Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röntgen, Wilhelm Conrad: Ueber eine neue Art von Strahlen. Vorläufige Mittheilung. 2. Aufl. Würzburg, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite
Aus den "Sitzungsberichten der Würzburger Physik.-medic. Gesellschaft" 1895. (Beitrag.)
W. C. Röntgen: Ueber eine neue Art von Strahlen.

(Vorläufige Mittheilung.)

1. Lässt man durch eine Hittorf'sche Vacuumröhre, oder
einen genügend evacuirten Lenard'schen, Crookes'schen oder ähn-
lichen Apparat die Entladungen eines grösseren Ruhmkorff's gehen
und bedeckt die Röhre mit einem ziemlich eng anliegenden Mantel
aus dünnem, schwarzem Carton, so sieht man in dem vollständig
verdunkelten Zimmer einen in die Nähe des Apparates gebrachten,
mit Bariumplatincyanür angestrichenen Papierschirm bei jeder
Entladung hell aufleuchten, fluoresciren, gleichgültig ob die an-
gestrichene oder die andere Seite des Schirmes dem Entladungs-
apparat zugewendet ist. Die Fluorescenz ist noch in 2 m Ent-
fernung vom Apparat bemerkbar.

Man überzeugt sich leicht, dass die Ursache der Fluores-
cenz vom Entladungsapparat und von keiner anderen Stelle der
Leitung ausgeht.

2. Das an dieser Erscheinung zunächst Auffallende ist,
dass durch die schwarze Cartonhülse, welche keine sichtbaren
oder ultravioletten Strahlen des Sonnen- oder des elektrischen
Bogenlichtes durchlässt, ein Agens hindurchgeht, das im Stande
ist, lebhafte Fluorescenz zu erzeugen, und man wird deshalb wohl
zuerst untersuchen, ob auch andere Körper diese Eigenschaft
besitzen.

Man findet bald, dass alle Körper für dasselbe durchlässig
sind, aber in sehr verschiedenem Grade. Einige Beispiele führe
ich an. Papier ist sehr durchlässig:1) hinter einem eingebun-
denen Buch von ca. 1000 Seiten sah ich den Fluorescenzschirm
noch deutlich leuchten; die Druckerschwärze bietet kein merk-
liches Hinderniss. Ebenso zeigte sich Fluorescenz hinter einem
doppelten Whistspiel; eine einzelne Karte zwischen Apparat

1) Mit "Durchlässigkeit" eines Körpers bezeichne ich das Verhältniss der
Helligkeit eines dicht hinter dem Körper gehaltenen Fluorescenzschirmes zu der-
jenigen Helligkeit des Schirmes, welcher dieser unter denselben Verhältnissen aber
ohne Zwischenschaltung des Körpers zeigt.
Aus den „Sitzungsberichten der Würzburger Physik.-medic. Gesellschaft“ 1895. (Beitrag.)
W. C. Röntgen: Ueber eine neue Art von Strahlen.

(Vorläufige Mittheilung.)

1. Lässt man durch eine Hittorf’sche Vacuumröhre, oder
einen genügend evacuirten Lenard’schen, Crookes’schen oder ähn-
lichen Apparat die Entladungen eines grösseren Ruhmkorff’s gehen
und bedeckt die Röhre mit einem ziemlich eng anliegenden Mantel
aus dünnem, schwarzem Carton, so sieht man in dem vollständig
verdunkelten Zimmer einen in die Nähe des Apparates gebrachten,
mit Bariumplatincyanür angestrichenen Papierschirm bei jeder
Entladung hell aufleuchten, fluoresciren, gleichgültig ob die an-
gestrichene oder die andere Seite des Schirmes dem Entladungs-
apparat zugewendet ist. Die Fluorescenz ist noch in 2 m Ent-
fernung vom Apparat bemerkbar.

