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Pahl, Johann Gottfried: Wohlgemeyntes, in Vernunft und Schrift bestgegründetes, jedoch unmaaßgebliches Gutachten, über die Wahlfähigkeit eines Landtagsdeputirten in Wirtemberg. 1797.

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protestirte und exzipirte überall gegen den verhaßten Nebenbuhler, und - sie konnte es mit alle dem nicht hindern, daß er sich nicht eine Parthey gemacht hätte, die bedeutend genug war, um ihre Hoffnung durch Furcht zu temperiren.

Gmelin hatte besonders die Stimme des grossen Haufens, die ihn freylich nicht unmittelbar zu seinem Zweck führen konnte, aber doch so laut ertönte, daß die Wähler nicht alle Rüksicht auf dieselbe vernachlässigen durften. "Der Wurstsack ist ein Pinsel, - das ganze Amt wird durch ihn lächerlich, - aber Gmelin hat Gelehrsamkeit und Verstand, - er wird uns Ehre machen, - er ist der einzige Mann für diese Stelle!" - solche und noch viel verfänglichere Reden fielen in den Strassen, in den Schenken, auf dem Rathhause, und so gar in des Bürgermeisters Brandweinstube. Aber in diesem Falle war die Stimme des Volkes nicht Gottes Stimme, sondern ein albernes Traum- und Rauschgeschwätze. Denn das ist überall die Weise der Aufklärer und Demokraten. Sie schmeicheln

protestirte und exzipirte überall gegen den verhaßten Nebenbuhler, und – sie konnte es mit alle dem nicht hindern, daß er sich nicht eine Parthey gemacht hätte, die bedeutend genug war, um ihre Hoffnung durch Furcht zu temperiren.

Gmelin hatte besonders die Stimme des grossen Haufens, die ihn freylich nicht unmittelbar zu seinem Zweck führen konnte, aber doch so laut ertönte, daß die Wähler nicht alle Rüksicht auf dieselbe vernachlässigen durften. „Der Wurstsack ist ein Pinsel, – das ganze Amt wird durch ihn lächerlich, – aber Gmelin hat Gelehrsamkeit und Verstand, – er wird uns Ehre machen, – er ist der einzige Mann für diese Stelle!“ – solche und noch viel verfänglichere Reden fielen in den Strassen, in den Schenken, auf dem Rathhause, und so gar in des Bürgermeisters Brandweinstube. Aber in diesem Falle war die Stimme des Volkes nicht Gottes Stimme, sondern ein albernes Traum- und Rauschgeschwätze. Denn das ist überall die Weise der Aufklärer und Demokraten. Sie schmeicheln

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[19/0019] protestirte und exzipirte überall gegen den verhaßten Nebenbuhler, und – sie konnte es mit alle dem nicht hindern, daß er sich nicht eine Parthey gemacht hätte, die bedeutend genug war, um ihre Hoffnung durch Furcht zu temperiren. Gmelin hatte besonders die Stimme des grossen Haufens, die ihn freylich nicht unmittelbar zu seinem Zweck führen konnte, aber doch so laut ertönte, daß die Wähler nicht alle Rüksicht auf dieselbe vernachlässigen durften. „Der Wurstsack ist ein Pinsel, – das ganze Amt wird durch ihn lächerlich, – aber Gmelin hat Gelehrsamkeit und Verstand, – er wird uns Ehre machen, – er ist der einzige Mann für diese Stelle!“ – solche und noch viel verfänglichere Reden fielen in den Strassen, in den Schenken, auf dem Rathhause, und so gar in des Bürgermeisters Brandweinstube. Aber in diesem Falle war die Stimme des Volkes nicht Gottes Stimme, sondern ein albernes Traum- und Rauschgeschwätze. Denn das ist überall die Weise der Aufklärer und Demokraten. Sie schmeicheln

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Zitationshilfe: Pahl, Johann Gottfried: Wohlgemeyntes, in Vernunft und Schrift bestgegründetes, jedoch unmaaßgebliches Gutachten, über die Wahlfähigkeit eines Landtagsdeputirten in Wirtemberg. 1797, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_gutachten_1797/19>, abgerufen am 28.03.2024.