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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842.

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N001
Aus 6 Wedro Tschigan oder Kumis erhält man ein N002
Wedro Araca, und aus 96 Stoff Araca 8 Stoff Arsa, N003
also aus 72 Maass Tschigan 1 Maass Arsa.

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Es ist aber nicht die gesäuerte Stutenmilch allein, N002
aus welcher die Kalmücken diesen Branntwein ma- N003
chen; im Winter, wo die Stuten weniger Milch geben, N004
bedienen sie sich auch dazu der gesäuerten Kuhmilch, N005
welche sie Arjän nennen, so wie der daraus darge- N006
stellte Branntwein Airak heisst. Aber dieser Branntwein N007
ist nicht allein schwächer als der Arsa, er wird auch N008
in geringerer Menge als dieser erhalten 1).

N001
Die Bereitung des Tschigans geschieht auf die N002
Weise, dass die Milch der Stuten, so wie sie gemol- N003
ken ist, in Beutel von Schaffellen gethan und fleissig N004
umgeschüttelt wird. Gemeiniglich sind die unreinen N005
Gefässe allein schon hinreichend die Säuerung zu be-

[footnote reference]
[footnote reference] N001
1) Man hat die durch Pallas schon ausführlich beschriebene N002
Bereitung eines Branntweins aus der Stutenmilch sich in so fern N003
nicht erklären können und zum Theil bezweifelt, als durch die Ver- N004
suche von Vauquelin, Fourcroy, Buchholz und Anderer aus- N005
gemacht schien, dass der Milchzucker und mithin auch die Milch nicht N006
gährungsfähig sei. Neuere Versuche von Schill und Hess, womit N007
aber auch schon andere ältere übereinstimmen, haben indessen be- N008
wiesen, dass dem nicht so ist, und dass nicht allein Stutenmilch, N009
sondern auch jede andere Milch mit und ohne Ferment, in Gährung N010
gebracht werden kann, dass aber dieselbe nur sehr langsam vor N011
sich geht, wodurch mithin das Befremdende des gewiss schon seit N012
uralten Zeiten von den mongolischen Völkerschaften bereiteten Milch- N013
branntweins wegfällt. Diese Gährung entsteht, wie H. Rose gezeigt N014
hat, bei dem Milchzucker wie bei dem Rohrzucker nur dadurch, dass N015
diese Zuckerarten in Traubenzucker verwandelt werden, der nicht N016
nur die einzige gährungsfähige Zuckerart, sondern überhaupt die N017
einzige Substanz ist, welche der weinichten Gährung fähig ist. Bei N018
dem Rohrzucker geht diese Veränderung sehr schnell durch den Ein- N019
fluss von vielen Reagentien, auch schon durch gewöhnliches Ferment N020
oder Bierhefe vor sich, weshalb man den Rohrzucker selbst früher N021
für gährungsfähig hielt. Bei dem Milchzucker erfolgt die Umände- N022
rung in Traubenzucker viel langsamer, und sie erfolgt bei der Milch N023
ohne Zusatz von Ferment durch den Einfluss der Milchsäure und N024
des Käsestoffs der Milch.

N001
Aus 6 Wedro Tschigan oder Kumis erhält man ein N002
Wedro Araca, und aus 96 Stoff Araca 8 Stoff Arsa, N003
also aus 72 Maass Tschigan 1 Maass Arsa.

N001
Es ist aber nicht die gesäuerte Stutenmilch allein, N002
aus welcher die Kalmücken diesen Branntwein ma- N003
chen; im Winter, wo die Stuten weniger Milch geben, N004
bedienen sie sich auch dazu der gesäuerten Kuhmilch, N005
welche sie Arjän nennen, so wie der daraus darge- N006
stellte Branntwein Airak heisst. Aber dieser Branntwein N007
ist nicht allein schwächer als der Arsa, er wird auch N008
in geringerer Menge als dieser erhalten 1).

N001
Die Bereitung des Tschigans geschieht auf die N002
Weise, dass die Milch der Stuten, so wie sie gemol- N003
ken ist, in Beutel von Schaffellen gethan und fleissig N004
umgeschüttelt wird. Gemeiniglich sind die unreinen N005
Gefässe allein schon hinreichend die Säuerung zu be-

