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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

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Des andern Buchs
und löblich stehet/ sondern auch denen
Gesetzen ein grösseres Ansehen gie-
bet/ wenn ein Ober-Herr nach Gele-
genheit der Materie/ und/ alsfern es
sich vor ihn schicket/ sich selbst aus frey-
em Willen nach dem jenigen richtet/
was er seinen Unterthanen in den
Gesetzen vorgeschrieben.

§. 4.

Endlich so befindet sich die
hohe Staats-Gewalt noch mit dem
Character einer sonderbahren Hoch-
achtung
versehen/ dergestalt daß es
nicht allein das grösseste Unrecht ist/
wenn man sich ihren rechtmäßigen
Befehlen widersetzet/ sondern wenn
auch die Unterchanen ihre Strengig-
keit nicht eben mit solcher Gedult/ als
etwa gehorsame Kinder das mürrische
und wunderliche Verhalten ihrer El-
tern vertragen. Und demnach wil
sich geziemen/ daß/ wenn sie ihnen
schon das allergrösseste Unrecht zufü-
get/ sie sich doch lieber mit der Flucht

salvi-

Des andern Buchs
und loͤblich ſtehet/ ſondern auch denen
Geſetzen ein groͤſſeres Anſehen gie-
bet/ wenn ein Ober-Herr nach Gele-
genheit der Materie/ und/ alsfern es
ſich vor ihn ſchicket/ ſich ſelbſt aus frey-
em Willen nach dem jenigen richtet/
was er ſeinen Unterthanen in den
Geſetzen vorgeſchrieben.

§. 4.

Endlich ſo befindet ſich die
hohe Staats-Gewalt noch mit dem
Character eineꝛ ſonderbahren Hoch-
achtung
verſehen/ dergeſtalt daß es
nicht allein das groͤſſeſte Unrecht iſt/
wenn man ſich ihren rechtmaͤßigen
Befehlen widerſetzet/ ſondern wenn
auch die Unterchanen ihre Strengig-
keit nicht eben mit ſolcher Gedult/ als
etwa gehorſame Kinder das muͤrriſche
und wunderliche Verhalten ihrer El-
tern vertragen. Und demnach wil
ſich geziemen/ daß/ wenn ſie ihnen
ſchon das allergroͤſſeſte Unrecht zufuͤ-
get/ ſie ſich doch lieber mit der Flucht

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[498/0562] Des andern Buchs und loͤblich ſtehet/ ſondern auch denen Geſetzen ein groͤſſeres Anſehen gie- bet/ wenn ein Ober-Herr nach Gele- genheit der Materie/ und/ alsfern es ſich vor ihn ſchicket/ ſich ſelbſt aus frey- em Willen nach dem jenigen richtet/ was er ſeinen Unterthanen in den Geſetzen vorgeſchrieben. §. 4. Endlich ſo befindet ſich die hohe Staats-Gewalt noch mit dem Character eineꝛ ſonderbahren Hoch- achtung verſehen/ dergeſtalt daß es nicht allein das groͤſſeſte Unrecht iſt/ wenn man ſich ihren rechtmaͤßigen Befehlen widerſetzet/ ſondern wenn auch die Unterchanen ihre Strengig- keit nicht eben mit ſolcher Gedult/ als etwa gehorſame Kinder das muͤrriſche und wunderliche Verhalten ihrer El- tern vertragen. Und demnach wil ſich geziemen/ daß/ wenn ſie ihnen ſchon das allergroͤſſeſte Unrecht zufuͤ- get/ ſie ſich doch lieber mit der Flucht ſalvi-

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/562>, abgerufen am 24.04.2024.