Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite
7. §.

Wofern der Violoncellist die Setzkunst, oder zum wenigsten etwas von der Harmonie versteht, so ist es ihm ein Leichtes, die verschiedenen Leidenschaften, welche in einem Stücke von dem Componisten ausgedrücket sind, mit dem Concertisten zugleich zu erheben und kennbar zu machen. Dieses wird von der begleitenden Stimme eben so wohl als vom Concertisten gefodert, und ist eine vorzügliche Schönheit des Accompagnements. Denn wenn nur einer seine Stimme gut, der andere aber kaltsinnig und nachlässig vorträgt, so widerspricht der eine, so zu reden, dem, was der andere bejahet: und die Zuhörer haben, wo nicht Verdruß, doch nur das halbe Vergnügen. Hierzu kann der Violoncellist leicht gelangen, wenn es ihm nicht an der Empfindung fehlet, und wenn er nicht auf seine Stimme allein, sondern auf das Ganze die gehörige Aufmerksamkeit richtet. Er muß sich hiernächst diejenige Art Noten bekannt machen, welche vor andern markiret und erhoben werden müssen. Diese sind, erstlich diejenigen, welche Dissonanzen über sich haben, als: die Secunde, die falsche Quinte, die übermäßige Sexte, die Septime; oder die Noten, welche durch das Kreuz oder das Wiederherstellungszeichen außerordentlicher weise erhöhet, oder durch dieses, und das runde , erniedriget werden. Auch gehöret hierher, wenn die Oberstimme eine Cadenz machet, und der Baß ordentlicher Weise eine Quart: über sich, oder eine Quinte unter sich zu springen hat, um mit der Oberstimme in die Octave zu gehen; derselbe aber durch einen Betrug oder sogenannten inganno, nur eine Stufe höher oder tiefer geht: z. E. die Oberstimme cadenzirte ins C, und der Baß hätte anstatt der Octave vom C, die Terze von unten, als A, As, oder die falsche Quinte Fis, nachdem es die Tonart erfordert, s. Tab. XXII. Fig. 55. Hier thut es nun eine sehr gute Wirkung, wenn die hier erwähnten Noten: A, As, Fis, mit dem Violoncell markiert, und etwas starker als die vorhergehenden Noten angegeben werden. Wenn es aber in einem Stücke, besonders in einem Adagio, zur Hauptcadenz geht; so kann der Violoncellist mit den vorhergehenden zwo, drey, oder vier Noten, auf gleiche Weise verfahren, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf dieselbe zu lenken; s. Tab. XXII. Fig. 56.

8. §.

Bey Ligaturen oder gebundenen Noten, kann er die zweyte, worüber mehrentheils die Secunde und Quarte gesetzet wird, durch die Verstärkung des Tones wachsen lassen, doch darf er den Bogen nicht dabey rücken.

7. §.

