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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836.

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38.
Der Neid verzehrt sich selbst, sollt' er nichts andres können;
Die rechte Misgunst ist, sich selbst nichts Gutes gönnen.
Drei Neider sind in Streit, wer könn' am besten neiden,
Und ihre Streitigkeit sollt' also sich entscheiden.
Der eine sprach: Vernehmt, wie weit mein Neiden gehe:
Ich gönn' es keinem, daß im Traum ihm Gut's geschehe.
Der andre sprach: Du bist noch gar zu schwach ein Ritter;
Ich gönn' es keinem, daß ihm Gutes dank' ein Dritter.
Der dritte sprach: Ihr seid allbeide viel zu gut;
Ich gönn' es keinem, daß er selbst mir Gutes thut.

38.
Der Neid verzehrt ſich ſelbſt, ſollt' er nichts andres koͤnnen;
Die rechte Misgunſt iſt, ſich ſelbſt nichts Gutes goͤnnen.
Drei Neider ſind in Streit, wer koͤnn' am beſten neiden,
Und ihre Streitigkeit ſollt' alſo ſich entſcheiden.
Der eine ſprach: Vernehmt, wie weit mein Neiden gehe:
Ich goͤnn' es keinem, daß im Traum ihm Gut's geſchehe.
Der andre ſprach: Du biſt noch gar zu ſchwach ein Ritter;
Ich goͤnn' es keinem, daß ihm Gutes dank' ein Dritter.
Der dritte ſprach: Ihr ſeid allbeide viel zu gut;
Ich goͤnn' es keinem, daß er ſelbſt mir Gutes thut.

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[246/0256] 38. Der Neid verzehrt ſich ſelbſt, ſollt' er nichts andres koͤnnen; Die rechte Misgunſt iſt, ſich ſelbſt nichts Gutes goͤnnen. Drei Neider ſind in Streit, wer koͤnn' am beſten neiden, Und ihre Streitigkeit ſollt' alſo ſich entſcheiden. Der eine ſprach: Vernehmt, wie weit mein Neiden gehe: Ich goͤnn' es keinem, daß im Traum ihm Gut's geſchehe. Der andre ſprach: Du biſt noch gar zu ſchwach ein Ritter; Ich goͤnn' es keinem, daß ihm Gutes dank' ein Dritter. Der dritte ſprach: Ihr ſeid allbeide viel zu gut; Ich goͤnn' es keinem, daß er ſelbſt mir Gutes thut.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 1. Leipzig, 1836, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane01_1836/256>, abgerufen am 29.03.2024.