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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Pallast Farnese.
Ein Saal mit Gemählden von Vasari,
Salviati und Zuccari.

Dieser Saal kann auf eine bequeme Art dazu
dienen, den Liebhaber auf die Verdienste aufmerksam
zu machen, welche die Carracci um die Wiederher-
stellung des guten Geschmacks gehabt haben. Die
Stil der
Nachahmer
Raphaels,
des Michael
Angelo, und
Tizians.
späteren Schüler der großen Meister, Raphael, Mi-
chael Angelo, Tizian, begnügten sich ihre Werke zu
bestehlen, ohne die Natur zu Rathe zu ziehen, ohne
über ihre Kunst zu denken. Sie bedeckten handwerks-
mäßig die Wände mit einer Menge entlehnter Figu-
ren, und um neu zu scheinen, gaben sie ihnen gezwun-
gene Stellungen, verzerrte Gebährden, und Gesich-
ter ohne Ausdruck. Wollten sie Reitz anbringen, so
ward er zur Affektation. Die wesentlichen Züge der
Wahrheit wurden der Genauigkeit in Nebendingen
aufgeopfert. Kurz! Alles in diesen Meistern zeigt
die Nachahmer an, die durch Uebertreibung Originale
zu werden hoffen.


Großer Saal mit Statuen.

Gruppe des Alexander Farnese gekrönt
von den Händen des Sieges, zu seinen Füßen
die gefesselte Schelde und das kniende Flan-
dern.
Guasparo Celio hat sie gezeichnet; die Aus-
führung ist von Simone Massino. Das ganze Werk
ist mittelmäßig, aber merkwürdig, weil diese unge-
heure Masse aus einem einzigen Marmorblocke ge-
hauen ist, der von dem Sturze einer Säule aus dem
Friedenstempel genommen seyn soll.

Hier
Pallaſt Farneſe.
Ein Saal mit Gemaͤhlden von Vaſari,
Salviati und Zuccari.

Dieſer Saal kann auf eine bequeme Art dazu
dienen, den Liebhaber auf die Verdienſte aufmerkſam
zu machen, welche die Carracci um die Wiederher-
ſtellung des guten Geſchmacks gehabt haben. Die
Stil der
Nachahmer
Raphaels,
des Michael
Angelo, und
Tizians.
ſpaͤteren Schuͤler der großen Meiſter, Raphael, Mi-
chael Angelo, Tizian, begnuͤgten ſich ihre Werke zu
beſtehlen, ohne die Natur zu Rathe zu ziehen, ohne
uͤber ihre Kunſt zu denken. Sie bedeckten handwerks-
maͤßig die Waͤnde mit einer Menge entlehnter Figu-
ren, und um neu zu ſcheinen, gaben ſie ihnen gezwun-
gene Stellungen, verzerrte Gebaͤhrden, und Geſich-
ter ohne Ausdruck. Wollten ſie Reitz anbringen, ſo
ward er zur Affektation. Die weſentlichen Zuͤge der
Wahrheit wurden der Genauigkeit in Nebendingen
aufgeopfert. Kurz! Alles in dieſen Meiſtern zeigt
die Nachahmer an, die durch Uebertreibung Originale
zu werden hoffen.


Großer Saal mit Statuen.

Gruppe des Alexander Farneſe gekroͤnt
von den Haͤnden des Sieges, zu ſeinen Fuͤßen
die gefeſſelte Schelde und das kniende Flan-
dern.
Guasparo Celio hat ſie gezeichnet; die Aus-
fuͤhrung iſt von Simone Maſſino. Das ganze Werk
iſt mittelmaͤßig, aber merkwuͤrdig, weil dieſe unge-
heure Maſſe aus einem einzigen Marmorblocke ge-
hauen iſt, der von dem Sturze einer Saͤule aus dem
Friedenstempel genommen ſeyn ſoll.

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[26/0048] Pallaſt Farneſe. Ein Saal mit Gemaͤhlden von Vaſari, Salviati und Zuccari. Dieſer Saal kann auf eine bequeme Art dazu dienen, den Liebhaber auf die Verdienſte aufmerkſam zu machen, welche die Carracci um die Wiederher- ſtellung des guten Geſchmacks gehabt haben. Die ſpaͤteren Schuͤler der großen Meiſter, Raphael, Mi- chael Angelo, Tizian, begnuͤgten ſich ihre Werke zu beſtehlen, ohne die Natur zu Rathe zu ziehen, ohne uͤber ihre Kunſt zu denken. Sie bedeckten handwerks- maͤßig die Waͤnde mit einer Menge entlehnter Figu- ren, und um neu zu ſcheinen, gaben ſie ihnen gezwun- gene Stellungen, verzerrte Gebaͤhrden, und Geſich- ter ohne Ausdruck. Wollten ſie Reitz anbringen, ſo ward er zur Affektation. Die weſentlichen Zuͤge der Wahrheit wurden der Genauigkeit in Nebendingen aufgeopfert. Kurz! Alles in dieſen Meiſtern zeigt die Nachahmer an, die durch Uebertreibung Originale zu werden hoffen. Stil der Nachahmer Raphaels, des Michael Angelo, und Tizians. Großer Saal mit Statuen. Gruppe des Alexander Farneſe gekroͤnt von den Haͤnden des Sieges, zu ſeinen Fuͤßen die gefeſſelte Schelde und das kniende Flan- dern. Guasparo Celio hat ſie gezeichnet; die Aus- fuͤhrung iſt von Simone Maſſino. Das ganze Werk iſt mittelmaͤßig, aber merkwuͤrdig, weil dieſe unge- heure Maſſe aus einem einzigen Marmorblocke ge- hauen iſt, der von dem Sturze einer Saͤule aus dem Friedenstempel genommen ſeyn ſoll. Hier

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/48>, abgerufen am 29.03.2024.