Man überzeugt sich leicht, dass die Ursache der Fluores-
cenz vom Entladungsapparat und von keiner anderen Stelle der
Leitung ausgeht.

2. Das an dieser Erscheinung zunächst Auffallende ist,
dass durch die schwarze Cartonhülse, welche keine sichtbaren
oder ultravioletten Strahlen des Sonnen- oder des elektrischen
Bogenlichtes durchlässt, ein Agens hindurchgeht, das im Stande
ist, lebhafte Fluorescenz zu erzeugen, und man wird deshalb wohl
zuerst untersuchen, ob auch andere Körper diese Eigenschaft
besitzen.

Man findet bald, dass alle Körper für dasselbe durchlässig
sind, aber in sehr verschiedenem Grade. Einige Beispiele führe
ich an. Papier ist sehr durchlässig:1) hinter einem eingebun-
denen Buch von ca. 1000 Seiten sah ich den Fluorescenzschirm
noch deutlich leuchten; die Druckerschwärze bietet kein merk-
liches Hinderniss. Ebenso zeigte sich Fluorescenz hinter einem
doppelten Whistspiel; eine einzelne Karte zwischen Apparat

1) Mit „Durchlässigkeit“ eines Körpers bezeichne ich das Verhältniss der
Helligkeit eines dicht hinter dem Körper gehaltenen Fluorescenzschirmes zu der-
jenigen Helligkeit des Schirmes, welcher dieser unter denselben Verhältnissen aber
ohne Zwischenschaltung des Körpers zeigt.
<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0010" n="[3]"/>
    <body>
      <fw place="top" type="header">Aus den &#x201E;Sitzungsberichten der Würzburger Physik.-medic. Gesellschaft&#x201C; 1895. (Beitrag.)</fw><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">W. C. <hi rendition="#g">Röntgen</hi>: Ueber eine neue Art von Strahlen.</hi> </head><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">(Vorläufige Mittheilung.)</hi> </p><lb/>
        <p>1. Lässt man durch eine <hi rendition="#i">Hittorf</hi>&#x2019;sche Vacuumröhre, oder<lb/>
einen genügend evacuirten <hi rendition="#i">Lenard</hi>&#x2019;schen, <hi rendition="#i">Crookes</hi>&#x2019;schen oder ähn-<lb/>
lichen Apparat die Entladungen eines grösseren <hi rendition="#i">Ruhmkorff</hi>&#x2019;s gehen<lb/>
und bedeckt die Röhre mit einem ziemlich eng anliegenden Mantel<lb/>
aus dünnem, schwarzem Carton, so sieht man in dem vollständig<lb/>
verdunkelten Zimmer einen in die Nähe des Apparates gebrachten,<lb/>
mit Bariumplatincyanür angestrichenen Papierschirm bei jeder<lb/>
Entladung hell aufleuchten, fluoresciren, gleichgültig ob die an-<lb/>
gestrichene oder die andere Seite des Schirmes dem Entladungs-<lb/>
apparat zugewendet ist. Die Fluorescenz ist noch in 2 m Ent-<lb/>
fernung vom Apparat bemerkbar.</p><lb/>
        <p>Man überzeugt sich leicht, dass die Ursache der Fluores-<lb/>
cenz vom Entladungsapparat und von keiner anderen Stelle der<lb/>
Leitung ausgeht.</p><lb/>
        <p>2. Das an dieser Erscheinung zunächst Auffallende ist,<lb/>
dass durch die schwarze Cartonhülse, welche keine sichtbaren<lb/>
oder ultravioletten Strahlen des Sonnen- oder des elektrischen<lb/>
Bogenlichtes durchlässt, ein Agens hindurchgeht, das im Stande<lb/>
ist, lebhafte Fluorescenz zu erzeugen, und man wird deshalb wohl<lb/>
zuerst untersuchen, ob auch andere Körper diese Eigenschaft<lb/>
besitzen.</p><lb/>
        <p>Man findet bald, dass alle Körper für dasselbe durchlässig<lb/>
