der Hauch der Geschichte hinweg. ‒ Die Geschichte der letzten Jahrhunderte zeigt einen fortwährenden Verrath der Cabinete an den Völkern. Findet der auch jetzt statt, so wird Deutschland entweder erstarren wie das himmlische Reich der Mitte oder es wird sich blutig erheben. Schützen Sie sich wenigstens vor der Mitschuld an der schwersten Sünde vor dem an dem Volk begang nen Verrath!
Vinke, als Referent. Ich bin heute in der eigenthümlichen Lage mit den Abgg. zu stimmen, mit welchen ich sonst nicht zu stimmen pflege und gegen die, mit denen ich in andern Fragen auch ferner übereinzustimmen hoffe. Er beweist aus dem Protokoll des Bundestages, daß an keine Octroyirung von Seiten der Regierungen gedacht werden darf und daß nichts übrig bleibe als die deutsche Verfassung, so wie sie jetzt ist, anzuerkennen.
Endlich kommt man zur Abst mmung. Alle Amendements werden verworfen, nur der 3. Satz des Antrags Rodbertus:
„Daß die Kammer vielmehr ihrerseits die von der deutschen National Versammlung vollendete Verf., so wie sie nach zweimaliger Lesung beschlossen worden, als rechtsgültig anerkennt und die Ueberzeugung hegt, daß eine Abänderung derselben nur auf dem von der Verfassung selbst vorgesehenen Wege zulässig ist,“
wird mit 175 gegen 153 Stimmen angenommen.
(Schluß der Sitzung.)
Zu dem Antrage der Abgeordneten Rodbertus und Genossen.
Graf Arnim und Genossen: Die hohe Kammer wolle beschließen:
I. In Erwägung,
a. daß nach dem Bundesbeschluß vom 30. März und 7. April v. J. und dem Mandate der preußischen Abgeordneten zur deutschen National-Versammlung der Weg der Vereinbarung zwischen ihr und den Regierungen zur Herbeiführung eines öffentlichen Rechtszustandes in Deutschland vorgezeichnet war,
b. daß, nachdem die Adresse der Kammer vom 13 März die Bildung eines engeren Bundesstaates bis zur Vereinigung aller deutschen Staaten in denselben begehrt, die Kammer denselben nicht für eine Täuschung der Erwartung Deutschlands erklären kann,
c. das aus dem sub a angeführten Grunde die deutsche Verfassung ohne die Zustimmung der Regierungen der Einzelstaaten in diesen nicht rechtsgültig ist,
geht die Kammer über den Antrag der Abgeordneten Rodbertus und Genossen, und
II. In Erwägung,
a. daß die sämmtlichen deutschen Regierungen, welche sich bis jetzt für die Uebertragung der erblichen Würde des Oberhauptes des Bundesstaates auf die Person Sr. Majestät erklärt haben, in ihrer Kollektivnote vom 14. d. M. in Beziehung auf den in der Cirkularnote vom 3. April betretenen Weg ausdrücklich ihre höchste Anerkennung des Verfahrens der preußischen Regierung ausgesprochen haben;
b daß die Einlenkung in den Weg einer Annahme dieser Würde unter Voraussetzung der Zustimmung der deutschen Regierungen gegenwärtig schon aus dem Grunde unthunlich ist, weil 29 Regierungen offiziell ihre Erklärungen bereits abgegeben haben;
c. daß endlich vor einer weiteren Aeußerung der Kammer die Mittheilung der Regierung über den Erfolg der Verhandlungen ihres Bevollmächtigten in Frankfurt abzuwarten ist,
geht die Kammer über den Antrag der Kommission zur Tagesordnung über.
Graf v. Arnim. Frhr. v. Kleist (Schweinitz). Urlichs. Küpfer. Schwarz (Lublinitz, Gr Strelitz). v. Plotz. Meyer (Friedeberg). Scheidt. Bodelschwingh. v. Meusebach. v Bismark. Sack. Graf Poninski (Löwenberg). Hoeppe Keller. Elwanger. Breithaupt. v. Heidenreich. Leonhardt. Wallmuth. v. Werdeck. v. Dewitz. Peltzer (Lennep). Krahn. Ambronn. Kellner. v Bülow. v. Kleist-Retzow. v. Griesheim. v. Rabe.
Amendements zu dem dringlichen Antrage des Abgeordneten
Rodbertus.
Für den Fall, daß die hohe Kammer die Dringlichkeit dieses Antrages anerkennen sollte, möge dieselbe beschließen:
In Erwägung,
daß Se. Majestät der König in der der Deputation der deutschen National-Versammlung ertheilten Antwort die ihm angetragene Uebernahme der Würde eines Oberhauptes an die Bedingung des freien Einverständnisses der deutschen Regierungen geknupft; das königl. Staatsministerium aber in der Cirkularnote vom 3. d. M., dies näher erläuternd, ausdrücklich erklärt, daß Se. Majestät der König bereit sei, an die Spitze desjenigen deutschen Bundesstaates zu treten, der aus den Staaten sich bildet, welche demselben aus freiem Willen sich anschließen,
in fernerer Erwägung aber,
daß die überwiegende Mehrzahl der deutschen Regierungen in Folge der durch die oben erwähnte Cirkularnote von Seiten Preußens an sie ergangenen Aufforderung nicht nur sich bereit erklärt hat, die von der deutschen National-Versammlung beschlossene Verfassung unverändert anzunehmen, sondern auch ihr freies Einverständniß dahin zu erkennen gegeben hat, daß Se. Majestät der König die ihm auf Grund dieser Verfassung angetragene Würde eines Oberhauptes des deutschen Bundesstaates annehmen möge, und
in endlicher Erwägung,
daß bei den Verwickelungen der europäischen Verhältnisse und der eigenen Lage des Vaterlandes die baldige Verwirklichung eines den Erwartungen des deutschen Volkes entsprechenden Rechtszustandes in Deutschland dringendes Bedürfniß ist,
erklärt die Kammer, daß sie nunmehr den Augenblick für gekommen erachtet, in dem auch von Seiten Preußens die Annahme der deutschen Verfassung erfolgen könne; so wie, daß sie demnach den Wunsch hege, daß Se. Maj. der König sich der Uebernahme der ihm von Seiten der deutschen National-Versammlung und der deutschen Regierungen auf Grund dieser Verfassung angetragenen Würde eines erblichen Oberhauptes des deutschen Bundesstaates nicht länger entziehen wolle.
Graf v. Schwerin. Krause. Hartmann v. Hagen. Hei[unleserlicher Text]e (Cammin). v. Ramin v. Wedell. Asch. Ebert. Stolle. Koegel. Stiehl. Stettin. Treplin. v. Negelein. Poppeburg. Boltze. Kießling. Moecke. Jordan. Seiffert. Ostermann: Harkort. Graf Zieten. Müller (Siegen). Menzel. Troska. Thiel (Lennep). Etzdorf. v. Münchhausen. [1582] ad 3, hinter die Worte „zulässig ist“ zu setzen:
und den dringenden Wunsch ausspricht, daß die Staatsregierung diese Verfassung gleichfalls als rechtgültig anerkenne, und Se. Majestät der König auf Grund derselben die erbliche Kaiserwürde annehmen wolle.
Berlin, den 20. April 1849.
v. Salzwedell. v. Rohrscheidt. Schörplenberg. Hatzfeldt. Immermann. Daubert. Klein. Wentzel (Ratibor). Graf Hompesch. Fritsch. Naumann. Heyland. Koerber. Reuter
Im Abschnitt 3 nach den Worten ‒ „beschlossen worden“ ‒ folgenden Passus einzuschalten:
unbeschadet der dem Großherzogthum Posen durch die Verträge vom Jahre 1815 und königliche Verheißungen garantirten besonderen Rechte.
Berlin, den 20. April 1849
Libelt. Lisiecki. Wedzicki. Lipski. Poninski (Wreschen). Kaliski. Janiszewski. Piegsa. Cybulski. Sulerzyski. Schaffranck. Palacz. Jackowski. Szumann. Richter (Berent, Stargard). Mielzynski. Bartoszkiewicz.
@xml:id#ar280_002
@typejArticle
@facs1582
[ 61 ] Wien, 18. April.
Aus nachstehendem Aufruf an die k. k. Armee in Ungarn vom Oberkommandanten Welden ersieht man, wie auf die niedrigste Weise er seine Feinde, die Ungarn, schimpft und schmäht, sie das Spielwerk feiler Polen nennt, vom Brennpunkte der ungarischen Bewegung, Kossuth, gänzlich schweigt, von Kampf auf Leben und Tod poltert, und dennoch wie ein Ohnmächtiger, diesem gehaßten Feinde gleich darauf versöhnend die Hand, dem irregeleiteten Bruder bietet.
„An die k. k. Armee in Ungarn!
Mit der Führung der militärischen Operationen der Armee in Ungarn von Sr. Majestät beauftragt, wird es die einzige Aufgabe meines Lebens bleiben, mich des Vertrauens unseres geliebten Kaisers würdig zu zeigen.
