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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Uhr Morgens, seufzte der gute Herzog Ferdinand mit
seinem bunten Generalstabe, unter seinen deutschen und
englischen Herren auf einer Anhöhe haltend zwischen
Scharfoldendorf und Eschershausen:

"Mon dieu, dieu, lieber Westphalen, quelle
guerre!
Wieder ein vergeblicher Bluttag. Granby hält
die Stellung, aber Monsieur de Poyanne ist unver¬
hindert auf dem Rückzuge nach Göttingen. Leider,
leider! -- Westphalen, was ist das mit Hardenberg
gewesen? Ich bitte Sie um des Himmels Willen, wo
blieb Hardenberg? Dort drüben jenseits Stadtoldendorfs
sollte er seit Stunden stehen, der Herr Generallieutenant
von Hardenberg. Quelle fumee epaisse la bas? Welch'
ein schwarzer Qualm! Das ist nicht mehr die Artillerie.
Man sitzt ja hier jetzo wie in der Kirche in der Stille.
Auch Mylord Granby hat sein Feuer eingestellt."

"Der Herr Marquis wünscht sich eben den Rücken
von uns frei zu halten, Durchlaucht. Er hat es heraus¬
gefunden, was man mit ihm im Sinne hatte, und den
Herrn Generallieutenant verspürt er vielleicht früher
als wir hier im Anmarsch. So salvirt er sich, da es
noch Zeit ist. Er wird sein Lager bei Stadtoldendorf
in Brand gesteckt haben, um uns die hohlen Wege durch
Feuer und Qualm zu sperren. Durchlaucht werden
leidergottes auch heute noch nicht dem dritten schle¬
sischen Kriege wenigstens hier an der Weser ein Ende
machen. Durchlaucht werden heute Mittag nur Ihr
Hauptquartier in Wickensen nehmen können."

Uhr Morgens, ſeufzte der gute Herzog Ferdinand mit
ſeinem bunten Generalſtabe, unter ſeinen deutſchen und
engliſchen Herren auf einer Anhöhe haltend zwiſchen
Scharfoldendorf und Eſchershauſen:

„Mon dieu, dieu, lieber Weſtphalen, quelle
guerre!
Wieder ein vergeblicher Bluttag. Granby hält
die Stellung, aber Monſieur de Poyanne iſt unver¬
hindert auf dem Rückzuge nach Göttingen. Leider,
leider! — Weſtphalen, was iſt das mit Hardenberg
geweſen? Ich bitte Sie um des Himmels Willen, wo
blieb Hardenberg? Dort drüben jenſeits Stadtoldendorfs
ſollte er ſeit Stunden ſtehen, der Herr Generallieutenant
von Hardenberg. Quelle fumée épaisse la bas? Welch'
ein ſchwarzer Qualm! Das iſt nicht mehr die Artillerie.
Man ſitzt ja hier jetzo wie in der Kirche in der Stille.
Auch Mylord Granby hat ſein Feuer eingeſtellt.“

„Der Herr Marquis wünſcht ſich eben den Rücken
von uns frei zu halten, Durchlaucht. Er hat es heraus¬
gefunden, was man mit ihm im Sinne hatte, und den
Herrn Generallieutenant verſpürt er vielleicht früher
als wir hier im Anmarſch. So ſalvirt er ſich, da es
noch Zeit iſt. Er wird ſein Lager bei Stadtoldendorf
in Brand geſteckt haben, um uns die hohlen Wege durch
Feuer und Qualm zu ſperren. Durchlaucht werden
leidergottes auch heute noch nicht dem dritten ſchle¬
ſiſchen Kriege wenigſtens hier an der Weſer ein Ende
machen. Durchlaucht werden heute Mittag nur Ihr
Hauptquartier in Wickenſen nehmen können.“

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[234/0242] Uhr Morgens, ſeufzte der gute Herzog Ferdinand mit ſeinem bunten Generalſtabe, unter ſeinen deutſchen und engliſchen Herren auf einer Anhöhe haltend zwiſchen Scharfoldendorf und Eſchershauſen: „Mon dieu, dieu, lieber Weſtphalen, quelle guerre! Wieder ein vergeblicher Bluttag. Granby hält die Stellung, aber Monſieur de Poyanne iſt unver¬ hindert auf dem Rückzuge nach Göttingen. Leider, leider! — Weſtphalen, was iſt das mit Hardenberg geweſen? Ich bitte Sie um des Himmels Willen, wo blieb Hardenberg? Dort drüben jenſeits Stadtoldendorfs ſollte er ſeit Stunden ſtehen, der Herr Generallieutenant von Hardenberg. Quelle fumée épaisse la bas? Welch' ein ſchwarzer Qualm! Das iſt nicht mehr die Artillerie. Man ſitzt ja hier jetzo wie in der Kirche in der Stille. Auch Mylord Granby hat ſein Feuer eingeſtellt.“ „Der Herr Marquis wünſcht ſich eben den Rücken von uns frei zu halten, Durchlaucht. Er hat es heraus¬ gefunden, was man mit ihm im Sinne hatte, und den Herrn Generallieutenant verſpürt er vielleicht früher als wir hier im Anmarſch. So ſalvirt er ſich, da es noch Zeit iſt. Er wird ſein Lager bei Stadtoldendorf in Brand geſteckt haben, um uns die hohlen Wege durch Feuer und Qualm zu ſperren. Durchlaucht werden leidergottes auch heute noch nicht dem dritten ſchle¬ ſiſchen Kriege wenigſtens hier an der Weſer ein Ende machen. Durchlaucht werden heute Mittag nur Ihr Hauptquartier in Wickenſen nehmen können.“

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/242>, abgerufen am 28.03.2024.