Auch Magister Buchius trotz seiner Erlebnisse und Er¬ fahrungen im dreißigjährigen Schul-Leben und Kriege und seiner Studien im Polybio, im Hygino und in des Vegetii Epitome institutorum rei militaris.
Er war ein Mann der Ordnung dieser Kloster¬ amtmann von Amelungsborn; aber halte einmal Einer Ordnung im Hause in Zeiten wie die eben vorhan¬ denen! Nach dem Abzug der Schule aus seinem Reich hatte er gemeint, nunmehro sein Reich nach seinem Sinne zu lenken; doch bitter hatte ihn das Jahr Ein¬ tausendsiebenhundertundeinundsechzig getäuscht. Er faßte auch diesen Abend beim Eingehen in sein Hof¬ thor sein spanisch Rohr mit einem schweren Seufzer und mit der Gewißheit, daß seine Anwendung ihm wenig helfen werde, fester. Sie wußten auch im Kloster schon, daß das Kriegeswetter dräuender denn je heranziehe, daß weniger denn je auf Schonung vom Feinde zu rechnen sei und -- die Raben hatten sie auch über ihren Köpfen ziehen sehen: Menschen und Vieh, Alt und Jung, Mann und Weib -- Alles war in Bewegung in Amelungsborn und erwartete den Herrn und Meister, seinen Rath und Trost.
"Sie kommen zu Tausenden und Hunderttausenden! Sie verschonen dießmal nicht das Kind im Mutterleibe. Dassel brennt wieder einmal! Der ganze Solling steht in Feuer. Ueber Erichsburg und Lüthorst sind sie schon mit der Hauptmacht hinaus. In Stadtoldendorf sind die hellblauen Dragoner wieder, und die Schweizer
Auch Magiſter Buchius trotz ſeiner Erlebniſſe und Er¬ fahrungen im dreißigjährigen Schul-Leben und Kriege und ſeiner Studien im Polybio, im Hygino und in des Vegetii Epitome institutorum rei militaris.
Er war ein Mann der Ordnung dieſer Kloſter¬ amtmann von Amelungsborn; aber halte einmal Einer Ordnung im Hauſe in Zeiten wie die eben vorhan¬ denen! Nach dem Abzug der Schule aus ſeinem Reich hatte er gemeint, nunmehro ſein Reich nach ſeinem Sinne zu lenken; doch bitter hatte ihn das Jahr Ein¬ tauſendſiebenhundertundeinundſechzig getäuſcht. Er faßte auch dieſen Abend beim Eingehen in ſein Hof¬ thor ſein ſpaniſch Rohr mit einem ſchweren Seufzer und mit der Gewißheit, daß ſeine Anwendung ihm wenig helfen werde, feſter. Sie wußten auch im Kloſter ſchon, daß das Kriegeswetter dräuender denn je heranziehe, daß weniger denn je auf Schonung vom Feinde zu rechnen ſei und — die Raben hatten ſie auch über ihren Köpfen ziehen ſehen: Menſchen und Vieh, Alt und Jung, Mann und Weib — Alles war in Bewegung in Amelungsborn und erwartete den Herrn und Meiſter, ſeinen Rath und Troſt.
