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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

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278.
Beim höchsten Streben ist nothwendig höchste Wage;
Den Sieg begleitet stets Gefahr der Niederlage.
Im Weg zum Guten kanst du in des Bösen Krallen,
Und auf der Wahrheit Weg in jeden Irrthum fallen.

279.
Gekommen in die Nacht der Welt ist Gottes Licht;
Wir sind daran erwacht, und schlummern fürder nicht.
Wir schlummern fürder nicht den Weltbetäubungschlummer,
Wir blicken, wach im Licht, aufs Nachtgraun ohne Kummer.
Wo ist der Nächte Graun? es ist vom Licht bezwungen;
Wir blicken mit Vertraun ins Licht, vom Licht durchdrungen.
Daß wir durchdrungen sind vom Lichte, dem wir dienen,
Wir zeigens dem Gesind der Nacht in unsern Mienen.
In hellen Mienen macht sich kund die Kraft des Herrn,
Und wer nicht in der Nacht kann leuchten, ist kein Stern.


Rückert, Lehrgedicht II. 8
278.
Beim hoͤchſten Streben iſt nothwendig hoͤchſte Wage;
Den Sieg begleitet ſtets Gefahr der Niederlage.
Im Weg zum Guten kanſt du in des Boͤſen Krallen,
Und auf der Wahrheit Weg in jeden Irrthum fallen.

279.
Gekommen in die Nacht der Welt iſt Gottes Licht;
Wir ſind daran erwacht, und ſchlummern fuͤrder nicht.
Wir ſchlummern fuͤrder nicht den Weltbetaͤubungſchlummer,
Wir blicken, wach im Licht, aufs Nachtgraun ohne Kummer.
Wo iſt der Naͤchte Graun? es iſt vom Licht bezwungen;
Wir blicken mit Vertraun ins Licht, vom Licht durchdrungen.
Daß wir durchdrungen ſind vom Lichte, dem wir dienen,
Wir zeigens dem Geſind der Nacht in unſern Mienen.
In hellen Mienen macht ſich kund die Kraft des Herrn,
Und wer nicht in der Nacht kann leuchten, iſt kein Stern.


Rückert, Lehrgedicht II. 8
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[169/0179] 278. Beim hoͤchſten Streben iſt nothwendig hoͤchſte Wage; Den Sieg begleitet ſtets Gefahr der Niederlage. Im Weg zum Guten kanſt du in des Boͤſen Krallen, Und auf der Wahrheit Weg in jeden Irrthum fallen. 279. Gekommen in die Nacht der Welt iſt Gottes Licht; Wir ſind daran erwacht, und ſchlummern fuͤrder nicht. Wir ſchlummern fuͤrder nicht den Weltbetaͤubungſchlummer, Wir blicken, wach im Licht, aufs Nachtgraun ohne Kummer. Wo iſt der Naͤchte Graun? es iſt vom Licht bezwungen; Wir blicken mit Vertraun ins Licht, vom Licht durchdrungen. Daß wir durchdrungen ſind vom Lichte, dem wir dienen, Wir zeigens dem Geſind der Nacht in unſern Mienen. In hellen Mienen macht ſich kund die Kraft des Herrn, Und wer nicht in der Nacht kann leuchten, iſt kein Stern. Rückert, Lehrgedicht II. 8

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/179>, abgerufen am 28.03.2024.