Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Theile sind die Berge, deren Spizen noch von der Sonne beschienen werden:
je höher sie sind, desto länger bleiben sie sichtbar: da aber die Schat-
tengränze nie ganz scharf ist: so giebt dies keine grosse Genauigkeit.
2, man mist die Erhöhung der Berge durch Projekzion auf dem Mondrande
selbst, bei Sonnenfinsternissen. 3, und dies ist die beste Art; durch
die Länge des Mondschattens: hier erhält man eine solche Genauig-
keit, dass man den Mond weit besser kent, als die Erde, und Höhen
von 3- 4- 500 Fus (ungefähr so hoch als die Müggelsberge) gemes-
sen hat; - ja wenn wir voraussezen dürfen, dass man auf dem Monde
dieselben Fernröhre habe, als hier: so mus man von dort aus die
Erde auch weit genauer kennen, als wir, und manche Frage, welche
wir hier vergebens zu lösen suchen, z. B. die Nordwestliche Durchfahrt,
müste sich vom Monde aus aufklären lassen.

Genau genommen solten wir nur die Hälfte des Mondes sehen,
welche er uns zukehrt: wir sehn aber wegen der Schwankung der
Mondaxe etwas mehr. Galilei fand dies zuerst 1657 in seinem Gefäng-
nisse in Arcetri, und nante es die Titubazion des Mondes. Später
beobachteten daran Hevel, Tobias Meyer, Bouvard und Nicolet (?)
man benuzte besonders den Flekken Manilius dazu. Die Vibrazion,
wie man es jezt nent, beträgt 6-8° in der Breite und Höhe. Die
Rotazion der Axe ist zwar gleichförmig, aber der Umlauf um die Erde

Theile sind die Berge, deren Spizen noch von der Sonne beschienen werden:
je höher sie sind, desto länger bleiben sie sichtbar: da aber die Schat-
tengränze nie ganz scharf ist: so giebt dies keine grosse Genauigkeit.
2, man mist die Erhöhung der Berge durch Projekzion auf dem Mondrande
selbst, bei Sonnenfinsternissen. 3, und dies ist die beste Art; durch
die Länge des Mondschattens: hier erhält man eine solche Genauig-
keit, dass man den Mond weit besser kent, als die Erde, und Höhen
von 3– 4– 500 Fus (ungefähr so hoch als die Müggelsberge) gemes-
sen hat; – ja wenn wir voraussezen dürfen, dass man auf dem Monde
dieselben Fernröhre habe, als hier: so mus man von dort aus die
Erde auch weit genauer kennen, als wir, und manche Frage, welche
wir hier vergebens zu lösen suchen, z. B. die Nordwestliche Durchfahrt,
müste sich vom Monde aus aufklären lassen.

Genau genommen solten wir nur die Hälfte des Mondes sehen,
welche er uns zukehrt: wir sehn aber wegen der Schwankung der
Mondaxe etwas mehr. Galilei fand dies zuerst 1657 in seinem Gefäng-
nisse in Arcetri, und nante es die Titubazion des Mondes. Später
beobachteten daran Hevel, Tobias Meyer, Bouvard und Nicolet (?)
man benuzte besonders den Flekken Manilius dazu. Die Vibrazion,
wie man es jezt nent, beträgt 6–8° in der Breite und Höhe. Die
Rotazion der Axe ist zwar gleichförmig, aber der Umlauf um die Erde

