Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Dann wird der Hader bald im Kleinen, bald im Großen
Erwachsen da, wo ihr zusammen werdet stoßen,
Wenn ihr entfremdet nicht mehr eure Zeichen kennt,
Und, statt was euch verband, nur fühlet was euch trennt.
Dann wird Volk gegen Volk zum Schutze sich verbünden,
Und einzle Ganze sich im großen Ganzen ründen.
Natürlich steht zuerst als Mittelpunkt im Kreise
Der Aeltste, der zugleich der beste scheint und weise.
Ob einer dann den Platz dem andern streitig mache,
Doch immer dienen wird dem stärkeren der schwache.
Der starke dienet auch dem schwächeren zum Schutze;
Doch Kunst und Geist dient bald zur Wohlfahrt, bald zum Putze.
Den Muth zu dienen, der da Demuth heißet, lernt,
Hochmüth'ge, die ihr euch vom Vaterhaus entfernt.
Zum Vaterhaus führt euch der Geist der Demuth wieder,
Wenn menschlich ihr euch fühlt des Leibs der Menschheit Glieder.

Dann wird der Hader bald im Kleinen, bald im Großen
Erwachſen da, wo ihr zuſammen werdet ſtoßen,
Wenn ihr entfremdet nicht mehr eure Zeichen kennt,
Und, ſtatt was euch verband, nur fuͤhlet was euch trennt.
Dann wird Volk gegen Volk zum Schutze ſich verbuͤnden,
Und einzle Ganze ſich im großen Ganzen ruͤnden.
Natuͤrlich ſteht zuerſt als Mittelpunkt im Kreiſe
Der Aeltſte, der zugleich der beſte ſcheint und weiſe.
Ob einer dann den Platz dem andern ſtreitig mache,
Doch immer dienen wird dem ſtaͤrkeren der ſchwache.
Der ſtarke dienet auch dem ſchwaͤcheren zum Schutze;
Doch Kunſt und Geiſt dient bald zur Wohlfahrt, bald zum Putze.
Den Muth zu dienen, der da Demuth heißet, lernt,
Hochmuͤth'ge, die ihr euch vom Vaterhaus entfernt.
Zum Vaterhaus fuͤhrt euch der Geiſt der Demuth wieder,
Wenn menſchlich ihr euch fuͤhlt des Leibs der Menſchheit Glieder.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0186" n="176"/>
            <lg n="18">
              <l>Dann wird der Hader bald im Kleinen, bald im Großen</l><lb/>
              <l>Erwach&#x017F;en da, wo ihr zu&#x017F;ammen werdet &#x017F;toßen,</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="19">
              <l>Wenn ihr entfremdet nicht mehr eure Zeichen kennt,</l><lb/>
              <l>Und, &#x017F;tatt was euch verband, nur fu&#x0364;hlet was euch trennt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="20">
              <l>Dann wird Volk gegen Volk zum Schutze &#x017F;ich verbu&#x0364;nden,</l><lb/>
              <l>Und einzle Ganze &#x017F;ich im großen Ganzen ru&#x0364;nden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="21">
              <l>Natu&#x0364;rlich &#x017F;teht zuer&#x017F;t als Mittelpunkt im Krei&#x017F;e</l><lb/>
              <l>Der Aelt&#x017F;te, der zugleich der be&#x017F;te &#x017F;cheint und wei&#x017F;e.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="22">
              <l>Ob einer dann den Platz dem andern &#x017F;treitig mache,</l><lb/>
              <l>Doch immer dienen wird dem &#x017F;ta&#x0364;rkeren der &#x017F;chwache.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="23">
              <l>Der &#x017F;tarke dienet auch dem &#x017F;chwa&#x0364;cheren zum Schutze;</l><lb/>
              <l>Doch Kun&#x017F;t und Gei&#x017F;t dient bald zur Wohlfahrt, bald zum Putze.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="24">
              <l>Den Muth zu dienen, der da Demuth heißet, lernt,</l><lb/>
              <l>Hochmu&#x0364;th'ge, die ihr euch vom Vaterhaus entfernt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="25">
              <l>Zum Vaterhaus fu&#x0364;hrt euch der Gei&#x017F;t der Demuth wieder,</l><lb/>
              <l>Wenn men&#x017F;chlich ihr euch fu&#x0364;hlt des Leibs der Men&#x017F;chheit Glieder.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0186] Dann wird der Hader bald im Kleinen, bald im Großen Erwachſen da, wo ihr zuſammen werdet ſtoßen, Wenn ihr entfremdet nicht mehr eure Zeichen kennt, Und, ſtatt was euch verband, nur fuͤhlet was euch trennt. Dann wird Volk gegen Volk zum Schutze ſich verbuͤnden, Und einzle Ganze ſich im großen Ganzen ruͤnden. Natuͤrlich ſteht zuerſt als Mittelpunkt im Kreiſe Der Aeltſte, der zugleich der beſte ſcheint und weiſe. Ob einer dann den Platz dem andern ſtreitig mache, Doch immer dienen wird dem ſtaͤrkeren der ſchwache. Der ſtarke dienet auch dem ſchwaͤcheren zum Schutze; Doch Kunſt und Geiſt dient bald zur Wohlfahrt, bald zum Putze. Den Muth zu dienen, der da Demuth heißet, lernt, Hochmuͤth'ge, die ihr euch vom Vaterhaus entfernt. Zum Vaterhaus fuͤhrt euch der Geiſt der Demuth wieder, Wenn menſchlich ihr euch fuͤhlt des Leibs der Menſchheit Glieder.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/186
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 3. Leipzig, 1837, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane03_1837/186>, abgerufen am 29.03.2024.