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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839.

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107.
"Ein Vater nur" hast du's gehört? "beneidet nicht
Den Sohn um ein Talent", wie unser Meister spricht.
Nimm, Meister, väterlich den Jünger an zum Sohn,
Und der Nothwendigkeit des Neids bist du entflohn.

108.
Worin besteht die Lust, die eigne Lust, auf Fluren
Des Alterthumes nachzugehn versunknen Spuren?
Hier aufzufrischen, was der Hauch der Zeit verwischt,
Dort wegzuwischen, was sich Falsches dreingemischt?
Mit schwachem Nachtlicht Nacht der Räthsel zu beglänzen,
Und mit Vermuthungen die Trümmer zu ergänzen?
Die Menschheit ists in dir, die sich an sich ergetzt,
Gern aus dem Alter in die Jugend sich versetzt;
107.
„Ein Vater nur“ haſt du's gehoͤrt? „beneidet nicht
Den Sohn um ein Talent“, wie unſer Meiſter ſpricht.
Nimm, Meiſter, vaͤterlich den Juͤnger an zum Sohn,
Und der Nothwendigkeit des Neids biſt du entflohn.

108.
Worin beſteht die Luſt, die eigne Luſt, auf Fluren
Des Alterthumes nachzugehn verſunknen Spuren?
Hier aufzufriſchen, was der Hauch der Zeit verwiſcht,
Dort wegzuwiſchen, was ſich Falſches dreingemiſcht?
Mit ſchwachem Nachtlicht Nacht der Raͤthſel zu beglaͤnzen,
Und mit Vermuthungen die Truͤmmer zu ergaͤnzen?
Die Menſchheit iſts in dir, die ſich an ſich ergetzt,
Gern aus dem Alter in die Jugend ſich verſetzt;
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[331/0341] 107. „Ein Vater nur“ haſt du's gehoͤrt? „beneidet nicht Den Sohn um ein Talent“, wie unſer Meiſter ſpricht. Nimm, Meiſter, vaͤterlich den Juͤnger an zum Sohn, Und der Nothwendigkeit des Neids biſt du entflohn. 108. Worin beſteht die Luſt, die eigne Luſt, auf Fluren Des Alterthumes nachzugehn verſunknen Spuren? Hier aufzufriſchen, was der Hauch der Zeit verwiſcht, Dort wegzuwiſchen, was ſich Falſches dreingemiſcht? Mit ſchwachem Nachtlicht Nacht der Raͤthſel zu beglaͤnzen, Und mit Vermuthungen die Truͤmmer zu ergaͤnzen? Die Menſchheit iſts in dir, die ſich an ſich ergetzt, Gern aus dem Alter in die Jugend ſich verſetzt;

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 6. Leipzig, 1839, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane06_1839/341>, abgerufen am 28.03.2024.