Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite

"Heute is der Kaphroh dran!" sagte Schönberger.

Harrassowitz nickte.

"Machst Du de Massematten?"

"Kairousche!"

"Bis jetzt ist keine Konkurrenz da," damit mischte sich
Edmund Schmeiß in das Zwiegespräch.

"Konkurrenz!" meinte Sam und nahm eine verächtliche
Miene an. "Konkurrenz giebt's nich!"

"Wird der Graf sich ganz fern halten?" fragte der Advokat,
halblaut.

"Der Graf is besorgt!" flüsterte Schmeiß. "Dafür steh'
ich! Und das andere sind alles Schnorrer!"

In diesem Augenblicke ertönte vom Pflaster draußen
Pferdegeklapper und Wagenrasseln. Ein offener Jagdwagen
mit zwei guten Pferden davor hielt vor dem Löwen. Die
vier Männer machten lange Hälse. Sam stieß einen Fluch
aus. Er erkannte in dem langen bärtigen Manne, der selbst
die Zügel geführt hatte, den Güterdirektor des Grafen, Haupt¬
mann Schroff. Der kleine Grauhaarige war wohl ebenfalls ein
Beamter der Herrschaft Saland.

Die ,Konkurrenz' war also dennoch gekommen!

Sam stand auf, ohne sein Glas geleert zu haben. Jetzt
galt's die Ohren steif halten! So leichten Kaufes, wie er
spekuliert hatte, würde er nun doch nicht zu dem Gute kommen.
Aber, Sam gab nichts verloren. Wann wäre er jemals in
schwieriger Lage verzagt, oder um Mittel und Wege verloren
gewesen! Er besaß den ganzen rücksichtslosen, katzenzähen Opti¬
mismus seiner Rasse.

Er hatte den Kretschamwirt von Halbenau vor einiger
Zeit mit seinem Wägelchen einfahren sehen; den suchte er
jetzt auf.

Kaschelernst und Harrassowitz hatten ein längeres Gespräch
im Flur des Gerichtsgebäudes. Die Unterhaltung endete damit,
daß Sam die Hand ausstreckte, und Kaschelernst grinsend ein¬
schlug und "abgemacht!" sagte.

Die Gerichtsuhr hatte zehn geschlagen. Wer sich bis da¬

„Heute is der Kaphroh dran!“ ſagte Schönberger.

Harraſſowitz nickte.

„Machſt Du de Maſſematten?“

„Kairouſche!“

„Bis jetzt iſt keine Konkurrenz da,“ damit miſchte ſich
Edmund Schmeiß in das Zwiegeſpräch.

„Konkurrenz!“ meinte Sam und nahm eine verächtliche
Miene an. „Konkurrenz giebt's nich!“

„Wird der Graf ſich ganz fern halten?“ fragte der Advokat,
halblaut.

„Der Graf is beſorgt!“ flüſterte Schmeiß. „Dafür ſteh'
ich! Und das andere ſind alles Schnorrer!“

In dieſem Augenblicke ertönte vom Pflaſter draußen
Pferdegeklapper und Wagenraſſeln. Ein offener Jagdwagen
mit zwei guten Pferden davor hielt vor dem Löwen. Die
vier Männer machten lange Hälſe. Sam ſtieß einen Fluch
aus. Er erkannte in dem langen bärtigen Manne, der ſelbſt
die Zügel geführt hatte, den Güterdirektor des Grafen, Haupt¬
mann Schroff. Der kleine Grauhaarige war wohl ebenfalls ein
Beamter der Herrſchaft Saland.

Die ‚Konkurrenz‘ war alſo dennoch gekommen!

Sam ſtand auf, ohne ſein Glas geleert zu haben. Jetzt
galt's die Ohren ſteif halten! So leichten Kaufes, wie er
ſpekuliert hatte, würde er nun doch nicht zu dem Gute kommen.
Aber, Sam gab nichts verloren. Wann wäre er jemals in
ſchwieriger Lage verzagt, oder um Mittel und Wege verloren
geweſen! Er beſaß den ganzen rückſichtsloſen, katzenzähen Opti¬
mismus ſeiner Raſſe.

Er hatte den Kretſchamwirt von Halbenau vor einiger
Zeit mit ſeinem Wägelchen einfahren ſehen; den ſuchte er
jetzt auf.

Kaſchelernſt und Harraſſowitz hatten ein längeres Geſpräch
im Flur des Gerichtsgebäudes. Die Unterhaltung endete damit,
daß Sam die Hand ausſtreckte, und Kaſchelernſt grinſend ein¬
ſchlug und „abgemacht!“ ſagte.

