Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

in vierzehn Tagen will ich deinen Entschluß wis-
sen.

Der Vogt hatte sich in etwas wieder erholt,
und dankte stammelnd für die Bedenkzeit.

Arner erwiderte: Ich übereile Niemand gern,
und ich suche dich nicht zu unterdrücken, alter Mann!
aber diese zween Berufe schicken sich nicht zusam-
men.

Diese Güte Arners machte dem Vogt Muth.
Er antwortete: Es haben doch bisher alle Vögte
Ihrer Herrschaft gewirthet, und in allen Landen
unsers Fürsten ist das ein gemeines.

Arner aber war kurz, und sagt: Du hast jezt
meine Meynung gehört -- nimmt dann den Sack-
kalender -- und sagt ferner: Heute ist der 20ste
Merz, und in vierzehn Tagen wird der 3ten Aprill
seyn, also auf den 3ten Aprill erwarte ich deine Ant-
wort, weiter habe ich dermalen nichts zu sagen --
Arner zeichnete noch den Tag in seinen Kalender,
und gieng in seine Stube.



§. 57.
R 3

in vierzehn Tagen will ich deinen Entſchluß wiſ-
ſen.

Der Vogt hatte ſich in etwas wieder erholt,
und dankte ſtammelnd fuͤr die Bedenkzeit.

Arner erwiderte: Ich uͤbereile Niemand gern,
und ich ſuche dich nicht zu unterdruͤcken, alter Mann!
aber dieſe zween Berufe ſchicken ſich nicht zuſam-
men.

Dieſe Guͤte Arners machte dem Vogt Muth.
Er antwortete: Es haben doch bisher alle Voͤgte
Ihrer Herrſchaft gewirthet, und in allen Landen
unſers Fuͤrſten iſt das ein gemeines.

Arner aber war kurz, und ſagt: Du haſt jezt
meine Meynung gehoͤrt — nimmt dann den Sack-
kalender — und ſagt ferner: Heute iſt der 20ſte
Merz, und in vierzehn Tagen wird der 3ten Aprill
ſeyn, alſo auf den 3ten Aprill erwarte ich deine Ant-
wort, weiter habe ich dermalen nichts zu ſagen —
Arner zeichnete noch den Tag in ſeinen Kalender,
und gieng in ſeine Stube.



§. 57.
R 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0286" n="261"/>
in vierzehn Tagen will ich deinen Ent&#x017F;chluß wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Der Vogt hatte &#x017F;ich in etwas wieder erholt,<lb/>
und dankte &#x017F;tammelnd fu&#x0364;r die Bedenkzeit.</p><lb/>
          <p>Arner erwiderte: Ich u&#x0364;bereile Niemand gern,<lb/>
und ich &#x017F;uche dich nicht zu unterdru&#x0364;cken, alter Mann!<lb/>
aber die&#x017F;e zween Berufe &#x017F;chicken &#x017F;ich nicht zu&#x017F;am-<lb/>
men.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Gu&#x0364;te Arners machte dem Vogt Muth.<lb/>
Er antwortete: Es haben doch bisher alle Vo&#x0364;gte<lb/>
Ihrer Herr&#x017F;chaft gewirthet, und in allen Landen<lb/>
un&#x017F;ers Fu&#x0364;r&#x017F;ten i&#x017F;t das ein gemeines.</p><lb/>
          <p>Arner aber war kurz, und &#x017F;agt: Du ha&#x017F;t jezt<lb/>
meine Meynung geho&#x0364;rt &#x2014; nimmt dann den Sack-<lb/>
kalender &#x2014; und &#x017F;agt ferner: Heute i&#x017F;t der 20&#x017F;te<lb/>
Merz, und in vierzehn Tagen wird der 3ten Aprill<lb/>
&#x017F;eyn, al&#x017F;o auf den 3ten Aprill erwarte ich deine Ant-<lb/>
wort, weiter habe ich dermalen nichts zu &#x017F;agen &#x2014;<lb/>
Arner zeichnete noch den Tag in &#x017F;einen Kalender,<lb/>
und gieng in &#x017F;eine Stube.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <fw place="bottom" type="sig">R 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 57.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0286] in vierzehn Tagen will ich deinen Entſchluß wiſ- ſen. Der Vogt hatte ſich in etwas wieder erholt, und dankte ſtammelnd fuͤr die Bedenkzeit. Arner erwiderte: Ich uͤbereile Niemand gern, und ich ſuche dich nicht zu unterdruͤcken, alter Mann! aber dieſe zween Berufe ſchicken ſich nicht zuſam- men. Dieſe Guͤte Arners machte dem Vogt Muth. Er antwortete: Es haben doch bisher alle Voͤgte Ihrer Herrſchaft gewirthet, und in allen Landen unſers Fuͤrſten iſt das ein gemeines. Arner aber war kurz, und ſagt: Du haſt jezt meine Meynung gehoͤrt — nimmt dann den Sack- kalender — und ſagt ferner: Heute iſt der 20ſte Merz, und in vierzehn Tagen wird der 3ten Aprill ſeyn, alſo auf den 3ten Aprill erwarte ich deine Ant- wort, weiter habe ich dermalen nichts zu ſagen — Arner zeichnete noch den Tag in ſeinen Kalender, und gieng in ſeine Stube. §. 57. R 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/286
Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/286>, abgerufen am 29.03.2024.