„Sie kommen zu Tauſenden und Hunderttauſenden! Sie verſchonen dießmal nicht das Kind im Mutterleibe. Daſſel brennt wieder einmal! Der ganze Solling ſteht in Feuer. Ueber Erichsburg und Lüthorſt ſind ſie ſchon mit der Hauptmacht hinaus. In Stadtoldendorf ſind die hellblauen Dragoner wieder, und die Schweizer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0051"n="43"/>
Auch Magiſter Buchius trotz ſeiner Erlebniſſe und Er¬<lb/>
fahrungen im dreißigjährigen Schul-Leben und Kriege<lb/>
und ſeiner Studien im Polybio, im Hygino und in des<lb/>
Vegetii <hirendition="#aq">Epitome institutorum rei militaris</hi>.</p><lb/><p>Er war ein Mann der Ordnung dieſer Kloſter¬<lb/>
amtmann von Amelungsborn; aber halte einmal Einer<lb/>
Ordnung im Hauſe in Zeiten wie die eben vorhan¬<lb/>
denen! Nach dem Abzug der Schule aus ſeinem Reich<lb/>
hatte er gemeint, nunmehro ſein Reich nach ſeinem<lb/>
Sinne zu lenken; doch bitter hatte ihn das Jahr Ein¬<lb/>
tauſendſiebenhundertundeinundſechzig getäuſcht. Er faßte<lb/>
auch dieſen Abend beim Eingehen in ſein Hof¬<lb/>
thor ſein ſpaniſch Rohr mit einem ſchweren Seufzer<lb/>
und mit der Gewißheit, daß ſeine Anwendung ihm<lb/>
wenig helfen werde, feſter. Sie wußten auch im<lb/>
Kloſter ſchon, daß das Kriegeswetter dräuender denn<lb/>
je heranziehe, daß weniger denn je auf Schonung vom<lb/>
Feinde zu rechnen ſei und — die Raben hatten ſie<lb/>
auch über ihren Köpfen ziehen ſehen: Menſchen und<lb/>
Vieh, Alt und Jung, Mann und Weib — Alles war<lb/>
in Bewegung in Amelungsborn und erwartete den<lb/>
Herrn und Meiſter, ſeinen Rath und Troſt.</p><lb/><p>„Sie kommen zu Tauſenden und Hunderttauſenden!<lb/>
Sie verſchonen dießmal nicht das Kind im Mutterleibe.<lb/>
Daſſel brennt wieder einmal! Der ganze Solling ſteht<lb/>
in Feuer. Ueber Erichsburg und Lüthorſt ſind ſie<lb/>ſchon mit der Hauptmacht hinaus. In Stadtoldendorf<lb/>ſind die hellblauen <choice><sic>Dagoner</sic><corr>Dragoner</corr></choice> wieder, und die Schweizer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[43/0051]
Auch Magiſter Buchius trotz ſeiner Erlebniſſe und Er¬
fahrungen im dreißigjährigen Schul-Leben und Kriege
und ſeiner Studien im Polybio, im Hygino und in des
Vegetii Epitome institutorum rei militaris.
Er war ein Mann der Ordnung dieſer Kloſter¬
amtmann von Amelungsborn; aber halte einmal Einer
Ordnung im Hauſe in Zeiten wie die eben vorhan¬
denen! Nach dem Abzug der Schule aus ſeinem Reich
hatte er gemeint, nunmehro ſein Reich nach ſeinem
Sinne zu lenken; doch bitter hatte ihn das Jahr Ein¬
tauſendſiebenhundertundeinundſechzig getäuſcht. Er faßte
auch dieſen Abend beim Eingehen in ſein Hof¬
thor ſein ſpaniſch Rohr mit einem ſchweren Seufzer
und mit der Gewißheit, daß ſeine Anwendung ihm
wenig helfen werde, feſter. Sie wußten auch im
Kloſter ſchon, daß das Kriegeswetter dräuender denn
je heranziehe, daß weniger denn je auf Schonung vom
Feinde zu rechnen ſei und — die Raben hatten ſie
auch über ihren Köpfen ziehen ſehen: Menſchen und
Vieh, Alt und Jung, Mann und Weib — Alles war
in Bewegung in Amelungsborn und erwartete den
Herrn und Meiſter, ſeinen Rath und Troſt.
„Sie kommen zu Tauſenden und Hunderttauſenden!
Sie verſchonen dießmal nicht das Kind im Mutterleibe.
Daſſel brennt wieder einmal! Der ganze Solling ſteht
in Feuer. Ueber Erichsburg und Lüthorſt ſind ſie
ſchon mit der Hauptmacht hinaus. In Stadtoldendorf
ſind die hellblauen Dragoner wieder, und die Schweizer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/51>, abgerufen am 19.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.