Mit Vertrauen trete ich auch unter Euch, meine braven Kriegsgefährten! Wird doch mein ganzes Wirken nur durch Eure Mithülfe bedingt; sie besteht in der Intelligenz, Umsicht und Entschlossenheit der einzelnen Führer, vorzüglich dort, wo sie selbstständig zu handeln haben; in dem Muthe, der unbegränzten Hingebung von Seiten der Offiziere und der Mannschaft. Doch zu wem spreche ich? Ihr seid ja Oesterreichs tapfere Soldaten, getreu in Noth und Tod, vom Ticino bis an die Donau dieselben von der halben Welt angestaunten Helden, die mit ihrem Herzblute die Monarchie gerettet.
Ihr könnt nur siegen oder sterben! Es ist die gerechte Sache, für welche wir fechten, und der Himmel wird sie nicht untergehen lasse.
Seht! was uns gegenübersteht; es sind verruchte Bösewichter; der Auswurf aller Völker, die eine ganze Nation betrügen und ihren selbstsüchtigen Plänen opfern, die ein gesegnetes Land, das sonst edle Ungarn, jetzt das Spielwerk feiler Polen, auf ein Jahrhundert in eine Wüste verwandeln. Mit ihnen also Kampf auf Leben und Tod! versöhnend aber noch einmal die Hand dem irregeleiteten Bruder geboten.
Bisher konnte der Krieg in Ungarn noch nicht so erfolgreich geführt werden, als es der heiße Wunsch des hohen Führers war, der die edelsten Proben unbegränzter Hingebung für den Staat gegeben; denn je ausgedehnter die Landesstrecke wurde, welche die Armee bei ihrem Vorrücken zu besetzen hatte, destomehr mußten unsere Streitkräfte jenen des Feindes nachstehen, als auch die bereits eroberten Punkte bei der noch immer durch die Rebellen erhaltenen Aufregung besetzt bleiben mußten.
Dagegen konnte der Feind sich nach allen Richtungen hin unbesorgt bewegen; er fand überall Verräther, welche die schlechte Sache unterstützten, und erhielt so selbst Auskünfte über unsere Pläne; in der Wahl der schändlichsten Mittel nie verlegen, Raub und Mord in seinem Gefolge, wußte er durch Schrecken selbst die Friedlichsten zur Beihülfe zu zwingen.
So bestehen wir, die wir nur auf der Bahn des Rechtes und der Ordnung vorgehen wollen, einen ungleichen Kampf, und doch, wir müssen siegen, wir setzen ja unser Leben, und was noch mehr ist, unsere Ehre ein!
Darum vorwärts! Meine getreuen Kameraden! Dies sei unser Wahlspruch!
Welden,
Feldzeugmeister und Armee-Oberkommandant.
@xml:id#ar280_003
@typejArticle
@facs1582
[ 61 ] Wien, 18. April.
Noch immer dasselbe Schweigen jedweden Organes über die neuesten Ereignisse in Ungarn. Die Bevölkerung Wiens wartet mit gespanntester Neugier auf befriedigende Nachrichten, so manche Familie ist in Angst um ein theures Leben, welches gegen seinen Willen mit in den unheilvollen Bruderkampf zu ziehen gezwungen wurde. Glaubwürdigen Nachrichten von reisenden Privaten zufolge dürfte es vor der Hand für die österreichischen Waffen sehr schlecht sich gestalten, da die Ungarn sich immer mehr vermehren, je weiter sie westwärts dringen, besonders schließt sich ihnen in jenen Gegenden und Orten alles Waffenfähige an, welche bereits die Militärherrschaft der österreichischen Soldateska gekostet haben; die ungarischen Heere sollen nicht im entferntesten so raub- und mordlustig, so disciplin- und gesetzlos sein, wie sie von den Regierungs- und Bourgeois-Organen ausgeposaunt werden. Natürlich requiriren sie an allen Orten ihres Erscheinens Lebensmittel, und Kämpfer, etwas unsanft, was sich aber von selbst versteht, es geht einmal nicht anders im Kriege, von der Luft können Armeen nicht leben, und zudem machen es die k. k. österreichischen Truppen nicht um ein Jota besser, wie wir in Wien die zeugendsten Beweise haben.
In den an Oesterreich angränzenden Komitaten wurde von Seiten der Behörden den Bewohnern wegen Annäherung der Insurgenten anempfohlen, ihre Habseligkeiten und werthvollen Effekten zu verstecken und zu verwahren.
Dem Vernehmen nach soll Kossuth jetzt viel Silbergeld prägen. Das Silber zu seiner Münze bezieht er von der polnischen Aristokratie und von den Kirchenschätzen in Ungarn. Bei einer religiösen Feierlichkeit, wo die Magyaren von Kossuth's Reden enthusiasmirt wurden, wollten sie ihn als König von Ungarn krönen, da er die ungarischen Reichsinsignien mit sich führt, was er jedoch nicht annahm, und erwiderte, daß er nie einen so frechen Griff nach der Krone des heil. Stefan machen werde. An Geschützen sollen die Ungarn den österreichischen Truppen weit überlegen sein. Die Sympathien für die Sache der Ungarn ist hier in Wien unbegränzt. Des Nachts vernimmt man häufig den Ruf: „Eljen Kossuth!!
Schuselka heirathet die Schauspielerin Madame Brüning. Dieselbe war zuletzt beim Direktor Carl, dessen Maitresse sie war, engagirt; sie ist schon ziemlich alt, häßlich, hat 5 Kinder, jedes von einem andern Liebhaber; ist eine von den Weibern mit schwarzem Gaumen, von denen man sagt, sie seien die bösesten. Es ist daher ganz Wien ob des Entschlusses des Schuselka erstaunt, da sie außerdem nicht einmal ein großes Vermögen besitzt, bis auf eine Villa in Hitzing bei Wien, welche sich die Kluge vom Schauspieldirektor Carl als Repressalie für ihre körperliche Hingebung zuschreiben ließ. Der große Geist scheint sich jedoch über alles das hinauszusetzen. Nach der Verehelichung sollen sie nach Hamburg reisen.
@xml:id#ar280_004
@typejArticle
@facs1582
[ ** ] Wien, 19. April.
Es verbreitet sich hier das Gerücht daß der Marschall Radetzki der Waffenstillstand mit Piemont gekündet hat, und am 20. die Feindseligkeiten wieder zu beginnen beabsichtigt. Die Veranlassung hierzu soll die Verweigerung der Aufnahme einer östreichischen Garnison in Alessandria, die Nichtzahlung der Kriegskontribution, die fortdauernde Anwesenheit Albini's im adriatischen Meere, und die Zurückberufung des zu den Friedensunterhandlungen bestimmten, angeblich zu östreichischgesinnten Grafen Revel, und dessen Ersetzung durch Licci, einen Anhänger Gioberti's sein. Obiges Gerücht entbehrt jedoch bis Dato noch jeder Bestätigung.
Nach einer Notiz des „Soldatenfreundes“ beträgt das Jahresgehalt, welches Feldmarschall Radetzki als Feldmarschall aller russischen Heere zu beziehen hat, nicht weniger als 80,000 R. S. (130,000 Fl.)
Der Gemeinderath der Stadt Wien bildet die Wiener zu herrlichen Spitzl und Denuncianten heran, nämlich da er, der Gemeinderath, noch viele Waffen im Publikum vermuthet, so beschloß er, demjenigen, welcher ein verheimlichtes Waffendepot anzeigt, unter Verschweigung seines Namens, 10 pCt. des Werthes der vorgefundenen Waffen als Belohnung auszuzahlen, und selbe noch bedeutend zu erhöhen, wenn hierbei Umstände an's Tageslicht kommen, welche die Sicherheit Wiens gefährden könnten.
Venedig wird demnächst zu Lande und zu Wasser angegriffen werden. Der Vize-Admiral F.-M.-L. Dahlerup wird die Angriffe zur See im Einklange mit den Operationen des F.-M.-L- Baron Haynau am Land leiten. Das Hauptquartier des letztgenannten Generals wird in die nächste Umgebung von Mestre verlegt. Fürst Schwarzenberg hat den Vertreter der französischen Republik allhier amtlich vom Wiederbeginn der Blokade Venedigs in Kenntniß setzen lassen. Ferner um das Fort Malghera wird ein Armeekorps von 25,000 Mann mit einem Belagerungstrain von 80 schweren Geschützen konzentrirt. Man erwartet nur noch die Beischaffung des nöthigen Artilleriematerials, um unverzüglich zur Auswerfung der Laufgräben zu schreiten. Der Ingenieur, Oberstlieutenant Khautz, leitet die Belagerungsarbeiten.
@xml:id#ar280_005
@typejArticle
@facs1582
[ 61 ] Wien, 19. April.
