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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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daher rühmt sich Kolumbus mit Unrecht (obgleich er von den
chinesischen Entdekkungen keine Kentnis haben konte) dass
er die Abweichung auf seiner ersten Reise 1592 zuerst erkant
habe: er bemerkte auch, dass zwischen den kanarischen und
azorischen Inseln ein Punkt eintritt, wo die Magnetnadel
den wahren Nord zeigt, hier ist also eine Linie ohne Ab-
weichung. Wo dies aber nicht der Fall ist, da sezt man
sich grossen Irthümern aus, wenn man, wie nur zu häufig
noch geschieht, geodätische Operazionen mit der Nadel
macht: zu einer grossen Genauigkeit kann man auf diese
Weise nie gelangen: denn man hat bei der Magnetnadel stünd-
liche Abweichungen von fast 1/4 Grad bemerkt; (ich selbst
beobachtete sie von 18 Minuten-Bogen in 24 Stunden.) wenn man
also eine geodätische Messung des Morgens anfängt, und
des Abends vollendet, so kann man sehr bedeutende
Fehler hinein bekommen.

Früher bestimte man die Abweichung auf eine sehr
weitläufige Art, indem man eine Mittagslinie mas, und
eine rechtwinklige Bussole darauf stelte, wo denn die

daher rühmt sich Kolumbus mit Unrecht (obgleich er von den
chinesischen Entdekkungen keine Kentnis haben konte) dass
er die Abweichung auf seiner ersten Reise 1592 zuerst erkant
habe: er bemerkte auch, dass zwischen den kanarischen und
azorischen Inseln ein Punkt eintritt, wo die Magnetnadel
den wahren Nord zeigt, hier ist also eine Linie ohne Ab-
weichung. Wo dies aber nicht der Fall ist, da sezt man
sich grossen Irthümern aus, wenn man, wie nur zu häufig
noch geschieht, geodätische Operazionen mit der Nadel
macht: zu einer grossen Genauigkeit kann man auf diese
Weise nie gelangen: denn man hat bei der Magnetnadel stünd-
liche Abweichungen von fast ¼ Grad bemerkt; (ich selbst
beobachtete sie von 18 Minuten-Bogen in 24 Stunden.) wenn man
also eine geodätische Messung des Morgens anfängt, und
des Abends vollendet, so kann man sehr bedeutende
Fehler hinein bekommen.

Früher bestimte man die Abweichung auf eine sehr
weitläufige Art, indem man eine Mittagslinie mas, und
eine rechtwinklige Bussole darauf stelte, wo denn die

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[164r/0331] daher rühmt sich Kolumbus mit Unrecht (obgleich er von den chinesischen Entdekkungen keine Kentnis haben konte) dass er die Abweichung auf seiner ersten Reise 1592 zuerst erkant habe: er bemerkte auch, dass zwischen den kanarischen und azorischen Inseln ein Punkt eintritt, wo die Magnetnadel den wahren Nord zeigt, hier ist also eine Linie ohne Ab- weichung. Wo dies aber nicht der Fall ist, da sezt man sich grossen Irthümern aus, wenn man, wie nur zu häufig noch geschieht, geodätische Operazionen mit der Nadel macht: zu einer grossen Genauigkeit kann man auf diese Weise nie gelangen: denn man hat bei der Magnetnadel stünd- liche Abweichungen von fast ¼ Grad bemerkt; (ich selbst beobachtete sie von 18 Minuten Bogen in 24 Stunden.) wenn man also eine geodätische Messung des Morgens anfängt, und des Abends vollendet, so kann man sehr bedeutende Fehler hinein bekommen. Früher bestimte man die Abweichung auf eine sehr weitläufige Art, indem man eine Mittagslinie mas, und eine rechtwinklige Bussole darauf stelte, wo denn die

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 164r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/331>, abgerufen am 28.03.2024.