Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

auf der Reise in Italien Todes verblichen, sich ein
Hund zu selber Zeit Abends mit einem entsetzlichen
Geheul zu dreyen malen für des Verstorbenen Eltern
Hause, seinen Kopf unter der Thür ins Haus haltend,
hören lassen" --

"Ei, was hat denn der Hund?" fragte der Magister
Buchius, schon Theodori Kampfii wunderbaren Todes¬
boten zum zweitenmal von sich schiebend; und er hatte
Recht zu der Frage, es entstand auf einmal ein greu¬
licher Lärm von Hunden innerhalb der Mönche Ring¬
mauern um Kloster Amelungsborn.

Einer schlug an. Der gab den Alarm weiter, und
zehn Minuten lang ward's ein Gebell, Gekläff und Ge¬
winsel, daß es mit allem Nachdenken für's Erste aus
und zu Ende war. Aber auch noch andere Leute wur¬
den durch das Vieh aufgestört. Der Magister glaubte
des Amtmanns Stimme zu vernehmen; -- da wurden
wahrscheinlich Knüppel und dergleichen unter das Volk
geworfen.

"Dieses passete freilich ganz und gar zu des Herrn
Schloßpredigers letzter Historie," murmelte kopfschüttelnd
der Magister, in seiner Zelle auf- und abschreitend und
der Rabe vom Odfelde aus seinem Ofenwinkel kommend
hüpfte jetzt schon ganz vertraulich hinter ihm drein.
In diesem Augenblicke gab die Kirchuhr wiederum die
volle Stunde an und der Magister zählte die Schläge
nach:

"Neun -- zehn -- eilf! Ei, ei, schon so spät? Wie

auf der Reiſe in Italien Todes verblichen, ſich ein
Hund zu ſelber Zeit Abends mit einem entſetzlichen
Geheul zu dreyen malen für des Verſtorbenen Eltern
Hauſe, ſeinen Kopf unter der Thür ins Haus haltend,
hören laſſen“ —

„Ei, was hat denn der Hund?“ fragte der Magiſter
Buchius, ſchon Theodori Kampfii wunderbaren Todes¬
boten zum zweitenmal von ſich ſchiebend; und er hatte
Recht zu der Frage, es entſtand auf einmal ein greu¬
licher Lärm von Hunden innerhalb der Mönche Ring¬
mauern um Kloſter Amelungsborn.

Einer ſchlug an. Der gab den Alarm weiter, und
zehn Minuten lang ward's ein Gebell, Gekläff und Ge¬
winſel, daß es mit allem Nachdenken für's Erſte aus
und zu Ende war. Aber auch noch andere Leute wur¬
den durch das Vieh aufgeſtört. Der Magiſter glaubte
des Amtmanns Stimme zu vernehmen; — da wurden
wahrſcheinlich Knüppel und dergleichen unter das Volk
geworfen.

„Dieſes paſſete freilich ganz und gar zu des Herrn
Schloßpredigers letzter Hiſtorie,“ murmelte kopfſchüttelnd
der Magiſter, in ſeiner Zelle auf- und abſchreitend und
der Rabe vom Odfelde aus ſeinem Ofenwinkel kommend
hüpfte jetzt ſchon ganz vertraulich hinter ihm drein.
In dieſem Augenblicke gab die Kirchuhr wiederum die
volle Stunde an und der Magiſter zählte die Schläge
nach:

