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Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Chataubriands Attala, le Martyr etc. etc.

Goethe
Ebenso dringen Goethes unsterbliche Ver-
dienste um die Aestetik allenthalben durch
u. wie er selbst das Gebiet der Natur
durch seine treflichen optischen Versuche er-
leuchtet. Allerdings ist dabei nicht zu
läugnen, daß die ästetische Behandlung
der Natur auch auf gewaltige Abwege
geführt hat
; denn viele Reisende haben
bloß poetisch geschildert, aber dabei nicht
wahr. Sie waren nicht genug gebildet
mit dem Studium der Natur vertraut, u.
wurden somit [unleserliches Material - 1 Wort fehlt]in ihren Beschreibungen
Natur
des wahrhaft poe-
tischen

geschmacklos. Das wahrhaft poetische
kann nur aus der Tiefe des eigensten [unleserliches Material]-
sten Gemüthes entstehen,
u. jeder fremde
Schmuck in die Schilderung großer Scenen
gebracht, ist immer sehr gefährlich. Dessen un-
geachtet kann Wahrheit in die Schilderung kommen,
u. nie braucht sie des poetischen Bildes zu
entbehren; man muß nur nichts hinzusetzen
wollen. Die Größe der Natur muß [nie]
selbst angeschaut werden, u. die Schilderung
muß nicht schwächern Eindruck machen auf
den der es liest, als die Natur selbst
auf den, der es zur Darstellung brach-
te. Ueber dieser ästetischen Natur-
Näheres
über die Landschfts-
malerei

beschreibung ist auch die Landschaftsma-
lerei zu werken.
Bei den Griechen u. Rö-
mern war dies kein eigner Gegenstand [der]
Kunst, sondern sie blühete zuerst auf in

der

Chataubriands Attala, le Martyr etc. etc.

Goethe
Ebenſo dringen Goethes unſterbliche Ver-
dienſte um die Aeſtetik allenthalben durch
u. wie er ſelbſt das Gebiet der Natur
durch ſeine treflichen optiſchen Verſuche er-
leuchtet. Allerdings iſt dabei nicht zu
läugnen, daß die äſtetiſche Behandlung
der Natur auch auf gewaltige Abwege
geführt hat
; deñ viele Reiſende haben
bloß poetiſch geſchildert, aber dabei nicht
wahr. Sie waren nicht genug gebildet
mit dem Studium der Natur vertraut, u.
wurden ſomit [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]in ihren Beſchreibungen
Natur
des wahrhaft poe-
tiſchen

geſchmacklos. Das wahrhaft poetiſche
kañ nur aus der Tiefe des eigenſten [unleserliches Material]-
ſten Gemüthes entſtehen,
u. jeder fremde
Schmuck in die Schilderung großer Scenen
gebracht, iſt im̃er ſehr gefährlich. Deſſen un-
geachtet kañ Wahrheit in die Schilderung kom̃en,
u. nie braucht ſie des poetiſchen Bildes zu
entbehren; man muß nur nichts hinzuſetzen
wollen. Die Größe der Natur muß [nie]
ſelbſt angeſchaut werden, u. die Schilderung
muß nicht ſchwächern Eindruck machen auf
den der es lieſt, als die Natur ſelbſt
auf den, der es zur Darſtellung brach-
te. Ueber dieſer äſtetiſchen Natur-
Näheres
über die Landſchfts-
malerei

beſchreibung iſt auch die Landſchaftsma-
lerei zu werken.
Bei den Griechen u. Rö-
mern war dies kein eigner Gegenſtand [der]
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Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 62.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/66>, abgerufen am 19.04.2024.