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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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Helfen kann ich ihm nicht, also werde ich morgen nach
London zurückkehren.

Deine beiden Briefe habe ich erhalten, und bedaure
herzlich, zu vernehmen, daß Dir für Dein Bad bis
jetzt noch Koch und Doctor fehlen. Du mußt aller-
dings Alles thun, um diese beiden wichtigen Chemi-
ker, die von der Natur bestimmt sind, sich gegensei-
tig in die Hände zu arbeiten, sobald als möglich von
bester Qualität zu erlangen.

Du weißt, daß ein berühmter französischer Arzt,
wenn er in ein Haus zum erstenmal gerufen wurde,
stets damit anfing, in die Küche zu gehen und den
Koch zu umarmen, um ihm für die neue Kundschaft
zu danken.

Als Ludwig der Vierzehnte immer kränklicher wurde,
und, seinen eignen Aerzten mißtrauend, unsern Aescu-
lap consultirte, machte dieser dem ersten homme de
bouche
Vorstellungen, dem Könige doch wenigere und
einfachere Speisen bereiten zu lassen. "Allons donc,
Monsieur,"
erwiederte der heroische Küchling, den
Arzt a son tour umarmend, "mon metier est de
faire manger le Roi -- le votre de le purger. Fai-
sons chacun le notre!"

Ehe ich Brighton verließ, mußte ich noch einer mu-
sikalischen Soiree beiwohnen, eine der härtesten Prü-
fungen, denen Fremde in England ausgesetzt sind.
Jede Mutter, die eine erwachsene Tochter besitzt, für
welche sie schweres Geld an den Musikmeister hat

Helfen kann ich ihm nicht, alſo werde ich morgen nach
London zurückkehren.

Deine beiden Briefe habe ich erhalten, und bedaure
herzlich, zu vernehmen, daß Dir für Dein Bad bis
jetzt noch Koch und Doctor fehlen. Du mußt aller-
dings Alles thun, um dieſe beiden wichtigen Chemi-
ker, die von der Natur beſtimmt ſind, ſich gegenſei-
tig in die Hände zu arbeiten, ſobald als möglich von
beſter Qualität zu erlangen.

Du weißt, daß ein berühmter franzöſiſcher Arzt,
wenn er in ein Haus zum erſtenmal gerufen wurde,
ſtets damit anfing, in die Küche zu gehen und den
Koch zu umarmen, um ihm für die neue Kundſchaft
zu danken.

Als Ludwig der Vierzehnte immer kränklicher wurde,
und, ſeinen eignen Aerzten mißtrauend, unſern Aescu-
lap conſultirte, machte dieſer dem erſten homme de
bouche
Vorſtellungen, dem Könige doch wenigere und
einfachere Speiſen bereiten zu laſſen. „Allons donc,
Monsieur,“
erwiederte der heroiſche Küchling, den
Arzt à son tour umarmend, „mon métier est de
faire manger le Roi — le votre de le purger. Fai-
sons chacun le nôtre!“

Ehe ich Brighton verließ, mußte ich noch einer mu-
ſikaliſchen Soirée beiwohnen, eine der härteſten Prü-
fungen, denen Fremde in England ausgeſetzt ſind.
Jede Mutter, die eine erwachſene Tochter beſitzt, für
welche ſie ſchweres Geld an den Muſikmeiſter hat

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[392/0438] Helfen kann ich ihm nicht, alſo werde ich morgen nach London zurückkehren. Deine beiden Briefe habe ich erhalten, und bedaure herzlich, zu vernehmen, daß Dir für Dein Bad bis jetzt noch Koch und Doctor fehlen. Du mußt aller- dings Alles thun, um dieſe beiden wichtigen Chemi- ker, die von der Natur beſtimmt ſind, ſich gegenſei- tig in die Hände zu arbeiten, ſobald als möglich von beſter Qualität zu erlangen. Du weißt, daß ein berühmter franzöſiſcher Arzt, wenn er in ein Haus zum erſtenmal gerufen wurde, ſtets damit anfing, in die Küche zu gehen und den Koch zu umarmen, um ihm für die neue Kundſchaft zu danken. Als Ludwig der Vierzehnte immer kränklicher wurde, und, ſeinen eignen Aerzten mißtrauend, unſern Aescu- lap conſultirte, machte dieſer dem erſten homme de bouche Vorſtellungen, dem Könige doch wenigere und einfachere Speiſen bereiten zu laſſen. „Allons donc, Monsieur,“ erwiederte der heroiſche Küchling, den Arzt à son tour umarmend, „mon métier est de faire manger le Roi — le votre de le purger. Fai- sons chacun le nôtre!“ Ehe ich Brighton verließ, mußte ich noch einer mu- ſikaliſchen Soirée beiwohnen, eine der härteſten Prü- fungen, denen Fremde in England ausgeſetzt ſind. Jede Mutter, die eine erwachſene Tochter beſitzt, für welche ſie ſchweres Geld an den Muſikmeiſter hat

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/438>, abgerufen am 28.03.2024.