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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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Vorbericht von der Juristen
Schmiedung neuer Glaubens Formuln suche. Er kan verbie-
ten/ daß sich niemand unterstehe die Jrrenden in Bann zu
thun. Er kan untersagen keine Religions-Eyde aus zusinnen/
und die Leute zu Abschwörung derselben anzuhalten/ und was
der gleichen mehr ist.

Rechte Mit-
tel zum Kir-
chen Friedenzu gelangen.
§. XXIII.

Vielmehr kan und soll ein Regente darauff
sehen/ daß zwischen denen Jrrenden und der andern Parthey
eine allgemeine Amnestie sey. Daß alle Ketzermachereyen auff
das nachdrücklichste untersaget und bestraffet werden. Denn
zu den Kirchen Frieden zu gelangen/ ist kein besser Mittel/ als
die Dultung der Jrrenden und dissentirenden. Jch halte da-
für, das vornehmste Regale eines Fürsten in geistlichen Din-
gen/ bestehe in diesem Stück. Solches ist auch desto stärcker
zu bewahren, jemehr die Menschen geneigt/ dasselbe über
einen Hauffen zu werffen. Der Gelehrte Basnag us urthei-
let überaus wohl/ da er saget: (a) Die so der herrschenden
Religion zugethan, meinen es sey ihnen alles erlaubt. Sie bil-
den sich ein, daß sie ihren Eyfer nicht besser bezeugen könten,
als durch viele Gewaltthätigkeiten, die sie ausüben, und bey
diesen Gedancken, setzen sie ihren Begierden keine Gräntzen.
Es ist allezeit der Klugheit eines Königs gemäß, dergleichen

Excesse zu verhüten, und die öffentliche Ruhe, durch Be-

straf-
(a) Gedancken
Basnagii von
der Gewalt-
thätigkeit der
herrschenden
Religion.
Basnage Histoire de Jnits Lib. VIII. c. 6. §. 3. Ceux qui professent
la religion regnante, se croint tout permis. Ils se persuadent, qu'ils
signabent leur zele a proportions de violences qu'ils exercent, & dans
cette pensee il ne donnent point des bornes a leur passion. Il est
toujours de la prudence des Rois, de reprimer ce exces, & de nouris
la tranquillite publique en punissant un zele cruel. Mais, on ne le
fait pas souvent, & ceux qui convainius de la necessite de le faire, l'en-
treprennent, n'y reüissent pas toujours. Ils rendent souvent le re-
ligion suspecte, ils exposent aux railleries des peuples; ils attirent la
faine des pretres, & les soubevent contre eux. Cependant, un prin-
ce ne doit point se laisser entrainer a des mouvemens fougueux, ni
se mettre a la tete d'un peuple, qui ne respire que la sedition.

Vorbericht von der Juriſten
Schmiedung neuer Glaubens Formuln ſuche. Er kan verbie-
ten/ daß ſich niemand unterſtehe die Jrrenden in Bann zu
thun. Er kan unterſagen keine Religions-Eyde aus zuſinnen/
und die Leute zu Abſchwoͤrung derſelben anzuhalten/ und was
der gleichen mehr iſt.

Rechte Mit-
tel zum Kir-
chen Friedenzu gelangen.
§. XXIII.

Vielmehr kan und ſoll ein Regente darauff
ſehen/ daß zwiſchen denen Jrrenden und der andern Parthey
eine allgemeine Amneſtie ſey. Daß alle Ketzermachereyen auff
das nachdruͤcklichſte unterſaget und beſtraffet werden. Denn
zu den Kirchen Frieden zu gelangen/ iſt kein beſſer Mittel/ als
die Dultung der Jrrenden und diſſentirenden. Jch halte da-
fuͤr, das vornehmſte Regale eines Fuͤrſten in geiſtlichen Din-
gen/ beſtehe in dieſem Stuͤck. Solches iſt auch deſto ſtaͤrcker
zu bewahren, jemehr die Menſchen geneigt/ daſſelbe uͤber
einen Hauffen zu werffen. Der Gelehrte Baſnag us urthei-
let uͤberaus wohl/ da er ſaget: (a) Die ſo der herrſchenden
Religion zugethan, meinen es ſey ihnen alles erlaubt. Sie bil-
den ſich ein, daß ſie ihren Eyfer nicht beſſer bezeugen koͤnten,
als durch viele Gewaltthaͤtigkeiten, die ſie ausuͤben, und bey
dieſen Gedancken, ſetzen ſie ihren Begierden keine Graͤntzen.
Es iſt allezeit der Klugheit eines Koͤnigs gemaͤß, dergleichen

