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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.

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75.
Der König auf der Pirsch' hat einen Hirsch erjagt;
Mit Zittern steht der Hirsch, der um sein Leben zagt.
Der blickt den König an, und beugt vor ihm die Glieder,
Selbst eine Thräne rann von seinem Auge nieder.
Der König will gerührt dem Thier das Leben schenken,
Und stiftet, wies gebührt, davon ein Angedenken.
Man legt ums Hirschgeweih ein Reiflein Gold, da war
Dem Königsnamen bei geschrieben Tag und Jahr.
Der Hirsch enteilt mit Dank, und heim der König kehrt;
Bald wird der König krank, der Hirsch lebt unversehrt.
Der König stirbt, ihm folgt ein Sohn, und dem ein Sohn;
Der jagt im selben Wald, wo einst der Hirsch entflohn.
Da stellt der Hirsch sich dar, den Nacken altersteif,
Doch um die Stirne war noch hell der goldne Reif.
75.
Der Koͤnig auf der Pirſch' hat einen Hirſch erjagt;
Mit Zittern ſteht der Hirſch, der um ſein Leben zagt.
Der blickt den Koͤnig an, und beugt vor ihm die Glieder,
Selbſt eine Thraͤne rann von ſeinem Auge nieder.
Der Koͤnig will geruͤhrt dem Thier das Leben ſchenken,
Und ſtiftet, wies gebuͤhrt, davon ein Angedenken.
Man legt ums Hirſchgeweih ein Reiflein Gold, da war
Dem Koͤnigsnamen bei geſchrieben Tag und Jahr.
Der Hirſch enteilt mit Dank, und heim der Koͤnig kehrt;
Bald wird der Koͤnig krank, der Hirſch lebt unverſehrt.
Der Koͤnig ſtirbt, ihm folgt ein Sohn, und dem ein Sohn;
Der jagt im ſelben Wald, wo einſt der Hirſch entflohn.
Da ſtellt der Hirſch ſich dar, den Nacken alterſteif,
Doch um die Stirne war noch hell der goldne Reif.
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[168/0178] 75. Der Koͤnig auf der Pirſch' hat einen Hirſch erjagt; Mit Zittern ſteht der Hirſch, der um ſein Leben zagt. Der blickt den Koͤnig an, und beugt vor ihm die Glieder, Selbſt eine Thraͤne rann von ſeinem Auge nieder. Der Koͤnig will geruͤhrt dem Thier das Leben ſchenken, Und ſtiftet, wies gebuͤhrt, davon ein Angedenken. Man legt ums Hirſchgeweih ein Reiflein Gold, da war Dem Koͤnigsnamen bei geſchrieben Tag und Jahr. Der Hirſch enteilt mit Dank, und heim der Koͤnig kehrt; Bald wird der Koͤnig krank, der Hirſch lebt unverſehrt. Der Koͤnig ſtirbt, ihm folgt ein Sohn, und dem ein Sohn; Der jagt im ſelben Wald, wo einſt der Hirſch entflohn. Da ſtellt der Hirſch ſich dar, den Nacken alterſteif, Doch um die Stirne war noch hell der goldne Reif.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/178>, abgerufen am 25.04.2024.