Die Truppen-Konzentrirung nach Ungarn wird ununterbrochen fortgesetzt, Tag und Nacht nichts wie Trommelschlag und Trompetenstoß; aus Prag, Brünn, Olmütz, Linz, Salzburg und Innsbruck marschiren Truppen aller Waffengattungen hier durch nach Ungarn, um den letzten mitteleuropäischen Revolutionskampf zu unterdrücken. Der ungarische Kriegsschauplatz nähert sich immer mehr der östreichischen Gränze, namlich der Leitha, was sich dadurch bestätigt, daß von Seite der Militärbehörde die Befahrung der Wien-Bruckerbahn eingestellt ist. Zur gewissenhaften Befolgung dieser Maßregel bivouakiren beim Wiener Bahnhofe Truppenabtheilungen schon einige Tage im Freien. Ein Reisender von Pesth versicherte, daß von dort bis auf Schwechat bei Wien nichts wie Militär sammt Geschützen auf und neben den Straßen zu sehen ist. Trotz dieser angeblich anschwellenden Heeresmacht werden die Ungarn bei ihrem Heldenmuth und ihrer Ausdauer endlich dennoch siegen. Der Stand der k. k. Armee in Ungarn wird auf 90-100,000 Mann angegeben, davon stehen beiläufig 50,000 Mann bei Pesth; hinter Gran 7 Brigaden (?), die sich von Waitzen dorthin zurückgezogen haben. Diese 7 Brigaden stehen unter dem Kommando des F.-M.-L. Wohlgemuth, und sind beiläufig 25,000 Mann stark(!) Die 12 Bataillone, die aus Galizien nach Ungarn unter F.-M.-L. Vogel einrücken sollen, sind sicher 10,000 Mann stark. Rechnet man hiezu das Belagerungskorps von Komorn und die Truppen bei Peterwardein unter Rugent (die sich aber weit vom Schuß halten), so dürfte an 100,000 Mann wenig fehlen.
So eben erscheint folgende Kundmachung:
Da beunruhigende Gerüchte in Bezug der Cernirung der Festung Komorn zirkuliren, so findet man sich veranlaßt, zu versichern, das nicht nur die Cernirung besagter Festung und Beschießung fortgesetzt, sondern daß es auch gelungen ist, die Brücke, welche die Festung mit dem Brückenkopfe am rechten Donau-Ufer verbindet, zu zerstören. Hierdurch ward die Eroberung dieses Brückenkopfes bedeutend erleichtert, wonach auch der Fall der Festung als näher gerückt angesehen werden kann.
Wien, am 18. April 1849.
Kommandirender General in Nieder- und Ober-
Oestreich und Civil- und Militärgouverneur-
Stellvertreter, Fr. v. Böhm, F.-M.-L.
Wenn die Gefahr am größten ist, fängt man an, das Publikum zu trösten. Noch einmal, wie ich vorne bemerkte, warum wird die Wien-Bruckereisenbahn nicht befahren, und warum ist der Bahnhof in Wien besetzt??!
@xml:id#ar280_006
@typejArticle
@facs1582
Ostrowo, 16. April.
Nach einer heute hier eingegangenen Nachricht wird in Warschau eine zweite Citadelle gebaut und schon stark daran gearbeitet.
Nach Kalisch ist gestern ein Pulvertransport von 150 Centnern eingegangen, es heißt, der Kaiser kommt nach Kalisch, wann, ist noch unbestimmt.
@xml:id#ar280_007
@typejArticle
@facs1582
Posen, 18. April.
Unstreitig besitzt unsere Provinz noch viel zu viel Arbeitskräfte für seine Produktion, und viel zu wenig darbende und brodlose Familien; wenigstens ist das Kriegsdepartement in Berlin der Meinung, daß es ohne Schaden noch einige Landwehr für den deutsch-preußischen Krieg in Schleswig-Holstein stellen könne. Ein Theil der bei der letzten Einziehung hier noch zurückgebliebenen Landwehr hat jetzt nämlich die Aufforderung erhalten, sich am nächsten Montage zu stellen, und wie uns versichert wird, soll an diesem Tage auch sofort die Einkleidung und Absendung zu dem Reservekorps in Schleswig erfolgen. Bei der Lage des Krieges in Schleswig muß die Nachsendung von größeren Massen Landwehr allerdings auffallen und man ist wohl berechtigt, sie nicht als eine Kriegsnothwendigkeit, sondern als Präventivmaßregel gegen befürchtete politische Eventualitäten zu betrachten.
@xml:id#ar280_008
@typejArticle
@facs1582
Altona, 19. April (Abends).
Ein Schreiben von einem bei unsern Vorposten an der Königsau stehenden Militär theilt in einem Postscript mit, daß bei Abgang des Schreibens die Marschorde nach Jütland ergangen sei.
[(N. Fr. P.)]
@xml:id#ar280_009_c
@typejArticle
@facs1582
Edition: [Friedrich Engels: Schleswig-holsteinische Armee jenseits von Ostorp, vorgesehen für: MEGA2, I/9. ]
[ * ] Aus Schleswig-Holstein, 17. April.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
@xml:id#ar280_010
@typejArticle
@facs1582
[ * ] Stuttgart, 19. April.
Auch hier Ministerkrisis! Ursache: die sogenannte Reichsverfassung und der schwarzweiße Kaiserhomunculus. Das Ministerium Römer will Anerkennung aller Beschlüsse des Froschteichs, Ex-Fräulein Stubenrauch und der würtembergische Landesvater wollen nicht.
Wie's das heurige Jahr mitbringt, wird wohl ein auch in seinen Autecedentien makelloses Kabinet der Reaktion zu Stande kommen. Mit den Volksvertretern würde dann verfahren werden, wie in Baiern. Es bliebe dann blos der Spaß übrig zu untersuchen, wer die gottbegnadeten Fußtritte und Maulschellen ergebner und graziöser hingenommen: die Schwaben oder die Baiern?
@xml:id#ar280_011
@typejArticle
@facs1582
Stuttgart, 19. April.
Ich zeige Ihnen in Eile an, daß unsere Hauptstadt in ungeheurer Aufregung ist. Das Ministerium Römer soll in Masse seine Entlassung eingereicht haben, da, nach einer höchst stürmischen Sitzung der König sich nicht unbedingt den Beschlüssen der Nationalversammlung unterordnen will. Der Wind weht von Norden, und die Prinzeß Marie soll namentlich ihren Einfluß geltend machen. Die Stimmung ist sehr düster und Einer läuft dem Andern entgegen, um Genaueres zu hören.
Der Volksverein in Stuttgart hat sich, als Centralverein, für permanent erklärt; der vaterländische Verein hat eine neue Bürgerversammlung zusammen berufen. Die Weingartenbesitzer sind besonders zu einer Berathung aufgefordert.
(Wie in Frankfurt einlaufende Gerüchte besagen, hätte sich der gottbegnadete Landesvater von Würtemberg aus Stuttgart entfernt.)
@xml:id#ar280_012
@typejArticle
@facs1582
Mannheim, 20. April.
Bei der heute stattgehabten Wahl eines ersten Bürgermeisters unserer Stadt, an die Stelle des von der Regierung nicht bestätigten gewählten Bürgermeisters Brentano, ist Brentano abermals gewählt worden.
Polen.
@xml:id#ar280_013
@typejArticle
@facs1582
Krakau, 16. April.
Die Vorgänge in Folge des Rekrutirungszwanges am Lande bei uns, besonders in dem Städtchen Chrzanow, die in unserer Stadt bereits seit mehreren Tagen unter dem Namen der Chrzanower Bauernrepublik das Stadtgespräch bilden, erhalten mit jedem Tage ein ernsteres Ansehen. Zwei Tausend Bauern sollen in dem bei 3 Meilen langen Walde bivouaquiren, ‒ vier Personen, ein k. k. Offizier, ein Geistlicher und zwei Civilbeamten, die sie zur Nachgiebigkeit zu bewegen suchten, bekamen zur Antwort: „Wir wollen lieber hier, als in Ungarn sterben, was haben uns die Ungarn gethan!“ Gestern brachte man von dort zwei todte und sechs verwundete Soldaten herein, und täglich schließen sich von hier aus eine Menge junger Leute, von verschiedenen Klassen, die sich hier nicht sicher fühlen, den Bauern an; denn auch bei uns in der Stadt scheint seit einigen Tagen das Ausnahmsgesetz für Krakau, die freiwillige Werbung nämlich, keine Geltung mehr zu haben, und ganz ungenirt werden junge Leute bei Nacht aus ihren warmen Betten gezogen und den andern Tag als Vaterlandsvertheidiger aus der Stadt geschafft; besonders beklagen sich die armen Juden, daß ihnen ihre Jungen nicht nur bei Nacht und Nebel zu Zwanzigen entführt, sondern seit gestern bei helllichtem Tage auf offener Straße zusammengefangen werden. ‒ Soeben geht eine Kompagnie Soldaten und eine entsprechende Anzahl Kavallerie nach Chrzanow ab. ‒ Vorgestern will man hier mehrere russische Offiziere gesehen haben, und heute spricht man davon, daß in der Stadt von mehreren Gutgesinnten und Furchtsamen Unterschriften zur Einladung der Kosaken gesammelt werden.
Französische Republik.