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="session" n="22">
          <p><pb facs="#f0235" n="116r"/>
Theile sind die Berge, deren Spizen noch von der Sonne beschienen werden:<lb/>
je höher sie sind, desto länger bleiben sie sichtbar: da aber die Schat-<lb/>
tengränze nie ganz scharf ist: so giebt dies keine grosse Genauigkeit.<lb/>
2, man mist die Erhöhung der Berge durch Projekzion auf dem Mondrande<lb/>
selbst, bei Sonnenfinsternissen. 3, und dies ist die beste Art; durch<lb/>
die Länge des Mondschattens: hier erhält man eine solche Genauig-<lb/>
keit, dass man den Mond weit besser kent, als die Erde, und Höhen<lb/>
von 3&#x2013; 4&#x2013; 500 Fus (ungefähr so hoch als die Müggelsberge) gemes-<lb/>
sen hat; &#x2013; ja wenn wir voraussezen dürfen, dass man auf dem Monde<lb/>
dieselben Fernröhre habe, als hier: so mus man von dort aus die<lb/>
Erde auch weit genauer kennen, als wir, und manche Frage, welche<lb/>
wir hier vergebens zu lösen suchen, <choice><orig>zB.</orig><reg resp="#CT">z. B.</reg></choice> die <choice><abbr>NWestliche</abbr><expan resp="#CT">Nordwestliche</expan></choice> Durchfahrt,<lb/>
müste sich vom Monde aus aufklären lassen.</p><lb/>
          <p>Genau genommen solten wir nur die Hälfte des Mondes sehen,<lb/>
welche er uns zukehrt: wir sehn aber wegen der Schwankung der<lb/>
Mondaxe etwas mehr. <hi rendition="#u"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118537229 http://d-nb.info/gnd/118537229">Galilei</persName></hi> fand dies zuerst 1657 in seinem Gefäng-<lb/>
nisse in Arcetri, und nante es die Titubazion des Mondes.<note resp="#BF" type="editorial">Vgl. <bibl>Galilei, Galileo: Lettera di Galileo Galilei Attenente alla titubazion Lunare, da esso nuovamente avvertita, scritta a richiesta del Sig. Alfonso Antonini di Udine. In: Opere di Galileo Galilei: Nobile Fiorentino. 5. Band. Mailand [1810], S. 23&#x2013;35.</bibl> Online verfügbar: <ref target="http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10754943_00029.html">MDZ München, abgerufen am 15.01.2016</ref>.</note> Später<lb/>
beobachteten daran <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-119431416 http://d-nb.info/gnd/119431416">Hevel</persName>, <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118579576 http://d-nb.info/gnd/118579576">Tobias Meyer</persName>, <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-116299762 http://d-nb.info/gnd/116299762">Bouvard</persName> und <persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-117584452 http://d-nb.info/gnd/117584452">Nicolet</persName> <metamark>(?)</metamark><lb/>
man benuzte besonders den Flekken Manilius dazu. Die Vibrazion,<lb/>
wie man es jezt nent, beträgt 6&#x2013;8° in der Breite und Höhe. Die<lb/>
Rotazion der Axe ist zwar gleichförmig, aber der Umlauf um die Erde<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116r/0235] Theile sind die Berge, deren Spizen noch von der Sonne beschienen werden: je höher sie sind, desto länger bleiben sie sichtbar: da aber die Schat- tengränze nie ganz scharf ist: so giebt dies keine grosse Genauigkeit. 2, man mist die Erhöhung der Berge durch Projekzion auf dem Mondrande selbst, bei Sonnenfinsternissen. 3, und dies ist die beste Art; durch die Länge des Mondschattens: hier erhält man eine solche Genauig- keit, dass man den Mond weit besser kent, als die Erde, und Höhen von 3– 4– 500 Fus (ungefähr so hoch als die Müggelsberge) gemes- sen hat; – ja wenn wir voraussezen dürfen, dass man auf dem Monde dieselben Fernröhre habe, als hier: so mus man von dort aus die Erde auch weit genauer kennen, als wir, und manche Frage, welche wir hier vergebens zu lösen suchen, zB. die NWestliche Durchfahrt, müste sich vom Monde aus aufklären lassen. Genau genommen solten wir nur die Hälfte des Mondes sehen, welche er uns zukehrt: wir sehn aber wegen der Schwankung der Mondaxe etwas mehr. Galilei fand dies zuerst 1657 in seinem Gefäng- nisse in Arcetri, und nante es die Titubazion des Mondes. Später beobachteten daran Hevel, Tobias Meyer, Bouvard und Nicolet (?) man benuzte besonders den Flekken Manilius dazu. Die Vibrazion, wie man es jezt nent, beträgt 6–8° in der Breite und Höhe. Die Rotazion der Axe ist zwar gleichförmig, aber der Umlauf um die Erde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/235
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 116r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/235>, abgerufen am 29.03.2024.