Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite

Da Fitzpatrick der Piper, den ich für gestern hatte
kommen lassen, noch heute in der Stadt blieb, be-
nutzte ich dies, um ihn während des Frühstücks pri-
vatim in meiner Stube spielen zu lassen, und dabei
sein Instrument genauer zu betrachten. Es ist, wie
Du schon weißt, Irland eigenthümlich, und eine selt-
same Mischung alter und neuer Jahrhunderte darin
sichtbar. Der ursprüngliche, einfache Dudelsack hat
sich in ihm mit der Flöte, der Hoboe, und einzelnen
Orgel- und Bassontönen, vermählt. Alles zusammen
bildet ein fremdartiges, aber ziemlich vollständiges
Concert. Der kleine elegante Blasebalg, der damit
verbunden ist, wird vermöge eines seidenen Bandes
am linken Arme befestigt, und der, zwischen ihm und
dem Sack communizirende, Windschlauch, über den
Leib gelegt, während die Hände auf einem, mit Lö-
chern, gleich einem Flageolet, versehenen, aufrecht
stehenden Rohre spielen, welches das Ende des In-
strumentes bildet, und mit fünf bis sechs andern kür-
zeren, die einer colossalen Papagenoflöte ähnlich sind,
in Verbindung steht. Während des Spiels geht der
rechte Arm unaufhörlich vom Körper ab und zu, um
den Blasebalg in Athem zu erhalten. Das Oeffnen
einer Klappe bringt einen tiefen, summenden Ton
hervor, der während dem übrigen Spiel unisono
mit fortgeht, und dem Forte-Zug des Piano's ähn-
lich wirkt. Durch das Agitiren des ganzen Körpers,
so wie des vorher beschriebenen Rohres brachte Fitz-


Da Fitzpatrick der Piper, den ich für geſtern hatte
kommen laſſen, noch heute in der Stadt blieb, be-
nutzte ich dies, um ihn während des Frühſtücks pri-
vatim in meiner Stube ſpielen zu laſſen, und dabei
ſein Inſtrument genauer zu betrachten. Es iſt, wie
Du ſchon weißt, Irland eigenthümlich, und eine ſelt-
ſame Miſchung alter und neuer Jahrhunderte darin
ſichtbar. Der urſprüngliche, einfache Dudelſack hat
ſich in ihm mit der Flöte, der Hoboe, und einzelnen
Orgel- und Baſſontönen, vermählt. Alles zuſammen
bildet ein fremdartiges, aber ziemlich vollſtändiges
Concert. Der kleine elegante Blaſebalg, der damit
verbunden iſt, wird vermöge eines ſeidenen Bandes
am linken Arme befeſtigt, und der, zwiſchen ihm und
dem Sack communizirende, Windſchlauch, über den
Leib gelegt, während die Hände auf einem, mit Lö-
chern, gleich einem Flageolet, verſehenen, aufrecht
ſtehenden Rohre ſpielen, welches das Ende des In-
ſtrumentes bildet, und mit fünf bis ſechs andern kür-
zeren, die einer coloſſalen Papagenoflöte ähnlich ſind,
in Verbindung ſteht. Während des Spiels geht der
rechte Arm unaufhörlich vom Körper ab und zu, um
den Blaſebalg in Athem zu erhalten. Das Oeffnen
einer Klappe bringt einen tiefen, ſummenden Ton
hervor, der während dem übrigen Spiel unisono
mit fortgeht, und dem Forte-Zug des Piano’s ähn-
lich wirkt. Durch das Agitiren des ganzen Körpers,
ſo wie des vorher beſchriebenen Rohres brachte Fitz-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0163" n="141"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 22<hi rendition="#sup">&#x017F;ten.</hi></hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Da Fitzpatrick der Piper, den ich für ge&#x017F;tern hatte<lb/>
kommen la&#x017F;&#x017F;en, noch heute in der Stadt blieb, be-<lb/>
nutzte ich dies, um ihn während des Früh&#x017F;tücks pri-<lb/>
vatim in meiner Stube &#x017F;pielen zu la&#x017F;&#x017F;en, und dabei<lb/>
