Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das XII. Capitel
schuldigen Leute zum Todte hinzureis-
sen/ weil sie dem Befehl der Obrigkeit/
der sie nicht verbinden kunte/ nicht Folge
leisteten. Denn ich kan keinem das Leben
absprechen/ bevor ich von dem Verbre-
chen/ dessen er beschuldiget wird/ gründ-
lichen Bericht eingenommen hab.

Erste Ver-
fassung derKirchen.
§. 10.

Weil auch anfangs die hohe O-
brigkeit sich der Christlichen Religion
nicht annahm/ so geschahe es/ daß die
Christen selbst unter einander ohne Zu-
thun derselben den Gottesdienst bestellen/
und die äusserliche Direction der Kirchen/
so gut sie kunten/ handhaben musten. Jn-
massen es mit allen Gesellschafften zu ge-
schehen pfleget/ die in einem Staat oh-
ne Wissen oder Bewilligung der hohen
Obrigkeit entstehen/ daß die Gliedmas-
sen derselben unter sich selbst müssen zu-
sehen/ wie ihr Werck am besten einzurich-
ten/ und zu regieren sey/ auch gewisse Di-
rectores
und Ordnungen darzu setzen
und machen. Denn sonsten nach der Po-
litic,
die auf das natürliche Recht ge-
gründet ist/ die Bestellung und äusserli-
che Direction des öffentlichen Gottes-
diensts der hohen Obrigkeit zukompt.
Doch weil diese sich ihres Ampts diß-
falls nicht annehmen wolte/ musten die

ersten

Das XII. Capitel
ſchuldigen Leute zum Todte hinzureiſ-
ſen/ weil ſie dem Befehl der Obrigkeit/
der ſie nicht verbinden kunte/ nicht Folge
leiſteten. Denn ich kan keinem das Leben
abſprechen/ bevor ich von dem Verbre-
chen/ deſſen er beſchuldiget wird/ gruͤnd-
lichen Bericht eingenommen hab.

Erſte Ver-
faſſung deꝛKirchen.
§. 10.

Weil auch anfangs die hohe O-
brigkeit ſich der Chriſtlichen Religion
nicht annahm/ ſo geſchahe es/ daß die
Chriſten ſelbſt unter einander ohne Zu-
thun deꝛſelben den Gottesdienſt beſtellen/
und die aͤuſſerliche Direction der Kirchen/
ſo gut ſie kunten/ handhaben muſten. Jn-
maſſen es mit allen Geſellſchafften zu ge-
ſchehen pfleget/ die in einem Staat oh-
ne Wiſſen oder Bewilligung der hohen
Obrigkeit entſtehen/ daß die Gliedmaſ-
ſen derſelben unter ſich ſelbſt muͤſſen zu-
ſehen/ wie ihr Werck am beſten einzurich-
ten/ und zu regieren ſey/ auch gewiſſe Di-
rectores
und Ordnungen darzu ſetzen
und machen. Denn ſonſten nach der Po-
litic,
die auf das natuͤrliche Recht ge-
gruͤndet iſt/ die Beſtellung und aͤuſſerli-
che Direction des oͤffentlichen Gottes-
dienſts der hohen Obrigkeit zukompt.
Doch weil dieſe ſich ihres Ampts diß-
falls nicht annehmen wolte/ muſten die

