Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Antonio von Padua? Ach nein! es grinsten mir der achtarmige Gott Schiwa, der Ochsenkopf Vischnu's, die langzungige Göttin Kalli entgegen. Die Amulete enthielten höchst wahrscheinlich etwas von der Asche eines ihrer verbrannten Märtyrers, oder einen Nagel, ein Stückchen Haut, ein Haar eines Heiligen, einen Splitter von den Knochen eines heiligen Thieres u. s. w.

13. Februar. Heute führte mich Dr. Rolland nach dem Städtchen Kesho-Rae-Patum, einem der heiligsten in Bunda und Radschpaton, das am jenseitigen Ufer des Tschumbal, sechs engl. Meilen von Kottah liegt. Viele Pilger kommen hierher sich zu baden, da sie das Wasser an dieser Stelle für ganz besonders heilig halten. -- Diesen Glauben kann man ihnen nicht übel nehmen, wenn man bedenkt, wie viele Christen es gibt, die der heiligen Maria zu Maria-Zell, Einsiedeln oder Loretto den Vorzug vor den andern geben, die doch alle eine und dieselbe vorstellen.

Schöne Steintreppen führen von der Höhe des Ufers bis an den Fluß und in zierlichen Kiosken sitzen Brahminen, die den Gläubigen zur Ehre der Götter Geld abnehmen. Auf einer der Treppen lag eine sehr große Schildkröte; sie konnte sich ruhig da sonnen, kein Mensch dachte daran sie zu fangen -- sie kam aus dem heiligen Flusse, ja sie war vielleicht gar der verkörperte Gott Vischnu selbst *). Längs des Flusses stehen viele steinerne Altäre mit kleinen, ebenfalls in Stein ausgehauenen Stieren und andern Sinnbildern.

*) Gott Vischnu wird auch als Schildkröte dargestellt.

Antonio von Padua? Ach nein! es grinsten mir der achtarmige Gott Schiwa, der Ochsenkopf Vischnu’s, die langzungige Göttin Kalli entgegen. Die Amulete enthielten höchst wahrscheinlich etwas von der Asche eines ihrer verbrannten Märtyrers, oder einen Nagel, ein Stückchen Haut, ein Haar eines Heiligen, einen Splitter von den Knochen eines heiligen Thieres u. s. w.

13. Februar. Heute führte mich Dr. Rolland nach dem Städtchen Kesho-Rae-Patum, einem der heiligsten in Bunda und Radschpaton, das am jenseitigen Ufer des Tschumbal, sechs engl. Meilen von Kottah liegt. Viele Pilger kommen hierher sich zu baden, da sie das Wasser an dieser Stelle für ganz besonders heilig halten. — Diesen Glauben kann man ihnen nicht übel nehmen, wenn man bedenkt, wie viele Christen es gibt, die der heiligen Maria zu Maria-Zell, Einsiedeln oder Loretto den Vorzug vor den andern geben, die doch alle eine und dieselbe vorstellen.

Schöne Steintreppen führen von der Höhe des Ufers bis an den Fluß und in zierlichen Kiosken sitzen Brahminen, die den Gläubigen zur Ehre der Götter Geld abnehmen. Auf einer der Treppen lag eine sehr große Schildkröte; sie konnte sich ruhig da sonnen, kein Mensch dachte daran sie zu fangen — sie kam aus dem heiligen Flusse, ja sie war vielleicht gar der verkörperte Gott Vischnu selbst *). Längs des Flusses stehen viele steinerne Altäre mit kleinen, ebenfalls in Stein ausgehauenen Stieren und andern Sinnbildern.