@xml:id#ar280_014
@typejArticle
@facs1582
[ * ] Paris, 21. April.
Das sozial-demokratische Wahlcomité des Seinedepartements hat folgendes Manifest erlassen:
„Jeder Bürger, der von dem unterzeichneten Comité zum Kandidaten für die Nationalrepräsentation angenommen wird, erklärt sich durch die bloße Annahme seiner Kandidatur, im Angesicht des Volkes, ohne Rückhalt und Ausflüchte für die folgenden sechs Forderungen:
1) die Republik steht über dem Recht der Majorität;
2) wenn die Konstitution verletzt wird, haben die Repräsentanten mit dem Beispiel des Widerstandes voranzugehen;
3) zwischen den Völkern wie zwischen den Menschen herrscht Solidarität. Die Verwendung der bewaffneten Macht Frankreichs gegen die Freiheit der Völker ist ein Verbrechen, eine „Verletzung der Konstitution.“ (Siehe Nr. 2.) Frankreich ist den Nationen, welche die Tyrannei bekämpfen, zu Hülfe verpflichtet, und kann sie heute unverzüglich bethätigen;
4) das Recht auf Arbeit ist das oberste aller Rechte, das Lebensrecht. Die härteste aller Tyranneien ist die des Kapitals. Die Nationalvertretung kann und soll die Vernichtung dieser Tyrannei verfolgen;
5) in einer freien Nation muß die Erziehung für Alle frei, gemeinschaftlich, gleich und obligatorisch sein;
6) Die Rückforderung der Milliarde der Emigrirten ist eine gerechte, nützliche und ausführbare Maßregel.
„Der Candidat unterwirft sich ferner ohne Rückhalt und Ausflüchte folgenden Bedingungen:
1) Er verzichtet öffentlich und im Voraus auf jede Kaadidatur im Seine-Departement, falls das Comité ihn nicht in die Zahl der dem Volk vorzuschlagenden Candidaten aufnehmen kann;
2) Er gestattet für den Fall einer Doppelwahl, daß das Comité an seiner Statt das Vorzugsrecht ausübt.“
Der Invaliden-Gouverneur Jerome Bonaparte hat den bonapartistischen Wahlcomités erklärt, daß er keine Kandidatur annehme: „sein Alter, seine Erinnerungen, sein Rang, machen es ihm nicht anders möglich.“ Der Ex-König von Westphalen müßte sich in der That sehr drollig zwischen Marrast und den Finanzjuden des „National“ ausnehmen.
Der bekannte Clubredner Bonnard, (Ex-Präsident des früheren Redouten-Clubs der Rue Grenelle St. Honore) wurde heute vor den Assisen wegen einer Rede im Club des Brouillards zu einem Jahr Gefängniß und 1000 Frcs. Geldbuße verurtheilt.
@xml:id#ar280_015
@typejArticle
@facs1582
[ 090 ] Paris, 21. April.
Das demokratische Wahlcomite hatte für heute die Soldaten und Unteroffiziere zu einer Wahlversammlung in den Saal de la Fraternite, Rue Martel, eingeladen, damit dieselben zwei demokratische Candidaten aus der Armee wählten. Unsere Bourgeois- und Jesuitenregierung aber ist von dieser Angelegenheit wie von der Tarantel gestochen; alle Truppen sind in den Casernen consignirt, und 84 Unteroffiziere bereits verhaftet worden.
Die Versammlung sollte um 5 Uhr stattfinden, und ich kann Ihnen des Postschlusses wegen keine Nachrichten geben, ob sie durch die Maßregeln der Regierung, wie wahrscheinlich, vereitelt worden ist. Schaaren von Stadtsergeanten ziehen in diesem Augenblick nach dem Faubourg St. Denis; das Lokal und die benachbarten Straßen sind von Truppen cernirt, und zahlreiche Haufen Neugieriger strömen dorthin.
@xml:id#ar280_016
@typejArticle
@facs1582
Paris, 21. April.
Im Moniteur ein Rundschreiben des Kultusminister Falloux an sämmtliche Erzbischöfe und Bischöfe rücksichtlich besserer Verwaltung des Kirchenwesens (!).
‒ Napoleon (Jerome) Bonaparte, kaum in Madrid angelangt, ist wegen seines allzuunvorsichtigen Auftretens in Bordeaux, in Ungnade gefallen und abberufen worden. So melden mehrere Blätter.
Sein Vetter, Präsident Bonaparte, läßt zwar heute das Gerücht eines Unfriedens in der Familie widerlegen, indessen kann der Bruch nicht lange mehr ausbleiben; Napoleon (der Vetter) und seine Schwester, verehelichte Demidoff, intriguiren gar zu tölpelhaft für Gründung eines zweiten napoleonischen Weltreiches zu ihren Gunsten.
‒ Paris ist ruhig und doch sind alle Truppen konsignirt! ‥‥ um sie an der Theilnahme an der vorbereitenden Militärwahlversammlung im Fraternitätssaal zu hindern. Das demokratisch-soziale Comité hat ein Meeting ausgeschrieben, um dem Militär Gelegenheit zu geben, sich über die zwei Kandidaten zu verständigen, welche auf der Liste figuriren sollen. Zwei Unteroffiziere sind vorgeschlagen und ihre Namen gehen durch alle Regimenter; kein Zweifel, daß sie gewählt werden.
Wie wir hören, wollen mehrere Militärs die Configue forciren, und es könnte leicht Blut fließen.
‒ Der Poitierklub legt endlich dem Publikum Rechenschaft über [1583] die Papierballen ab, die er unter das Militär und das Landvolk geschleudert, um die Pest des Kommunismus zu bekämpfen.
‒ Marrast ist soweit wieder hergestellt, daß er gestern auf wenige Minuten im Saale der Nationalversammlung erscheinen konnte.
Im Operngange erzählt man sich, daß unser Pabstgeschwader bei seiner Abfahrt von Marseille gerufen habe: Es lebe die römische Republik! Tod den Oestreichern.
Die Versteinerung hierüber ist allgemein im Ministerium.
‒ Der Kassationshof, bekanntlich ganz unter Dupin'schen Einfluß, hat gestern bei Gelegenheit eines Klubprozesses zwei wichtige Fragen im reaktionären Sinne beantwortet:
a) Hat die Gemeindeobrigkeit das Recht, sich auch bei Wahl-Versammlungen durch einen Polizeikommissarius vertreten zu lassen? (Ja!!!)
b) Ist das Gesetz vom 26. August 1790, daß der Polizei ein Aufsichtsrecht aller öffentlichen Versammlungen einräumt, durch die Konstitution von 1848 und das Klubgesetz vom 28. Juli 1848 abgeschafft? (Nein!!!)
Somit darf die heilige Hermandad ihren Unfug ungestört fortsetzen.
‒ Eugen Raspail ist gestern mit 2 jährigem Gefängniß und 1000 Franken par défaut bestraft worden. Da das Urtheil par défaut gefällt wurde, so kann Raspail binnen 5 Tagen sich stellen und der Prozeß beginnt vielleicht von Neuem.
‒ Aus Italien bringt die neueste Post keine Silbe vom Einrücken der Oestreicher in's Toskanische und Römische. Es scheint also, daß Lamoriciere log, als er versicherte, daß das Ministerium Depeschen erhalten habe, welche ihm den Eintritt der Oestreicher in Florenz und Bologna anzeigen.
‒ Aus Rom meldet man vom 11. April. Mercier, Spezial-Gesandter der französischen Republik, ist von hier nach Gaëta abgereist. Man hört jetzt, daß das Pariser Kabinet der Römischen Regierung die Nothwendigkeit eines Arrangements mit dem Pabste sehr dringend an's Herz gelegt habe. Bis auf den Namen „Republik“ solle Alles gewährleistet werden u. s. w. Das Triumvirat hat dies rund abgeschlagen und scheint sich vor Radetzki's Horden nicht so sehr zu fürchten, als die Herren Barrot-Faucher. Mercier wird mit Harcourt referiren und dann erst mit Letzterem hierher zurückkehren.
‒ Der Moniteur bringt folgende neue Lüge:
Florenz, 14. April. Das neue Ministerium hat sich bereits mit den Vertretern der auswärtigen Mächte in Verbindung gesetzt. Das Dekret der Kammerauflösung trägt das Datum vom 13.
Nationalversammlung Sitzung vom 21. April. Anfang 12 1/4 Uhr. Vicepräsident Grevy.
Deslongrais verlangt, daß man alsbald über das (Aktionär) Schicksal der Bahn von Versailles nach Chartres entscheide und zu diesem Behufe auf die Tagesordnung setze.
Schoelcher weist auf die leidenden Interessen der Kolonien hin und möchte dieses Gesetz bald auf die Tagesordnung gesetzt wissen.
Goudchaux dringt auf Fortsetzung des Büdgets.
Grevy: Die Versammlung hat zunächst das Preßgesetz zu beschließen. Sie nahm gestern Abend den Artikel 3 des Ausschußentwurfs mit 338 gegen 318 Stimmen an und hat den Artikel 4 des Entwurfs zu berathen, sowie über einigne Amendements zu entscheiden.