erſten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0774" n="744"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XII.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
&#x017F;chuldigen Leute zum Todte hinzurei&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ weil &#x017F;ie dem Befehl der Obrigkeit/<lb/>
der &#x017F;ie nicht verbinden kunte/ nicht Folge<lb/>
lei&#x017F;teten. Denn ich kan keinem das Leben<lb/>
ab&#x017F;prechen/ bevor ich von dem Verbre-<lb/>
chen/ de&#x017F;&#x017F;en er be&#x017F;chuldiget wird/ gru&#x0364;nd-<lb/>
lichen Bericht eingenommen hab.</p><lb/>
            <note place="left">Er&#x017F;te Ver-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung de&#xA75B;Kirchen.</note>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 10.</head>
            <p>Weil auch anfangs die hohe O-<lb/>
brigkeit &#x017F;ich der Chri&#x017F;tlichen Religion<lb/>
nicht annahm/ &#x017F;o ge&#x017F;chahe es/ daß die<lb/>
Chri&#x017F;ten &#x017F;elb&#x017F;t unter einander ohne Zu-<lb/>
thun de&#xA75B;&#x017F;elben den Gottesdien&#x017F;t be&#x017F;tellen/<lb/>
und die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche <hi rendition="#aq">Direction</hi> der Kirchen/<lb/>
&#x017F;o gut &#x017F;ie kunten/ handhaben mu&#x017F;ten. Jn-<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;en es mit allen Ge&#x017F;ell&#x017F;chafften zu ge-<lb/>
&#x017F;chehen pfleget/ die in einem Staat oh-<lb/>
ne Wi&#x017F;&#x017F;en oder Bewilligung der hohen<lb/>
Obrigkeit ent&#x017F;tehen/ daß die Gliedma&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en der&#x017F;elben unter &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zu-<lb/>
&#x017F;ehen/ wie ihr Werck am be&#x017F;ten einzurich-<lb/>
ten/ und zu regieren &#x017F;ey/ auch gewi&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Di-<lb/>
rectores</hi> und Ordnungen darzu &#x017F;etzen<lb/>
und machen. Denn &#x017F;on&#x017F;ten nach der <hi rendition="#aq">Po-<lb/>
litic,</hi> die auf das natu&#x0364;rliche Recht ge-<lb/>
gru&#x0364;ndet i&#x017F;t/ die Be&#x017F;tellung und a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erli-<lb/>
che <hi rendition="#aq">Direction</hi> des o&#x0364;ffentlichen Gottes-<lb/>
dien&#x017F;ts der hohen Obrigkeit zukompt.<lb/>
Doch weil die&#x017F;e &#x017F;ich ihres Ampts diß-<lb/>
falls nicht annehmen wolte/ mu&#x017F;ten die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">er&#x017F;ten</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[744/0774] Das XII. Capitel ſchuldigen Leute zum Todte hinzureiſ- ſen/ weil ſie dem Befehl der Obrigkeit/ der ſie nicht verbinden kunte/ nicht Folge leiſteten. Denn ich kan keinem das Leben abſprechen/ bevor ich von dem Verbre- chen/ deſſen er beſchuldiget wird/ gruͤnd- lichen Bericht eingenommen hab. §. 10. Weil auch anfangs die hohe O- brigkeit ſich der Chriſtlichen Religion nicht annahm/ ſo geſchahe es/ daß die Chriſten ſelbſt unter einander ohne Zu- thun deꝛſelben den Gottesdienſt beſtellen/ und die aͤuſſerliche Direction der Kirchen/ ſo gut ſie kunten/ handhaben muſten. Jn- maſſen es mit allen Geſellſchafften zu ge- ſchehen pfleget/ die in einem Staat oh- ne Wiſſen oder Bewilligung der hohen Obrigkeit entſtehen/ daß die Gliedmaſ- ſen derſelben unter ſich ſelbſt muͤſſen zu- ſehen/ wie ihr Werck am beſten einzurich- ten/ und zu regieren ſey/ auch gewiſſe Di- rectores und Ordnungen darzu ſetzen und machen. Denn ſonſten nach der Po- litic, die auf das natuͤrliche Recht ge- gruͤndet iſt/ die Beſtellung und aͤuſſerli- che Direction des oͤffentlichen Gottes- dienſts der hohen Obrigkeit zukompt. Doch weil dieſe ſich ihres Ampts diß- falls nicht annehmen wolte/ muſten die erſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/774
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/774>, abgerufen am 28.03.2024.