Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434

Bild:
<< vorherige Seite

Menschengeschlechts zum Zweck. Ohne sie würde diese Erde in hundert Jahren ohne menschliche Bewohner seyn. Und hier finden wir wieder eine Ursache, die Weisheit Gottes zu bewundern. Wäre die Zeugung blos eine Pflicht der Menschen, so würden diese, so wie sie oft andere Pflichten versäumen und vernachläßigen, auch diese versäumen. Oder manche Mutter würde die Schmerzen der Geburt bedenken; mancher Vater würde überlegen, wie viele Mühe ihm die Erziehung seiner Kinder machen würde, und dadurch würden sie oft abgehalten werden, sich in diejenige enge Vertraulichkeit einzulassen, die bei der Fortpflanzung ihres Geschlechts statt findet. Es würde also wieder das menschliche Geschlecht in Gefahr seyn, in kurzer Zeit ganz auszusterben. Daher machte Gott, daß die Zeugung nicht blos eine Pflicht, sondern ein Trieb der Natur wurde.

Jeder gesunde Mensch fühlt in seinem erwachsenen Alter diesen Naturtrieb, sein Geschlecht fortzupflanzen, den man daher auch den Geschlechtstrieb nennt. Bei den Thieren, bei welchen man eine ähnliche Art der Fortpflanzung ihres Geschlechts findet, heißt er der Begattungstrieb.

Menschengeschlechts zum Zweck. Ohne sie würde diese Erde in hundert Jahren ohne menschliche Bewohner seyn. Und hier finden wir wieder eine Ursache, die Weisheit Gottes zu bewundern. Wäre die Zeugung blos eine Pflicht der Menschen, so würden diese, so wie sie oft andere Pflichten versäumen und vernachläßigen, auch diese versäumen. Oder manche Mutter würde die Schmerzen der Geburt bedenken; mancher Vater würde überlegen, wie viele Mühe ihm die Erziehung seiner Kinder machen würde, und dadurch würden sie oft abgehalten werden, sich in diejenige enge Vertraulichkeit einzulassen, die bei der Fortpflanzung ihres Geschlechts statt findet. Es würde also wieder das menschliche Geschlecht in Gefahr seyn, in kurzer Zeit ganz auszusterben. Daher machte Gott, daß die Zeugung nicht blos eine Pflicht, sondern ein Trieb der Natur wurde.

Jeder gesunde Mensch fühlt in seinem erwachsenen Alter diesen Naturtrieb, sein Geschlecht fortzupflanzen, den man daher auch den Geschlechtstrieb nennt. Bei den Thieren, bei welchen man eine ähnliche Art der Fortpflanzung ihres Geschlechts findet, heißt er der Begattungstrieb.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0037" n="329"/>
Menschengeschlechts zum Zweck. Ohne sie würde diese Erde in hundert Jahren ohne menschliche Bewohner seyn. Und hier finden wir wieder eine Ursache, die Weisheit Gottes zu bewundern. Wäre die Zeugung blos eine Pflicht der Menschen, so würden diese, so wie sie oft andere Pflichten versäumen und vernachläßigen, auch diese versäumen. Oder manche Mutter würde die Schmerzen der Geburt bedenken; mancher Vater würde überlegen, wie viele Mühe ihm die Erziehung seiner Kinder machen würde, und dadurch würden sie oft abgehalten werden, sich in diejenige enge Vertraulichkeit einzulassen, die bei der Fortpflanzung ihres Geschlechts statt findet. Es würde also wieder das menschliche Geschlecht in Gefahr seyn, in kurzer Zeit ganz auszusterben. Daher machte Gott, daß die Zeugung nicht blos eine Pflicht, sondern ein Trieb der Natur wurde.</p>
        <p>Jeder gesunde Mensch fühlt in seinem erwachsenen Alter diesen Naturtrieb, sein Geschlecht fortzupflanzen, den man daher auch den Geschlechtstrieb nennt. Bei den Thieren, bei welchen man eine ähnliche Art der Fortpflanzung ihres Geschlechts findet, heißt er der Begattungstrieb.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0037] Menschengeschlechts zum Zweck. Ohne sie würde diese Erde in hundert Jahren ohne menschliche Bewohner seyn. Und hier finden wir wieder eine Ursache, die Weisheit Gottes zu bewundern. Wäre die Zeugung blos eine Pflicht der Menschen, so würden diese, so wie sie oft andere Pflichten versäumen und vernachläßigen, auch diese versäumen. Oder manche Mutter würde die Schmerzen der Geburt bedenken; mancher Vater würde überlegen, wie viele Mühe ihm die Erziehung seiner Kinder machen würde, und dadurch würden sie oft abgehalten werden, sich in diejenige enge Vertraulichkeit einzulassen, die bei der Fortpflanzung ihres Geschlechts statt findet. Es würde also wieder das menschliche Geschlecht in Gefahr seyn, in kurzer Zeit ganz auszusterben. Daher machte Gott, daß die Zeugung nicht blos eine Pflicht, sondern ein Trieb der Natur wurde. Jeder gesunde Mensch fühlt in seinem erwachsenen Alter diesen Naturtrieb, sein Geschlecht fortzupflanzen, den man daher auch den Geschlechtstrieb nennt. Bei den Thieren, bei welchen man eine ähnliche Art der Fortpflanzung ihres Geschlechts findet, heißt er der Begattungstrieb.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-18T07:52:44Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-06-18T07:52:44Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-18T07:52:44Z)

Weitere Informationen:

Als Grundlage dienen die Wikisource-Editionsrichtlinien.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787/37
Zitationshilfe: Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787/37>, abgerufen am 28.03.2024.