Wofern der Violoncellist die Setzkunst, oder zum wenigsten etwas von der Harmonie versteht, so ist es ihm ein Leichtes, die verschiedenen Leidenschaften, welche in einem Stücke von dem Componisten ausgedrücket sind, mit dem Concertisten zugleich zu erheben und kennbar zu machen. Dieses wird von der begleitenden Stimme eben so wohl als vom Concertisten gefodert, und ist eine vorzügliche Schönheit des Accompagnements. Denn wenn nur einer seine Stimme gut, der andere aber kaltsinnig und nachlässig vorträgt, so widerspricht der eine, so zu reden, dem, was der andere bejahet: und die Zuhörer haben, wo nicht Verdruß, doch nur das halbe Vergnügen. Hierzu kann der Violoncellist leicht gelangen, wenn es ihm nicht an der Empfindung fehlet, und wenn er nicht auf seine Stimme allein, sondern auf das Ganze die gehörige Aufmerksamkeit richtet. Er muß sich hiernächst diejenige Art Noten bekannt machen, welche vor andern markiret und erhoben werden müssen. Diese sind, erstlich diejenigen, welche Dissonanzen über sich haben, als: die Secunde, die falsche Quinte, die übermäßige Sexte, die Septime; oder die Noten, welche durch das Kreuz oder das Wiederherstellungszeichen außerordentlicher weise erhöhet, oder durch dieses, und das runde ♭, erniedriget werden. Auch gehöret hierher, wenn die Oberstimme eine Cadenz machet, und der Baß ordentlicher Weise eine Quart: über sich, oder eine Quinte unter sich zu springen hat, um mit der Oberstimme in die Octave zu gehen; derselbe aber durch einen Betrug oder sogenannten inganno, nur eine Stufe höher oder tiefer geht: z. E. die Oberstimme cadenzirte ins C, und der Baß hätte anstatt der Octave vom C, die Terze von unten, als A, As, oder die falsche Quinte Fis, nachdem es die Tonart erfordert, s. Tab. XXII. Fig. 55. Hier thut es nun eine sehr gute Wirkung, wenn die hier erwähnten Noten: A, As, Fis, mit dem Violoncell markiert, und etwas starker als die vorhergehenden Noten angegeben werden. Wenn es aber in einem Stücke, besonders in einem Adagio, zur Hauptcadenz geht; so kann der Violoncellist mit den vorhergehenden zwo, drey, oder vier Noten, auf gleiche Weise verfahren, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf dieselbe zu lenken; s. Tab. XXII. Fig. 56.

8. §.

