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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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waren, ritten in Civilkleidern und Schuhen mit
herum, ein Anblick, der einem . . . . General vor
Erstaunen den Verstand kosten könnte. Mit einem
Wort, man sieht hier mehr auf das Reelle, bei
uns mehr auf die Form. Hier machen in der That
die Kleider den Mann nicht, und diese Simplicität
ist zuweilen sehr imposant.

R. sagte mir, daß dieses Regiment ursprünglich,
als die Franzosen mit Invasion drohten, von der
Londner Schneidergilde errichtet wurde, und im An-
fang aus lauter Schneidern bestand, die sich jetzt in
sehr tüchtige und martialische Husaren verwandelt,
und mit großer Auszeichnung, namentlich bei Belle-
Alliance, gefochten haben.



Seit vorgestern bin ich denn wieder im alten Gleise
und debütirte mit vier Bällen und einem Dine bei
Lord Caernarvon, wo ich den berühmten Griechen-
protektor, Herrn Eynard, fand, dessen hübsche Frau
einen gleichen Enthusiasmus für die Hellenen an den
Tag legte. Gestern aß ich bei Esterhazy, und fand
einen jungen Spanier dort, von dem ich gewünscht
hätte, er sey ein Schauspieler, um den Don Juan
darstellen zu können, denn er schien mir das Ideal
dafür zu seyn. Mit den Tönen der dramatischen
Pasta im Ohr, die man jetzt alle Abende irgendwo
hört, ging ich zu Bett.

waren, ritten in Civilkleidern und Schuhen mit
herum, ein Anblick, der einem . . . . General vor
Erſtaunen den Verſtand koſten könnte. Mit einem
Wort, man ſieht hier mehr auf das Reelle, bei
uns mehr auf die Form. Hier machen in der That
die Kleider den Mann nicht, und dieſe Simplicität
iſt zuweilen ſehr impoſant.

R. ſagte mir, daß dieſes Regiment urſprünglich,
als die Franzoſen mit Invaſion drohten, von der
Londner Schneidergilde errichtet wurde, und im An-
fang aus lauter Schneidern beſtand, die ſich jetzt in
ſehr tüchtige und martialiſche Huſaren verwandelt,
und mit großer Auszeichnung, namentlich bei Belle-
Alliance, gefochten haben.



Seit vorgeſtern bin ich denn wieder im alten Gleiſe
und debütirte mit vier Bällen und einem Diné bei
Lord Caernarvon, wo ich den berühmten Griechen-
protektor, Herrn Eynard, fand, deſſen hübſche Frau
einen gleichen Enthuſiasmus für die Hellenen an den
Tag legte. Geſtern aß ich bei Eſterhazy, und fand
einen jungen Spanier dort, von dem ich gewünſcht
hätte, er ſey ein Schauſpieler, um den Don Juan
darſtellen zu können, denn er ſchien mir das Ideal
dafür zu ſeyn. Mit den Tönen der dramatiſchen
Paſta im Ohr, die man jetzt alle Abende irgendwo
hört, ging ich zu Bett.

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[59/0075] waren, ritten in Civilkleidern und Schuhen mit herum, ein Anblick, der einem . . . . General vor Erſtaunen den Verſtand koſten könnte. Mit einem Wort, man ſieht hier mehr auf das Reelle, bei uns mehr auf die Form. Hier machen in der That die Kleider den Mann nicht, und dieſe Simplicität iſt zuweilen ſehr impoſant. R. ſagte mir, daß dieſes Regiment urſprünglich, als die Franzoſen mit Invaſion drohten, von der Londner Schneidergilde errichtet wurde, und im An- fang aus lauter Schneidern beſtand, die ſich jetzt in ſehr tüchtige und martialiſche Huſaren verwandelt, und mit großer Auszeichnung, namentlich bei Belle- Alliance, gefochten haben. Den 13ten. Seit vorgeſtern bin ich denn wieder im alten Gleiſe und debütirte mit vier Bällen und einem Diné bei Lord Caernarvon, wo ich den berühmten Griechen- protektor, Herrn Eynard, fand, deſſen hübſche Frau einen gleichen Enthuſiasmus für die Hellenen an den Tag legte. Geſtern aß ich bei Eſterhazy, und fand einen jungen Spanier dort, von dem ich gewünſcht hätte, er ſey ein Schauſpieler, um den Don Juan darſtellen zu können, denn er ſchien mir das Ideal dafür zu ſeyn. Mit den Tönen der dramatiſchen Paſta im Ohr, die man jetzt alle Abende irgendwo hört, ging ich zu Bett.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/75>, abgerufen am 28.03.2024.