Die Gerichtsuhr hatte zehn geſchlagen. Wer ſich bis da¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0279" n="265"/>
          <p>&#x201E;Heute is der Kaphroh dran!&#x201C; &#x017F;agte Schönberger.</p><lb/>
          <p>Harra&#x017F;&#x017F;owitz nickte.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Mach&#x017F;t Du de Ma&#x017F;&#x017F;ematten?&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Kairou&#x017F;che!&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Bis jetzt i&#x017F;t keine Konkurrenz da,&#x201C; damit mi&#x017F;chte &#x017F;ich<lb/>
Edmund Schmeiß in das Zwiege&#x017F;präch.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Konkurrenz!&#x201C; meinte Sam und nahm eine verächtliche<lb/>
Miene an. &#x201E;Konkurrenz giebt's nich!&#x201C;</p><lb/>
          <p>&#x201E;Wird der Graf &#x017F;ich ganz fern halten?&#x201C; fragte der Advokat,<lb/>
halblaut.</p><lb/>
          <p>&#x201E;Der Graf is be&#x017F;orgt!&#x201C; flü&#x017F;terte Schmeiß. &#x201E;Dafür &#x017F;teh'<lb/>
ich! Und das andere &#x017F;ind alles Schnorrer!&#x201C;</p><lb/>
          <p>In die&#x017F;em Augenblicke ertönte vom Pfla&#x017F;ter draußen<lb/>
Pferdegeklapper und Wagenra&#x017F;&#x017F;eln. Ein offener Jagdwagen<lb/>
mit zwei guten Pferden davor hielt vor dem Löwen. Die<lb/>
vier Männer machten lange Häl&#x017F;e. Sam &#x017F;tieß einen Fluch<lb/>
aus. Er erkannte in dem langen bärtigen Manne, der &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
die Zügel geführt hatte, den Güterdirektor des Grafen, Haupt¬<lb/>
mann Schroff. Der kleine Grauhaarige war wohl ebenfalls ein<lb/>
Beamter der Herr&#x017F;chaft Saland.</p><lb/>
          <p>Die &#x201A;Konkurrenz&#x2018; war al&#x017F;o dennoch gekommen!</p><lb/>
          <p>Sam &#x017F;tand auf, ohne &#x017F;ein Glas geleert zu haben. Jetzt<lb/>
galt's die Ohren &#x017F;teif halten! So leichten Kaufes, wie er<lb/>
&#x017F;pekuliert hatte, würde er nun doch nicht zu dem Gute kommen.<lb/>
Aber, Sam gab nichts verloren. Wann wäre er jemals in<lb/>
&#x017F;chwieriger Lage verzagt, oder um Mittel und Wege verloren<lb/>
gewe&#x017F;en! Er be&#x017F;aß den ganzen rück&#x017F;ichtslo&#x017F;en, katzenzähen Opti¬<lb/>
mismus &#x017F;einer Ra&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Er hatte den Kret&#x017F;chamwirt von Halbenau vor einiger<lb/>
Zeit mit &#x017F;einem Wägelchen einfahren &#x017F;ehen; den &#x017F;uchte er<lb/>
jetzt auf.</p><lb/>
          <p>Ka&#x017F;chelern&#x017F;t und Harra&#x017F;&#x017F;owitz hatten ein längeres Ge&#x017F;präch<lb/>
im Flur des Gerichtsgebäudes. Die Unterhaltung endete damit,<lb/>
daß Sam die Hand aus&#x017F;treckte, und Ka&#x017F;chelern&#x017F;t grin&#x017F;end ein¬<lb/>
&#x017F;chlug und &#x201E;abgemacht!&#x201C; &#x017F;agte.</p><lb/>
          <p>Die Gerichtsuhr hatte zehn ge&#x017F;chlagen. Wer &#x017F;ich bis da¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0279] „Heute is der Kaphroh dran!“ ſagte Schönberger. Harraſſowitz nickte. „Machſt Du de Maſſematten?“ „Kairouſche!“ „Bis jetzt iſt keine Konkurrenz da,“ damit miſchte ſich Edmund Schmeiß in das Zwiegeſpräch. „Konkurrenz!“ meinte Sam und nahm eine verächtliche Miene an. „Konkurrenz giebt's nich!“ „Wird der Graf ſich ganz fern halten?“ fragte der Advokat, halblaut. „Der Graf is beſorgt!“ flüſterte Schmeiß. „Dafür ſteh' ich! Und das andere ſind alles Schnorrer!“ In dieſem Augenblicke ertönte vom Pflaſter draußen Pferdegeklapper und Wagenraſſeln. Ein offener Jagdwagen mit zwei guten Pferden davor hielt vor dem Löwen. Die vier Männer machten lange Hälſe. Sam ſtieß einen Fluch aus. Er erkannte in dem langen bärtigen Manne, der ſelbſt die Zügel geführt hatte, den Güterdirektor des Grafen, Haupt¬ mann Schroff. Der kleine Grauhaarige war wohl ebenfalls ein Beamter der Herrſchaft Saland. Die ‚Konkurrenz‘ war alſo dennoch gekommen! Sam ſtand auf, ohne ſein Glas geleert zu haben. Jetzt galt's die Ohren ſteif halten! So leichten Kaufes, wie er ſpekuliert hatte, würde er nun doch nicht zu dem Gute kommen. Aber, Sam gab nichts verloren. Wann wäre er jemals in ſchwieriger Lage verzagt, oder um Mittel und Wege verloren geweſen! Er beſaß den ganzen rückſichtsloſen, katzenzähen Opti¬ mismus ſeiner Raſſe. Er hatte den Kretſchamwirt von Halbenau vor einiger Zeit mit ſeinem Wägelchen einfahren ſehen; den ſuchte er jetzt auf. Kaſchelernſt und Harraſſowitz hatten ein längeres Geſpräch im Flur des Gerichtsgebäudes. Die Unterhaltung endete damit, daß Sam die Hand ausſtreckte, und Kaſchelernſt grinſend ein¬ ſchlug und „abgemacht!“ ſagte. Die Gerichtsuhr hatte zehn geſchlagen. Wer ſich bis da¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/279
Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/279>, abgerufen am 25.04.2024.