sind, aber in sehr verschiedenem Grade. Einige Beispiele führe<lb/>
ich an. Papier ist sehr durchlässig:<note place="foot" n="1)">Mit &#x201E;Durchlässigkeit&#x201C; eines Körpers bezeichne ich das Verhältniss der<lb/>
Helligkeit eines dicht hinter dem Körper gehaltenen Fluorescenzschirmes zu der-<lb/>
jenigen Helligkeit des Schirmes, welcher dieser unter denselben Verhältnissen aber<lb/>
ohne Zwischenschaltung des Körpers zeigt.</note> hinter einem eingebun-<lb/>
denen Buch von ca. 1000 Seiten sah ich den Fluorescenzschirm<lb/>
noch deutlich leuchten; die Druckerschwärze bietet kein merk-<lb/>
liches Hinderniss. Ebenso zeigte sich Fluorescenz hinter einem<lb/>
doppelten Whistspiel; eine einzelne Karte zwischen Apparat<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[3]/0010] Aus den „Sitzungsberichten der Würzburger Physik.-medic. Gesellschaft“ 1895. (Beitrag.) W. C. Röntgen: Ueber eine neue Art von Strahlen. (Vorläufige Mittheilung.) 1. Lässt man durch eine Hittorf’sche Vacuumröhre, oder einen genügend evacuirten Lenard’schen, Crookes’schen oder ähn- lichen Apparat die Entladungen eines grösseren Ruhmkorff’s gehen und bedeckt die Röhre mit einem ziemlich eng anliegenden Mantel aus dünnem, schwarzem Carton, so sieht man in dem vollständig verdunkelten Zimmer einen in die Nähe des Apparates gebrachten, mit Bariumplatincyanür angestrichenen Papierschirm bei jeder Entladung hell aufleuchten, fluoresciren, gleichgültig ob die an- gestrichene oder die andere Seite des Schirmes dem Entladungs- apparat zugewendet ist. Die Fluorescenz ist noch in 2 m Ent- fernung vom Apparat bemerkbar. Man überzeugt sich leicht, dass die Ursache der Fluores- cenz vom Entladungsapparat und von keiner anderen Stelle der Leitung ausgeht. 2. Das an dieser Erscheinung zunächst Auffallende ist, dass durch die schwarze Cartonhülse, welche keine sichtbaren oder ultravioletten Strahlen des Sonnen- oder des elektrischen Bogenlichtes durchlässt, ein Agens hindurchgeht, das im Stande ist, lebhafte Fluorescenz zu erzeugen, und man wird deshalb wohl zuerst untersuchen, ob auch andere Körper diese Eigenschaft besitzen. Man findet bald, dass alle Körper für dasselbe durchlässig sind, aber in sehr verschiedenem Grade. Einige Beispiele führe ich an. Papier ist sehr durchlässig: 1) hinter einem eingebun- denen Buch von ca. 1000 Seiten sah ich den Fluorescenzschirm noch deutlich leuchten; die Druckerschwärze bietet kein merk- liches Hinderniss. Ebenso zeigte sich Fluorescenz hinter einem doppelten Whistspiel; eine einzelne Karte zwischen Apparat 1) Mit „Durchlässigkeit“ eines Körpers bezeichne ich das Verhältniss der Helligkeit eines dicht hinter dem Körper gehaltenen Fluorescenzschirmes zu der- jenigen Helligkeit des Schirmes, welcher dieser unter denselben Verhältnissen aber ohne Zwischenschaltung des Körpers zeigt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Teil von Konrad Röntgens Aufsatz "Über … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896/10
Zitationshilfe: Röntgen, Wilhelm Conrad: Ueber eine neue Art von Strahlen. Vorläufige Mittheilung. 2. Aufl. Würzburg, 1896, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896/10>, abgerufen am 28.03.2024.