Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite
Dreyßig Fragestücke
Auch werd ich ihre Hand zu meiner Büchse führen,
Und sagen: Liebes Kind, dir soll kein Leid geschehn,
Die Kugeln sollen bloß vorm Loche liegen bleiben,
Jch will in deiner Fluhr mir schon die Zeit ver-
treiben.
2
Auf eine Jungfer hatt ich mich zwar sehr gespitzt,
Doch ihre Jungferschaft ist ziemlich abgenützt;
Das Schicksal winket mir, ich solle mich nicht grä-
men,
Und lieber eine Hur, als Mode-Jungfer, nehmen.
3
Ein häßlich Raben-Aas soll ich ins Ehbett führen,
Und mir, man denke nur, noch disfalls gratuliren.
4
Mein Weib wird einst nicht reich, vielmehr so blut-
arm seyn,
Daß ich mich fast besinn, ob ich sie wolle freyn.
5
Ey was? ein puckligt Weib? Doch, hat sie so viel
Thaler,
Als wie ihr Puckel wiegt: So mache ich sie kahler.
6
Ein Brandtwein-Blühmgen ist mir einst zur Eh
bestimmt,
Wofern ich dieses weiß, ein Schelm, der solche
nimmt.
7
Ein Urselgen soll mich einst Schatz und Liebsten
nennen,
Komm, liebes Urselgen, ich wünsche dich zu kennen.
8
Vom X nennt sich mein Weib: So heißt sie wol
Xantippe;
Wenn sie nun nach mir schmeißt, kriech ich in eine
Klippe.

Jch halte dafür, daß die meisten von diesen Rei-
men nach froschmäuslerischem Geschmacke,
das ist, fein saftig und zweydeutig eingerichtet,
mithin sehr wohl gesetzet sind.

21. Frage.
Wie sind die Leber-Reime am besten einzu-
richten, weil zumal mancher drüber lange

schwitzt,
Dreyßig Frageſtuͤcke
Auch werd ich ihre Hand zu meiner Buͤchſe fuͤhren,
Und ſagen: Liebes Kind, dir ſoll kein Leid geſchehn,
Die Kugeln ſollen bloß vorm Loche liegen bleiben,
Jch will in deiner Fluhr mir ſchon die Zeit ver-
treiben.
2
Auf eine Jungfer hatt ich mich zwar ſehr geſpitzt,
Doch ihre Jungferſchaft iſt ziemlich abgenuͤtzt;
Das Schickſal winket mir, ich ſolle mich nicht graͤ-
men,
Und lieber eine Hur, als Mode-Jungfer, nehmen.
3
Ein haͤßlich Raben-Aas ſoll ich ins Ehbett fuͤhren,
Und mir, man denke nur, noch disfalls gratuliren.
4
Mein Weib wird einſt nicht reich, vielmehr ſo blut-
arm ſeyn,
Daß ich mich faſt beſinn, ob ich ſie wolle freyn.
5
Ey was? ein puckligt Weib? Doch, hat ſie ſo viel
Thaler,
Als wie ihr Puckel wiegt: So mache ich ſie kahler.
6
Ein Brandtwein-Bluͤhmgen iſt mir einſt zur Eh
beſtimmt,
Wofern ich dieſes weiß, ein Schelm, der ſolche
nimmt.
7
Ein Urſelgen ſoll mich einſt Schatz und Liebſten
nennen,
Komm, liebes Urſelgen, ich wuͤnſche dich zu kennen.
8
Vom X nennt ſich mein Weib: So heißt ſie wol
Xantippe;
Wenn ſie nun nach mir ſchmeißt, kriech ich in eine
Klippe.

Jch halte dafuͤr, daß die meiſten von dieſen Rei-
men nach froſchmaͤusleriſchem Geſchmacke,
das iſt, fein ſaftig und zweydeutig eingerichtet,
mithin ſehr wohl geſetzet ſind.

