Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Doch auch die Schnelligkeit des Denkens scheint geringer
Als ein gedankenlos bewegter Schreibefinger.
Und übertroffen wird die Schnelligkeit im Schreiben
Von der des Lesens nur; wer kanns noch weiter treiben?

22.
Um eine Blum' im Korn, von Knabenaug' erblickt,
Um eine Blume wird wie mancher Halm geknickt!
Dem Landmann wär' es gut, wenn unter seinem Rocken
Gar keine Blume wüchs', um Knaben anzulocken.
Dem Landmann wär' es recht, wenn unter seinem Weizen
Gar keine Blüte stünd', um Knabenlust zu reizen.
Recht wär' es ihm und gut, wenn unter seinen Saaten
Nicht wäre, weshalb sie die Knaben ihm zertraten.
Die Blumen nennet er Unkraut mit Recht, sie sind
Das allerschädlichste für seiner Pflege Kind.
Doch auch die Schnelligkeit des Denkens ſcheint geringer
Als ein gedankenlos bewegter Schreibefinger.
Und uͤbertroffen wird die Schnelligkeit im Schreiben
Von der des Leſens nur; wer kanns noch weiter treiben?

22.
Um eine Blum' im Korn, von Knabenaug' erblickt,
Um eine Blume wird wie mancher Halm geknickt!
Dem Landmann waͤr' es gut, wenn unter ſeinem Rocken
Gar keine Blume wuͤchſ', um Knaben anzulocken.
Dem Landmann waͤr' es recht, wenn unter ſeinem Weizen
Gar keine Bluͤte ſtuͤnd', um Knabenluſt zu reizen.
Recht waͤr' es ihm und gut, wenn unter ſeinen Saaten
Nicht waͤre, weshalb ſie die Knaben ihm zertraten.
Die Blumen nennet er Unkraut mit Recht, ſie ſind
Das allerſchaͤdlichſte fuͤr ſeiner Pflege Kind.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0220" n="210"/>
            </l>
            <lg n="3">
              <l>Doch auch die Schnelligkeit des Denkens &#x017F;cheint geringer</l><lb/>
              <l>Als ein gedankenlos bewegter Schreibefinger.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und u&#x0364;bertroffen wird die Schnelligkeit im Schreiben</l><lb/>
              <l>Von der des Le&#x017F;ens nur; wer kanns noch weiter treiben?</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>22.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Um eine Blum' im Korn, von Knabenaug' erblickt,</l><lb/>
              <l>Um eine Blume wird wie mancher Halm geknickt!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Dem Landmann wa&#x0364;r' es gut, wenn unter &#x017F;einem Rocken</l><lb/>
              <l>Gar keine Blume wu&#x0364;ch&#x017F;', um Knaben anzulocken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Dem Landmann wa&#x0364;r' es recht, wenn unter &#x017F;einem Weizen</l><lb/>
              <l>Gar keine Blu&#x0364;te &#x017F;tu&#x0364;nd', um Knabenlu&#x017F;t zu reizen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Recht wa&#x0364;r' es ihm und gut, wenn unter &#x017F;einen Saaten</l><lb/>
              <l>Nicht wa&#x0364;re, weshalb &#x017F;ie die Knaben ihm zertraten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Die Blumen nennet er Unkraut mit Recht, &#x017F;ie &#x017F;ind</l><lb/>
              <l>Das aller&#x017F;cha&#x0364;dlich&#x017F;te fu&#x0364;r &#x017F;einer Pflege Kind.</l>
            </lg><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0220] Doch auch die Schnelligkeit des Denkens ſcheint geringer Als ein gedankenlos bewegter Schreibefinger. Und uͤbertroffen wird die Schnelligkeit im Schreiben Von der des Leſens nur; wer kanns noch weiter treiben? 22. Um eine Blum' im Korn, von Knabenaug' erblickt, Um eine Blume wird wie mancher Halm geknickt! Dem Landmann waͤr' es gut, wenn unter ſeinem Rocken Gar keine Blume wuͤchſ', um Knaben anzulocken. Dem Landmann waͤr' es recht, wenn unter ſeinem Weizen Gar keine Bluͤte ſtuͤnd', um Knabenluſt zu reizen. Recht waͤr' es ihm und gut, wenn unter ſeinen Saaten Nicht waͤre, weshalb ſie die Knaben ihm zertraten. Die Blumen nennet er Unkraut mit Recht, ſie ſind Das allerſchaͤdlichſte fuͤr ſeiner Pflege Kind.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/220
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/220>, abgerufen am 19.04.2024.