„Neun — zehn — eilf! Ei, ei, ſchon ſo ſpät? Wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0090" n="82"/>
auf der Rei&#x017F;e in Italien Todes verblichen, &#x017F;ich ein<lb/>
Hund zu &#x017F;elber Zeit Abends mit einem ent&#x017F;etzlichen<lb/>
Geheul zu dreyen malen für des Ver&#x017F;torbenen Eltern<lb/>
Hau&#x017F;e, &#x017F;einen Kopf unter der Thür ins Haus haltend,<lb/>
hören la&#x017F;&#x017F;en&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ei, was hat denn der Hund?&#x201C; fragte der Magi&#x017F;ter<lb/>
Buchius, &#x017F;chon Theodori Kampfii wunderbaren Todes¬<lb/>
boten zum zweitenmal von &#x017F;ich &#x017F;chiebend; und er hatte<lb/>
Recht zu der Frage, es ent&#x017F;tand auf einmal ein greu¬<lb/>
licher Lärm von Hunden innerhalb der Mönche Ring¬<lb/>
mauern um Klo&#x017F;ter Amelungsborn.</p><lb/>
        <p>Einer &#x017F;chlug an. Der gab den Alarm weiter, und<lb/>
zehn Minuten lang ward's ein Gebell, Gekläff und Ge¬<lb/>
win&#x017F;el, daß es mit allem Nachdenken für's Er&#x017F;te aus<lb/>
und zu Ende war. Aber auch noch andere Leute wur¬<lb/>
den durch das Vieh aufge&#x017F;tört. Der Magi&#x017F;ter glaubte<lb/>
des Amtmanns Stimme zu vernehmen; &#x2014; da wurden<lb/>
wahr&#x017F;cheinlich Knüppel und dergleichen unter das Volk<lb/>
geworfen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Die&#x017F;es pa&#x017F;&#x017F;ete freilich ganz und gar zu des Herrn<lb/>
Schloßpredigers letzter Hi&#x017F;torie,&#x201C; murmelte kopf&#x017F;chüttelnd<lb/>
der Magi&#x017F;ter, in &#x017F;einer Zelle auf- und ab&#x017F;chreitend und<lb/>
der Rabe vom Odfelde aus &#x017F;einem Ofenwinkel kommend<lb/>
hüpfte jetzt &#x017F;chon ganz vertraulich hinter ihm drein.<lb/>
In die&#x017F;em Augenblicke gab die Kirchuhr wiederum die<lb/>
volle Stunde an und der Magi&#x017F;ter zählte die Schläge<lb/>
nach:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Neun &#x2014; zehn &#x2014; eilf! Ei, ei, &#x017F;chon &#x017F;o &#x017F;pät? Wie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0090] auf der Reiſe in Italien Todes verblichen, ſich ein Hund zu ſelber Zeit Abends mit einem entſetzlichen Geheul zu dreyen malen für des Verſtorbenen Eltern Hauſe, ſeinen Kopf unter der Thür ins Haus haltend, hören laſſen“ — „Ei, was hat denn der Hund?“ fragte der Magiſter Buchius, ſchon Theodori Kampfii wunderbaren Todes¬ boten zum zweitenmal von ſich ſchiebend; und er hatte Recht zu der Frage, es entſtand auf einmal ein greu¬ licher Lärm von Hunden innerhalb der Mönche Ring¬ mauern um Kloſter Amelungsborn. Einer ſchlug an. Der gab den Alarm weiter, und zehn Minuten lang ward's ein Gebell, Gekläff und Ge¬ winſel, daß es mit allem Nachdenken für's Erſte aus und zu Ende war. Aber auch noch andere Leute wur¬ den durch das Vieh aufgeſtört. Der Magiſter glaubte des Amtmanns Stimme zu vernehmen; — da wurden wahrſcheinlich Knüppel und dergleichen unter das Volk geworfen. „Dieſes paſſete freilich ganz und gar zu des Herrn Schloßpredigers letzter Hiſtorie,“ murmelte kopfſchüttelnd der Magiſter, in ſeiner Zelle auf- und abſchreitend und der Rabe vom Odfelde aus ſeinem Ofenwinkel kommend hüpfte jetzt ſchon ganz vertraulich hinter ihm drein. In dieſem Augenblicke gab die Kirchuhr wiederum die volle Stunde an und der Magiſter zählte die Schläge nach: „Neun — zehn — eilf! Ei, ei, ſchon ſo ſpät? Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/90
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/90>, abgerufen am 29.03.2024.