Bey Ligaturen oder gebundenen Noten, kann er die zweyte, worüber mehrentheils die Secunde und Quarte gesetzet wird, durch die Verstärkung des Tones wachsen lassen, doch darf er den Bogen nicht dabey rücken.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0230" n="216"/>
            </div>
            <div n="4">
              <head>7. §.</head><lb/>
              <p>Wofern der Violoncellist die Setzkunst, oder zum wenigsten etwas von der Harmonie versteht, so ist es ihm ein Leichtes, die verschiedenen Leidenschaften, welche in einem Stücke von dem Componisten ausgedrücket sind, mit dem Concertisten zugleich zu erheben und kennbar zu machen. Dieses wird von der begleitenden Stimme eben so wohl als vom Concertisten gefodert, und ist eine vorzügliche Schönheit des Accompagnements. Denn wenn nur einer seine Stimme gut, der andere aber kaltsinnig und nachlässig vorträgt, so widerspricht der eine, so zu reden, dem, was der andere bejahet: und die Zuhörer haben, wo nicht Verdruß, doch nur das halbe Vergnügen. Hierzu kann der Violoncellist leicht gelangen, wenn es ihm nicht an der Empfindung fehlet, und wenn er nicht auf seine Stimme allein, sondern auf das Ganze die gehörige Aufmerksamkeit richtet. Er muß sich hiernächst diejenige Art Noten bekannt machen, welche vor andern markiret und erhoben werden müssen. Diese sind, erstlich diejenigen, welche Dissonanzen über sich haben, als: die Secunde, die falsche Quinte, die übermäßige Sexte, die Septime; oder die Noten, welche durch das Kreuz oder das Wiederherstellungszeichen außerordentlicher weise erhöhet, oder durch dieses, und das runde &#x266D;, erniedriget werden. Auch gehöret hierher, wenn die Oberstimme eine Cadenz machet, und der Baß ordentlicher Weise eine Quart: über sich, oder eine Quinte unter sich zu springen hat, um mit der Oberstimme in die Octave zu gehen; derselbe aber durch einen Betrug oder sogenannten <hi rendition="#aq">inganno</hi>, nur eine Stufe höher oder tiefer geht: z. E. die Oberstimme cadenzirte ins C, und der Baß hätte anstatt der Octave vom C, die Terze von unten, als A, As, oder die falsche Quinte Fis, nachdem es die Tonart erfordert, s. <ref target="#f0392">Tab. XXII.</ref> Fig. 55. Hier thut es nun eine sehr gute Wirkung, wenn die hier erwähnten Noten: A, As, Fis, mit dem Violoncell markiert, und etwas starker als die vorhergehenden Noten angegeben werden. Wenn es aber in einem Stücke, besonders in einem Adagio, zur Hauptcadenz geht; so kann der Violoncellist mit den vorhergehenden zwo, drey, oder vier Noten, auf gleiche Weise verfahren, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf dieselbe zu lenken; s. Tab. XXII. Fig. 56.</p>
            </div>
            <div n="4">
              <head>8. §.</head><lb/>
              <p>Bey Ligaturen oder gebundenen Noten, kann er die zweyte, worüber mehrentheils die Secunde und Quarte gesetzet wird, durch die Verstärkung des Tones wachsen lassen, doch darf er den Bogen nicht dabey rücken.</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0230] 7. §. Wofern der Violoncellist die Setzkunst, oder zum wenigsten etwas von der Harmonie versteht, so ist es ihm ein Leichtes, die verschiedenen Leidenschaften, welche in einem Stücke von dem Componisten ausgedrücket sind, mit dem Concertisten zugleich zu erheben und kennbar zu machen. Dieses wird von der begleitenden Stimme eben so wohl als vom Concertisten gefodert, und ist eine vorzügliche Schönheit des Accompagnements. Denn wenn nur einer seine Stimme gut, der andere aber kaltsinnig und nachlässig vorträgt, so widerspricht der eine, so zu reden, dem, was der andere bejahet: und die Zuhörer haben, wo nicht Verdruß, doch nur das halbe Vergnügen. Hierzu kann der Violoncellist leicht gelangen, wenn es ihm nicht an der Empfindung fehlet, und wenn er nicht auf seine Stimme allein, sondern auf das Ganze die gehörige Aufmerksamkeit richtet. Er muß sich hiernächst diejenige Art Noten bekannt machen, welche vor andern markiret und erhoben werden müssen. Diese sind, erstlich diejenigen, welche Dissonanzen über sich haben, als: die Secunde, die falsche Quinte, die übermäßige Sexte, die Septime; oder die Noten, welche durch das Kreuz oder das Wiederherstellungszeichen außerordentlicher weise erhöhet, oder durch dieses, und das runde ♭, erniedriget werden. Auch gehöret hierher, wenn die Oberstimme eine Cadenz machet, und der Baß ordentlicher Weise eine Quart: über sich, oder eine Quinte unter sich zu springen hat, um mit der Oberstimme in die Octave zu gehen; derselbe aber durch einen Betrug oder sogenannten inganno, nur eine Stufe höher oder tiefer geht: z. E. die Oberstimme cadenzirte ins C, und der Baß hätte anstatt der Octave vom C, die Terze von unten, als A, As, oder die falsche Quinte Fis, nachdem es die Tonart erfordert, s. Tab. XXII. Fig. 55. Hier thut es nun eine sehr gute Wirkung, wenn die hier erwähnten Noten: A, As, Fis, mit dem Violoncell markiert, und etwas starker als die vorhergehenden Noten angegeben werden. Wenn es aber in einem Stücke, besonders in einem Adagio, zur Hauptcadenz geht; so kann der Violoncellist mit den vorhergehenden zwo, drey, oder vier Noten, auf gleiche Weise verfahren, um die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf dieselbe zu lenken; s. Tab. XXII. Fig. 56. 8. §. Bey Ligaturen oder gebundenen Noten, kann er die zweyte, worüber mehrentheils die Secunde und Quarte gesetzet wird, durch die Verstärkung des Tones wachsen lassen, doch darf er den Bogen nicht dabey rücken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-30T10:17:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-30T10:17:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-30T10:17:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/230
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/230>, abgerufen am 25.04.2024.