Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite
11.
Aus Finsternis zum Licht steigt eine Stufenleiter,
Die dunkel ist am Fuß und an der Spitze heiter.
Im Schatten siehst du nicht, wie hoch die Leiter du
Aufklommest, doch du klimmst zum Licht auf, klimm nur zu!
Wenn du im Licht erkennst, wie aus dem Licht erstanden
Nothwend'ge Finsternis, dann ist die Welt verstanden.
War Finsternis einst Licht, so wird sie Licht einst seyn,
Wann das Entsprungne geht in seinen Ursprung ein.
Jedweder Sieg des Lichts im schwachen Geist vollbracht,
Weissagt den ew'gen Sieg der lichten Geistermacht.
Ihn profezeit die Sonn' an jedem Tage tagend,
Mit einem Stral von Licht ein Heer von Schatten schlagend.
Am Abend wird sie roth vor Scham daß sie erlag,
Und träumt die Nacht hindurch vom großen ew'gen Tag.

11.
Aus Finſternis zum Licht ſteigt eine Stufenleiter,
Die dunkel iſt am Fuß und an der Spitze heiter.
Im Schatten ſiehſt du nicht, wie hoch die Leiter du
Aufklommeſt, doch du klimmſt zum Licht auf, klimm nur zu!
Wenn du im Licht erkennſt, wie aus dem Licht erſtanden
Nothwend'ge Finſternis, dann iſt die Welt verſtanden.
War Finſternis einſt Licht, ſo wird ſie Licht einſt ſeyn,
Wann das Entſprungne geht in ſeinen Urſprung ein.
Jedweder Sieg des Lichts im ſchwachen Geiſt vollbracht,
Weiſſagt den ew'gen Sieg der lichten Geiſtermacht.
Ihn profezeit die Sonn' an jedem Tage tagend,
Mit einem Stral von Licht ein Heer von Schatten ſchlagend.
Am Abend wird ſie roth vor Scham daß ſie erlag,
Und traͤumt die Nacht hindurch vom großen ew'gen Tag.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0022" n="12"/>
        <div n="2">
          <head>11.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Aus Fin&#x017F;ternis zum Licht &#x017F;teigt eine Stufenleiter,</l><lb/>
              <l>Die dunkel i&#x017F;t am Fuß und an der Spitze heiter.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Im Schatten &#x017F;ieh&#x017F;t du nicht, wie hoch die Leiter du</l><lb/>
              <l>Aufklomme&#x017F;t, doch du klimm&#x017F;t zum Licht auf, klimm nur zu!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wenn du im Licht erkenn&#x017F;t, wie aus dem Licht er&#x017F;tanden</l><lb/>
              <l>Nothwend'ge Fin&#x017F;ternis, dann i&#x017F;t die Welt ver&#x017F;tanden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>War Fin&#x017F;ternis ein&#x017F;t Licht, &#x017F;o wird &#x017F;ie Licht ein&#x017F;t &#x017F;eyn,</l><lb/>
              <l>Wann das Ent&#x017F;prungne geht in &#x017F;einen Ur&#x017F;prung ein.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Jedweder Sieg des Lichts im &#x017F;chwachen Gei&#x017F;t vollbracht,</l><lb/>
              <l>Wei&#x017F;&#x017F;agt den ew'gen Sieg der lichten Gei&#x017F;termacht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Ihn profezeit die Sonn' an jedem Tage tagend,</l><lb/>
              <l>Mit einem Stral von Licht ein Heer von Schatten &#x017F;chlagend.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="7">
              <l>Am Abend wird &#x017F;ie roth vor Scham daß &#x017F;ie erlag,</l><lb/>
              <l>Und tra&#x0364;umt die Nacht hindurch vom großen ew'gen Tag.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0022] 11. Aus Finſternis zum Licht ſteigt eine Stufenleiter, Die dunkel iſt am Fuß und an der Spitze heiter. Im Schatten ſiehſt du nicht, wie hoch die Leiter du Aufklommeſt, doch du klimmſt zum Licht auf, klimm nur zu! Wenn du im Licht erkennſt, wie aus dem Licht erſtanden Nothwend'ge Finſternis, dann iſt die Welt verſtanden. War Finſternis einſt Licht, ſo wird ſie Licht einſt ſeyn, Wann das Entſprungne geht in ſeinen Urſprung ein. Jedweder Sieg des Lichts im ſchwachen Geiſt vollbracht, Weiſſagt den ew'gen Sieg der lichten Geiſtermacht. Ihn profezeit die Sonn' an jedem Tage tagend, Mit einem Stral von Licht ein Heer von Schatten ſchlagend. Am Abend wird ſie roth vor Scham daß ſie erlag, Und traͤumt die Nacht hindurch vom großen ew'gen Tag.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/22
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/22>, abgerufen am 23.04.2024.