Die Versammlung nimmt das Preßgesetz (Artikel 4) vor, verwirft mehrere Amendements (Vallette's, Baze's und einiger Anderer) welche die Druckfreiheit auch während der 45 Tage noch zu beschränken strebten und schreitet dann zur Abstimmung über das Gesammtgesetz.
Dasselbe geht mit 550 gegen 79 Stimmen durch. (Höhnisches Bravo vom Berge.)
Goudchaux (außerhalb der Tagesordnung): Bürger Vertreter! In einer frühern Sitzung erklärte ich bei der Büdgetdebatte, daß es kein Glied der provisorischen Regierung gewesen sei, das im v. J. den Nationalbankerott vorschlug, wie dies der Redner Duclerc andeutete. Seither haben gewisse Journale behauptet, ich hätte den Bankerott vorgeschlagen. (Hört! Hört!) Sie zweifeln? Ich will Ihnen einige dieser Journale vorlesen. (Der Redner zieht mehrere Zeitungen hervor und liest.) Nicht den Nationalbankerott, sondern die Suspension der Semesterzahlung der Staatsrenten schlug man vor (Agitation) am 1. oder 2. März 1848. ‥‥
Stimmen: Wer? Wer?
Goudchaux: Ich bekämpfte diese Maßregel und schlug eine Anleihe vor, das diese Rentensuspension nicht nur unnöthig machte, sondern sogar die pünktliche Zahlung des Semesters sicherte. (Die Agitation nimmt überhand.)
Ledru-Rollin (Stille): Ich vermuthete eine solche Debatte nicht. Da sie aber eröffnet, so fordere ich Herrn Goudchaux auf, diejenige Person zu nennen, welche zu ihm kam und ihm die Nothwendigkeit auseinandersetzte, zwanzig der vorzüglichsten Bankiers von Paris in sein Cabinet zu bescheiden und sie nicht früher von dannen zu lassen, bis sie ein Zwangs-Anleihen unterschrieben, das zur Deckung der nöthigen Staatsbedürfnisse hinreiche ‥…
Goudchaux: Ich wollte diese Debatte nicht weiter führen und mich nur vor den gemachten Vorwürfen rechtfertigen. Er nennt zögernd Fould. (Tumult.)
Fould läugnet und weicht aus.
Ledru-Rollin: Ja oder nein, haben Sie die Semester-Suspension vorgeschlagen?
Fould: Nein!
Goudchaux: Und ich sage Ihnen: Ja! (Lärmen.)
Fould gesteht endlich zu, daß er am 28 Februar den Goudchaux im Kabinet des Finanzministeriums besucht habe. (Ah! Ah!) Er habe ihm dort die Lage des Pariser Handelsstandes auseinandergesetzt und ihm Mittel vorgeschlagen, wie der Wechselstockung vorzubeugen wäre, darunter sei aber die Suspension der Semesterzahlung nicht gewesen. (Lärm).
Marrast (auf der Bühne): Ich werde Ihnen die Wahrheit sagen, was es mich auch koste. Goudchaux erklärte mir in der That, daß man ihm vorgeschlagen, das Märzsemester nicht zu zahlen. (Allgemeines Erstaunen.) Als ich ihn frug, wer ihm einen solchen Rath ertheilt haben könne, nannte er mir den Herrn Achilles Fould. (Agitation).
Cremieux erklärt, daß dasselbe Herr Fould später zu ihm geäußert: Er bedaure, daß man das Rentensemester gezahlt habe, denn hierdurch sei es unmöglich geworden, die Sparkassengelder zurückzuzahlen. (Unbeschreibliche Agitation). Der Redner tritt dann in die Fünfundvierzigcentimensteuer und tausend andere Dinge, die der provisorischen Regierung zur Vermeidung des Staatbankerotts vorgeschlagen worden seien.
Fould erscheint von Neuem auf der Bühne (Genug! Genug!) und beruft sich auf das Zeugniß Bethmont's, des Exjustizministers, der zum Unglück nicht mehr in der Kammer sitzt. Ebenso protestirt er gegen die Aussage Marrast's. Er läßt dessen Zeugniß nicht zu.
Goudchaux erhält noch das Wort. Er wiederholt, daß er die Wahrheit gesagt und daß er den Vorwurf des Bankerottvorschlags nicht habe auf sich beruhen lassen können, da man ihn als Wahlmanöver ausbeute.
Hiermit wird die Sache fallen gelassen.
Die Versammlung erledigt schließlich die Eisenbahnangelegenheit der Linie von Versailles nach Chartres.
Die Sitzung wird um 6 1/2 Uhr geschlossen.
Italien.
@xml:id#ar280_017
@typejArticle
@facs1583
[ * ] Nach den Briefen aus Florenz ist die Contre-Revolution ein fàit accompli. Pisa soll bereits seine Zustimmung erklärt haben. Der Correspondent des Journal des Debats widerruft seine Nachricht, daß Guerrazzi aus Florenz nach Livorno entkommen sei. Guerrazzi ist in der That noch Gefangener im Fort Belvedere. Andere bekannte Revolutionäre, wie Marmocelli sind ebenfalls verhaftet. Mordini hat sich in der Kleidung eines römischen Nationalgardisten gerettet. Das erste Dekret der reaktionären Municipalität verfügte bekanntlich die Auflösung der Nationalgarde, gegenwärtig sind durch eine neue Ordre auch die Clubs und circoli politici untersagt worden.
@xml:id#ar280_018
@typejArticle
@facs1583
[ * ] Aus Palermo schreibt man vom 9. April: Nach der Uebergabe von Catania zog sich Miroslawski in die Gebirge zurück, von wo man weiter keine Nachricht von ihm hat. Doch heißt es, daß er in das, von den Neapolitanern nur schwach besetzte Catania wieder eingezogen und die Garnison in der Citadelle abgesperrt habe.
Die Turiner Concordia v. 17. bringt folgenden Brief aus Genua: „Ich theile Ihnen mit, was ein sizilianischer Offizier erzählt, der mit dem Dampfschiff „Bosphorus“ von Marseille abgefahren ist. Die Neapolitaner haben nach der Uebergabe von Catania die Stadt der Plünderung preisgegeben und die Einwohner sind in Masse gegen ihre Unterdrücker aufgestanden. In Folge dessen fand ein wüthender sechsunddreißigstündiger Kampf vom 4. bis 5. April statt, bis die reguläre sizilische Armee ankam und die Stadt cernirte. Die sieben oder achttausend Mann Neapolitaner, welche sich daselbst vorfanden, wurden theils gefangen genommen, theils zusammengehauen, ‒ Catania ist wieder frei!“ ‒
Der „Corriere mercantile“ bringt ebenfalls die Nachricht der Insurrektion von Catania, und fügt hinzu, daß die Neapolitaner, 12,000 Man stark, cernirt und in einer verzweifelten Lage seien. Von der Wiedereinnahme der Stadt durch die Sizilianer weiß der Corriere indeß noch nichts.
Der Pariser „National“ endlich schreibt aus Genua: „Victoria! Catania, das in die Hände der Neapolitaner gefallene Catania ist von den Unseren wieder genommen. Am 29. März hatten die Sizilianer mit Erfolg die neapolitanischen Vorposten angegriffen; Catania aber, welches vom Feind stark bedroht war, schickte nach Hülfe, und es wurden hinlänglich starke Entsatzcorps nach der Stadt abgeschickt. Leider kamen dieselben zu spät; Catania war der Uebermacht unterlegen; drei sizilianische Bataillone waren auf dem Platz geblieben und ihr Commandant Campofraneo hatte sich selbst getödtet, um nicht lebendig in die Hände der Feinde zu fallen. ‒ Am 7: April vereinigten der Commandant Capranica und Mieroslawski ihre Streitkräfte und marschirten gegen die Stadt; die Stadt wurde cernirt und ein großer Theil der Neapolitaner fiel unter dem Gewehrfeuer der durch die königlichen Standrechtsbestialitäten zum Aeußersten getriebenen Einwohner.“
Der „National“ fügt hinzu, daß ihm diese Nachricht gleichzeitig auch aus Palermo v. 10. bestätigt werde.
@xml:id#ar280_019
@typejArticle
@facs1583
Lombardei.
Den 11. und 12. d. haben nach dem Republikano 5 Hinrichtungen wegen Betheiligung am Aufstande des Intelvithales und Verheimlichung von Waffen in Como stattgefunden. Einer der Hingerichteten, A. Brenta, ist Vater von 9 Kindern.
Ungarn.
@xml:id#ar280_020_c
@typejArticle
@facs1583
Edition: [Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz, vorgesehen für: MEGA2, I/9. ]
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
@xml:id#ar280_021
@typejArticle
@facs1583
[ * ] Hermannstadt.