Exceſſe zu verhuͤten, und die oͤffentliche Ruhe, durch Be-

ſtraf-
(a) Gedancken
Baſnagii von
der Gewalt-
thaͤtigkeit der
herrſchenden
Religion.
Baſnage Hiſtoire de Jnits Lib. VIII. c. 6. §. 3. Ceux qui profeſſent
la religion regnante, ſe croint tout permis. Ils ſe perſuadent, qu’ils
ſignabent leur zele à proportions de violences qu’ils exercent, & dans
cette penſée il ne donnent point des bornes à leur paſſion. Il eſt
toujours de la prudence des Rois, de reprimer ce excés, & de nouris
la tranquillité publique en puniſſant un zele cruel. Mais, on ne le
fait pas ſouvent, & ceux qui convainius de la neceſſité de le faire, l’en-
treprennent, n’y reüiſſent pas toujours. Ils rendent ſouvent le re-
ligion ſuſpecte, ils expoſent aux railleries des peuples; ils attirent la
faine des pretres, & les ſoubevent contre eux. Cependant, un prin-
ce ne doit point ſe laiſſer entrainer à des mouvemens fougueux, ni
ſe mettre à la tête d’un peuple, qui ne reſpire que la ſedition.
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[30/0049] Vorbericht von der Juriſten Schmiedung neuer Glaubens Formuln ſuche. Er kan verbie- ten/ daß ſich niemand unterſtehe die Jrrenden in Bann zu thun. Er kan unterſagen keine Religions-Eyde aus zuſinnen/ und die Leute zu Abſchwoͤrung derſelben anzuhalten/ und was der gleichen mehr iſt. §. XXIII. Vielmehr kan und ſoll ein Regente darauff ſehen/ daß zwiſchen denen Jrrenden und der andern Parthey eine allgemeine Amneſtie ſey. Daß alle Ketzermachereyen auff das nachdruͤcklichſte unterſaget und beſtraffet werden. Denn zu den Kirchen Frieden zu gelangen/ iſt kein beſſer Mittel/ als die Dultung der Jrrenden und diſſentirenden. Jch halte da- fuͤr, das vornehmſte Regale eines Fuͤrſten in geiſtlichen Din- gen/ beſtehe in dieſem Stuͤck. Solches iſt auch deſto ſtaͤrcker zu bewahren, jemehr die Menſchen geneigt/ daſſelbe uͤber einen Hauffen zu werffen. Der Gelehrte Baſnag us urthei- let uͤberaus wohl/ da er ſaget: (a) Die ſo der herrſchenden Religion zugethan, meinen es ſey ihnen alles erlaubt. Sie bil- den ſich ein, daß ſie ihren Eyfer nicht beſſer bezeugen koͤnten, als durch viele Gewaltthaͤtigkeiten, die ſie ausuͤben, und bey dieſen Gedancken, ſetzen ſie ihren Begierden keine Graͤntzen. Es iſt allezeit der Klugheit eines Koͤnigs gemaͤß, dergleichen Exceſſe zu verhuͤten, und die oͤffentliche Ruhe, durch Be- ſtraf- (a) Baſnage Hiſtoire de Jnits Lib. VIII. c. 6. §. 3. Ceux qui profeſſent la religion regnante, ſe croint tout permis. Ils ſe perſuadent, qu’ils ſignabent leur zele à proportions de violences qu’ils exercent, & dans cette penſée il ne donnent point des bornes à leur paſſion. Il eſt toujours de la prudence des Rois, de reprimer ce excés, & de nouris la tranquillité publique en puniſſant un zele cruel. Mais, on ne le fait pas ſouvent, & ceux qui convainius de la neceſſité de le faire, l’en- treprennent, n’y reüiſſent pas toujours. Ils rendent ſouvent le re- ligion ſuſpecte, ils expoſent aux railleries des peuples; ils attirent la faine des pretres, & les ſoubevent contre eux. Cependant, un prin- ce ne doit point ſe laiſſer entrainer à des mouvemens fougueux, ni ſe mettre à la tête d’un peuple, qui ne reſpire que la ſedition.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/49>, abgerufen am 28.03.2024.