Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

fält sie in Naturbeschreibung und Naturgeschichte: es tritt
hier der unglükliche Umstand ein, dass im Deutschen in dieser
Hinsicht eine grosse Sprachverwirrung herscht. Meist wird die
Naturgeschichte mit der Naturbeschreibung verwechselt, und es
wäre wohl möglich, dass dies ausvon einer misverstandenen
Übersezung von Plinius Historia Naturalis herrührte: man
gab nämlich Historia durch Geschichte, obgleich uns A. Gellius
in seinen attischen Nächten die Bedeutung dieses Wortes
im altrömischen Sinne aufbehalten hat (der ganz gewis sich dem griechischen
(von istoreo, forschen) genau anschlos)
: er sagt
nämlich: dass der alte Grammaticus Servius Flaccus das
Wort historia definirt habe, als: cognitio rerum prae-
sentium.

Obgleich nun beide Theile: Naturbeschreibung und Naturge-
schichte an sich streng geschieden sind, so kommen wir doch
oft in den Fall, beide miteinander verbinden zu müssen, wie
namentlich in der Geognosie, wo wir bei dem thatsächlichen
immer auch an das ursächliche denken müssen, wo es uns
nicht genügen wird, bei einer blossen Kentnis von der Lagerung
der Gebirgmassen stehn zu bleiben, sondern wir werden damit eine

fält sie in Naturbeschreibung und Naturgeschichte: es tritt
hier der unglükliche Umstand ein, dass im Deutschen in dieser
Hinsicht eine grosse Sprachverwirrung herscht. Meist wird die
Naturgeschichte mit der Naturbeschreibung verwechselt, und es
wäre wohl möglich, dass dies ausvon einer misverstandenen
Übersezung von Plinius Historia Naturalis herrührte: man
gab nämlich Historia durch Geschichte, obgleich uns A. Gellius
in seinen attischen Nächten die Bedeutung dieses Wortes
im altrömischen Sinne aufbehalten hat (der ganz gewis sich dem griechischen
(von ἱςτορέω, forschen) genau anschlos)
: er sagt
nämlich: dass der alte Grammaticus Servius Flaccus das
Wort historia definirt habe, als: cognitio rerum prae-
sentium.

Obgleich nun beide Theile: Naturbeschreibung und Naturge-
schichte an sich streng geschieden sind, so kommen wir doch
oft in den Fall, beide miteinander verbinden zu müssen, wie
namentlich in der Geognosie, wo wir bei dem thatsächlichen
immer auch an das ursächliche denken müssen, wo es uns
nicht genügen wird, bei einer blossen Kentnis von der Lagerung
der Gebirgmassen stehn zu bleiben, sondern wir werden damit eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="session" n="5">
          <p><pb facs="#f0052" n="24v"/>
fält sie in <hi rendition="#u">Naturbeschreibung</hi> und <hi rendition="#u">Naturgeschichte</hi>: es tritt<lb/>
hier der unglükliche Umstand ein, dass im Deutschen in dieser<lb/>
Hinsicht eine grosse Sprachverwirrung herscht. Meist wird die<lb/>
Naturgeschichte mit der Naturbeschreibung verwechselt, und es<lb/>
wäre wohl möglich, dass dies <subst><del rendition="#s">aus</del><add place="superlinear">von</add></subst> einer misverstandenen<lb/>
Übersezung von <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118595083 http://d-nb.info/gnd/118595083">Plinius</persName> Historia Naturalis herrührte: man<lb/>
gab nämlich Historia durch Geschichte, obgleich uns <persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118716735 http://d-nb.info/gnd/118716735">A. Gellius</persName><lb/>
in seinen attischen Nächten die Bedeutung dieses Wortes<lb/>
im altrömischen <choice><sic>Sinne<add place="superlinear"><metamark>1</metamark></add> (<add place="superlinear"><metamark>3</metamark><metamark/></add>der ganz gewis sich dem griechischen<lb/>
(von <foreign xml:lang="ell">&#x1F31;&#x03C2;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C1;&#x1F73;&#x03C9;</foreign>, forschen) genau anschlos) aufbehalten<add place="superlinear"><metamark>2</metamark></add> hat</sic><corr resp="#GP">Sinne aufbehalten hat (der ganz gewis sich dem griechischen<lb/>
(von <foreign xml:lang="ell">&#x1F31;&#x03C2;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C1;&#x1F73;&#x03C9;</foreign>, forschen) genau anschlos)</corr></choice>: er sagt<lb/>
nämlich: dass der alte Grammaticus <persName resp="#CT" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-11876814X http://d-nb.info/gnd/11876814X">Servius Flaccus</persName> das<lb/>
Wort historia definirt habe, als: <hi rendition="#u">cognitio rerum prae-<lb/>
sentium.</hi></p><lb/>
          <p>Obgleich nun beide Theile: Naturbeschreibung und Naturge-<lb/>
schichte an sich streng geschieden sind, so kommen wir doch<lb/>
oft in den Fall, beide miteinander verbinden zu müssen, wie<lb/>
namentlich in <add place="superlinear"><metamark/>der </add>Geognosie, wo wir bei dem <hi rendition="#u">thatsächlichen</hi><lb/>
immer auch an das <hi rendition="#u">ursächliche</hi> denken müssen, wo es uns<lb/>
nicht genügen wird, bei einer blossen Kentnis von der Lagerung<lb/>
der Gebirgmassen stehn zu bleiben, sondern wir <add place="superlinear"><metamark/>werden </add>damit eine<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24v/0052] fält sie in Naturbeschreibung und Naturgeschichte: es tritt hier der unglükliche Umstand ein, dass im Deutschen in dieser Hinsicht eine grosse Sprachverwirrung herscht. Meist wird die Naturgeschichte mit der Naturbeschreibung verwechselt, und es wäre wohl möglich, dass dies ausvon einer misverstandenen Übersezung von Plinius Historia Naturalis herrührte: man gab nämlich Historia durch Geschichte, obgleich uns A. Gellius in seinen attischen Nächten die Bedeutung dieses Wortes im altrömischen Sinne aufbehalten hat (der ganz gewis sich dem griechischen (von ἱςτορέω, forschen) genau anschlos): er sagt nämlich: dass der alte Grammaticus Servius Flaccus das Wort historia definirt habe, als: cognitio rerum prae- sentium. Obgleich nun beide Theile: Naturbeschreibung und Naturge- schichte an sich streng geschieden sind, so kommen wir doch oft in den Fall, beide miteinander verbinden zu müssen, wie namentlich in der Geognosie, wo wir bei dem thatsächlichen immer auch an das ursächliche denken müssen, wo es uns nicht genügen wird, bei einer blossen Kentnis von der Lagerung der Gebirgmassen stehn zu bleiben, sondern wir werden damit eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/52
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 24v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/52>, abgerufen am 19.04.2024.