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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
Gewürze. Auch in diesen Artikeln überbot die Zufuhr bei weitem die
Nachfrage, desgleichen in Stahl, Zinn und Blei, Spiegeln, Danziger
Flaschengläsern, Bernstein, Linnengebild und einfacher holländischer
Leinwand. Von der gewinnreichen Metall- (Gold-, Silber- und Kupfer-)
Ausfuhr Japans scheint nur ein sehr bescheidener Teil durch englische
Hände gegangen zu sein.

Aus dem Tagebuch Cocks' kann man leicht erkennen, wie Hand
in Hand mit der zunehmenden Abneigung und Feindschaft gegen das
Christenthum unter der Regierung des Shogun Hidetada auch die
Erschwerung und Beschränkung des Handelsverkehrs mit den Japanern
wuchs. Kaum hatte der energischere Enkel des Iyeyasu, der Shogun
Iyemitsu, im Jahre 1623 die Zügel der Regierung ergriffen, als der
letzte grosse Ansturm gegen die Fremden sich vorbereitete. Spanier
und Portugiesen wurden des Landes verwiesen, die Christen verfolgt,
gemartert und getödtet, den japanischen Unterthanen bei Todesstrafe
untersagt, das Land zu verlassen, und der Verkehr auf Holländer und
Chinesen beschränkt. Damit beginnt denn eine neue Periode im
Handel mit Japan, nämlich

b) die Zeit des Handels der Holländer und Chinesen in Nagasaki von 1641--1854.

Nachdem sich die Engländer von dem japanischen Markt zurück-
gezogen hatten und mit jenen letzten vernichtenden Schlägen gegen
das Christenthum, die Band I pg. 353--357 näher geschildert wurden,
auch dem Handel der iberischen Katholiken der Garaus gemacht
worden war, befanden sich die Holländer allein, zwar als Sieger, aber
in einer keineswegs beneidenswerthen Lage unter den Japanern. Ge-
horsam dem Befehl des Shogun vom 11. Mai 1641, ihre Faktorei auf
Hirado sofort aufzugeben und das früher für die Portugiesen bestimmte,
künstlich geschaffene Vorinselchen (De-shima) dicht zur Seite von
Nagasaki zu beziehen, bewirkten sie schon 10 Tage später die Ueber-
siedelung.

Mit unreinen Händen zogen die Holländer ein. Wenn man auch
alle Urteile über ihr Auftreten, einschliesslich derjenigen aus dem
eigenen Lager, abwägt, und nicht geneigt ist, den einseitigen Auf-
fassungen der Jesuiten zu folgen, wenn man viele ihrer Handlungen
im Lichte des damaligen Zeitgeistes und auf Grund der gegenseitigen
Feindschaft und Verleumdung zwischen ihnen und den iberischen
Katholiken beurteilen muss, so kann man sie doch nicht von dem
schwersten Vorwurf freisprechen, von der Mitwirkung bei jenen schreck-
lichen Blutbädern, durch welche das Christenthum in Japan ausgerottet
wurde, sowie von dem nicht minder grossen, dass sie in Nagasaki ihre

3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
Gewürze. Auch in diesen Artikeln überbot die Zufuhr bei weitem die
Nachfrage, desgleichen in Stahl, Zinn und Blei, Spiegeln, Danziger
Flaschengläsern, Bernstein, Linnengebild und einfacher holländischer
Leinwand. Von der gewinnreichen Metall- (Gold-, Silber- und Kupfer-)
Ausfuhr Japans scheint nur ein sehr bescheidener Teil durch englische
Hände gegangen zu sein.

Aus dem Tagebuch Cocks’ kann man leicht erkennen, wie Hand
in Hand mit der zunehmenden Abneigung und Feindschaft gegen das
Christenthum unter der Regierung des Shôgun Hidetada auch die
Erschwerung und Beschränkung des Handelsverkehrs mit den Japanern
wuchs. Kaum hatte der energischere Enkel des Iyeyasu, der Shôgun
Iyemitsu, im Jahre 1623 die Zügel der Regierung ergriffen, als der
letzte grosse Ansturm gegen die Fremden sich vorbereitete. Spanier
und Portugiesen wurden des Landes verwiesen, die Christen verfolgt,
gemartert und getödtet, den japanischen Unterthanen bei Todesstrafe
untersagt, das Land zu verlassen, und der Verkehr auf Holländer und
Chinesen beschränkt. Damit beginnt denn eine neue Periode im
Handel mit Japan, nämlich

b) die Zeit des Handels der Holländer und Chinesen in Nagasaki von 1641—1854.

