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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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morgen nicht -- Junker! der Beweis ist nicht gut;
wir bitten um einen andern.

Junker. Wartet nur ein wenig; er hat ja
eine Laterne bey sich, er kann euch vielleicht heiterer
zünden -- Und dann sehr laut und sehr ernsthaft:
Still -- wenn's euch lieb ist, bis er ausgeredt hat.

Die Bauern schweigen gehorsamst.

Der Hünerträger aber fährt fort: Ihr seyd un-
höflicher, als es im Land sonst der Gebrauch ist;
warum laßt ihr mich nicht ausreden? Denkt an
den Hünerträger von Arnheim. Wenn ihr mich
nicht ganz höret, so fehlt's nicht, der künftige Ka-
lender wird von euch voll seyn; denn es ist kein
Punkt und kein Düpflein davon wahr, daß der Teu-
fel dem Vogt erschienen ist. Ich hab ihn erschreckt,
ich, der Hünerträger, so, wie ich da steh, mit die-
sem Korb und mit diesem neuen, schwarzen Geißfell,
das ich über meinen Korb hatte, weil's gestern am
Morgen noch regnete, und diese Laterne hatte ich
vornen am Korb, just so, wie ihr mich kommen
sahet. Ich füllte sie in Hirzau wohl mit Oel,
damit sie gut zünde; denn es war sehr dunkel, und
der Weg ist bös, wie ihr wohl wißt, auf der Hir-
zauer Seite. Um 11 Uhr war ich noch im Hir-
zauer Wirthshaus, das kann ich mit dem Wirth
und wohl mit zehn Männern beweisen, die auch da
waren. Als ich auf die Höhe vom Berg kam,
schlug es eben zwölf Uhr in Bonnal, und da hörte

ich,

morgen nicht — Junker! der Beweis iſt nicht gut;
wir bitten um einen andern.

Junker. Wartet nur ein wenig; er hat ja
eine Laterne bey ſich, er kann euch vielleicht heiterer
zuͤnden — Und dann ſehr laut und ſehr ernſthaft:
Still — wenn’s euch lieb iſt, bis er ausgeredt hat.

Die Bauern ſchweigen gehorſamſt.

Der Huͤnertraͤger aber faͤhrt fort: Ihr ſeyd un-
hoͤflicher, als es im Land ſonſt der Gebrauch iſt;
warum laßt ihr mich nicht ausreden? Denkt an
den Huͤnertraͤger von Arnheim. Wenn ihr mich
nicht ganz hoͤret, ſo fehlt’s nicht, der kuͤnftige Ka-
lender wird von euch voll ſeyn; denn es iſt kein
Punkt und kein Duͤpflein davon wahr, daß der Teu-
fel dem Vogt erſchienen iſt. Ich hab ihn erſchreckt,
ich, der Huͤnertraͤger, ſo, wie ich da ſteh, mit die-
ſem Korb und mit dieſem neuen, ſchwarzen Geißfell,
das ich uͤber meinen Korb hatte, weil’s geſtern am
Morgen noch regnete, und dieſe Laterne hatte ich
vornen am Korb, juſt ſo, wie ihr mich kommen
ſahet. Ich fuͤllte ſie in Hirzau wohl mit Oel,
damit ſie gut zuͤnde; denn es war ſehr dunkel, und
der Weg iſt boͤs, wie ihr wohl wißt, auf der Hir-
zauer Seite. Um 11 Uhr war ich noch im Hir-
zauer Wirthshaus, das kann ich mit dem Wirth
und wohl mit zehn Maͤnnern beweiſen, die auch da
waren. Als ich auf die Hoͤhe vom Berg kam,
ſchlug es eben zwoͤlf Uhr in Bonnal, und da hoͤrte

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[358/0383] morgen nicht — Junker! der Beweis iſt nicht gut; wir bitten um einen andern. Junker. Wartet nur ein wenig; er hat ja eine Laterne bey ſich, er kann euch vielleicht heiterer zuͤnden — Und dann ſehr laut und ſehr ernſthaft: Still — wenn’s euch lieb iſt, bis er ausgeredt hat. Die Bauern ſchweigen gehorſamſt. Der Huͤnertraͤger aber faͤhrt fort: Ihr ſeyd un- hoͤflicher, als es im Land ſonſt der Gebrauch iſt; warum laßt ihr mich nicht ausreden? Denkt an den Huͤnertraͤger von Arnheim. Wenn ihr mich nicht ganz hoͤret, ſo fehlt’s nicht, der kuͤnftige Ka- lender wird von euch voll ſeyn; denn es iſt kein Punkt und kein Duͤpflein davon wahr, daß der Teu- fel dem Vogt erſchienen iſt. Ich hab ihn erſchreckt, ich, der Huͤnertraͤger, ſo, wie ich da ſteh, mit die- ſem Korb und mit dieſem neuen, ſchwarzen Geißfell, das ich uͤber meinen Korb hatte, weil’s geſtern am Morgen noch regnete, und dieſe Laterne hatte ich vornen am Korb, juſt ſo, wie ihr mich kommen ſahet. Ich fuͤllte ſie in Hirzau wohl mit Oel, damit ſie gut zuͤnde; denn es war ſehr dunkel, und der Weg iſt boͤs, wie ihr wohl wißt, auf der Hir- zauer Seite. Um 11 Uhr war ich noch im Hir- zauer Wirthshaus, das kann ich mit dem Wirth und wohl mit zehn Maͤnnern beweiſen, die auch da waren. Als ich auf die Hoͤhe vom Berg kam, ſchlug es eben zwoͤlf Uhr in Bonnal, und da hoͤrte ich,

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/383>, abgerufen am 28.03.2024.