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Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

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LVIl.
Ich möchte, wenn ich sterbe, wie die lichten
Gestirne schnell und unbewußt erbleichen,
Erliegen möcht' ich einst des Todes Streichen,
Wie Sagen uns vom Pindaros berichten.
Ich will ja nicht im Leben oder Dichten
Den großen Unerreichlichen erreichen,
Ich möcht', o Freund, ihm nur im Tode gleichen;
Doch höre nun die schönste der Geschichten!
Er saß im Schauspiel, vom Gesang beweget,
Und hatte, der Ermüdete, die Wangen
Auf seines Lieblings schönes Knie geleget:
Als nun der Chöre Melodien verklangen,
Will wecken ihn, der ihn so sanft geheget,
Doch zu den Göttern war er heimgegangen.

v. Platen's Gedichte. 15
LVIl.
Ich moͤchte, wenn ich ſterbe, wie die lichten
Geſtirne ſchnell und unbewußt erbleichen,
Erliegen moͤcht' ich einſt des Todes Streichen,
Wie Sagen uns vom Pindaros berichten.
Ich will ja nicht im Leben oder Dichten
Den großen Unerreichlichen erreichen,
Ich moͤcht', o Freund, ihm nur im Tode gleichen;
Doch hoͤre nun die ſchoͤnſte der Geſchichten!
Er ſaß im Schauſpiel, vom Geſang beweget,
Und hatte, der Ermuͤdete, die Wangen
Auf ſeines Lieblings ſchoͤnes Knie geleget:
Als nun der Choͤre Melodien verklangen,
Will wecken ihn, der ihn ſo ſanft geheget,
Doch zu den Goͤttern war er heimgegangen.

v. Platen's Gedichte. 15
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[225/0235] LVIl. Ich moͤchte, wenn ich ſterbe, wie die lichten Geſtirne ſchnell und unbewußt erbleichen, Erliegen moͤcht' ich einſt des Todes Streichen, Wie Sagen uns vom Pindaros berichten. Ich will ja nicht im Leben oder Dichten Den großen Unerreichlichen erreichen, Ich moͤcht', o Freund, ihm nur im Tode gleichen; Doch hoͤre nun die ſchoͤnſte der Geſchichten! Er ſaß im Schauſpiel, vom Geſang beweget, Und hatte, der Ermuͤdete, die Wangen Auf ſeines Lieblings ſchoͤnes Knie geleget: Als nun der Choͤre Melodien verklangen, Will wecken ihn, der ihn ſo ſanft geheget, Doch zu den Goͤttern war er heimgegangen. v. Platen's Gedichte. 15

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Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/235>, abgerufen am 24.04.2024.