Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

dieser tölpische Lord, würde gewiß keinem gebildeten
Mann auf dem ganzen Kontinent möglich seyn. *)



Ich besuchte gestern früh L . . . . ., um Deine
Kommission zu besorgen, fand ihn jedoch nicht zu
Haus, statt seiner aber zu meiner großen Freude ei-
nen Brief von Dir, den ich so ungeduldig zu lesen
war, daß ich gleich in seiner Stube blieb, um ihn
zwei bis dreimal emsig durchzuforschen. Deine Liebe,
die mir so viel wie möglich alles Unangenehme zu er-
sparen sucht, und mich nur von dem unterhält, was
ich gern höre, erkenne ich gar dankbar, dennoch mußt
Du mich nicht mehr schonen, als Du ohne Gefahr
für die Geschäfte thunlich glaubst. Du machst übri-
gens eine weit bessere Schilderung vom Inhalt mei-
ner Briefe, als diese selbst darzubieten im Stande
sind, und es ist ein sehr liebenswürdiger Fehler von
Dir, mich so artig zu überschätzen. Liebe malt mit
Zauberfarben das Geringste herrlich, aber wohl mag

*) Laß mich hier ein für allemal bemerken, daß wer England
nur nach seinem Aufenthalte daselbst im Jahre 1813 beur-
theilt, sich ganz darüber irren muß, denn damals war
eine Epoche des Enthusiasmus, eine gränzenlose Freude
der ganzen Nation von ihrem gefährlichsten Feinde durch
uns befreit worden zu seyn, die sie zum ersten, und viel-
leicht letztenmale allgemein liebenswürdig machte.

dieſer tölpiſche Lord, würde gewiß keinem gebildeten
Mann auf dem ganzen Kontinent möglich ſeyn. *)



Ich beſuchte geſtern früh L . . . . ., um Deine
Kommiſſion zu beſorgen, fand ihn jedoch nicht zu
Haus, ſtatt ſeiner aber zu meiner großen Freude ei-
nen Brief von Dir, den ich ſo ungeduldig zu leſen
war, daß ich gleich in ſeiner Stube blieb, um ihn
zwei bis dreimal emſig durchzuforſchen. Deine Liebe,
die mir ſo viel wie möglich alles Unangenehme zu er-
ſparen ſucht, und mich nur von dem unterhält, was
ich gern höre, erkenne ich gar dankbar, dennoch mußt
Du mich nicht mehr ſchonen, als Du ohne Gefahr
für die Geſchäfte thunlich glaubſt. Du machſt übri-
gens eine weit beſſere Schilderung vom Inhalt mei-
ner Briefe, als dieſe ſelbſt darzubieten im Stande
ſind, und es iſt ein ſehr liebenswürdiger Fehler von
Dir, mich ſo artig zu überſchätzen. Liebe malt mit
Zauberfarben das Geringſte herrlich, aber wohl mag