*) Gott Vischnu wird auch als Schildkröte dargestellt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0037" n="29"/>
Antonio von Padua? Ach nein! es grinsten mir der achtarmige Gott Schiwa, der Ochsenkopf Vischnu&#x2019;s, die langzungige Göttin Kalli entgegen. Die Amulete enthielten höchst wahrscheinlich etwas von der Asche eines ihrer verbrannten Märtyrers, oder einen Nagel, ein Stückchen Haut, ein Haar eines Heiligen, einen Splitter von den Knochen eines heiligen Thieres u. s. w.</p>
        <p>13. Februar. Heute führte mich <hi rendition="#aq">Dr. Rolland</hi> nach dem Städtchen <hi rendition="#aq">Kesho-Rae-Patum</hi>, einem der heiligsten in <hi rendition="#aq">Bunda</hi> und <hi rendition="#aq">Radschpaton</hi>, das am jenseitigen Ufer des Tschumbal, sechs engl. Meilen von <hi rendition="#aq">Kottah</hi> liegt. Viele Pilger kommen hierher sich zu baden, da sie das Wasser an dieser Stelle für ganz besonders heilig halten. &#x2014; Diesen Glauben kann man ihnen nicht übel nehmen, wenn man bedenkt, wie viele Christen es gibt, die der heiligen Maria zu Maria-Zell, Einsiedeln oder Loretto den Vorzug vor den andern geben, die doch alle eine und dieselbe vorstellen.</p>
        <p>Schöne Steintreppen führen von der Höhe des Ufers bis an den Fluß und in zierlichen Kiosken sitzen Brahminen, die den Gläubigen zur Ehre der Götter Geld abnehmen. Auf einer der Treppen lag eine sehr große Schildkröte; sie konnte sich ruhig da sonnen, kein Mensch dachte daran sie zu fangen &#x2014; sie kam aus dem heiligen Flusse, ja sie war vielleicht gar der verkörperte Gott Vischnu selbst <note place="foot" n="*)">Gott Vischnu wird auch als Schildkröte dargestellt.</note>. Längs des Flusses stehen viele steinerne Altäre mit kleinen, ebenfalls in Stein ausgehauenen Stieren und andern Sinnbildern.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0037] Antonio von Padua? Ach nein! es grinsten mir der achtarmige Gott Schiwa, der Ochsenkopf Vischnu’s, die langzungige Göttin Kalli entgegen. Die Amulete enthielten höchst wahrscheinlich etwas von der Asche eines ihrer verbrannten Märtyrers, oder einen Nagel, ein Stückchen Haut, ein Haar eines Heiligen, einen Splitter von den Knochen eines heiligen Thieres u. s. w. 13. Februar. Heute führte mich Dr. Rolland nach dem Städtchen Kesho-Rae-Patum, einem der heiligsten in Bunda und Radschpaton, das am jenseitigen Ufer des Tschumbal, sechs engl. Meilen von Kottah liegt. Viele Pilger kommen hierher sich zu baden, da sie das Wasser an dieser Stelle für ganz besonders heilig halten. — Diesen Glauben kann man ihnen nicht übel nehmen, wenn man bedenkt, wie viele Christen es gibt, die der heiligen Maria zu Maria-Zell, Einsiedeln oder Loretto den Vorzug vor den andern geben, die doch alle eine und dieselbe vorstellen. Schöne Steintreppen führen von der Höhe des Ufers bis an den Fluß und in zierlichen Kiosken sitzen Brahminen, die den Gläubigen zur Ehre der Götter Geld abnehmen. Auf einer der Treppen lag eine sehr große Schildkröte; sie konnte sich ruhig da sonnen, kein Mensch dachte daran sie zu fangen — sie kam aus dem heiligen Flusse, ja sie war vielleicht gar der verkörperte Gott Vischnu selbst *). Längs des Flusses stehen viele steinerne Altäre mit kleinen, ebenfalls in Stein ausgehauenen Stieren und andern Sinnbildern. *) Gott Vischnu wird auch als Schildkröte dargestellt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-06-28T07:11:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition (2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-06-28T07:11:29Z)

Weitere Informationen:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.) sind nicht konsequent wie in der Vorlage gekennzeichnet



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/37
Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/37>, abgerufen am 29.03.2024.