21. Frage.
Wie ſind die Leber-Reime am beſten einzu-
richten, weil zumal mancher druͤber lange

ſchwitzt,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <list>
              <item>
                <lg type="poem">
                  <pb facs="#f0112" n="104"/>
                  <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Dreyßig Frage&#x017F;tu&#x0364;cke</hi> </fw><lb/>
                  <l> <hi rendition="#b">Auch werd ich ihre Hand zu meiner <hi rendition="#fr">Bu&#x0364;ch&#x017F;e</hi> fu&#x0364;hren,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#fr">Und &#x017F;agen: Liebes Kind, dir &#x017F;oll kein Leid ge&#x017F;chehn,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#fr">Die <hi rendition="#fr">Kugeln</hi> &#x017F;ollen bloß vorm Loche liegen bleiben,</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#fr">Jch will in <hi rendition="#fr">deiner Fluhr</hi> mir &#x017F;chon die Zeit ver-</hi> </l><lb/>
                  <l> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#et">treiben.</hi> </hi> </l>
                </lg>
              </item><lb/>
              <item>2 <lg type="poem"><l>Auf eine Jungfer hatt ich mich zwar &#x017F;ehr ge&#x017F;pitzt,</l><lb/><l>Doch ihre Jungfer&#x017F;chaft i&#x017F;t ziemlich abgenu&#x0364;tzt;</l><lb/><l>Das Schick&#x017F;al winket mir, ich &#x017F;olle mich nicht gra&#x0364;-</l><lb/><l><hi rendition="#et">men,</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Und lieber eine Hur, als Mode-Jungfer, nehmen.</hi></l></lg></item><lb/>
              <item>3 <lg type="poem"><l>Ein ha&#x0364;ßlich Raben-Aas &#x017F;oll ich ins Ehbett fu&#x0364;hren,</l><lb/><l>Und mir, man denke nur, noch disfalls gratuliren.</l></lg></item><lb/>
              <item>4 <lg type="poem"><l>Mein Weib wird ein&#x017F;t <hi rendition="#fr">nicht reich,</hi> vielmehr &#x017F;o blut-</l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#et">arm &#x017F;eyn,</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Daß ich mich fa&#x017F;t be&#x017F;inn, ob ich &#x017F;ie wolle freyn.</hi></l></lg></item><lb/>
              <item>5 <lg type="poem"><l>Ey was? ein <hi rendition="#fr">puckligt</hi> Weib? Doch, hat &#x017F;ie &#x017F;o viel</l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#et">Thaler,</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Als wie ihr Puckel wiegt: So mache ich &#x017F;ie kahler.</hi></l></lg></item><lb/>
              <item>6 <lg type="poem"><l>Ein <hi rendition="#fr">Brandtwein-Blu&#x0364;hmgen</hi> i&#x017F;t mir ein&#x017F;t zur Eh</l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#et">be&#x017F;timmt,</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Wofern ich die&#x017F;es weiß, ein Schelm, der &#x017F;olche</hi></l><lb/><l><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">nimmt.</hi></hi></l></lg></item><lb/>
              <item>7 <lg type="poem"><l>Ein <hi rendition="#fr">Ur&#x017F;elgen</hi> &#x017F;oll mich ein&#x017F;t Schatz und Lieb&#x017F;ten</l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#et">nennen,</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Komm, liebes Ur&#x017F;elgen, ich wu&#x0364;n&#x017F;che dich zu kennen.</hi></l></lg></item><lb/>
              <item>8 <lg type="poem"><l>Vom X nennt &#x017F;ich mein Weib: So heißt &#x017F;ie wol</l><lb/><l><hi rendition="#et"><hi rendition="#fr">Xantippe;</hi></hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr">Wenn &#x017F;ie nun nach mir &#x017F;chmeißt, kriech ich in eine</hi></l><lb/><l><hi rendition="#fr"><hi rendition="#et">Klippe.</hi></hi></l></lg></item>
            </list><lb/>
            <p>Jch halte dafu&#x0364;r, daß die mei&#x017F;ten von die&#x017F;en Rei-<lb/>
men nach <hi rendition="#fr">fro&#x017F;chma&#x0364;usleri&#x017F;chem Ge&#x017F;chmacke,</hi><lb/>
das i&#x017F;t, fein &#x017F;aftig und zweydeutig eingerichtet,<lb/>
mithin &#x017F;ehr wohl ge&#x017F;etzet &#x017F;ind.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">21. Frage.</hi> </head><lb/>
          <list>
            <item> <hi rendition="#fr">Wie &#x017F;ind die Leber-Reime am be&#x017F;ten einzu-<lb/>
richten, weil zumal mancher dru&#x0364;ber lange</hi><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">&#x017F;chwitzt,</hi> </fw><lb/>
            </item>
          </list>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0112] Dreyßig Frageſtuͤcke Auch werd ich ihre Hand zu meiner Buͤchſe fuͤhren, Und ſagen: Liebes Kind, dir ſoll kein Leid geſchehn, Die Kugeln ſollen bloß vorm Loche liegen bleiben, Jch will in deiner Fluhr mir ſchon die Zeit ver- treiben. 2 Auf eine Jungfer hatt ich mich zwar ſehr geſpitzt, Doch ihre Jungferſchaft iſt ziemlich abgenuͤtzt; Das Schickſal winket mir, ich ſolle mich nicht graͤ- men, Und lieber eine Hur, als Mode-Jungfer, nehmen. 3 Ein haͤßlich Raben-Aas ſoll ich ins Ehbett fuͤhren, Und mir, man denke nur, noch disfalls gratuliren. 4 Mein Weib wird einſt nicht reich, vielmehr ſo blut- arm ſeyn, Daß ich mich faſt beſinn, ob ich ſie wolle freyn. 5 Ey was? ein puckligt Weib? Doch, hat ſie ſo viel Thaler, Als wie ihr Puckel wiegt: So mache ich ſie kahler. 6 Ein Brandtwein-Bluͤhmgen iſt mir einſt zur Eh beſtimmt, Wofern ich dieſes weiß, ein Schelm, der ſolche nimmt. 7 Ein Urſelgen ſoll mich einſt Schatz und Liebſten nennen, Komm, liebes Urſelgen, ich wuͤnſche dich zu kennen. 8 Vom X nennt ſich mein Weib: So heißt ſie wol Xantippe; Wenn ſie nun nach mir ſchmeißt, kriech ich in eine Klippe. Jch halte dafuͤr, daß die meiſten von dieſen Rei- men nach froſchmaͤusleriſchem Geſchmacke, das iſt, fein ſaftig und zweydeutig eingerichtet, mithin ſehr wohl geſetzet ſind. 21. Frage. Wie ſind die Leber-Reime am beſten einzu- richten, weil zumal mancher druͤber lange ſchwitzt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/112
Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/112>, abgerufen am 29.03.2024.