[footnote reference]
[footnote reference] N001
1) Man hat die durch Pallas schon ausführlich beschriebene N002
Bereitung eines Branntweins aus der Stutenmilch sich in so fern N003
nicht erklären können und zum Theil bezweifelt, als durch die Ver- N004
suche von Vauquelin, Fourcroy, Buchholz und Anderer aus- N005
gemacht schien, dass der Milchzucker und mithin auch die Milch nicht N006
gährungsfähig sei. Neuere Versuche von Schill und Hess, womit N007
aber auch schon andere ältere übereinstimmen, haben indessen be- N008
wiesen, dass dem nicht so ist, und dass nicht allein Stutenmilch, N009
sondern auch jede andere Milch mit und ohne Ferment, in Gährung N010
gebracht werden kann, dass aber dieselbe nur sehr langsam vor N011
sich geht, wodurch mithin das Befremdende des gewiss schon seit N012
uralten Zeiten von den mongolischen Völkerschaften bereiteten Milch- N013
branntweins wegfällt. Diese Gährung entsteht, wie H. Rose gezeigt N014
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diese Zuckerarten in Traubenzucker verwandelt werden, der nicht N016
nur die einzige gährungsfähige Zuckerart, sondern überhaupt die N017
einzige Substanz ist, welche der weinichten Gährung fähig ist. Bei N018
dem Rohrzucker geht diese Veränderung sehr schnell durch den Ein- N019
fluss von vielen Reagentien, auch schon durch gewöhnliches Ferment N020
oder Bierhefe vor sich, weshalb man den Rohrzucker selbst früher N021
für gährungsfähig hielt. Bei dem Milchzucker erfolgt die Umände- N022
rung in Traubenzucker viel langsamer, und sie erfolgt bei der Milch N023
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[342/0360] N001 Aus 6 Wedro Tschigan oder Kumis erhält man ein N002 Wedro Araca, und aus 96 Stoff Araca 8 Stoff Arsa, N003 also aus 72 Maass Tschigan 1 Maass Arsa. N001 Es ist aber nicht die gesäuerte Stutenmilch allein, N002 aus welcher die Kalmücken diesen Branntwein ma- N003 chen; im Winter, wo die Stuten weniger Milch geben, N004 bedienen sie sich auch dazu der gesäuerten Kuhmilch, N005 welche sie Arjän nennen, so wie der daraus darge- N006 stellte Branntwein Airak heisst. Aber dieser Branntwein N007 ist nicht allein schwächer als der Arsa, er wird auch N008 in geringerer Menge als dieser erhalten 1). N001 Die Bereitung des Tschigans geschieht auf die N002 Weise, dass die Milch der Stuten, so wie sie gemol- N003 ken ist, in Beutel von Schaffellen gethan und fleissig N004 umgeschüttelt wird. Gemeiniglich sind die unreinen N005 Gefässe allein schon hinreichend die Säuerung zu be- [footnote reference] [footnote reference] N001 1) Man hat die durch Pallas schon ausführlich beschriebene N002 Bereitung eines Branntweins aus der Stutenmilch sich in so fern N003 nicht erklären können und zum Theil bezweifelt, als durch die Ver- N004 suche von Vauquelin, Fourcroy, Buchholz und Anderer aus- N005 gemacht schien, dass der Milchzucker und mithin auch die Milch nicht N006 gährungsfähig sei. Neuere Versuche von Schill und Hess, womit N007 aber auch schon andere ältere übereinstimmen, haben indessen be- N008 wiesen, dass dem nicht so ist, und dass nicht allein Stutenmilch, N009 sondern auch jede andere Milch mit und ohne Ferment, in Gährung N010 gebracht werden kann, dass aber dieselbe nur sehr langsam vor N011 sich geht, wodurch mithin das Befremdende des gewiss schon seit N012 uralten Zeiten von den mongolischen Völkerschaften bereiteten Milch- N013 branntweins wegfällt. Diese Gährung entsteht, wie H. Rose gezeigt N014 hat, bei dem Milchzucker wie bei dem Rohrzucker nur dadurch, dass N015 diese Zuckerarten in Traubenzucker verwandelt werden, der nicht N016 nur die einzige gährungsfähige Zuckerart, sondern überhaupt die N017 einzige Substanz ist, welche der weinichten Gährung fähig ist. Bei N018 dem Rohrzucker geht diese Veränderung sehr schnell durch den Ein- N019 fluss von vielen Reagentien, auch schon durch gewöhnliches Ferment N020 oder Bierhefe vor sich, weshalb man den Rohrzucker selbst früher N021 für gährungsfähig hielt. Bei dem Milchzucker erfolgt die Umände- N022 rung in Traubenzucker viel langsamer, und sie erfolgt bei der Milch N023 ohne Zusatz von Ferment durch den Einfluss der Milchsäure und N024 des Käsestoffs der Milch.

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 2. Berlin, 1842, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural02_1842/360>, abgerufen am 20.04.2024.