einen leeren Magen, gehörte vom Maststück auch nichts Besseres. Von den Opferschalen, welche die Künstler den alten römischen Kaisern, wie den Dorischen Fries, anbilden und anmah- len, behauptete ich stets, daß sie nicht das Aus- gießen, sondern das Einschöpfen vorstell- ten: In der Natur fließt zwar von den Bergen den Thälern fette Erde zu, aber im Staate mästen besser die Tiefen die Höhen. So ist der päbstliche Thron zwar ein Hungerthurm, aber nicht für den Bischof Hatto droben, sondern für die zappelnden Kirchenmäuse unten, die nicht hinauf können.
Betrübtes Trauer- und Eßgelag! Du seufzest unter dem Genuß des Leichenmaals, womit du das Abscheiden unsers Magen feierst, und die Bissen treiben dir Thränen aus. Wi- sche sie ab, setzte deine Trauer darein, daß du in den Fußtapfen des hingegangenen Gliedes wan- delst. Ihr wisset, Leidträger, daß ihr im Kir- chenschiff, eurem Proviantschiff, nicht umsonst fahret, sondern daß euer Leben ein langes Nach- tischgebet seyn soll, hingebracht nicht in gelehr-
einen leeren Magen, gehoͤrte vom Maſtſtuͤck auch nichts Beſſeres. Von den Opferſchalen, welche die Kuͤnſtler den alten roͤmiſchen Kaiſern, wie den Doriſchen Fries, anbilden und anmah- len, behauptete ich ſtets, daß ſie nicht das Aus- gießen, ſondern das Einſchoͤpfen vorſtell- ten: In der Natur fließt zwar von den Bergen den Thaͤlern fette Erde zu, aber im Staate mäſten beſſer die Tiefen die Hoͤhen. So iſt der paͤbſtliche Thron zwar ein Hungerthurm, aber nicht fuͤr den Biſchof Hatto droben, ſondern fuͤr die zappelnden Kirchenmaͤuſe unten, die nicht hinauf koͤnnen.
Betruͤbtes Trauer- und Eßgelag! Du ſeufzeſt unter dem Genuß des Leichenmaals, womit du das Abſcheiden unſers Magen feierſt, und die Biſſen treiben dir Thraͤnen aus. Wi- ſche ſie ab, ſetzte deine Trauer darein, daß du in den Fußtapfen des hingegangenen Gliedes wan- delſt. Ihr wiſſet, Leidtraͤger, daß ihr im Kir- chenſchiff, eurem Proviantſchiff, nicht umſonſt fahret, ſondern daß euer Leben ein langes Nach- tiſchgebet ſeyn ſoll, hingebracht nicht in gelehr-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0225"n="207"/>
einen leeren Magen, gehoͤrte vom Maſtſtuͤck<lb/>
auch nichts Beſſeres. Von den Opferſchalen,<lb/>
welche die Kuͤnſtler den alten roͤmiſchen Kaiſern,<lb/>
wie den Doriſchen Fries, anbilden und anmah-<lb/>
len, behauptete ich ſtets, daß ſie nicht das <hirendition="#g">Aus-<lb/>
gießen</hi>, ſondern das <hirendition="#g">Einſchoͤpfen</hi> vorſtell-<lb/>
ten: In der Natur fließt zwar von den Bergen<lb/>
den Thaͤlern fette Erde zu, aber im Staate<lb/>
mäſten beſſer die Tiefen die Hoͤhen. So iſt der<lb/>
paͤbſtliche Thron zwar ein Hungerthurm, aber<lb/>
nicht fuͤr den Biſchof Hatto droben, ſondern fuͤr<lb/>
die zappelnden Kirchenmaͤuſe unten, die nicht<lb/>
hinauf koͤnnen.</p><lb/><p>Betruͤbtes Trauer- und Eßgelag! Du<lb/>ſeufzeſt unter dem Genuß des Leichenmaals,<lb/>
womit du das Abſcheiden unſers Magen feierſt,<lb/>
und die Biſſen treiben dir Thraͤnen aus. Wi-<lb/>ſche ſie ab, ſetzte deine Trauer darein, daß du in<lb/>
den Fußtapfen des hingegangenen Gliedes wan-<lb/>
delſt. Ihr wiſſet, Leidtraͤger, daß ihr im Kir-<lb/>
chenſchiff, eurem Proviantſchiff, nicht umſonſt<lb/>
fahret, ſondern daß euer Leben ein langes Nach-<lb/>
tiſchgebet ſeyn ſoll, hingebracht nicht in gelehr-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[207/0225]
einen leeren Magen, gehoͤrte vom Maſtſtuͤck
auch nichts Beſſeres. Von den Opferſchalen,
welche die Kuͤnſtler den alten roͤmiſchen Kaiſern,
wie den Doriſchen Fries, anbilden und anmah-
len, behauptete ich ſtets, daß ſie nicht das Aus-
gießen, ſondern das Einſchoͤpfen vorſtell-
ten: In der Natur fließt zwar von den Bergen
den Thaͤlern fette Erde zu, aber im Staate
mäſten beſſer die Tiefen die Hoͤhen. So iſt der
paͤbſtliche Thron zwar ein Hungerthurm, aber
nicht fuͤr den Biſchof Hatto droben, ſondern fuͤr
die zappelnden Kirchenmaͤuſe unten, die nicht
hinauf koͤnnen.
Betruͤbtes Trauer- und Eßgelag! Du
ſeufzeſt unter dem Genuß des Leichenmaals,
womit du das Abſcheiden unſers Magen feierſt,
und die Biſſen treiben dir Thraͤnen aus. Wi-
ſche ſie ab, ſetzte deine Trauer darein, daß du in
den Fußtapfen des hingegangenen Gliedes wan-
delſt. Ihr wiſſet, Leidtraͤger, daß ihr im Kir-
chenſchiff, eurem Proviantſchiff, nicht umſonſt
fahret, ſondern daß euer Leben ein langes Nach-
tiſchgebet ſeyn ſoll, hingebracht nicht in gelehr-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/225>, abgerufen am 20.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.