Die Posener „Ztg. des Osten“ bringt folgende Stelle aus einem Privatbriefe aus Hermannstadt nach Posen und für dessen Aechtheit sie sich verbürgt:
„Wie waren wir erstaunt, die Magyaren einziehen zu sehen; wie erstaunt ob ihrer schönen Haltung und unvergleichlichen Mannszucht. Der Gedanke an die Möglichkeit des Einzuges der Magyaren hatte uns die schwärzesten Gemälde von ihren Greuelthaten, ihrer fanatischen Wuth entworfen; wir glaubten, die Magyaren gingen damit um, den Sachsenstamm bis auf den letzten Mann auszurotten. Und nun? ‒ Mit klingendem Spiele zogen sie in unsre Mauern ein; voran die todesmuthigen, verwegenen Kossuthreiter, vor deren schwarfen Heldensäbeln die Kosakenlanze Reißaus nimmt Dann die stattliche polnische Legion im Nationalkostüme, dann die wilden Kinder der Natur, die Szeckler; die deutsche Legion in düstrer Trauerkleidung ‒ denn die deutsche Legion will trauern, so lange das Schicksal Wiens sich nicht an der Dynastie gerächt. ‒ Zum erstenmale sahen wir die schwarzrothgoldene Fahne aus den Reihen der deutschen Brüder winken, zum großen Aergerniß unserer Spießbürger, deren höchste Höhe des deutschen Nationalgefühls nur bis in das grellste Schwarzgelbthum gereicht hatte ‒ und die daher von jedem freiheitsliebendem Manne verachtet werden mußten.
„Bem hielt vom Pferde herab eine Anrede an das versammelte Volk, deren Inhalt ich hier in kurzen Umrissen wiedergebe:
„„Glaubt nicht, Ihr Sachsen, ich sei gekommen, um Eure Nationalität zu beleidigen, meine Mission ist eine höhere, als Nationalzwistigkeiten zu nähren: das ist der höllische Plan jener, welche diesen unseligen Krieg entzündet haben. Seht Euch meine tapfere, siegreiche Armee an, Magyaren, Polen, Deutsche, Slovaken, sie kämpfen als Brüder neben einander, sie kämpfen vereinigt für denselben heiligen Zweck, das Volk aus Knechtschaft und Erniedrigung zu erlösen. Nicht als Euer Feind komme ich, sondern als Euer Freund. Meiner tapfern Armee ist es mit Gottes Hülfe geglückt, den Feind alles Völkerglückes, die Russen zu verdrängen, mit Gottes Hülfe werden wir sie auch ferner abhalten; denn wo sie hinkommen, da stirbt Freiheit und Nationalität dahin ‒ mein unglückliches Vaterland hat dies nur zu offen bewiesen. Meine siegreiche Armee wird bei Euch das Recht der Gastfreundschaft in Anspruch nehmen; jeder einzelne ist ein Held, Ihr werdet sie gut aufnehmen. Wir werden kämpfen, bis wir den Absolutismus vollständig gebrochen, bis alle Völker des Ostens unter der Palme des Friedens und dem Panier der Freiheit eine neue schöne Zeit beginnen.““
„Stürmisches Hoch und Vivat begleitete die Rede; sie fand Anklang in vielen Herzen; denn wir sahen ein, daß der Kampf für unsere Nationalität eigentlich nur der Kampf für die Interessen des Hauses Habsburg und die unseres sächsischen Spießbürgerthums geführt werde. Die Armee Bems wurde bei uns einquartiert. Ich hatte ein Paar deutsche Jünglinge bei mir; tief erschütterte mich ihre Erzählung des Untergangs des herrlichen Wiens ‒ ich fluchte mit ihnen dem Henker Windischgrätz und seinen mordgierigen Croaten!“
Bem hat durch seinen Kriegszug in Siebenbürgen seinem Ruhme ein ehrendes Denkmal gesetzt. Nachdem er eine gänzlich geschlagene Armee übernommen, hat er dieselbe in kurzer Zeit organisirt und fast im Fluge Siebenbürgen von den Unterdrückern gereinigt. Der Schmutz, mit dem ihn die österreichische Regierung durch eine feile Presse bewerfen läßt, fällt auf sie selbst zurück.
Großbritannien.
@xml:id#ar280_022
@typejArticle
@facs1583
[ * ] London, 20. April. Unterhaus vom 19. April.
D'Israeli interpellirt das Ministerium. Ich wünsche zu wissen, sagt er, ob die Papiere rücksichtlich der sizilischen und dänischen Angelegenheit, und auch wegen des Brüsseler Congresses bald auf den Tisch des Hauses gelegt werden können?
Russell antwortet: Die sizilischen Papiere werden bald bereit sein; bezüglich der Angelegenheit Schleswig-Holsteins, so dauern die Unterhandlungen noch fort, es wäre also unzeitig, darüber Aktenstücke vorzulegen. Was den Brüsseler Congreß betrifft, so stehen Bülletins oder förmliche Protokolle dem Cabinet gar nicht zu Gebote.
Hume erwidert: Ist es wahr, daß am 25. März ein außerordentlicher Courier aus Copenhagen mit Depeschen eintraf, die von Seiten des Lord Palmerston die höchste Eile erheischten, daß diese Depeschen aber 2 Tage lang auf unverzeihliche Weise vernachlässigt wurden, so daß der Krieg unzeitig erneuert werden mußte?
Palmerston: Es ist wahr, daß diese Depeschen verzögert wurden; sie hatten sich in den Ministerialbüreaus verirrt (Aufsehen), doch hat diese Zögerung nichts zu sagen. Die Depeschen enthielten Vorschläge, welche nicht angenommen werden konnten. Ob ihre Beantwortung also ein paar Tage früher oder später erfolgte, hatte nichts zu sagen.
Anstey lenkt die Aufmerksamkeit des Hauses auf die russischen Truppen in den Donaufürstenthümern.
Palmerston erklärt, daß Rußland den General Souzglan nach Constantinopel geschickt habe, um die Sache auszugleichen (Ah! Ah!).
Der Rest der Sitzung bot kein Interesse.
Amerika.
@xml:id#ar280_023
@typejArticle
@facs1583
[ * ] New-York, 4. April.
Viel Aufsehen macht ein Brief des Hrn. Reynolds, Gesadtschaftssekretär der Vereinigten-Staaten zu Madrid unter der Polk'schen Verwaltung. Aus diesem Briefe ersieht man die Pläne, die Polck in Betreff der Annexation Cubas gefaßt hatte. Dem amerikanischen Gesandten, Hrn. Saunders, war die Weisung zugegangen, das Madrider Kabinet zu sondiren, ob es zum Verkauf der Insel Cuba und unter welchen Bedingungen, geneigt sei. Bekanntlich wies aber die spanische Regierung alle darauf bezüglichen Anträge zurück.
Aus Mexico gehen die Nachrichten bis zum 9. März, enthalten aber nichts Besonderes.
Aus Californien sind Nachrichten vom 7. Februar eingetroffen. Capitän Folson schreibt: „In den letzten Wochen ist zur Organisation einer provisorischen Regierung für das hiesige Gebiet viel gethan worden. Mehrere Dörfer haben Deputirte ernannt, die auf einem Convent vereinigt, die Grundgesetze des Landes feststellen sollen. Die Versammlung der Abgeordneten soll in Pueblo de San Jose, etwa 60 engl. Meilen von San Francisco, am 4. März zusammentreten; doch wird es kaum möglich sein, daß die Deputirten aus den entfernten Theilen des Landes bis dahin eintreffen und es dürfte der Termin weiter hinausgeschoben werden. Mehrere Verbrecher sind zwar durch improvisirte Gerichte abgeurtelt und hingerichtnt worden, allein die Mordthaten etc. dauern fort.
Seit den letzten 5-6 Wochen hatten wir sehr schlimmes Wetter; man sagt, daß seit 1823-24 kein so kalter Winter als der diesjährige stattgefunden. In der Goldregieon lag der Schnee 4 Fuß tief und bei Sutter's Fort war das Eis 3 Zoll dick. Jetzt hat langer und starker Regen den Schnee und das Eis weggewaschen; doch oben in den Bergen, in den Goldgruben, ist noch Alles voll Schnee.
[1584]
Im Allgemeinen stellten die Goldgräber mit Beginn des Winters ihre Arbeiten ein. Doch hat ein großer Theil Blockhäuser gebaut, Proviant hineingeschafft und die Arbeiten so gut es ging fortgesetzt.“
Der Goldpreis ist gestiegen. Fortwährend langen Schaaren von Emigranten aus allen Theilen der Welt an. Die Preise der Lebensmittel sind durch die Menge Zufuhren heruntergegangen. Nach einer sorgfältigen Berechnung betrug die bisherige Goldausbeute 4 Mill. Dollars.
Die Berichte aus Canada (Montreal, 3. April) beschäftigen sich mit der sogenannten „Entschädigungsbill“. Sie war vom Oberhause mit einer Majorität von 4 Stimmen angenommen worden. Die Opposition gegen diese Bill hat eher zu- als abgenommen.
