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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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Allgemeine Züge derselben. Säugethiere.
Westseite der Insel Yezo zu begrenzen sein, da, wie in einem früheren
Kapitel gezeigt wurde, bis hierher der Kuro-shiwo einerseits, die
kalten nördlichen Strömungen anderseits sich geltend machen, marine
Organismen aber vorwiegend von den durch Strömungen beeinflussten
Meerestemperaturen abhängen. Auch für die Fischfauna mit wesent-
lich tropischem und subtropischem Charakter wird diese Nordgrenze
gelten können und das "Reich der Scomberoideen", wie Schmarda
die chinesisch-japanischen Gewässer nennt, hier seinen natürlichen
Abschluss finden; denn gerade das in diesem Gebiete so artenreiche
und wichtige Makrelengeschlecht ist nach seiner räuberischen Lebens-
weise auf der Meeresoberfläche an die daselbst herrschenden Strö-
mungen gebunden. Ueberhaupt aber handelt es sich bei diesen "zoo-
logischen Provinzen" um die Thierwelt der obersten Meeresschicht
von höchstens 80--100 Faden Tiefe, welche alle japanischen Buchten
und das ganze Binnenmeer erfüllt, deren Temperatur ganz unter dem
Einflusse der Insolation und Meeresströmungen steht. Für grössere
Tiefen aber kommt ausschliesslich die rasch abnehmende Wärme in
Betracht, welche jene typischen Unterschiede der Zonen verwischt
und boreale Formen viel weiter südwärts führt, als man vor den
systematischen Tiefseeforschungen ahnte, so dass sich abwärts mit
der Temperaturabnahme gewissermassen im Ocean wiederholt, was
auf dem Festlande bei zunehmender Erhebung eintritt: das Aufsteigen
von Thier- und Pflanzenarten höherer Breiten nach den Gebirgsgipfeln
milderer Himmelsstriche.

Wo aber liegt für die Fauna der oberen Meeresschicht Japans
die Südgrenze? -- Alle Versuche, eine solche zu bestimmen, ent-
sprechen nicht den Anforderungen, die man an eine genügende Ant-
wort auf diese Frage stellen muss, beruhen vielmehr mehr oder minder
auf Willkür. Nach Süden bemerken wir nämlich einen ganz allmäh-
lichen Uebergang in das tropische Gebiet des Stillen und des Indischen
Oceans, in das "Reich der Corallen und Holothurien", die indo-paci-
fische Provinz Woodward's, der Japan namentlich in Bezug auf
den Charakter seiner Mollusken entschieden angehört.


b. Säugethiere.

Was die japanischen Säugethiere betrifft, welche v. Siebold
sammelte, Temmink und Schlegel abbildeten und beschrieben, so
hat die Liste derselben mit rund 50 Arten in der Neuzeit trotz vieler
Reisen durch Landestheile, welche den Europäern früher verschlossen

Allgemeine Züge derselben. Säugethiere.
Westseite der Insel Yezo zu begrenzen sein, da, wie in einem früheren
Kapitel gezeigt wurde, bis hierher der Kuro-shiwo einerseits, die
kalten nördlichen Strömungen anderseits sich geltend machen, marine
Organismen aber vorwiegend von den durch Strömungen beeinflussten
Meerestemperaturen abhängen. Auch für die Fischfauna mit wesent-
lich tropischem und subtropischem Charakter wird diese Nordgrenze
gelten können und das »Reich der Scomberoideen«, wie Schmarda
die chinesisch-japanischen Gewässer nennt, hier seinen natürlichen
Abschluss finden; denn gerade das in diesem Gebiete so artenreiche
und wichtige Makrelengeschlecht ist nach seiner räuberischen Lebens-
weise auf der Meeresoberfläche an die daselbst herrschenden Strö-
mungen gebunden. Ueberhaupt aber handelt es sich bei diesen »zoo-
logischen Provinzen« um die Thierwelt der obersten Meeresschicht
von höchstens 80—100 Faden Tiefe, welche alle japanischen Buchten
und das ganze Binnenmeer erfüllt, deren Temperatur ganz unter dem
Einflusse der Insolation und Meeresströmungen steht. Für grössere
Tiefen aber kommt ausschliesslich die rasch abnehmende Wärme in
Betracht, welche jene typischen Unterschiede der Zonen verwischt
und boreale Formen viel weiter südwärts führt, als man vor den
systematischen Tiefseeforschungen ahnte, so dass sich abwärts mit
der Temperaturabnahme gewissermassen im Ocean wiederholt, was
auf dem Festlande bei zunehmender Erhebung eintritt: das Aufsteigen
von Thier- und Pflanzenarten höherer Breiten nach den Gebirgsgipfeln
milderer Himmelsstriche.