&#x017F;ein In&#x017F;trument genauer zu betrachten. Es i&#x017F;t, wie<lb/>
Du &#x017F;chon weißt, Irland eigenthümlich, und eine &#x017F;elt-<lb/>
&#x017F;ame Mi&#x017F;chung alter und neuer Jahrhunderte darin<lb/>
&#x017F;ichtbar. Der ur&#x017F;prüngliche, einfache Dudel&#x017F;ack hat<lb/>
&#x017F;ich in ihm mit der Flöte, der Hoboe, und einzelnen<lb/>
Orgel- und Ba&#x017F;&#x017F;ontönen, vermählt. Alles zu&#x017F;ammen<lb/>
bildet ein fremdartiges, aber ziemlich voll&#x017F;tändiges<lb/>
Concert. Der kleine elegante Bla&#x017F;ebalg, der damit<lb/>
verbunden i&#x017F;t, wird vermöge eines &#x017F;eidenen Bandes<lb/>
am linken Arme befe&#x017F;tigt, und der, zwi&#x017F;chen ihm und<lb/>
dem Sack communizirende, Wind&#x017F;chlauch, über den<lb/>
Leib gelegt, <choice><sic>wa&#x0307;hrend</sic><corr>während</corr></choice> die Hände auf einem, mit Lö-<lb/>
chern, gleich einem Flageolet, ver&#x017F;ehenen, aufrecht<lb/>
&#x017F;tehenden Rohre &#x017F;pielen, welches das Ende des In-<lb/>
&#x017F;trumentes bildet, und mit fünf bis &#x017F;echs andern kür-<lb/>
zeren, die einer colo&#x017F;&#x017F;alen Papagenoflöte ähnlich &#x017F;ind,<lb/>
in Verbindung &#x017F;teht. Während des Spiels geht der<lb/>
rechte Arm unaufhörlich vom Körper ab und zu, um<lb/>
den Bla&#x017F;ebalg in Athem zu erhalten. Das Oeffnen<lb/>
einer Klappe bringt einen tiefen, &#x017F;ummenden Ton<lb/>
hervor, der während dem übrigen Spiel <hi rendition="#aq">unisono</hi><lb/>
mit fortgeht, und dem Forte-Zug des Piano&#x2019;s ähn-<lb/>
lich wirkt. Durch das Agitiren des ganzen Körpers,<lb/>
&#x017F;o wie des vorher be&#x017F;chriebenen Rohres brachte Fitz-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0163] Den 22ſten. Da Fitzpatrick der Piper, den ich für geſtern hatte kommen laſſen, noch heute in der Stadt blieb, be- nutzte ich dies, um ihn während des Frühſtücks pri- vatim in meiner Stube ſpielen zu laſſen, und dabei ſein Inſtrument genauer zu betrachten. Es iſt, wie Du ſchon weißt, Irland eigenthümlich, und eine ſelt- ſame Miſchung alter und neuer Jahrhunderte darin ſichtbar. Der urſprüngliche, einfache Dudelſack hat ſich in ihm mit der Flöte, der Hoboe, und einzelnen Orgel- und Baſſontönen, vermählt. Alles zuſammen bildet ein fremdartiges, aber ziemlich vollſtändiges Concert. Der kleine elegante Blaſebalg, der damit verbunden iſt, wird vermöge eines ſeidenen Bandes am linken Arme befeſtigt, und der, zwiſchen ihm und dem Sack communizirende, Windſchlauch, über den Leib gelegt, während die Hände auf einem, mit Lö- chern, gleich einem Flageolet, verſehenen, aufrecht ſtehenden Rohre ſpielen, welches das Ende des In- ſtrumentes bildet, und mit fünf bis ſechs andern kür- zeren, die einer coloſſalen Papagenoflöte ähnlich ſind, in Verbindung ſteht. Während des Spiels geht der rechte Arm unaufhörlich vom Körper ab und zu, um den Blaſebalg in Athem zu erhalten. Das Oeffnen einer Klappe bringt einen tiefen, ſummenden Ton hervor, der während dem übrigen Spiel unisono mit fortgeht, und dem Forte-Zug des Piano’s ähn- lich wirkt. Durch das Agitiren des ganzen Körpers, ſo wie des vorher beſchriebenen Rohres brachte Fitz-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/163
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 2. München, 1830, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe02_1830/163>, abgerufen am 23.04.2024.