*) Laß mich hier ein fuͤr allemal bemerken, daß wer England
nur nach ſeinem Aufenthalte daſelbſt im Jahre 1813 beur-
theilt, ſich ganz daruͤber irren muß, denn damals war
eine Epoche des Enthuſiasmus, eine graͤnzenloſe Freude
der ganzen Nation von ihrem gefaͤhrlichſten Feinde durch
uns befreit worden zu ſeyn, die ſie zum erſten, und viel-
leicht letztenmale allgemein liebenswuͤrdig machte.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0159" n="119"/>
die&#x017F;er tölpi&#x017F;che Lord, würde gewiß keinem gebildeten<lb/>
Mann auf dem ganzen Kontinent möglich &#x017F;eyn. <note place="foot" n="*)">Laß mich hier ein fu&#x0364;r allemal bemerken, daß wer England<lb/>
nur nach &#x017F;einem Aufenthalte da&#x017F;elb&#x017F;t im Jahre 1813 beur-<lb/>
theilt, &#x017F;ich ganz daru&#x0364;ber irren muß, denn damals war<lb/>
eine Epoche des Enthu&#x017F;iasmus, eine gra&#x0364;nzenlo&#x017F;e Freude<lb/>
der ganzen Nation von ihrem gefa&#x0364;hrlich&#x017F;ten Feinde durch<lb/>
uns befreit worden zu &#x017F;eyn, die &#x017F;ie zum er&#x017F;ten, und viel-<lb/>
leicht letztenmale allgemein liebenswu&#x0364;rdig machte.</note></p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 21&#x017F;ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Ich be&#x017F;uchte ge&#x017F;tern früh L . . . . ., um Deine<lb/>
Kommi&#x017F;&#x017F;ion zu be&#x017F;orgen, fand ihn jedoch nicht zu<lb/>
Haus, &#x017F;tatt &#x017F;einer aber zu meiner großen Freude ei-<lb/>
nen Brief von Dir, den ich &#x017F;o ungeduldig zu le&#x017F;en<lb/>
war, daß ich gleich in &#x017F;einer Stube blieb, um ihn<lb/>
zwei bis dreimal em&#x017F;ig durchzufor&#x017F;chen. Deine Liebe,<lb/>
die mir &#x017F;o viel wie möglich alles Unangenehme zu er-<lb/>
&#x017F;paren &#x017F;ucht, und mich nur von dem unterhält, was<lb/>
ich gern höre, erkenne ich gar dankbar, dennoch mußt<lb/>
Du mich nicht mehr &#x017F;chonen, als Du ohne Gefahr<lb/>
für die Ge&#x017F;chäfte thunlich glaub&#x017F;t. Du mach&#x017F;t übri-<lb/>
gens eine weit be&#x017F;&#x017F;ere Schilderung vom Inhalt mei-<lb/>
ner Briefe, als die&#x017F;e &#x017F;elb&#x017F;t darzubieten im Stande<lb/>
&#x017F;ind, und es i&#x017F;t ein &#x017F;ehr liebenswürdiger Fehler von<lb/>
Dir, mich &#x017F;o artig zu über&#x017F;chätzen. Liebe malt mit<lb/>
Zauberfarben das Gering&#x017F;te herrlich, aber wohl mag<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0159] dieſer tölpiſche Lord, würde gewiß keinem gebildeten Mann auf dem ganzen Kontinent möglich ſeyn. *) Den 21ſten. Ich beſuchte geſtern früh L . . . . ., um Deine Kommiſſion zu beſorgen, fand ihn jedoch nicht zu Haus, ſtatt ſeiner aber zu meiner großen Freude ei- nen Brief von Dir, den ich ſo ungeduldig zu leſen war, daß ich gleich in ſeiner Stube blieb, um ihn zwei bis dreimal emſig durchzuforſchen. Deine Liebe, die mir ſo viel wie möglich alles Unangenehme zu er- ſparen ſucht, und mich nur von dem unterhält, was ich gern höre, erkenne ich gar dankbar, dennoch mußt Du mich nicht mehr ſchonen, als Du ohne Gefahr für die Geſchäfte thunlich glaubſt. Du machſt übri- gens eine weit beſſere Schilderung vom Inhalt mei- ner Briefe, als dieſe ſelbſt darzubieten im Stande ſind, und es iſt ein ſehr liebenswürdiger Fehler von Dir, mich ſo artig zu überſchätzen. Liebe malt mit Zauberfarben das Geringſte herrlich, aber wohl mag *) Laß mich hier ein fuͤr allemal bemerken, daß wer England nur nach ſeinem Aufenthalte daſelbſt im Jahre 1813 beur- theilt, ſich ganz daruͤber irren muß, denn damals war eine Epoche des Enthuſiasmus, eine graͤnzenloſe Freude der ganzen Nation von ihrem gefaͤhrlichſten Feinde durch uns befreit worden zu ſeyn, die ſie zum erſten, und viel- leicht letztenmale allgemein liebenswuͤrdig machte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/159
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/159>, abgerufen am 16.04.2024.