Brief -- zwei neue Inzisionen des Schicksals -- des Lords Glaubensbekenntniß.
Man schenke einem Menschen, der wie ein Pferd, in der Nähe der Nacht und der Heimath stärker läuft, den zehnten Schalttag: am Ende eines Lebens und eines Buchs macht der Mensch wenig Aus¬ schweifungen.
Ich hab' es schon gesagt, daß nichts das Seelen- und Rückenmark mehr aus einem Menschen presset, als wenn ihm sein Unglück kein Handeln vergönnt: das Schicksal hielt unsern Viktor noch fest mit der einen Hand, um ihn wund zu schlagen mit der an¬ dern, als in diesen Trauerwochen das Schöpfrad der Zeit zwei neue Thränenkrüge im Herzen der Men¬ schen einschöpfte und in die Ewigkeit hinausgoß. Erstlich kam die trübe Nachricht wie Trauergeläute an Viktors Ohr, daß sein ehemaliger Jugendfreund Flamin einen Schritt, zu dem es ohne das Ueber¬ werfen mit ihm nie gekommen wäre, wol mit dem Tode büßen werde. Einige Tage nach den Kaniku¬ larferien -- gerade als vor einem Jahre der arme
41. Hundspoſttag.
Brief — zwei neue Inziſionen des Schickſals — des Lords Glaubensbekenntniß.
Man ſchenke einem Menſchen, der wie ein Pferd, in der Naͤhe der Nacht und der Heimath ſtaͤrker laͤuft, den zehnten Schalttag: am Ende eines Lebens und eines Buchs macht der Menſch wenig Aus¬ ſchweifungen.
Ich hab' es ſchon geſagt, daß nichts das Seelen- und Ruͤckenmark mehr aus einem Menſchen preſſet, als wenn ihm ſein Ungluͤck kein Handeln vergoͤnnt: das Schickſal hielt unſern Viktor noch feſt mit der einen Hand, um ihn wund zu ſchlagen mit der an¬ dern, als in dieſen Trauerwochen das Schoͤpfrad der Zeit zwei neue Thraͤnenkruͤge im Herzen der Men¬ ſchen einſchoͤpfte und in die Ewigkeit hinausgoß. Erſtlich kam die truͤbe Nachricht wie Trauergelaͤute an Viktors Ohr, daß ſein ehemaliger Jugendfreund Flamin einen Schritt, zu dem es ohne das Ueber¬ werfen mit ihm nie gekommen waͤre, wol mit dem Tode buͤßen werde. Einige Tage nach den Kaniku¬ larferien — gerade als vor einem Jahre der arme
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41. Hundspoſttag.
Brief — zwei neue Inziſionen des Schickſals — des Lords
Glaubensbekenntniß.
Man ſchenke einem Menſchen, der wie ein Pferd,
in der Naͤhe der Nacht und der Heimath ſtaͤrker
laͤuft, den zehnten Schalttag: am Ende eines Lebens
und eines Buchs macht der Menſch wenig Aus¬
ſchweifungen.
Ich hab' es ſchon geſagt, daß nichts das Seelen-
und Ruͤckenmark mehr aus einem Menſchen preſſet,
als wenn ihm ſein Ungluͤck kein Handeln vergoͤnnt:
das Schickſal hielt unſern Viktor noch feſt mit der
einen Hand, um ihn wund zu ſchlagen mit der an¬
dern, als in dieſen Trauerwochen das Schoͤpfrad der
Zeit zwei neue Thraͤnenkruͤge im Herzen der Men¬
ſchen einſchoͤpfte und in die Ewigkeit hinausgoß.
Erſtlich kam die truͤbe Nachricht wie Trauergelaͤute
an Viktors Ohr, daß ſein ehemaliger Jugendfreund
Flamin einen Schritt, zu dem es ohne das Ueber¬
werfen mit ihm nie gekommen waͤre, wol mit dem
Tode buͤßen werde. Einige Tage nach den Kaniku¬
larferien — gerade als vor einem Jahre der arme
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Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/352>, abgerufen am 18.04.2024.
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