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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Des XVII. Hauptstücks
III. Abschnitt.

Von dem Bratschisten insbesondere.
1. §.

Die Bratsche wird in der Musik mehrentheils für etwas geringes angesehen. Die Ursache mag wohl diese seyn, weil dieselbe öfters von solchen Personen gespielet wird, die entweder noch Anfänger in der Musik sind; oder die keine ordentlichen Gaben haben, sich auf der Violine hervor zu thun; oder auch weil dieses Instrument seinem Spieler allzuwenig Vortheil bringt: weswegen geschikte Leute sich nicht gerne dazu brauchen lassen. Dem ungeachtet halte ich dafür, daß ein Bratschist eben so geschikt seyn müsse, als ein zweyter Violinist: wofern das ganz Accompagnement nicht mangelhaft seyn soll.

2. §.

Er muß nicht allein einen eben so guten Vortrag im Spielen haben, als der Violinist, sondern er muß gleichfalls etwas von der Harmonie verstehen: damit er, wenn er, wie in Concerten üblich ist, zuweilen des Bassisten Stelle vertreten, und das Bassetchen spielen muß, mit Behutsamkeit zu spielen wisse, und der Concertist nicht mehr Sorge für ihn, als für seine eigene Stimme haben dürfe.

3. §.

Er muß in seiner Stimme beurtheilen können, welche Noten sangbar oder trocken, stark oder schwach, mit einem langen oder kurzen Bogen, gespielet werden müssen: imgleichen ob er nur zwo oder mehr Violinen, viel oder wenig Bässe gegen sich habe: und so er die Grundstimme zu spielen hat, ob die concertirende stark oder schwach spiele; ob das Stück traurig, lustig, prächtig, schmeichelnd, modest oder frech gesetzet sey:

Des XVII. Hauptstücks
III. Abschnitt.

Von dem Bratschisten insbesondere.
1. §.

Die Bratsche wird in der Musik mehrentheils für etwas geringes angesehen. Die Ursache mag wohl diese seyn, weil dieselbe öfters von solchen Personen gespielet wird, die entweder noch Anfänger in der Musik sind; oder die keine ordentlichen Gaben haben, sich auf der Violine hervor zu thun; oder auch weil dieses Instrument seinem Spieler allzuwenig Vortheil bringt: weswegen geschikte Leute sich nicht gerne dazu brauchen lassen. Dem ungeachtet halte ich dafür, daß ein Bratschist eben so geschikt seyn müsse, als ein zweyter Violinist: wofern das ganz Accompagnement nicht mangelhaft seyn soll.

2. §.

Er muß nicht allein einen eben so guten Vortrag im Spielen haben, als der Violinist, sondern er muß gleichfalls etwas von der Harmonie verstehen: damit er, wenn er, wie in Concerten üblich ist, zuweilen des Bassisten Stelle vertreten, und das Bassetchen spielen muß, mit Behutsamkeit zu spielen wisse, und der Concertist nicht mehr Sorge für ihn, als für seine eigene Stimme haben dürfe.

3. §.

Er muß in seiner Stimme beurtheilen können, welche Noten sangbar oder trocken, stark oder schwach, mit einem langen oder kurzen Bogen, gespielet werden müssen: imgleichen ob er nur zwo oder mehr Violinen, viel oder wenig Bässe gegen sich habe: und so er die Grundstimme zu spielen hat, ob die concertirende stark oder schwach spiele; ob das Stück traurig, lustig, prächtig, schmeichelnd, modest oder frech gesetzet sey:

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[207/0221] Des XVII. Hauptstücks III. Abschnitt. Von dem Bratschisten insbesondere. 1. §. Die Bratsche wird in der Musik mehrentheils für etwas geringes angesehen. Die Ursache mag wohl diese seyn, weil dieselbe öfters von solchen Personen gespielet wird, die entweder noch Anfänger in der Musik sind; oder die keine ordentlichen Gaben haben, sich auf der Violine hervor zu thun; oder auch weil dieses Instrument seinem Spieler allzuwenig Vortheil bringt: weswegen geschikte Leute sich nicht gerne dazu brauchen lassen. Dem ungeachtet halte ich dafür, daß ein Bratschist eben so geschikt seyn müsse, als ein zweyter Violinist: wofern das ganz Accompagnement nicht mangelhaft seyn soll. 2. §. Er muß nicht allein einen eben so guten Vortrag im Spielen haben, als der Violinist, sondern er muß gleichfalls etwas von der Harmonie verstehen: damit er, wenn er, wie in Concerten üblich ist, zuweilen des Bassisten Stelle vertreten, und das Bassetchen spielen muß, mit Behutsamkeit zu spielen wisse, und der Concertist nicht mehr Sorge für ihn, als für seine eigene Stimme haben dürfe. 3. §. Er muß in seiner Stimme beurtheilen können, welche Noten sangbar oder trocken, stark oder schwach, mit einem langen oder kurzen Bogen, gespielet werden müssen: imgleichen ob er nur zwo oder mehr Violinen, viel oder wenig Bässe gegen sich habe: und so er die Grundstimme zu spielen hat, ob die concertirende stark oder schwach spiele; ob das Stück traurig, lustig, prächtig, schmeichelnd, modest oder frech gesetzet sey:

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/221>, abgerufen am 29.03.2024.