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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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lichen Besen mit Kraft und bestem Willen -- leider
nur bis zum Jahr 1631.

Ich male es mir aus, wie nach der Schlacht bei
Breitenfeld Herr Theodorus Berkelmann auf seinem
Patmos sich aufhob, hinauskrähete und mit den Flügeln
schlug, besonders mit dem lahmen Fittich! Unter dem
Geleit schwedischer Reiter zog nun er wieder ein in
Amelungsborn und soll den letzten Cisterciensermönch,
den armen Bruder Philemon, am Ohr aus dem Kloster¬
thor geführt und auf die Kölnische Landstraße weser¬
wärts hingewiesen haben. Wie noch die Fortun' in
dem großen Kriege wechseln mochte, in Amelungsborn
wurde der reine Glaube von nun an nicht mehr be¬
helligt, außer vielleicht durch zu leichte Kost und durch
zu gewichtige Schulden. Herrn Theodoro folgte auf
dem jetzt ziemlich unbehaglichen Stuhl noch Dr. Statius
Fabricius, der im Grunde als der letzte wirkliche Abt
von Amelungsborn zu rechnen ist; denn nach ihm hatte
das herzogliche Consistorium zu Wolfenbüttel einen der
Zeitenklemme angemessenen Gedanken. Es schlug zwei
schwarze Brummer mit einer Klappe. "Wozu brauche
ich noch einen Abt zu Amelungsborn, wenn ich schon einen
Generalsuperintendenten zu Holzminden sitzen habe?"
fragte es, -- und:

"Dich will ich belohnen mit Ring und mit Stabe,
"Dein Vorfahr besteige den Esel und trabe,"

summte es noch vor Gottfried August Bürger, und
Herr Hermannus Topp rückte als der erste General¬

lichen Beſen mit Kraft und beſtem Willen — leider
nur bis zum Jahr 1631.

Ich male es mir aus, wie nach der Schlacht bei
Breitenfeld Herr Theodorus Berkelmann auf ſeinem
Patmos ſich aufhob, hinauskrähete und mit den Flügeln
ſchlug, beſonders mit dem lahmen Fittich! Unter dem
Geleit ſchwediſcher Reiter zog nun er wieder ein in
Amelungsborn und ſoll den letzten Ciſtercienſermönch,
den armen Bruder Philemon, am Ohr aus dem Kloſter¬
thor geführt und auf die Kölniſche Landſtraße weſer¬
wärts hingewieſen haben. Wie noch die Fortun' in
dem großen Kriege wechſeln mochte, in Amelungsborn
wurde der reine Glaube von nun an nicht mehr be¬
helligt, außer vielleicht durch zu leichte Koſt und durch
zu gewichtige Schulden. Herrn Theodoro folgte auf
dem jetzt ziemlich unbehaglichen Stuhl noch Dr. Statius
Fabricius, der im Grunde als der letzte wirkliche Abt
von Amelungsborn zu rechnen iſt; denn nach ihm hatte
das herzogliche Conſiſtorium zu Wolfenbüttel einen der
Zeitenklemme angemeſſenen Gedanken. Es ſchlug zwei
ſchwarze Brummer mit einer Klappe. „Wozu brauche
ich noch einen Abt zu Amelungsborn, wenn ich ſchon einen
Generalſuperintendenten zu Holzminden ſitzen habe?“
fragte es, — und:

„Dich will ich belohnen mit Ring und mit Stabe,
„Dein Vorfahr beſteige den Eſel und trabe,“

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[10/0018] lichen Beſen mit Kraft und beſtem Willen — leider nur bis zum Jahr 1631. Ich male es mir aus, wie nach der Schlacht bei Breitenfeld Herr Theodorus Berkelmann auf ſeinem Patmos ſich aufhob, hinauskrähete und mit den Flügeln ſchlug, beſonders mit dem lahmen Fittich! Unter dem Geleit ſchwediſcher Reiter zog nun er wieder ein in Amelungsborn und ſoll den letzten Ciſtercienſermönch, den armen Bruder Philemon, am Ohr aus dem Kloſter¬ thor geführt und auf die Kölniſche Landſtraße weſer¬ wärts hingewieſen haben. Wie noch die Fortun' in dem großen Kriege wechſeln mochte, in Amelungsborn wurde der reine Glaube von nun an nicht mehr be¬ helligt, außer vielleicht durch zu leichte Koſt und durch zu gewichtige Schulden. Herrn Theodoro folgte auf dem jetzt ziemlich unbehaglichen Stuhl noch Dr. Statius Fabricius, der im Grunde als der letzte wirkliche Abt von Amelungsborn zu rechnen iſt; denn nach ihm hatte das herzogliche Conſiſtorium zu Wolfenbüttel einen der Zeitenklemme angemeſſenen Gedanken. Es ſchlug zwei ſchwarze Brummer mit einer Klappe. „Wozu brauche ich noch einen Abt zu Amelungsborn, wenn ich ſchon einen Generalſuperintendenten zu Holzminden ſitzen habe?“ fragte es, — und: „Dich will ich belohnen mit Ring und mit Stabe, „Dein Vorfahr beſteige den Eſel und trabe,“ ſummte es noch vor Gottfried Auguſt Bürger, und Herr Hermannus Topp rückte als der erſte General¬

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/18>, abgerufen am 25.04.2024.