Nachdem sich die Engländer von dem japanischen Markt zurück-
gezogen hatten und mit jenen letzten vernichtenden Schlägen gegen
das Christenthum, die Band I pg. 353—357 näher geschildert wurden,
auch dem Handel der iberischen Katholiken der Garaus gemacht
worden war, befanden sich die Holländer allein, zwar als Sieger, aber
in einer keineswegs beneidenswerthen Lage unter den Japanern. Ge-
horsam dem Befehl des Shôgun vom 11. Mai 1641, ihre Faktorei auf
Hirado sofort aufzugeben und das früher für die Portugiesen bestimmte,
künstlich geschaffene Vorinselchen (De-shima) dicht zur Seite von
Nagasaki zu beziehen, bewirkten sie schon 10 Tage später die Ueber-
siedelung.

Mit unreinen Händen zogen die Holländer ein. Wenn man auch
alle Urteile über ihr Auftreten, einschliesslich derjenigen aus dem
eigenen Lager, abwägt, und nicht geneigt ist, den einseitigen Auf-
fassungen der Jesuiten zu folgen, wenn man viele ihrer Handlungen
im Lichte des damaligen Zeitgeistes und auf Grund der gegenseitigen
Feindschaft und Verleumdung zwischen ihnen und den iberischen
Katholiken beurteilen muss, so kann man sie doch nicht von dem
schwersten Vorwurf freisprechen, von der Mitwirkung bei jenen schreck-
lichen Blutbädern, durch welche das Christenthum in Japan ausgerottet
wurde, sowie von dem nicht minder grossen, dass sie in Nagasaki ihre

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[621/0681] 3. Der Aussenhandel Japans bis 1854. Gewürze. Auch in diesen Artikeln überbot die Zufuhr bei weitem die Nachfrage, desgleichen in Stahl, Zinn und Blei, Spiegeln, Danziger Flaschengläsern, Bernstein, Linnengebild und einfacher holländischer Leinwand. Von der gewinnreichen Metall- (Gold-, Silber- und Kupfer-) Ausfuhr Japans scheint nur ein sehr bescheidener Teil durch englische Hände gegangen zu sein. Aus dem Tagebuch Cocks’ kann man leicht erkennen, wie Hand in Hand mit der zunehmenden Abneigung und Feindschaft gegen das Christenthum unter der Regierung des Shôgun Hidetada auch die Erschwerung und Beschränkung des Handelsverkehrs mit den Japanern wuchs. Kaum hatte der energischere Enkel des Iyeyasu, der Shôgun Iyemitsu, im Jahre 1623 die Zügel der Regierung ergriffen, als der letzte grosse Ansturm gegen die Fremden sich vorbereitete. Spanier und Portugiesen wurden des Landes verwiesen, die Christen verfolgt, gemartert und getödtet, den japanischen Unterthanen bei Todesstrafe untersagt, das Land zu verlassen, und der Verkehr auf Holländer und Chinesen beschränkt. Damit beginnt denn eine neue Periode im Handel mit Japan, nämlich b) die Zeit des Handels der Holländer und Chinesen in Nagasaki von 1641—1854. Nachdem sich die Engländer von dem japanischen Markt zurück- gezogen hatten und mit jenen letzten vernichtenden Schlägen gegen das Christenthum, die Band I pg. 353—357 näher geschildert wurden, auch dem Handel der iberischen Katholiken der Garaus gemacht worden war, befanden sich die Holländer allein, zwar als Sieger, aber in einer keineswegs beneidenswerthen Lage unter den Japanern. Ge- horsam dem Befehl des Shôgun vom 11. Mai 1641, ihre Faktorei auf Hirado sofort aufzugeben und das früher für die Portugiesen bestimmte, künstlich geschaffene Vorinselchen (De-shima) dicht zur Seite von Nagasaki zu beziehen, bewirkten sie schon 10 Tage später die Ueber- siedelung. Mit unreinen Händen zogen die Holländer ein. Wenn man auch alle Urteile über ihr Auftreten, einschliesslich derjenigen aus dem eigenen Lager, abwägt, und nicht geneigt ist, den einseitigen Auf- fassungen der Jesuiten zu folgen, wenn man viele ihrer Handlungen im Lichte des damaligen Zeitgeistes und auf Grund der gegenseitigen Feindschaft und Verleumdung zwischen ihnen und den iberischen Katholiken beurteilen muss, so kann man sie doch nicht von dem schwersten Vorwurf freisprechen, von der Mitwirkung bei jenen schreck- lichen Blutbädern, durch welche das Christenthum in Japan ausgerottet wurde, sowie von dem nicht minder grossen, dass sie in Nagasaki ihre

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/681>, abgerufen am 29.03.2024.