Wo aber liegt für die Fauna der oberen Meeresschicht Japans
die Südgrenze? — Alle Versuche, eine solche zu bestimmen, ent-
sprechen nicht den Anforderungen, die man an eine genügende Ant-
wort auf diese Frage stellen muss, beruhen vielmehr mehr oder minder
auf Willkür. Nach Süden bemerken wir nämlich einen ganz allmäh-
lichen Uebergang in das tropische Gebiet des Stillen und des Indischen
Oceans, in das »Reich der Corallen und Holothurien«, die indo-paci-
fische Provinz Woodward’s, der Japan namentlich in Bezug auf
den Charakter seiner Mollusken entschieden angehört.


b. Säugethiere.

Was die japanischen Säugethiere betrifft, welche v. Siebold
sammelte, Temmink und Schlegel abbildeten und beschrieben, so
hat die Liste derselben mit rund 50 Arten in der Neuzeit trotz vieler
Reisen durch Landestheile, welche den Europäern früher verschlossen

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[201/0225] Allgemeine Züge derselben. Säugethiere. Westseite der Insel Yezo zu begrenzen sein, da, wie in einem früheren Kapitel gezeigt wurde, bis hierher der Kuro-shiwo einerseits, die kalten nördlichen Strömungen anderseits sich geltend machen, marine Organismen aber vorwiegend von den durch Strömungen beeinflussten Meerestemperaturen abhängen. Auch für die Fischfauna mit wesent- lich tropischem und subtropischem Charakter wird diese Nordgrenze gelten können und das »Reich der Scomberoideen«, wie Schmarda die chinesisch-japanischen Gewässer nennt, hier seinen natürlichen Abschluss finden; denn gerade das in diesem Gebiete so artenreiche und wichtige Makrelengeschlecht ist nach seiner räuberischen Lebens- weise auf der Meeresoberfläche an die daselbst herrschenden Strö- mungen gebunden. Ueberhaupt aber handelt es sich bei diesen »zoo- logischen Provinzen« um die Thierwelt der obersten Meeresschicht von höchstens 80—100 Faden Tiefe, welche alle japanischen Buchten und das ganze Binnenmeer erfüllt, deren Temperatur ganz unter dem Einflusse der Insolation und Meeresströmungen steht. Für grössere Tiefen aber kommt ausschliesslich die rasch abnehmende Wärme in Betracht, welche jene typischen Unterschiede der Zonen verwischt und boreale Formen viel weiter südwärts führt, als man vor den systematischen Tiefseeforschungen ahnte, so dass sich abwärts mit der Temperaturabnahme gewissermassen im Ocean wiederholt, was auf dem Festlande bei zunehmender Erhebung eintritt: das Aufsteigen von Thier- und Pflanzenarten höherer Breiten nach den Gebirgsgipfeln milderer Himmelsstriche. Wo aber liegt für die Fauna der oberen Meeresschicht Japans die Südgrenze? — Alle Versuche, eine solche zu bestimmen, ent- sprechen nicht den Anforderungen, die man an eine genügende Ant- wort auf diese Frage stellen muss, beruhen vielmehr mehr oder minder auf Willkür. Nach Süden bemerken wir nämlich einen ganz allmäh- lichen Uebergang in das tropische Gebiet des Stillen und des Indischen Oceans, in das »Reich der Corallen und Holothurien«, die indo-paci- fische Provinz Woodward’s, der Japan namentlich in Bezug auf den Charakter seiner Mollusken entschieden angehört. b. Säugethiere. Was die japanischen Säugethiere betrifft, welche v. Siebold sammelte, Temmink und Schlegel abbildeten und beschrieben, so hat die Liste derselben mit rund 50 Arten in der Neuzeit trotz vieler Reisen durch Landestheile, welche den Europäern früher verschlossen

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/225>, abgerufen am 28.03.2024.