Am 22. März brachen dieserhalb Unruhen in Toronto aus, wobei man 3 Unterstützer der ministeriellen Maßregel in effigie verbannte. Es wurden Truppen aufgeboten und eine Menge Spezialkonstablers vereidet und die Ruhe wurde erst nach längern Anstrengungen hergestellt.
@typejReadersLetters
@facs1584
@xml:id#ar280_024
@typejArticle
@facs1584
[ 15 ] Posen, 18. April.
Beiträge zur Kunde der Zustände des Großherzogthum Posen:
1. Wie die Akten des Inquisitoriats in Posen in der Kriminaluntersuchung contra Schulz S. Nr. 584/88 neue Sache der Kriminaltabelle ergeben, ist der wegen Verdacht eines Straßenraubs und Einbruch verhaftete Taglöhner Anton Schulz aus Szezepankower Hauland durch den Polizei-Districts-Kommissär Jänike zu Samter und den Gensd'armen Marek daselbst durch Kantschuhhiebe so mißhandelt worden, daß, wie die gerichtliche Verhandlung dè dato Samstag den 13. Juni 1848 Folio 5 ergibt, die linke Schulter in Handbreite und ebenso die beiden Hinterbacken mit blaugrünen Striemen, sämmtlich mit Blut unterlaufen und auf dem Rücken 6 blaue Flecken von der Größe eines Achtgroschen Stückes vorgefunden wurden.
Der Gensd'arm Marek sagte in der gerichtlichen Verhandlung vom 29. Juli 1848 Folio 4
„ich brachte ihn, den Schulz, in das Büreau des hiesigen Distrikts-Commissarius, forderte ihn zum Geständniß auf, doch wollte er von Nichts wissen, wurde grob, patzig, beleidigte mich, ich nahm deshalb meinen gewöhnlichen Kantschuh und habe ihm kaum einige Hiebe gegeben, als als er sagte, er werde schon Alles gestehen. Anlangend die Züchtigung, so glaube ich diese mit vollem Rechte vorgenommen zu haben; weil er mir dazu mehr als hinreichende Veranlassung gegeben.
Der Polizei-Districts-Commissarius Jaenike erklärte in der gerichtlichen Verhandlung d. d. Samstag den 22. September 1848 Folio 86.
„Ich versichere amtseidlich, daß Anton Schulz die Fol. 2 angegebenen Geständnisse abgelegt hat. Es ist zwar wahr daß er einige Schläge mit einer Peitsche von mir bekommen hat, doch keineswegs deshalb, weil er Anfangs von dem Raube nichts zu wissen behauptete, sondern weil er sich ungebührlich benahm, insbesondere lärmte und tobte.
Die Zeugin Agnes Frosch hat der Gensd'arm Marek nach Inhalt der Verhandlung vom 28. Juli 1848 fol. 36 gestoßen und mit einem Stock sogar blutig geschlagen.
Weder das Land- und Stadtgericht in Samter, noch das Posner Inquisitoriat, noch das erkennende Ober-Landesgericht haben die Bestrafung der pflichtvergessenen Beamten herbeigeführt Wird der neue Staats-Anwalt Seger jetzt nicht einschreiten und die beiden Herrn wegen
a. Ignorirung der Verordnung vom 6. Mai 1848 über Abschaffung der körperlichen Züchtigung
b. Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse und
c. eigenmächtiger Selbsthülfe, indem sie als angeblich Beleidigte, als Kläger, Richter und Strafvollstrecker fungirten
auf die Bank der Angeklagten citiren?
II. Im Schildberger Kreise ertheilte das Landraths-Amt Landwehrmännern, die ihre Befreiung vom Eintritt in die Landwehr nachsuchten, amtliche Aktenstücke über die Wahrheit der angeführten Reklamationsgründe, auf jedem derselben stand aber neben dem Datum entweder ein A oder ein B mit Rothstift geschrieben. Alle mit B bezeichnete Atteste bleiben unberücksichtigt, weil wie der Bataillons-Commandeur einem solchen Reklamanten offen sagte, daß B das Zeichen der Nichtdringlichkeit der Reklamation bedeute. ‒ Besteht denn die Einrichtung, amtliche Atteste durch ein Zeichen in Urias-Briefe umzuwandeln überall, und beruht sie auf höherer Anordnung? Auskunft wäre wünschenswerth.
III. In der Kanzlei der K. General-Kommission zu Posen hatte Mathias P.…… 5 1/2 Jahre zur Zufriedenheit gearbeitet. Er acquirirt ein Grundstück, wodurch er genöthigt wurde, seine Entlassung zu suchen. Die eingetretnen Ereignisse, und die dadurch herbeigeführte Stockung alles Kredits und Verkehrs, machte es ihm jedoch unmöglich sich im Besitz zu behaupten, er mußte wieder zur Feder greifen und bat bei der Königlichen General-Commission um Wiederannahme. Der Bescheid des Präsidenten Klebs lautete:
„Auf das Gesuch kann um so weniger eingegangen werden, als die vakanten Stellen in der Kanzlei mit versorgungsberechtigten (!!) Militärpersonen (!) besetzt werden sollen.“
Posen, den 5. März 1849.
Königlich Preußische General-Commission
gez. Klebs.
An den Herrn Mathias P. …… hier.
P. …… bat hierauf ihn wenigstens aushülfsweise, wenn es an versorgungsberechtigten Militärpersonen, beider Sprachen kundig, fehle, beschäftigen zu lassen.
Der Bescheid war:
„Dem Gesuche des etc. P. …… kann nicht deferirt werden.
Posen, den 23. März 1849
gez. Klebs.
Das ist die Uebersetzung in gutes Deutsch des Art. 4 der oktroyirten Standrechtscharte vom 5. Dezbr. 1848, wo es heißt: „Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte finden nicht statt. Die öffentlichen Aemter sind für alle Befähigten gleich zugänglich,“ und damit müssen mehr als 60 Rezesse liegen bleiben, die nicht geschrieben werden können, weil es an Canzellisten fehlt, die der polnischen Sprache mächtig sind?
[Redakteur en chef Karl Marx. ]
@typejReadersLetters
@facs1584
@xml:id#ar280_025
@typejArticle
@facs1584
Zur Charakteristik „Meines herrlichen Kriegsheers.“
Gestern, Sonntag den 22. dieses Monats, Schlag 12 Uhr Mittags, zog die Ablösung für die Wachen vom Neumarkt durch die Schildergasse, geführt von zwei Offizieren, und voran ein Musikkorps, das zum Erstaunen der ganzen Bevölkerung eine neue königl. preußisch-patriotische Nationalhymne spielte. Es war die Weise des communsten aller deutschen Gassenhauer:
Ei so lob ich mir ein lustig Leben,
Ein Jeder lobet seinen Stand;
Dem Sauffen hab ich mich ergeben,
Das Sauffen ist mein Unterpfand.
Ein Mann wie ich, was macht sich der daraus?
Ein Mann wie ich, geht stets besoffen ein und aus!
Ich als Fremder brauch ja nicht danach zu fragen,
Schönes Mädel u. s. w.
Wir zweifeln nicht, daß, wenn Mein herrliches Kriegsheer diese mit Trommeln und Pfeifen ihm eingeprägte Moralpredigt befolgt (wie es bei der anerkannten Disciplin und dem unbedingten Gehorsam der preußischen Armee gewiß zu erwarten steht, wir bald von wunderbaren Erfolgen der preußischen Waffen gegen dänischen Schnaps und dänische n Bauerfrauen hören werden.
@typejReadersLetters
@facs1584
@xml:id#ar280_026
@typejArticle
@facs1584
An die Redaktion der Neuen Rheinischen Zeitung zu Köln.
Mit einer der vorigen Nummern der Neuen Rheinischen Zeitung sind mir beiliegende Berichte als Einlage zugekommen.
Dieselben entsprechen durchaus nicht meiner Ansicht und glaube auch nicht, daß sie von der Redaktion Ihrer Zeitung getheilt werden, muthmaße vielmehr, daß auf anderem Wege dieselben in meine Hände gespielt sind.
Zum beliebigen Gebrauche theile ich Ihnen dieses mit.
Ergebenst u. s. w.
Elten, bei Emmerich,
den 20. April 1849.
Diesem Briefe waren der erste und der zweite Bericht der Rechten der II. Kammer als Belegstücke beigelegt. Daß sie auf unsrer Expedition nicht der Zeitung beigelegt waren, versteht sich. [D. Red.]
Meteorologische Beobachtungen.
gap: insignificant
Handelsnachrichten.
gap: insignificant
@typejAnnouncements
@facs1584
@typejAn
@facs1584
Todes-Anzeige.
Meinen Verwandten und Freunden widme ich hiermit die trarige Anzeige von dem am 20. d. M., Nachmittags 4 Uhr, nach einem zweimonatlichen Krankenlager, erfolgten Ableben meiner geliebten Frau, Clara geb. Schmitz, mit der Bitte um stille Theilnahme. Neben mir beweinen 3 unmündige Kinder den unersetzlichen Verlust ihrer Mutter.
Mathias Bungartz
Köln, den 21. April 1849.
