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Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Beobachtung zusammen, daß in einer Wasser-
Pflanze, der chara flexilis, Röhren wie Ba-
rometerröhren enthalten sind, in denen eine
beständige Bewegung ist so lange sie recht
im vollen Wachsthum ist, [unleserliches Material]indem kleine Körner
beständig herauf u. herunter steigen.
Unterbindet man die Pflanzen, so schneidet
sich die Lebensströmung ab u. oberhalb bilden
sich neue Lebensströme. Dies giebt tiefe
Blicke in das Jnnern des Organischen.
Schon 1774 wurde dies entdeckt u. jetzt haben
sich mit dieser Erscheinung aufs Neue Trevira-
nus
, Meier in Bonn u. Dr. Meyer beschäf-
tigt. Meier bemerkte eine eigne Bewegung
dieser Kügelchen, selbst wenn sie sich von
der Chara trennen. Dies Umtreiben der
Lebenssphären geschieht auch bei mehreren
Thieren durch die Blutkügelchen. Kommen diese
Biosphaeren zur Ruhe, so tragen sie als
Fasern zur Masse bei. Beobachtet man die
Thiersäfte, so sind diese Blu[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]tkügelchen bei
unterschiedenen Thieren nach Form u. Größe
einerlei. Die Anatomen nehmen bekanntlich
zwei Stoffe an, nämlich gewonnene Masse
u. Blutkugelchen. Zu ersterer gehört das
Gehirn, Nerven etc. selbst der Eiter der als
gewinnbare Masse sich unter unsern Augen
bildet. Nach philosophischer Ansicht bilden
sich hieraus zwei Stoffe, entweder Blätt-
chen oder Fasern. Das Zollgewebe besteht
aus beiden. Diese Betrachtungen führen
uns zu künstlichen Benennungen, u. schneidend
hat man absondern wollen Pflanzen u.
Thiere. Jn untern Stufen wandeln aber beide
auf einem Wege, in den obern Stufen

sind

Beobachtung zuſam̃en, daß in einer Waſſer-
Pflanze, der chara flexilis, Röhren wie Ba-
rometerröhren enthalten ſind, in denen eine
beſtändige Bewegung iſt ſo lange ſie recht
im vollen Wachsthum iſt, [unleserliches Material]indem kleine Körner
beſtändig herauf u. herunter ſteigen.
Unterbindet man die Pflanzen, ſo ſchneidet
ſich die Lebensſtrömung ab u. oberhalb bilden
ſich neue Lebensſtröme. Dies giebt tiefe
Blicke in das Jñern des Organiſchen.
Schon 1774 wurde dies entdeckt u. jetzt haben
ſich mit dieſer Erſcheinung aufs Neue Trevira-
nus
, Meier in Bonn u. Dr. Meyer beſchäf-
tigt. Meier bemerkte eine eigne Bewegung
dieſer Kügelchen, ſelbſt weñ ſie ſich von
der Chara treñen. Dies Umtreiben der
Lebensſphären geſchieht auch bei mehreren
Thieren durch die Blutkügelchen. Kom̃en dieſe
Bioſphaeren zur Ruhe, ſo tragen ſie als
Faſern zur Maſſe bei. Beobachtet man die
Thierſäfte, ſo ſind dieſe Blu[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]tkügelchen bei
unterſchiedenen Thieren nach Form u. Größe
einerlei. Die Anatomen nehmen bekañtlich
zwei Stoffe an, nämlich gewoñene Maſſe
u. Blutkugelchen. Zu erſterer gehört das
Gehirn, Nerven etc. ſelbſt der Eiter der als
gewiñbare Maſſe ſich unter unſern Augen
bildet. Nach philoſophiſcher Anſicht bilden
ſich hieraus zwei Stoffe, entweder Blätt-
chen oder Faſern. Das Zollgewebe beſteht
aus beiden. Dieſe Betrachtungen führen
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[341./0358] Beobachtung zuſam̃en, daß in einer Waſſer- Pflanze, der chara flexilis, Röhren wie Ba- rometerröhren enthalten ſind, in denen eine beſtändige Bewegung iſt ſo lange ſie recht im vollen Wachsthum iſt, _ indem kleine Körner beſtändig herauf u. herunter ſteigen. Unterbindet man die Pflanzen, ſo ſchneidet ſich die Lebensſtrömung ab u. oberhalb bilden ſich neue Lebensſtröme. Dies giebt tiefe Blicke in das Jñern des Organiſchen. Schon 1774 wurde dies entdeckt u. jetzt haben ſich mit dieſer Erſcheinung aufs Neue Trevira- nus, Meier in Bonn u. Dr. Meyer beſchäf- tigt. Meier bemerkte eine eigne Bewegung dieſer Kügelch, ſelbſt weñ ſie ſich von der Chara treñen. Dies Umtreiben der Lebensſphären geſchieht auch bei mehreren Thieren durch die Blutkügelchen. Kom̃en dieſe Bioſphaeren zur Ruhe, ſo tragen ſie als Faſern zur Maſſe bei. Beobachtet man die Thierſäfte, ſo ſind dieſe Blu_tkügelch bei unterſchiedenen Thieren nach Form u. Größe einerlei. Die Anatomen nehmen bekañtlich zwei Stoffe an, nämlich gewoñene Maſſe u. Blutkugelchen. Zu erſterer gehört das Gehirn, Nerven p ſelbſt der Eiter der als gewiñbare Maſſe ſich unter unſern Augen bildet. Nach philoſophiſcher Anſicht bilden ſich hieraus zwei Stoffe, entweder Blätt- chen oder Faſern. Das Zollgewebe beſteht aus beiden. Dieſe Betrachtungen führen uns zu künſtlichen Beneñungen, u. ſchneidend hat man abſondern wollen Pflanzen u. Thiere. Jn untern Stufen wandeln aber beide auf einem Wege, in den obern Stufen ſind

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Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 341.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/358>, abgerufen am 28.03.2024.