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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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für einen Froschmäusler.
nach der lorkenden Poesie auch andre Beyna-
men
geben. Doch heisset sie, zur Ehre des
Erfinders,
die Kyauische, sonderlich, weil er
den Preis ehedem davon getragen, daß er in
hoc genere carminum
die andern Reim-
Schmiede und Poeten übertroffen habe. Wir
überlassen aber unsern poetischen Mist-Käfern
und Grob-Schmieden, sich in der Kühsaui-
schen
oder Kyauischen Borkes-Poesie hervor-
zuthun.

27. Frage.
Was verstehet der Herr Candidat wol durch
den poetischen Koller?
Antwort.

Es ist eine Sprüchworts-Rede, wenn man
saget: Der hat den Koller! Man sagt es ei-
gentlich von Pferden. Ein kollrigt Pferd ist
entweder sonnenstutzig, daß es toll wird, wenn
es stark von der Sonnen-Hitze, oder in heissen
Tagen von den Stech-Fliegen gestochen wird;
oder es ist stöckisch, und bleibt eine Weile auf
einem Flecke stehen, man mag es spornen wie
man will, ehe man sichs aber versiehet, reißt es
mit einem aus, und hebt einen aus dem Sattel;
oder endlich ist es scheu, daß es sich vor jedem
rauschenden Blatte und am Wege liegenden
Steinhaufen etc. entsetzet, da ihm der Koller
ankömmt, daß es entweder einen weiten Satz
auf die Seite thut, oder sich mit einem im Kreise
herum tummelt, daß man schwindlich werden
mögte. Nach diesen drey Arten des Pferde-

Kollers
H

fuͤr einen Froſchmaͤusler.
nach der lorkenden Poeſie auch andre Beyna-
men
geben. Doch heiſſet ſie, zur Ehre des
Erfinders,
die Kyauiſche, ſonderlich, weil er
den Preis ehedem davon getragen, daß er in
hoc genere carminum
die andern Reim-
Schmiede und Poeten uͤbertroffen habe. Wir
uͤberlaſſen aber unſern poetiſchen Miſt-Kaͤfern
und Grob-Schmieden, ſich in der Kuͤhſaui-
ſchen
oder Kyauiſchen Borkes-Poeſie hervor-
zuthun.

27. Frage.
Was verſtehet der Herr Candidat wol durch
den poetiſchen Koller?
Antwort.

Es iſt eine Spruͤchworts-Rede, wenn man
ſaget: Der hat den Koller! Man ſagt es ei-
gentlich von Pferden. Ein kollrigt Pferd iſt
entweder ſonnenſtutzig, daß es toll wird, wenn
es ſtark von der Sonnen-Hitze, oder in heiſſen
Tagen von den Stech-Fliegen geſtochen wird;
oder es iſt ſtoͤckiſch, und bleibt eine Weile auf
einem Flecke ſtehen, man mag es ſpornen wie
man will, ehe man ſichs aber verſiehet, reißt es
mit einem aus, und hebt einen aus dem Sattel;
oder endlich iſt es ſcheu, daß es ſich vor jedem
rauſchenden Blatte und am Wege liegenden
Steinhaufen ꝛc. entſetzet, da ihm der Koller
ankoͤmmt, daß es entweder einen weiten Satz
auf die Seite thut, oder ſich mit einem im Kreiſe
herum tummelt, daß man ſchwindlich werden
moͤgte. Nach dieſen drey Arten des Pferde-

Kollers
H
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[113/0121] fuͤr einen Froſchmaͤusler. nach der lorkenden Poeſie auch andre Beyna- men geben. Doch heiſſet ſie, zur Ehre des Erfinders, die Kyauiſche, ſonderlich, weil er den Preis ehedem davon getragen, daß er in hoc genere carminum die andern Reim- Schmiede und Poeten uͤbertroffen habe. Wir uͤberlaſſen aber unſern poetiſchen Miſt-Kaͤfern und Grob-Schmieden, ſich in der Kuͤhſaui- ſchen oder Kyauiſchen Borkes-Poeſie hervor- zuthun. 27. Frage. Was verſtehet der Herr Candidat wol durch den poetiſchen Koller? Antwort. Es iſt eine Spruͤchworts-Rede, wenn man ſaget: Der hat den Koller! Man ſagt es ei- gentlich von Pferden. Ein kollrigt Pferd iſt entweder ſonnenſtutzig, daß es toll wird, wenn es ſtark von der Sonnen-Hitze, oder in heiſſen Tagen von den Stech-Fliegen geſtochen wird; oder es iſt ſtoͤckiſch, und bleibt eine Weile auf einem Flecke ſtehen, man mag es ſpornen wie man will, ehe man ſichs aber verſiehet, reißt es mit einem aus, und hebt einen aus dem Sattel; oder endlich iſt es ſcheu, daß es ſich vor jedem rauſchenden Blatte und am Wege liegenden Steinhaufen ꝛc. entſetzet, da ihm der Koller ankoͤmmt, daß es entweder einen weiten Satz auf die Seite thut, oder ſich mit einem im Kreiſe herum tummelt, daß man ſchwindlich werden moͤgte. Nach dieſen drey Arten des Pferde- Kollers H

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/121>, abgerufen am 29.03.2024.