@typejAn
@facs1584
Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich für den Kanton Bensberg angestellt worden, und zu Bensberg in der sogenannten alten Apotheke meine Wohnung genommen habe.
Vogeler, Gerichtsvollzieher.
@typejAn
@facs1584
Jahres-Kongreß der demokratisch konstitutionellen Vereine Rheinlands-Westphalens, Sonntag den 6. Mai dieses Jahres, Vormittags zehn Uhr im Prinzen Karl zu Deutz.
Tagesordnung
1 Stellung der Vereine zur deutschen Reichsverfassung.
2. Praktische Wirksamkeit der Vereine zur Lösung ihrer Aufgabe, Bildung und Wohlfahrt Aller zu begründen.
Die verbündeten Vereine werden ersucht Gegenstände die sie auf die Tagesordnung wünschen, zeitig einzusenden.
Vereine gleicher Tendenz, die sich anschließen wollen, werden ersucht den Kongreß zu beschicken und ihre Statuten vorzulegen.
Samstag den 5. Mai Abends 7 Uhr, Vorbesprechung im Prinzen Karl zu Deutz
Der politische Klubb zu Elberfeld als Vorort.
@typejAn
@facs1584
Brücken-Angelegenheit.
In der gestr. zweiten Ausgabe der „Neuen Rh. Ztg.“ haben wir gelesen, welche Schritte der Gemeinderath in Deutz bereits gethan hat, und da sich dem Vernehmen nach auch in Köln eine Kommission zu diesem Behufe gebildet, so möchten wir wissen, was dieselbe bis heute in dieser Angelegenheit gethan. Eine offene Darlegung wäre demnach eben so nothwendig.
Mehrere Kölner Bürger.
@typejAn
@facs1584
Unterrichts-Anzeige.
Es werden mehrere junge Mädchen zum unterrichten gesucht, sowohl im Feinleinwandnähen, als auch Kleidermachen, Sticken und sonstigen feinen Handarbeiten.
Sibilla Fröhlich, Herzogstraße Nr. 8 eine Treppe hoch.
@typejAn
@facs1584
Regelmäßige Post- und Paket-Schifffahrt zwischen Bremen, Antwerpen, Havre, London, Rotterdam oder Hamburg nach Nord-Amerika.
Die Schiffe fahren regelmäßig eines jeden Monats am 1., 5., 11., 15., 21., 25. von jedem der vorbenannten Seehäfen, und findet die Abfahrt von hier nach Belieben täglich Statt.
Die Ueberfahrt geschieht vermittelst gekupferter schnellsegelnder Dreimastschiffe, deren bequeme innere Einrichtung und pünktliche Abfahrt garantirt wird.
Die Beförderungen der Passagiere und des Gepäcks, so wie die Assekuranz wird von Köln ab sowohl nach New-York als New-Orleans aufs billigste besorgt durch André Stahl, General-Expediteur, Thurnmarkt Nr. 46.
NB. Auch liegen nach Rio-Janeiro und Konstantinopel schöne, mit Zwischendecken und Kajüte versehene Dreimaster in Ladung, worüber Näheres bei mir zu erfragen.
Zur Nachricht für Auswanderer.
Von meinem Vollmachtgeber in Bremen wurde ich beauftragt, auch für den 1. Mai 1849 Schiffs-Kontrakte abzuschließen, und wird die ungehinderte Beförderung, trotz der Blokade, mit sichern neutralen Schiffen zu den allerbilligsten Preisen garantirt.
André Stahl.
@typejAn
@facs1584
Niederländische Dampfschifffahrts-Gesellschaft.
Vom 17. April ab fahren die Schiffe von Köln:
Morgens um 4 Uhr täglich, außer Donnerstag und Samstag.
In einem Tage über Nymegen nach Rotterdam.
In einem Tage über Arnheim nach Amsterdam.
(resp. im Anschluß an den vorletzten 4 3/4 Uhr Eisenbahnzug von Arnheim nach Amsterdam).
Nachts um 1 Uhr täglich, außer Sonntag und Dienstag direkt nach Mannheim und Ludwigshafen.
Der „Batavier“ fährt jeden Dienstag von Rotterdam nach London;
Der „Batavier“ fährt jeden Sonntag von London nach Rotterdam.
Bei direkten Einschreibungen betragen die ermäßigten Preise von Köln bis London:
Große Cajütte (Chief Cabin) Thlr. 8 17 Sgr.
Vorkajütte (Fore Cabin) Thlr. 5 4 Sgr.
Nähere Auskunft wegen Passagiere und Güter ertheilt der Agent Albert Heimann, Friedrich-Wilhelmstraße Nro. 4.
@typejAn
@facs1584
Rhein- und Yssel-Dampfschifffahrt.
Von Köln nach Düsseldorf, Wesel, Emmerich, Arnheim, Doesborgh, Zütphen, Deventer, Zwolle, Kampen u. Amsterdam, in Verbindung nach Hull, London und Hamburg, jeden Sonntag, Dienstag und Freitag, Abends 8 Uhr.
Ankunft der Passagiere in Amsterdam am nächsten Tage um 2 Uhr Mittags.
Näheres über die ermässigten Frachten für Passagiere und Güter ettheilt:
Die Agentur, Friedrich-Wilhelm-Strasse Nro. 6-8.
Köln, den 30. März 1849.
@typejAn
@facs1584
Ein Flügel von Streicher der Kasten von Ahorn mit einem aus Wien zweisitzgen Stuhl, worin die Noten aufbewahrt werden, und im ganzen so gut gehalten, das nichts zu wünschen übrig läßt, hat 1600 Gulden gekostet, wird zu 140 Thlr. gegeben, und der Platz von 7 Fuß hat um ihn zu stellen, hat er den vierfachen Werth. J. P. Hospeit, Höhle.
@typejAn
@facs1584
Ein ganz gewandter Handlungs-Commis, welcher eine schöne Hand schreibt und sich auf angesehene Häuser berufen kann, sucht unter bescheidenen Ansprüchen eine Stelle. Derselbe würde sich auch halbtägiger Beschäftigung unterziehen.
Reflektirende belieben ihre Briefe unter La. Z Nr. 20 bei der Exp. d. Bl. abzugeben.
@typejAn
@facs1584
Den Empfang der neuesten Kleiderstoffe, Mantilles, Disites etc. in den neuesten Façons, so wie eine schöne Auswahl in Sommertüchern etc. beehre ich mich, meinen geehrten Kunden ergebenst anzuzeigen.
H. G. Lammertz, Altenmarkt Nr. 65.
Bürgerstraßen-Ecke.
@typejAn
@facs1584
Kendall'sche Seifen-Parfümeriefabrik.
(H. Pohlen) Hochstraße Nr. 146.
Harte Haushaltungsseife à Sgr. 3 1/4 per Pfd. 10 Pfd. für 1 Thlr. Wohlriechende Seifen à 4 1/2, 5, 6, 9 & 11 Sgr. per Pfd.
@typejAn
@facs1584
Ein anständiges Mädchen für häusliche Arbeit und zum Aufwarten, findet Stelle. D. Exp. s. w.
@typejAn
@facs1584
Donnernde Antwort auf die oft wiederholte Anfrage, die Wahl eines Abgeordneten für die Kreise Mülheim und Köln (Land) betreffend. Am 15. März a c. gab der Minister v. Manteuffel einem Abg. das „Ehrenwort“ darauf, daß die fragliche Wahl „sofort“ vorgenommen werden solle. ‒ Des Ehrenwortes halber muß natürlich die Wahl noch lange hinausgeschoben bleiben ‒ ‒ ‒
@typejAn
@facs1584
Theater in Köln.
Stollwerk'sches Vaudeville-Theater.
Heute Dienstag den 24. April 1849.
Zum Erstenmale:
Peter im Frack.
Romantisches Lustspiel in vier Abtheilungen von Carl Zwengsahn.
  • 1. Abtheilung: Die Abreise.
  • 2. Abtheilung: Peter gefällt sich.
  • 3. Abtheilung: Die Hand Gottes.
  • 4. Abtheilung: Das Heimweh.
Billets sind Vormittags von 10-1 Uhr, so wie Abends an der Theater-Kasse zu haben. Auch werden bis Mittags 1 Uhr 1/2 Dutzend Billets zum Abonnements-Preis ausgegeben.
Franz Stollwerk.
@typejAn
@facs1584
Theater in Köln.
Am Mittwoch den 25. d. M. wird eine Benefiz-Vorstellung stattfinden. Ich benutze diese Gelegenheit um meine Tochter Natalie, als Amine in der Nachtwandlerin, zum ersten Male die Bühne betreten zu lassen. Sie ist zu dem Alter herangereift, in welchem ich zum ersten Male die Ehre hatte, vor dem hiesigen Publikum zu erscheinen. Möchte mein Wunsch, meine Bitte gewährt werden, daß die Tochter so viele Gunst erfahre, als sie der Mutter zu Theil geworden ist.
Frau Eschborn.
@typeimprint
@facs1584
Herausgeber: St. Naut.
Druck von J. W. Dietz, Hutmacher Nr. 17.