Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite
11. Summula.
Wagen-Sieste.

Im Ganzen sitzt ohnehin jeder Kutschenklub
in den ersten Nachmittagsstunden sehr matt und
dumm da; das junge Paar aber thats noch mehr,
weil Katzenbergers Gesicht, seitdem er dem
armen Schreckens-Gevatter die Wagenthüre vor
der Nase zugeschlagen, kein sonderliches Rosen-
thal und Paradies für jugendlich-gutmüthige
Augen war, die in denselben hinein und auf
den sandigen Weg hinaussahen. Er selber litt
weniger; ihn verließ nie jene Heiterkeit, welche
zeigen konnte, daß er sich den Stoikern beyge-
sellte, welche verboten, etwas zu bereuen, nicht
einmal das Böse. Indeß ist dieser höhere Stoi-
zismus, der den Verlust der unschätzbaren hö-
heren Güter noch ruhiger erträgt als den der
kleinern, nicht so selten als man klagt.

Nach einigen Minuten Sandfahrt senkte
Katzenberger sein Haupt in Schlaf. Jetzt be-

11. Summula.
Wagen-Sieſte.

Im Ganzen ſitzt ohnehin jeder Kutſchenklub
in den erſten Nachmittagsſtunden ſehr matt und
dumm da; das junge Paar aber thats noch mehr,
weil Katzenbergers Geſicht, ſeitdem er dem
armen Schreckens-Gevatter die Wagenthuͤre vor
der Naſe zugeſchlagen, kein ſonderliches Roſen-
thal und Paradies fuͤr jugendlich-gutmuͤthige
Augen war, die in denſelben hinein und auf
den ſandigen Weg hinausſahen. Er ſelber litt
weniger; ihn verließ nie jene Heiterkeit, welche
zeigen konnte, daß er ſich den Stoikern beyge-
ſellte, welche verboten, etwas zu bereuen, nicht
einmal das Boͤſe. Indeß iſt dieſer hoͤhere Stoi-
zismus, der den Verluſt der unſchaͤtzbaren hoͤ-
heren Guͤter noch ruhiger ertraͤgt als den der
kleinern, nicht ſo ſelten als man klagt.

Nach einigen Minuten Sandfahrt ſenkte
Katzenberger ſein Haupt in Schlaf. Jetzt be-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0070" n="52"/>
          <div n="3">
            <head>11. Summula.<lb/><hi rendition="#g">Wagen-Sie&#x017F;te</hi>.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">I</hi>m Ganzen &#x017F;itzt ohnehin jeder Kut&#x017F;chenklub<lb/>
in den er&#x017F;ten Nachmittags&#x017F;tunden &#x017F;ehr matt und<lb/>
dumm da; das junge Paar aber thats noch mehr,<lb/>
weil Katzenbergers Ge&#x017F;icht, &#x017F;eitdem er dem<lb/>
armen Schreckens-Gevatter die Wagenthu&#x0364;re vor<lb/>
der Na&#x017F;e zuge&#x017F;chlagen, kein &#x017F;onderliches Ro&#x017F;en-<lb/>
thal und Paradies fu&#x0364;r jugendlich-gutmu&#x0364;thige<lb/>
Augen war, die in den&#x017F;elben hinein und auf<lb/>
den &#x017F;andigen Weg hinaus&#x017F;ahen. Er &#x017F;elber litt<lb/>
weniger; ihn verließ nie jene Heiterkeit, welche<lb/>
zeigen konnte, daß er &#x017F;ich den Stoikern beyge-<lb/>
&#x017F;ellte, welche verboten, etwas zu bereuen, nicht<lb/>
einmal das Bo&#x0364;&#x017F;e. Indeß i&#x017F;t die&#x017F;er ho&#x0364;here Stoi-<lb/>
zismus, der den Verlu&#x017F;t der un&#x017F;cha&#x0364;tzbaren ho&#x0364;-<lb/>
heren Gu&#x0364;ter noch ruhiger ertra&#x0364;gt als den der<lb/>
kleinern, nicht &#x017F;o &#x017F;elten als man klagt.</p><lb/>
            <p>Nach einigen Minuten Sandfahrt &#x017F;enkte<lb/>
Katzenberger &#x017F;ein Haupt in Schlaf. Jetzt be-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0070] 11. Summula. Wagen-Sieſte. Im Ganzen ſitzt ohnehin jeder Kutſchenklub in den erſten Nachmittagsſtunden ſehr matt und dumm da; das junge Paar aber thats noch mehr, weil Katzenbergers Geſicht, ſeitdem er dem armen Schreckens-Gevatter die Wagenthuͤre vor der Naſe zugeſchlagen, kein ſonderliches Roſen- thal und Paradies fuͤr jugendlich-gutmuͤthige Augen war, die in denſelben hinein und auf den ſandigen Weg hinausſahen. Er ſelber litt weniger; ihn verließ nie jene Heiterkeit, welche zeigen konnte, daß er ſich den Stoikern beyge- ſellte, welche verboten, etwas zu bereuen, nicht einmal das Boͤſe. Indeß iſt dieſer hoͤhere Stoi- zismus, der den Verluſt der unſchaͤtzbaren hoͤ- heren Guͤter noch ruhiger ertraͤgt als den der kleinern, nicht ſo ſelten als man klagt. Nach einigen Minuten Sandfahrt ſenkte Katzenberger ſein Haupt in Schlaf. Jetzt be-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/70
Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 1. Heidelberg, 1809, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger01_1809/70>, abgerufen am 29.03.2024.